Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

1. Staatspolitik und Rechtsordnung

91.034 Schuldbetreibung und Konkurs. Änderung Gesetz
Loi sur la poursuite pour dettes et la faillité. Révision

Botschaft: 08.05.1991 (BBl III, 1 / FF III,1)

Bericht des Bundesamtes für Justiz: 01.09.1993 (BBl 1994 I, 1315 / FF 1994 I, 1302)

Ausgangslage

Seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 1892 ist das Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) erstmals einer ganzheitlichen und einlässlichen Überprüfung unterzogen worden. Dabei hat sich gezeigt, dass trotz seines beachtlichen Alters und trotz des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandels kein Bedürfnis besteht, das bewährte und klare System des Gesetzes zu ändern. Vorgeschlagen wird daher lediglich eine Teilrevision.

Im wesentlichen werden zunächst der Praxis vertraute Leitsätze der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ins Gesetz eingebaut (z. B. die Bestimmungen über Dauer und Revision der Einkommenspfändung). Mit durchgehenden Randtiteln will das gesetz sodann an Übersichtlichkeit gewinnen. Schliesslich werden Verordnungsbestimmungen mit eigentlichem Gesetzescharakter ins SchKG übertragen.

Verhandlungen

NR 02.03.1993 AB 1993, 1
SR 22.09.1993 AB 1993, 628
SR 16.06.1994 AB 1994, 729
NR 22.09.1994 AB 1994, 1405
SR 29.11.1994 AB 1994, 1090
NR 05.12.1994 AB 1994, 2121
NR / SR 16.12.1994 Schlussabstimmungen (173:0 / 42:0)

Nachdem im Erstrat Eintreten unbestritten war, setzten sich in der Detailberatung einige nicht besonders umstrittene Abänderungsanträge der Kommissionsmehrheit durch. Keine Erfolgschancen hatten dagegen die Anträge der Linken. Dabei wurde unter anderem bei Artikel 93 die Forderung, bei der Pfändung nicht mehr auf den Zwangsbedarf, sondern auf ein soziales Existenzminimum, wie es von den Fürsorgeämtern definiert wird, Rücksicht zu nehmen, mit 114 zu 63 Stimmen abgelehnt. Das von der Kommission in den Artikeln 293ff. vorgeschlagene neue Sanierungsrecht wurde diskussionslos akzeptiert. Gemäss diesen Bestimmungen kann künftig eine Firma mit Sanierungschancen vor ihren Gläubigern geschützt werden, um der Volkswirtschaft Substanz und Arbeitsplätze zu erhalten.

Auch der Ständerat nahm an der umfangreichen Gesetzesrevision eine Vielzahl von kleineren Änderungen vor. Dem ehrlichen Schuldner dient insbesondere die in Artikel 85a angenommene "negative Feststellungsklage", mit der der Betroffene erreichen kann, dass ein ordentlicher Richter vor der Konkurseröffnung entscheidet, ob die Betreibung zu Recht erfolgte. Mit 22 zu 16 Stimmen hielt der Ständerat daran fest, dass die Kantone die Besoldung der Betreibungs- und Konkursbeamten selber regeln sollen, womit das in einigen Kantonen heimische Sportelsystem weiterhin möglich sein wird. Der Rat wies ferner einen Teil der Vorlage an den Bundesrat zurück mit der Auflage, eine Zusatzbotschaft über die Auswirkungen des 1991 ratifizierten Lugano-Abkommens auszuarbeiten. - Nachdem das Bundesamt für Justiz einen entsprechenden Bericht vorgelegt hatte, beschloss der Rat im Einverständnis mit Bundesrat Koller, die Frage der Harmonisierung des Vollstreckungsrechtes mit dem Lugano-Übereinkommen von der hängigen Revision abzukoppeln. Diese Harmonisierung soll in einer späteren Phase durch eine besondere Vorlage behandelt werden.

Im Nationalrat wurde ein Antrag Suter (R, BE), welcher die sofortige Anpassung des SchKG an das Lugano-Übereinkommen verlangte, mit 55 zu 62 Stimmen abgelehnt. In der Frage des Sportelwesens schloss sich der Rat dem Entscheid des Ständerates an. Die vom Ständerat eingeführte "negative Feststellungsklage" lehnte der Rat ab. Ebenso abgelehnt wurde gegen den Widerstand einer starken Minderheit eine vom "fortschrittlicheren" Ständerat eingeführte Bestimmung, wonach die im kantonalen Recht geregelten Leistungen der Fürsorge an Bedürftige von der Pfändung auszunehmen seien. In der Frage des sogenannten Ausländerarrests, der vorsieht, dass in der Schweiz liegende Vermögenswerte eines Schuldners ohne Wohnsitz in der Schweiz für eine Zwangsverwertung beschlagnahmt werden können, stimmte der Rat dem Ständerat zu, der die Aufhebung dieses Instituts beschlossen hatte. Rechsteiner (S, SG) kritisierte als Sprecher der Minderheit, dass damit Grau- und Schwarzgelder geschützt würden.

In der Wintersession 1994 wurden die restlichen Differenzen bereinigt, wobei der Ständerat erfolgreich an seinen früheren Beschlüssen bezüglich der "negativen Feststellungsklage" und der Unpfändbarkeit der Fürsorgeleistungen festhielt.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

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