Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

9. Verkehr

95.027 NEAT. Zweiter Verpflichtungskredit
NLFA. Deuxième crédit d'engagement

Botschaft: 12.04.1995 (BBl III, 237 / FF III, 229)

Ausgangslage

Die Räte haben am 1. Oktober 1991 einen ersten Verpflichtungskredit von 800 Mio Franken für die Projektbereinigung und Bauvorbereitung bewilligt. Darin sind insbesondere die Kosten für das Sondiersystem Piora und die Sondierstollen am Ceneri und im Kandertal sowie die Bauvorbereitungsmassnahmen für die Zwischenangriffe Sedrun, Amsteg, Faido am Gotthard und Goppenstein am Lötschberg enthalten.

Für den Bau der beiden Basistunnel ist nach heutigem Kenntnisstand ein Kredit von 8,6 Mia Franken erforderlich (Gotthard 5,8 Mia und Lötschberg 2,8 Mia Franken). Bevor diese Tranche zur Diskussion steht, ist die Finanzierung der NEAT grundsätzlich zu überprüfen. Dennoch sind die Projektierungs- und Sondierungsarbeiten sowie die bauvorbereitenden Tätigkeiten weiterzuführen, damit keine Verzögerungen im Realisierungsprogramm der NEAT entstehen. Somit werden einmal sämtliche Aufgaben, welche vom ersten bereits bewilligten Verpflichtungskredit finanziert werden, planmässig fortgesetzt. Mit dem zweiten Verpflichtungskredit ist sodann der nahtlose Übergang zu den eigentlichen Bauarbeiten in den Basistunnel sicherzustellen. Bauliche Präjudizien sind jedoch zu vermeiden.

Zu diesem Zweck ist ein zweiter Verpflichtungskredit in der Höhe von 855 Mio Franken (Gotthard 570 Mio und Lötschberg 285 Mio Franken) erforderlich. Damit werden Aufwendungen für den Landerwerb und die Bauleitung sowie Massnahmen für die Bauvorbereitung und erste Bauarbeiten finanziert. Dieser Kredit wird daher auch zum Teil für die Kosten der erwähnten Zwischenangriffe am Gotthard und Lötschberg verwendet. Mit einem Kredit von 855 Mio Franken können die Arbeiten bis ungefähr anfangs 1997 ausgeführt werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte die Finanzierung für den Bau der Basistunnel geklärt sein.

Verhandlungen

SR 20.06.1995 AB 1995, 683
NR 20.09.1995 AB 1995, 1796

Der Ständerat hiess mit 23 zu 3 Stimmen den Überbrückungskredit von 855 Mio gut, beschloss aber, davon 645 Mio zu sperren, bis die umstrittene Finanzierung der NEAT geregelt ist. Freigegeben wurden somit nur 210 Mio, nämlich 160 bzw. 50 Mio für die Zwischenangriffe bei Sedrun GR und Ferden VS. Die 50 Mio für Ferden schob der Ständerat im Einverständnis mit dem Bundesrat nach, um den Lötschberg mit dem Gotthard gleichzustellen.

Die Debatte war geprägt von den Unsicherheiten um das NEAT-Projekt und dessen Finanzierung. Einen Rückweisungsantrag von Weber (U, ZH) lehnte die kleine Kammer mit 25 zu 2 Stimmen ab. Weber beantragte Rückweisung an den Bundesrat, damit dieser zuerst ein klares (allenfalls auch privatwirtschaftliches) Finanzierungskonzept vorlege, Wirtschaftlichkeit und Rentabilität beurteile, die verkehrs- und europapolitische Notwendigkeit überprüfe und eine Etappierung vorsehe. Nur Onken (S, TG) unterstützte Weber in ihrer Forderung. Die NEAT brauche jetzt, so Onken, klare Etappierungs- und Finanzkompromisse und nicht einen Überbrückungskredit zur Überdeckung von Meinungsverschiedenheiten. Zahlreiche Votanten zeigten zwar grundsätzlich Verständnis für den Antrag Weber, sagten aber am Schluss, vor allem aus europapolitischen Rücksichten wolle man doch nicht für Rückweisung stimmen.

Auch ein weniger weit gehender Antrag von Loretan (R, AG) wurde mit 26 zu 7 Stimmen verworfen. Er wollte nur jene 210 Mio Franken bewilligen, die für zwei Zwischenangriffsstollen am Gotthard und Lötschberg benötigt werden.

Bundesrat Ogi bekam im Verlaufe der Debatte harte Kritik zu hören. Loretan warnte vor einer "Scheinetappierung", bei der gleichzeitig beide Basistunnels und später die Zufahrten gebaut würden. Büttiker (R, SO) bezeichnete den Überbrückungskredit als "Befreiungsschlag" und stellte Ogi die brisante Frage, wie er die 3 bis 5 Mia Franken für einen als NEAT-Zufahrt unbedingt nötigen, aber noch nicht projektierten neuen Jura-Durchstich zu finanzieren gedenke. Rüesch (R, SG) verlangte eine Prioritätenplanung für Projekte des öffentlichen Verkehrs. Er befürchtete, der Bundesrat werde statt einer echten Etappierung überall langsam bauen lassen.

Im Einklang mit dem Ständerat hielt auch der Nationalrat ausdrücklich fest, es dürften mit dem Zwischenkredit keine baulichen Präjudizien geschaffen werden. Mit 99 zu 35 Stimmen hiess auch er den - grösstenteils gesperrten - Ueberbrückungskredit von 855 Mio Franken gut. Verworfen wurden sowohl ein Nichteintretensantrag von Walter Steinemann (A, SG) wie auch zwei Rückweisungsanträge der Kommissionminderheit sowie des LdU.

Im Verlauf der Debatte wurde dem Bundesrat vorgeworfen, das Volk mit schönfärberischen NEAT-Prognosen vor der Abstimmung im September 1992 hinters Licht geführt zu haben. Der Bundesrat habe das Volks nicht getäuscht, konterte Bundesrat Ogi. Die Rahmenbedingungen hätten sich jedoch seither geändert. Der Bundesrat habe seine Führungsrolle voll wahrgenommen. Mit der Redimensionierung der NEAT und der Sonderfinanzierung sehe er die erforderlichen Korrekturen vor.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

   

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