Die Beratende Versammlung (Madjlis asch-Schura) des Emirats Katar richtete vom 6. bis 10. April 2019 im Sheraton-Konferenzzentrum in Doha die Frühjahrsversammlung der IPU aus. Trotz der Drohungen einiger Länder, diese Versammlung zu boykottieren, konnten alle statutarischen Organe ihre Sitzungen durchführen. Rund 80 Parlamentspräsidentinnen und -präsidenten, 40 Parlamentsvizepräsidentinnen und -präsidenten sowie mehr als 800 Abgeordnete aus 160 nationalen Parlamenten, darunter die Delegation der Schweiz, nahmen an der Versammlung teil. Hauptthema der 140. IPU-Versammlung war die Rolle der Parlamente bei der Verbesserung der Ausbildung für Frieden, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit.

Die Schweizer Delegation setzte sich wie folgt zusammen:

  • Ständerat Andrea Caroni (FDP, AR), Delegationspräsident;
  • Nationalrat Christian Lohr (CVP, TG), Vizepräsident der Delegation;
  • Nationalrätin Margret Kiener Nellen (SP, BE);
  • Ständerat Filippo Lombardi (CVP, TI);
  • NationalratFelix Müri (SVP, LU);
  • Nationalrat Laurent Wehrli (FDP, VD).

Die Versammlung sprach sich für international koordinierte Soforthilfsmassnahmen zugunsten der vom Zyklon Idai betroffenen Länder Mosambik, Malawi und Simbabwe aus. So wurde dem Themenvorschlag der Niederlande für eine entsprechende Dringlichkeitsdebatte Folge gegeben. Die ständigen Kommissionen der IPU hatten ihrerseits viel zu tun. Die ständige Kommission für Frieden und internationale Sicherheit befasste sich mit der inakzeptablen Situation, dass immer wieder Söldner eingesetzt werden, um dem Frieden zu schaden und die Menschenrechte zu verletzen. Der entsprechende Resolutionsentwurf war Gegenstand zahlreicher Änderungsanträge, von denen mehrere von der Schweizer Delegation stammten. Der Schweizer Vertreter in dieser Kommission, Ständerat Filippo Lombardi, hatte mehrfach die Position der Schweiz und deren Änderungsanträge zu verteidigen. Die ständige Kommission für nachhaltige Entwicklung, Finanzen und Handel legte einen Resolutionsentwurf vor, der sich mit der Rolle befasst, die ein gerechter Freihandel und Investitionen bei der Verwirklichung der Nachhaltigkeitsziele spielen. Die Schweiz war in dieser Kommission durch die Nationalräte Felix Müri und Laurent Wehrli vertreten.

Die Versammlung befasste sich ausserdem mit den Mitteln, die den Parlamenten zur Förderung der Gleichstellung von Mann und Frau und zur Bekämpfung des Terrorismus zur Verfügung stehen.

Der IPU-Rat wiederum nahm Kenntnis von den Verletzungen der Menschenrechte von Parlamentsmitgliedern, die zum Teil auch Abgeordnete von IPU-Mitgliedsparlamenten betrafen, sowie von den beiden Erklärungen der IPU-Präsidentin zur parlamentarischen Diplomatie und zur den Golanhöhen. Gegenüber der letztgenannten Erklärung äusserten mehrere Mitgliedsländer Vorbehalte.

Wahlen

Nationalrätin Margret Kiener Nellen wurde erneut in die hochrangige IPU-Beratergruppe zur Bekämpfung von Terrorismus und gewalttätigem Extremismus gewählt. Ihr Mandat läuft bis April 2023 und ist nicht verlängerbar.

Vereinigung der Generalsekretäre der Parlamente (ASGP)

Die Schweizer IPU-Delegation wurde bei ihrer Reise nach Doha vom Generalsekretär der Bundesversammlung, Philippe Schwab, begleitet, der dort an der gleichzeitig stattfindenden Konferenz der von ihm präsidierten Vereinigung der Generalsekretäre der Parlamente (ASGP) teilnahm.

Wichtige Ereignisse für die Schweiz

Nationalrat Felix Müri sprach in der Generaldebatte der Versammlung über die Rolle der Parlamente bei der Verbesserung der Ausbildung für Frieden, Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit. Als scheidender Präsident der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Nationalrates erzählte Felix Müri von seiner persönlichen Laufbahn – bis hin zum Nationalrat –, um zu zeigen, dass das Schweizer Bildungssystem den Jugendlichen vielfältige Entwicklungs- und Erfolgsmöglichkeiten bietet. «Alles ist möglich. Das duale Bildungssystem der Schweiz ist einer der Garanten für unseren Wohlstand sowie für Sicherheit und Frieden in unserem Land.» Er erinnerte zudem an die Pflicht der Parlamentsmitglieder, sich nicht in elitären Überlegungen zu verlieren, sondern bei ihrer gesetzgeberischen Arbeit im Bereich der Jugendbildung pragmatisch zu bleiben. Die Rede von Felix Müri kam bei vielen Versammlungsteilnehmenden gut an, da er als einer der wenigen – wenn nicht als einziger – frei sprach, ohne einen vorbereiteten Text abzulesen –etwas, das in der IPU eher selten ist.

Als Berichterstatter in der Kommission für Demokratie und Menschenrechte der IPU nahm NR Christian Lohr an einer vorbereitenden Debatte teil. Dabei tauschten sich die Mitglieder darüber aus, wie bis 2030 eine flächendeckende Gesundheitsversorgung erreicht werden kann. Weiter ging es darum, spezifische parlamentarische Massnahmen vorzuschlagen, die in die Resolution aufgenommen werden sollten. Diese Resolution wird auf der 141. Versammlung in Belgrad (Oktober 2019) diskutiert werden.

Am Rande der 140. IPU-Versammlung wollte sich die Schweizer Delegation im Hinblick auf die Fussballweltmeisterschaft 2022 und den Boom im Immobiliensektor des Landes über die Situation der ausländischen Arbeitnehmenden in Katar informieren. Sie begab sich deshalb zu einer Besichtigung vor Ort nach Lusail und nahm ausserdem an einem Treffen teil, das die rumänische EU-Ratspräsidentschaft mit dem Leiter des Büros der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Doha und einem Vertreter des katarischen Ministeriums für administrative Entwicklung, Arbeit und soziale Angelegenheiten organisiert hatte. Überdies besuchte die Delegation das Dispute Resolution Committee, eine Art arbeitsrechtliche Schlichtungsstelle, welche Streitfälle rasch beilegen und die Arbeitnehmenden schützen soll. Die Delegation konnte bei diesen Treffen offen Fragen stellen und erhielt durchaus ermutigende Antworten, auch wenn noch ein weiter Weg zu gehen ist.

Ferner traf sich die Delegation zu einem Gespräch mit dem CEO des katarischen Staatsfonds, der viel in der Schweiz investiert. Ziel dieses Treffens war es, besser zu verstehen, wie sich Katar auf das Ende des Erdölzeitalters vorbereitet und den Dienstleistungssektor ausbauen will.

Schliesslich nahm die Delegation auf Einladung des Schweizer Botschafters in Doha an einem Treffen mit Schweizer Vertreterinnen und Vertretern aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft teil.

Weitere Informationen finden sich auf der Website der IPU unter: https://www.ipu.org/event/140th-assembly-and-related-meetings