Bern (sda) Das Kostensenkungspaket für die Krankenversicherung ist bereit für den Nationalrat. In drei Punkten vor allem weicht die Kommission vom Bundesrat ab: Sie will keine Praxisgebühr und keine zusätzliche Prämienverbilligung, dafür aber die Vertragsfreiheit ab 2012.

Die auf 2010 bis Ende 2012 befristete dringliche KVG-Revision wurde von der Gesundheitskommission (SGK) mit 14 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen gutgeheissen. Laut SGK-Präsident Jürg Stahl (SVP/ZH) sind für das Plenum 19 Minderheitsanträge angemeldet. Die Vorlage wird in der Herbstsession von beiden Kammern behandelt.


Differenzierter Selbstbehalt

Mit 19 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen brach die SGK einen zentralen Stein aus dem Gebäude des Bundesrates: Sie strich die Praxisgebühr von 30 Franken, welche die Patienten bei den ersten sechs Arztbesuchen bar entrichten sollten. Die Landesregierung wollte allein damit 350 bis 450 Millionen Franken sparen.

Gleichzeitig hiess die SGK mit 15 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen ein Alternativkonzept gut. Wer zuerst zum Hausarzt geht, soll nur einen Selbstbehalt von 10 Prozent tragen müssen. Dies gilt auch dann, wenn ihn der Hausarzt an einen Spezialisten überweist. 20 Prozent berappen muss, wer direkt den Spezialisten aufsucht.

Von der SGK bekräftigt und etwas flexibler gefasst wurde der frühere Beschluss, dass bei gleicher Eignung das preisgünstigste Medikament abzugeben ist. Laut Stahl ist damit nicht gemeint, dass Kranke alle Monate das Medikament wechseln müssen.


Unentgeltliche Beratung am Telefon

Einverstanden ist die SGK damit, dass die Kassen einen kostenlosen medizinischen Telefondienst einrichten müssen. Eine einmal gewählte höhere Franchise mit Rabatt soll zwei Jahre gelten. Ebenso passierten die Verpflichtung der Kantone zu Leistungsaufträgen für Spitalambulatorien und die Kompetenz des Bundesrates zur Senkung der ambulanten Tarife bei starkem Anstieg.

Neu beschloss die SGK, dass die CO2-Abgabe der Bevölkerung jeweils noch im gleichen Jahr über die KVG-Prämie erstattet werden soll. Klar verwarf sie einen Antrag, Versicherte mit Zusatzversicherung von der Prämienverbilligung auszuschliessen. Mit 14 zu 12 Stimmen schliesslich lehnte sie die vom Bundesrat für 2010 zusätzlich beantragten 200 Millionen Franken für die Prämienverbilligung ab.


Eine Lanze für die Vertragsfreiheit

Zündstoff liegt in einer Übergangsbestimmung, welche die SGK mit 13 zu 11 Stimmen guthiess. Danach sollen die Krankenkassen nur noch 2010 und 2011 mit allen ambulanten Leistungerbringern Verträge abschliessen müssen. Ab 2012 soll Vertragfreiheit herrschen - wegen der Verknüpfung mit dem befristeten Gesetz freilich nur für ein Jahr.

Laut Stahl «besteht Rechtsunsicherheit, ob das so geht». Die Frage müsse jedenfalls noch eingehend geprüft werden. Die Kommission wolle aber den Bundesrat unterstützen, der schon in seiner Vorlage von 2004 zur Revision des KVG eine Lockerung des Vertragszwangs vorgeschlagen habe.

Die finanziellen Auswirkungen der Kommissionsanträge liessen sich nur schwer beziffern, sagte Stahl am Freitag vor den Medien. Die Einsparungen in der Krankenversicherung würden auf jährlich 110 bis 130 Millionen Franken geschätzt.

 

28.08.2009