89.689 - Postulat.
Gute Dienste zur Informationskultur
Texte français
 
 

Eingereicht von Eppenberger Susi (R)
Einreichungsdatum 06.10.1989
Eingereicht im Nationalrat
Stand der Beratung Erledigt
Eingereichter Text
Der Bundesrat wird eingeladen zu prüfen, welche guten Dienste die Eidgenossenschaft leisten könnte, um den Bestand, die Pflege und den Zugang insbesondere zu den kulturellen, ökologischen und wirtschaftlichen Informationen zu gewährleisten, welche im Rahmen des Völkerbundes und der Vereinten Nationen angefallen sind, resp. anfallen werden.

Begründung
Im Zeitalter der weltweiten Vernetzung der Märkte und Finanzbörsen, der unverzüglichen Kommunikation von Text, Bild und Daten, der schallschnellen Flugverbindungen und der stündlichen Intercity-Züge mag man sich höchstens noch zu Vergleichs- und Nostalgiezwecken der Postkutschen erinnern. Im Informationsbereich ist der technische Fortschritt sogar besonders ausgeprägt und augenfällig: das Schweizer Telephonbuch, beispielsweise, ist bereits auf einer optischen Kompaktdiskette verfügbar und bald werden ganze Bibliotheksbestände von Privaten zuhause konsultiert werden können. Dennoch, und obwohl relevantes Wissen seit je Vorteile, Sicherheit und Macht vermittelt hat, ist da akkumulierte Wissen der Welt immer noch weitgehend archaisch "organisiert" und entsprechend mangelhaft zugänglich und genutzt. Die Beschaffung, Konservierung, Aufbereitung und Verfügbarmachung der bereits vorhandenen, ebenso wie der flutartig zunehmenden Informationen, hat mit den reellen Möglichkeiten und Bedürfnissen höchstens punktuell und unter vorwiegend nationalen Gesichtspunkten Schritt gehalten. Was fehlt, ist eine auch die nationalen Grenzen überwindende Informationskultur, welche jedem Bürger und Entscheidungsträger den Zugang und die Beherrschung des ihn interessierenden weltweiten Informationsflusses und seiner Inhalte erlaubt. Das Beispiel des Völkerbundes und seiner Institutionen illustriert das Grundprloblem, und es lässt Lösungmöglichkeiten erkennbar werden, welche auch und insbesondere für die Schweiz von Interesse sein könnten. Friedenssicherung durch Recht lautete schon beim Völkerbund die Devise seiner Gründungsväter, allen voran der damalige amerikanische Präsident Woodrow Wilson. Dazu sollten auf verschiedensten Sachgebieten multilaterale Vereinbarungen (z.B. zuer Bekämpfung des internationalen Rauschgifthandels) und Modellabkommen (z.B. zur Vermeidung des Doppelbesteuerung) ausgehandelt und internationale Organisationen (z.B. das Internationale Arbeitsamt) ins Leben gerufen werden. Abkommen und Organisationen kamen zwar zustande - und entfalten z.T. heute noch positive Wirkungen. Ohne die Resonanzkraft einer entsprechenden Informationskultur vermochten all diese Bemühungen aber ihr Hauptziel der Friedenssicherung nicht zu erreichen. Das Aushandeln der entsprechenden Abkommen erfasste schon damals nur einen kleinen, relativ geschlossenen Kreis von spezialisierten Unterhändlern. Und sowohl die vereinbarten Texte, als auch die ihnen zugrunde liegenden Materialien und Karten - welche auch für die Zukunft noch äusserst wertvollen Lösungsansätze enthalten - drangen nur den wenigsten Entscheidungsträgern nachhaltig ins Bewusstsein. Die von einem andern weitsichtigen Amerikaner, John D. Rockefeller, gestiftete Völkerbundsbibiolthek konnte daher bisher auch nur einen Teil ihrer Zweckbestimmung erfüllen. Seit der Gründung der Vereinten Nationen, ihrer Spezialagenturen und anderer aus den Arbeiten des Völkerbunds hervorgegangener internationaler Organisationen (z.B. OECD) sind verschiedene einmalige Kollektionen der Völkerbundsbibliothek an neue Standorte gebracht worden. Gleiches geschah mit der Verlegung einzelner UNO-Organisation nach Wien. Der damit verbundene Aderlass schuf in Genf zwar Platz für die unablässig anschwellende UNO-Dokumentflut; die Bedeutung der weiterhin im Palais des Nations untergebrachten Völkerbunds-/UNO-Bibliotheken ist dadurch aber beeinträchtigt worden. Die Schattenseite solcher Spezialisierung und Dezentralisierung kann im Doppelbesteuerungs-Modellabkommen der OECD erkannt werden, indem dort nicht mehr der Schutz des Steuerzahlers vor Doppelbesteuerung sondern die Förderung der Interessen der Steuerverwaltungen gegebenenfalls sogar mittels Bewirkung von Doppelbesteuerung zum Hauptzweck erhoben und festgelegt worden ist. Nicht weniger bedeutungsvoll - und auch für die Universitätsstadt Genf schwerwiegend - sind die chronischen Platz-, Budget- und Personalprobleme der Genfer UNO-Bibliotheken. Sie beteiligen sich zwar im Rhamen des Möglichen am Ausleihverkehr mit andern schweizerischen Universitätsbibliotheken; ihre Bestände sind aber nur mangelhaft bekannt oder ergründbar, und die persönliche Benutzung der Bibliotheksdienstleistungen ist regelmässig ausserordentlich beschränkt und vielfach erschwert. Für die sonst kaum zugänglichen Völkerbundstexte im besonderen dürfte auch die derzeit angelaufene elektronische Datenerfassung in absehbarer Zeit keine wesentliche Besserung des Informationszugangs bewirken. Damit besteht für die Schweiz als Standortland Anlass, im Sinne erweiterter guter Dienste das gegenseitige Interesse, die Möglichkeiten und die Voraussetzungen zur Zusammenarbeit mit den Vereinten nationen und ihren Spezialagenturen zu prüfen, um die betreffenden Informationsdienstleistungen auch in Krisen- und Kriegszeiten gewährleisten zu können.

Erklärung des Bundesrates 04.12.1989
Der BR ist bereit, das Po entgegenzunehmen

Chronologie

08.02.1990 Nationalrat Angenommen (N AB 1990 I)

Mitunterzeichnende Auer, Bremi, Burckhardt, Cotti, David, Eggly, Maitre, Morf, Müller-Meilen, Ott, Sager, Steinegger, Wyss Paul (13)
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