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10.416 nPa. Iv. Heer. Stopp der Diskriminierung von Schweizer Bürgern

français

Bericht der Sicherheitspolitischen Kommission vom 29. Juni 2010
Die Sicherheitspolitische Kommission hat an ihrer Sitzung vom 29. Juni 2010 die am 15. März 2010 von Nationalrat Alfred Heer eingereichte parlamentarische Initiative vorgeprüft.

Die Initiative verlangt, die gesetzlichen Grundlagen so zu ändern, dass Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung eine Sicherheitsabgabe zu leisten haben, analog den Bestimmungen für Schweizer Bürger gemäss Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe.



Antrag der Kommission

Die Kommission beantragt mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben.
Eine Minderheit (Bortoluzzi, Borer, Brönnimann, Hurter, Miesch, Perrin, Schlüer) beantragt, der Initiative Folge zu geben.


Berichterstattung: Galladé (d), Perrinjaquet (f)




Im Namen der Kommission
Der Präsident: Jakob Büchler

1. Text und Begründung
1. 1. Text
1. 2. Begründung
2. Rechtliche Grundlagen und Entwicklung
3. Erwägungen der Kommission
3. 1. Erwägungen der Mehrheit
3. 2. Erwägungen der Minderheit
4. Antrag der Kommission

1. Text und Begründung

1. 1. Text

Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und Artikel 107 des Parlamentsgesetzes reiche ich folgende parlamentarische Initiative ein:
Die gesetzlichen Grundlagen sind dahingehend zu ändern, dass Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung eine Sicherheitsabgabe zu leisten haben, analog den Bestimmungen für Schweizer Bürger gemäss dem Bundesgesetz über die Wehrpflichtersatzabgabe.

1. 2. Begründung

Schweizer Bürger sind auf dem Arbeitsmarkt gegenüber Ausländern diskriminiert. Viele Arbeitgeber stellen EU-Bürger an, da diese am Arbeitsplatz weniger fehlen, weil diese nicht wehrdienstpflichtig sind. Ausländer profitieren zudem auch von der Sicherheit, welche die Schweizer Armee bietet. Schweizer Bürger sind heute gegenüber Ausländern diskriminiert, was mit einer Gesetzesänderung behoben werden soll.

2. Rechtliche Grundlagen und Entwicklung

Die Wehrpflichtersatzabgabe (basierend auf dem Bundesgesetz vom 12. Juni 1959 über die Wehrpflichtersatzabgabe, WPEG) ist eine subsidiäre Erfüllung der Militärdienstleistungspflicht, die nur die männlichen Schweizer Bürger erbringen müssen. Sie ist eines der Mittel zur Durchsetzung des Grundsatzes in Artikel 59 Absatz 1 der Bundesverfassung, wonach alle Schweizer Bürger Militärdienst leisten müssen. Dabei gilt das sogenannte Nationalitätenprinzip. Ausländer müssen heute folglich keine Wehrpflichtersatzabgabe bezahlen.
Die Wahrung der Sicherheit ist eine Staatsaufgabe, die grundsätzlich über die Steuerabgaben bezahlt wird. Die Wehrpflichtersatzabgabe (2009 ca. 140 Millionen Franken) geht denn auch nicht ans VBS, sondern in die allgemeine Bundeskasse.
Ausländer entrichten ihren Beitrag an die Sicherheit heute also über die allgemeinen Steuern.
Im Sinne der vorliegenden Initiative benachteiligt sind die Militärdienstleistenden, also rund 60 Prozent der Schweizer Bürger. Die weiteren rund 40 Prozent Schweizer Bürger sind dienstuntauglich und leisten die Ersatzabgabe; sie fehlen am Arbeitsplatz nicht, haben diesbezüglich also keinen Nachteil, aber sie bezahlen die Ersatzabgabe persönlich, ohne Beteiligung des Arbeitgebers. Die Abwesenheit vom Arbeitsplatz als Konsequenz der Militärdienstleistung betrifft also rund 30 Prozent der Schweizer Bevölkerung. Rund 70 Prozent der Bevölkerung - die Frauen und die Dienstuntauglichen - haben diesen Nachteil nicht.
Der Wehrpflichtersatz ist eine Eigenheit der schweizerischen Gesetzgebung. Zur Regelung der Wehrpflicht von Doppelbürgern hat die Schweiz insbesondere mit seinen direkten Nachbarn entsprechende Abkommen unterzeichnet, welche vorsehen, dass Doppelbürger nur in einem Staat Dienst leisten müssen.
In der Geschichte bestand die Abgabepflicht für Ausländer bereits einmal: Gemäss dem ersten Militärpflichtersatzgesetz von 1878 konnten in der Schweiz niedergelassene Ausländer zum Militärpflichtersatz herangezogen werden. Diese Bestimmung hatte aber kaum konkrete Bedeutung, da die Schweiz mit praktisch allen betroffenen Ländern Niederlassungsverträge ausgehandelt hatte.

