Das Budget ist stets eines der wichtigsten Geschäfte der Wintersession und dominiert den Sitzungsplan der Räte, weil es bis Ende der Wintersession zu Ende beraten sein muss. In der Sprache des Sports könnte man von einem Marathon sprechen. Es ist auch eine spannende Serie.

Für die beiden Finanzkommissionen von National- (FK-N) und Ständerat (FK-S) begann dieser «anstrengende Lauf» mit der Allgemeinen Aussprache zum Eintreten Anfang September (FK-N) und Mitte Oktober (FK-S). Diskutiert werden die grossen Zahlen/Beträge wie das Defizit oder der Überschuss, die sich aus den bundesrätlichen Anträgen ergeben. Danach folgten 21 Subkommissionssitzungstage und die grossen Sitzungen der FK mit der Detailberatung des Budgets. Die FK-N beispielsweise diskutierte vom 13.-15. November während rund 22 Stunden das Budget in Anwesenheit aller Departementsvorsteherinnen und -vorstehern. Die Kommission befasste sich thematisch mit vielen Facetten der Staatstätigkeit – mit dem Bundespersonal, der Höhe der Beiträge für die Entwicklungszusammenarbeit oder mit Fragen zur Energiepolitik. Es ist die längste, anstrengendste, aber wohl auch spannendste Sitzung der Finanzkommission. Von der FK-N werden über 80 Minderheitsanträge in den Nationalrat getragen, mehr als doppelt so viele wie letztes Jahr. Die FK-S hingegen unterbreitete ihrem Rat lediglich 14 Minderheitsanträge.

La présidente de la Commission des finances du Conseil national Margret Kiener Nellen et le CN Daniel Brélaz, rapporteur francophone
 

Die Präsidentin der Finanzkommission des Nationalrates, Margaret Kiener Nellen und Daniel Brélaz, Berichterstatter französischer Sprache

Diese Woche haben die Räte mit der Beratung des Budgets begonnen. Während der Ständerat am Dienstag bis auf wenige Fälle dem Bundesrat gefolgt ist, beantragt die Finanzkommission des Nationalrates zahlreiche Änderungen gegenüber dem Voranschlag des Bundesrats. Neben den weit über 80 Minderheitsanträgen stand auch ein gewichtiger Einzelantrag zur Debatte. Eingegeben wurde er von den Fraktionschefs der SP und SVP. Sie wollen die aus der Ablehnung der Altersreform 2020 freiwerdenden Mittel von 442 Millionen Franken in die AHV geben. Bundesrat und Ständerat möchten 295 Millionen Franken dieser Mittel in den Bahninfrastrukturfonds geben und den Rest für den Schuldenabbau einsetzen. Der Nationalrat stimmte mit 130 zu 63 Stimmen (1 Enthaltung) dem Antrag der beiden Fraktionschefs zu. Dieses Konzept wurde schon in der Sitzung der FK-N vom 12. Oktober 2017 als Antrag auf eine Kommissionsinitiative in der FK-N beantragt und mit 14 zu 11 Stimmen beschlossen. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das AHV-Gesetz angepasst werden. Damit mit der Ausarbeitung dieser Gesetzesänderung begonnen werden kann, musste die FK-S zustimmen. Diese befasste sich an der Sitzung vom 6.-7. November 2017 mit dem Antrag ihrer Schwesterkommission und lehnte den Antrag mit 8 zu 5 Stimmen ab. Damit war dieses Konzept – scheinbar – vom Tisch, bis im Nationalrat die beiden identischen Einzelanträge der beiden Fraktionschefs eingereicht wurde. Für Spannung ist gesorgt! Welches der beiden Konzepte wird sich am Schluss durchsetzen?

