Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

1. Staatspolitik und Rechtsordnung

93.009 Bernischer Amtsbezirk Laufen.
Anschluss an den Kanton Basel-Landschaft
District bernois de Laufon.
Rattachement au canton de Bâle-Campagne

Botschaft: 27.01.1993 (BBl I, 1029 / FF I, 965)

Ausgangslage

Die Botschaft des Bundesrates enthält zwei Vorlagen. Mit einem besonderen Verfassungsbeschluss, dem Bundesbeschluss über den Anschluss des bernischen Amtsbezirks Laufen an den Kanton Basel-Landschaft, sollen Volk und Stände dem Kantonswechsel des bisher bernischen Amtsbezirks Laufen zustimmen. Mit dem Bundesbeschluss über die Gewährleistung der geänderten Verfassung des Kantons Basel-Landschaft sollen die eidgenössischen Räte die im Hinblick auf die Aufnahme des Laufentals geänderte Kantonsverfassung genehmigen.

Änderungen im Bestand und im Gebiet der Kantone bedürfen nebst der Zustimmung des betroffenen Gebiets, des Kantons, in dem dieses Gebiet liegt, und des Anschlusskantons auch der Zustimmung von Volk und Ständen. Die Zustimmung der verfassungsgebenden Gewalt des Bundes ist für die Gebietsveränderung konstitutiv.

Nach Artikel 6 Absatz 1 der Bundesverfassung sind die Kantone verpflichtet, für ihre Verfassungen die Gewährleistung des Bundes einzuholen. Nach Absatz 2 des gleichen Artikels gewährleistet der Bund kantonale Verfassungen, wenn sie weder die Bundesverfassung noch das übrige Bundesrecht verletzen, die Ausübung der politischen Rechte in republikanischen Formen sichern, vom Volk angenommen worden sind und revidiert werden können, sofern die absolute Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger es verlangt. Erfüllt eine kantonale Verfassung diese Voraussetzungen, so muss sie gewährleistet werden; erfüllt eine kantonale Verfassungsnorm eine dieser Voraussetzungen nicht, so darf sie nicht gewährleistet werden.

Im vorliegenden Fall sind die im Hinblick auf die Aufnahme des Laufentals nötigen Änderungen der Verfassung des Kantons Basel-Landschaft zu prüfen. Alle Änderungen entsprechen dem Artikel 6 Absatz 2 der Bundesverfassung; sie sind deshalb zu gewährleisten. Die Gewährleistung kann jedoch nur unter dem Vorbehalt erfolgen, dass diese Gebietsveränderung überhaupt zustande kommt, d. h. dass Volk und Stände sie durch Zustimmung zum besonderen Verfassungsbeschluss beschliessen.

Damit sich die Bundesversammlung nicht innert kürzerer Zeit zweimal mit der Laufentalfrage befassen muss und damit die Durchführung der vorgesehenen Gebietsabtretung nach Zustimmung von Volk und Ständen möglichst nicht weiter verzögert wird, schlägt der Bundesrat eine gleichzeitige Behandlung der beiden Vorlagen vor.

Verhandlungen

SR 09.03.1993 AB 1993, 71
NR 09.06.1993 AB 1993, 1081
SR / NR 18.06.1993 Schlussabstimmungen (30:2, 112:27)

Der Ständerat hiess die beiden Vorlagen ohne Gegenstimmen gut. In der kurzen Debatte, die angesichts des staatspolitisch sehr heiklen Themas von Besonnenheit gekennzeichnet war, wurde insbesondere betont, dass es sich um den folgerichtigen Abschluss eines über zwanzigjährigen demokratischen Verfahrens handle. Auch wenn beidseits der neuen Grenzen Wunden zurückbleiben würden, sei der Kantonswechsel im Interesse der Rechtssicherheit nötig. Bezüglich der Kantonsgrenzen müssten nun wieder Ruhe und Stabilität eintreten.

Wesentlich weniger ruhig verlief die Debatte im Nationalrat. Zu reden gab vor allem die äusserst knappe Mehrheit, mit der sich 1989 die Laufentaler für Basel-Land entschieden hatten (51,7% zu 48,3%). Ein Nichteintretensantrag Scherrer (edu, BE), der die Forderung nach einer qualifizierten Mehrheit der Betroffenen für Gebeitsveränderungen ins Feld führte, wurde abgelehnt. Nicht durchzusetzen vermochte sich auch ein Antrag Seiler (V, BE), der die Anerkennung des Kantonswechsels davon abhängig machen wollte, dass in der eidgenössischen Volksabstimmung nicht nur Volk und Stände, sondern auch der betroffene Bezirk zustimmen. Vertreter der SP und der Grünen wandten sich gegen eine derartige "Betroffenheitsdemokratie", während sie für eine Mehrheit der SVP und der FDP in diesem seltenen Fall eines "Heimatwechsels" berechtigt erschien. Die Gegner einer solchen "dreifachen" Mehrheit von Volk, Ständen und betroffenem Bezirk argumentierten zusammen mit Bundesrat Koller im wesentlichen verfassungsrechtlich, indem sie darauf hinwiesen, dass weder in der bernischen noch in der eidgenössischen Verfassung ein derartiges Verfahren vorgesehen sei.

Die Vorlage wurde in der Volksabstimmung vom 26. September 1993 vom Volk klar angenommen (75,2% Ja-Stimmen; vgl. Anhang G).

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

Hauptinhaltverzeichnis
Inhaltverzeichnis des aktuellen Kapitels Index Inhaltverzeichnis des folgenen Kapitels
Rückkehr zum SeitenbeginnRückkehr zum Seitenbeginn

HomeHome