3. Erwägungen der Kommission

3. 1. Erwägungen der Mehrheit

Die Kommissionsmehrheit sieht in dem durch die Initiative angesprochenen Bereich keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf und kommt zum Schluss, dass es nicht angeht, dass Ausländer für die Sicherheit der Schweiz mitverantwortlich gemacht werden sollen, ohne dass sie dafür auch weitere Rechte erhalten.
Schweizer Männer, die Militärdienst leisten, können heute auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich benachteiligt sein, diesbezüglich hat sich das Verhältnis zwischen Wirtschaft (v. a. betreffend international geleitete Konzerne) und der Armee in den vergangenen Jahren durchaus verändert. Das in der Initiative vorgeschlagene Vorgehen würde dies aber nicht grundlegend ändern: Auch mit einer Sicherheitsabgabe würde eine Ungleichbehandlung fortbestehen, weil die Verfügbarkeit der Ausländer nach wie vor höher wäre als die der Militärdienstleistenden (erreicht würde nur die Gleichbehandlung von Militärdienstuntauglichen und Ausländern). Zudem gäbe es in den Augen der Kommissionsmehrheit bei einer die Ausländer betreffenden Änderung des WPEG keine zwingenden Gründe, nicht auch die Erhebung einer Wehrpflichtersatzabgabe von den Schweizerinnen zu diskutieren. Schliesslich würde ein Vorgehen gemäss Initiative eine Revision von Artikel 59 der Bundesverfassung bedingen (Abkehr vom Nationalitätenprinzip hin zum Territorialprinzip).

3. 2. Erwägungen der Minderheit

In den Augen der Kommissionsminderheit stellt die vorliegende Initiative eine berechtigte Frage, nämlich die nach der Gleichberechtigung von Ausländern und Schweizern, denn zurzeit ist es für die Arbeitgeber klar von Vorteil, Mitarbeiter zu haben, die keinen Militärdienst leisten. Mit der Einführung des freien Personenverkehrs hat sich die Situation auch dahingehend verändert, dass die Niederlassungsmöglichkeit nun unabhängig von einer staatlichen Bewilligung besteht, das Milizprinzip blieb jedoch unverändert bestehen.
In diesem Sinne sieht die Kommissionsminderheit in dem durch die Initiative angesprochenen Bereich durchaus gesetzgeberischen Handlungsbedarf. Auch müssten dann weitere Aspekte der Problematik ebenfalls eingehender betrachtet werden, wie etwa, dass Frauen auch keine Abgabe im Sinne der Initiative bezahlen.

4. Antrag der Kommission

Basierend auf diesen Überlegungen beantragt die Kommission mit 15 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der Initiative keine Folge zu geben.

Eine Minderheit (Bortoluzzi, Borer, Brönnimann, Hurter, Miesch, Perrin, Schlüer) beantragt, der Initiative Folge zu geben.


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