Am Mittwoch verwarf der Nationalrat die Minderheitsanträge auf Querschnittskürzungen bei den Beratungen und Externen Dienstleistungen, dem Personal und dem Sach- und Betriebsaufwand. Die Kommissionsmehrheit und der Bundesrat setzten sich mit klaren Mehrheiten durch. Zu grossen Diskussionen führten auch die Anträge betreffend die Publica und die Lohnmassnahmen. Der Nationalrat verwarf den Antrag auf eine Einlage in die Publica mit 107 zu 91 Stimmen. Er stimmte danach aber einem Minderheitsantrag auf Lohnmassnahmen in der Höhe von rund 33 Millionen Franken zu. Der Ständerat war am Montag dem Bundesrat gefolgt, indem er sich mit 24 zu 19 Stimmen (2 Enthaltungen) für die Einlage in die Publica sowie die Kompensation durch die Streichung der Lohnmassnahmen aussprach. Das Personal des Bundes wird sicher in der Differenzbereinigung eine wichtige Rolle spielen.

Stefan Koller et Florent Strobel
 

Florent Strobel und Stefan Koller, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Sekretär der Finanzkommission des Nationalrates

Am Donnerstag begann der Nationalrat mit den Anträgen zum EDA. Er lehnte mit 100 zu 88 Stimmen (1 Enthaltung) den Antrag der Mehrheit der FK-N auf eine Kürzung beim Transferaufwand des EDA mit 100 zu 88 Stimmen (1 Enthaltung) ab. Auch die sonstigen Anträge auf Aufstockung und Kürzung beim EDA wurden allesamt abgelehnt, sodass nach der ersten Runde die Räte beim EDA in allen Punkten dem Bundesrat gefolgt ist. Wichtiges Thema in jeder Budgetdebatte ist die Landwirtschaft. Der Ständerat folgte dem Bundesrat bis auf eine Ausnahme. Er kürzte bei der landwirtschaftlichen Strukturverbesserung den Kredit von 82 Millionen Franken um 18 Millionen. Der Nationalrat stockte den gleichen Kredit von 82 auf 88 Millionen auf. Wetten, dass dieser Kredit in den weiteren Budgetverhandlungen noch eine wichtige Rolle spielen wird? Ein weiterer wichtiger Kredit sind die Direktzahlungen Landwirtschaft. Hier hat der Nationalrat gegenüber dem Antrag des Bundesrates um rund 84 Millionen Franken aufgestockt. Wie schon beim Budget 2017 sind sich die Räte bei den Landwirtschaftskrediten nicht einig.

Die Beratung im Nationalrat wird am Montag fortgesetzt und abgeschlossen. Danach beginnt die Differenzbereinigung zwischen den Räten. Wenn es wie in den vergangenen Jahren zu einer Einigungskonferenz kommt, wird die Spannung bis zuletzt andauern und die letzten Entscheide fallen erst ganz am Schluss. Wird wiederum ein Antrag auf Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz gestellt wie beim Budget 2017? Während bei den anderen Ratsgeschäften die gesamte Vorlage scheitert, wenn der Antrag der Einigungskonferenz abgelehnt wird, kennt das Budget für diesen Fall eine spezielle Regel: Wird der Einigungsantrag verworfen, so gilt jener Beschluss der letzten Beratungsrunde, welcher den tieferen Betrag vorsieht (Art. 94 ParlG). In den strittigen Positionen setzt sich also der Rat durch, den der tiefere Betrag will. Dies eröffnet Möglichkeit zu taktischen Abstimmungen. Wenn der Ständerat verhindern will, dass der Nationalrat hohe Kürzungsanträge durch Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz durchsetzen kann, so muss er Gegenpositionen haben, die eine Mehrheit des Nationalrats keinesfalls kürzen will. Der Preis für die Ablehnung des Einigungsantrags muss so hoch wie möglich geschraubt werden. Hört man dem Ständerat genau zu, so stellt man fest, dass er sich für diese Entscheidungen in der Einigungskonferenz wappnet…

A suivre….

Alle Blogartikel zur Serie «Beratung des Budgets 2018»:

30.11: Mehr als doppelt so viele Minderheitsanträge wie beim Budget 2017
06.12: Hat der Ständerat seinen Trumpf zu früh gespielt?
11.12: Langsam kommen National- und Ständerat zum Ziel
12.12: Nachtschichten nicht ausgeschlossen
13.12: Ein Budget gibt es am Ende immer