Grundsätze des Bundesrates für institutionelle Lösungen mit der EU
​Der Bundesrat hat die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) zu den Grundsätzen für institutionelle Lösungen mit der EU konsultiert. Die APK-N hat ein entsprechendes Mandat für Verhandlungen mit der EU stillschweigend gutgeheissen. Einzelne Elemente des Mandats, insbesondere die Schaffung einer nationalen Überwachungsbehörde, wurden von der Kommission kritisch bis sehr kritisch beurteilt.

​Im Mittelpunkt der Diskussionen stand der neue Vorschlag des Bundesrates vom 25. April 2012, eine unabhängige nationale Behörde zu schaffen, die die Anwendung der mit der EU geschlossenen Abkommen überwachen soll. Die Kommission beurteilte die Rechtsnatur und Kompetenzen einer solchen Behörde sowie die Tatsache, dass sich diese nur auf die Überwachung zukünftiger bilateraler Verträge beschränken soll, mit grossmehrheitlicher Skepsis. Ein Antrag, der dem Bundesrat empfehlen wollte, diese nationale Überwachungsbehörde aus dem Verhandlungsmandat zu streichen, wurde jedoch mit 11 zu 7 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgewiesen. Die Mehrheit war, trotz ihrer zum Teil grossen Vorbehalte, der Ansicht, dass dem Bundesrat für die anstehenden Verhandlungen alle Optionen und Handlungsspielräume offengelassen werden sollten. In den Augen der Minderheit ist diese Überwachungsbehörde aus rechtstaatlichen Überlegungen nicht tragbar. Die Kommission ist sich einig, dass eine supranationale Gerichtsbarkeit keine Lösung darstellt.

Ebenfalls zur Sprache kam die Strategie des Bundesrates diese Grundsätze als Grundlage für eine konkrete institutionelle Lösung im Rahmen der laufenden Verhandlungen über ein Stromabkommen CH-EU einzubringen. Die Meinungen, ob dieser Ansatz als Modellcharakter für künftige Abkommen CH-EU im Bereich des Marktzugangs zielführend ist, gingen in der Kommission auseinander.

Ferner geht die Kommission mit dem Bundesrat einig, dass es zu keiner automatischen Übernahme des EU-Rechts kommen darf. Gleichzeitig soll das Mitspracherecht der Schweiz an der Weiterentwicklung des EU-Rechts („Decision shaping“) ausgeschöpft werden.

Schliesslich hat die Kommission mit 12 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung entschieden, keine Abstimmung über das Mandat durchzuführen. Trotz ihrer Vorbehalte ist die Kommission gewillt, den Bundesrat auf den Verhandlungsweg zu schicken und hat das Verhandlungsmandat stillschweigend gutgeheissen.

Vorgängig zur Konsultation hat die Kommission den Vizepräsidenten der Konferenz der Kantonsregierungen, Regierungsrat Hans-Jürg Käser, sowie die Professoren Dieter Freiburghaus und Daniel Thürer angehört, um die Sichtweise der Kantone sowie staatsrechtliche Experteneinschätzungen zum bundesrätlichen Lösungsvorschlag einzuholen. 

Bern, 31. Mai 2012 Parlamentsdienste