Der Nationalrat und der Ständerat in Kürze

Bern (sda)

FERNMELDEMARKT: Alle Daten sollen bei der Übertragung im Internet gleich behandelt werden. Der Nationalrat will die Anbieter dazu verpflichten. Er hat am Freitag bei der Beratung der Fernmeldegesetzrevision eine Bestimmung zur Netzneutralität gutgeheissen. Der Bundesrat möchte lediglich Transparenz schaffen. Beim Roaming folgte der Nationalrat dem Bundesrat. Dieser soll Möglichkeiten zur Bekämpfung unverhältnismässig hoher Endkundentarife und zur Förderung des Wettbewerbs erhalten. Namentlich soll er Preisobergrenzen festlegen können. Weiter brachte der Nationalrat eine Änderung an zu Kinderpornografie und anderen verbotenen pornografischen Inhalten. Neben der Zugriffssperre soll im Gesetz auch die Löschung solcher Inhalte vorgesehen werden. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte die Herbstsession abgeschlossen. Neun Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach, darunter das Bundesgesetz über die Steuervorlage 17, der Bundesbeschluss über die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie, das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer sowie das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung. Gegen die Vorlagen kann innert hundert Tagen das fakultative Referendum ergriffen werden. Wahrscheinlich ist dieses Szenario beim Waffenrecht und bei der Steuervorlage 17.

ELEKTROAUTOS: Mit einem normalen Führerausweis dürfen Lieferwagen bis 3,5 Tonnen Gesamtgewicht gelenkt werden. Der Nationalrat will diese Grenze für Elektrofahrzeuge erhöhen, sofern die Batterie für das Zusatzgewicht verantwortlich ist. Stillschweigend hat er eine Motion von Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) angenommen. Der Bundesrat ist einverstanden mit dem Vorhaben. Die EU plant ebenfalls, die Gewichtslimite für elektrisch betriebene Lieferwagen auf bis zu 4,25 Tonnen zu erhöhen. Die Motion geht nun an den Ständerat.

GESUNDHEITSWESEN: Der Nationalrat will integrierte Versorgungsnetze von Listen-Modellen abgrenzen, die keine koordinierte medizinische Versorgung erbringen. Als Kriterium für integrierte Versorgungsnetze gilt unter anderem, dass die Behandlung von Anfang bis Ende gesteuert wird. Zudem müssen in einem Vertrag mit der Krankenkasse Zusammenarbeit, Datenaustausch, Qualitätssicherung und Vergütung der Leistungen vereinbart werden. Der Nationalrat hat eine Motion von Ruth Humbel (CVP/AG) stillschweigend angenommen. Diese geht nun an den Ständerat.

ABRECHNUNGEN: Ärzte, Spitäler, Labors, Physiotherapeuten, Spitex und Apotheken müssen ihre Leistungsabrechnungen den Krankenkassen künftig elektronisch zustellen. Das verlangt der Nationalrat mit einer Motion. Mit einem weiteren Vorstoss fordert er, dass Abrechnungen nur noch elektronisch mit strukturierten und standardisierten Daten möglich sind. Der Nationalrat hat beide Motionen stillschweigend angenommen. Der Bundesrat ist einverstanden, die Aufträge umzusetzen. Zuerst muss noch der Ständerat darüber entscheiden.

SCHULDEN: Der Bundesrat soll verschiedene Varianten für ein Sanierungsverfahren für Privatpersonen prüfen und dem Parlament eine Vorlage unterbreiten. Das fordert der Nationalrat. Er hat eine Motion von Beat Flach (GLP/AG) angenommen, im Einverständnis mit dem Bundesrat. Heute hätten Hochverschuldete oder mittellose Privatpersonen keine Möglichkeit, ihre Finanzen nachhaltig zu sanieren, schrieb Flach in seinem Vorstoss. Für die Gläubiger wiederum bestünden nur eingeschränkte Möglichkeiten, von künftigem Schuldnereinkommen zu profitieren. Über den Vorstoss muss noch der Ständerat entscheiden.

OBSOLESZENZ: Der Bundesrat muss einen Bericht vorlegen über die Rechtslage zur geplanten Obsoleszenz. Dabei handelt es sich um eine Strategie, die darauf abzielt, die Lebensdauer eines Produktes absichtlich zu verkürzen, um dessen Ersatzrate zu steigern. Der Nationalrat hat ein Postulat von Géraldine Marchand-Balet (CVP/VS) angenommen, im Einverständnis mit dem Bundesrat.

VATERSCHAFTSURLAUB: Ob bei einem Todesfall der Mutter innerhalb von 14 Wochen nach der Geburt der Mutterschaftsurlaub vollumfänglich auf hinterbliebene Väter übertragen wird, soll im Rahmen des Gegenentwurfs zur Volksinitiative "Für einen vernünftigen Vaterschaftsurlaub" geprüft werden. Der Nationalrat hat deshalb die Behandlungsfrist einer parlamentarischen Initiative mit diesem Anliegen um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 verlängert. Käme ein gesetzlich geregelter Vaterschaftsurlaub zustande, wäre das Anliegen der Initiative erfüllt. Eine Minderheit der SVP wollte den Vorstoss abschreiben. Sie unterlag mit 137 zu 44 Stimmen bei 9 Enthaltungen.

PFLEGE: Der Nationalrat hat die Behandlungsfrist für zwei parlamentarische Initiativen um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 verlängert. Diese verlangen Massnahmen, um pflegende Angehörige künftig besser zu unterstützen. Der Bundesrat hatte im Sommer drei Massnahmen, die dem Anliegen entsprechen, in eine Vernehmlassung geschickt. So soll beispielsweise ein Betreuungsurlaub für Eltern von schwer kranken oder verunfallten Kindern geschaffen werden. Die grosse Kammer möchte die Ergebnisse der Vernehmlassung abwarten und dann entscheiden, ob und wie sie ihre Arbeiten an den Initiativen weiterführen will.

DEMOKRATIE: Die Kommissionen beider Räte arbeiten derzeit an einer Vorlage zur Einführung eines parlamentarischen Vetos gegenüber Verordnungen des Bundesrats. Der Vorentwurf befindet sich in der Vernehmlassung. Weil der Nationalrat die entsprechenden Ergebnisse abwarten will, hat er die Behandlungsfrist einer parlamentarischen Initiative um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 verlängert. Laut der Nationalratskommission wird die Vorlage voraussichtlich in der Frühjahrssession 2019 behandlungsreif sein.

LOBBYING: Der Nationalrat hat die Behandlungsfrist einer parlamentarischen Initiative um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 verlängert, die mehr Transparenz über die Mandate von Lobbyisten im Bundeshaus fordert. Die Arbeiten für die Umsetzung der in die gleiche Richtung zielenden parlamentarischen Initiative im Ständerat laufen. Sollte die Vorlage dort abgelehnt werden, wird die Staatspolitische Kommission des Nationalrats prüfen müssen, ob und wie sie die gleichlautende Initiative aus ihrem Rat umsetzen will. Voraussetzung dafür ist, dass die Frist für die Umsetzung der Initiative verlängert wird.

BERUFSGEHEIMNIS: Der Nationalrat hat die Behandlungsfrist einer parlamentarischen Initiative um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 verlängert, die ein Zeugnis- und Editionsverweigerungsrechts für Unternehmensjuristen anstrebt. Der Bundesrat hat das Anliegen in seinem Vorentwurf zur Änderung der Zivilprozessordnung aufgenommen. Die Auswertung einer durchgeführten Vernehmlassung steht noch aus. Die grosse Kammer ist der Ansicht, dass es nicht sinnvoll wäre, der allgemeinen Revisionsvorlage mit einer punktuellen Ergänzung vorzugreifen, und hat die Arbeiten an der Initiative deshalb sistiert.

BAUMÄNGEL: Die grosse Kammer hat die Behandlung einer parlamentarischen Initiative sistiert, die eine Verlängerung der Rügefrist für versteckte Baumängel auf sechzig Tage verlängern will. Die Fristverlängerung für das Geschäft um zwei Jahre bis zur Herbstsession 2020 sei sinnvoll, um die laufenden Arbeiten des Bundesrats zu einem verwandten Vorstoss abzuwarten, lautete der Tenor. Eine entsprechende Vernehmlassungsvorlage wird im Frühjahr 2019 erwartet.

GESCHLECHT: Der Bundesrat soll nicht prüfen, wie das Schweizer Recht so angepasst werden könnte, dass in den Gesetzesbestimmungen nicht zwischen Frauen und Männern unterschieden wird. Der Nationalrat hat ein Postulat von Beat Flach (GLP/AG) abgelehnt. Der Bundesrat hatte den geforderten Bericht erstellen wollen. Flach verwies auf die Diskussion über die Einführung eines dritten Geschlechts im Zusammenhang mit Transmenschen und Menschen mit einer Geschlechtsvariante. Der Verzicht auf einen Geschlechtseintrag wäre aus liberaler Sicht ideal, schrieb er in seinem Vorstoss. Begründung seines Vorstosses. Sie würde nicht nur die Diskriminierung von Personen mit einer Geschlechtsvariante stoppen, sondern auch die gesetzliche Ungleichbehandlung von Männern und Frauen verunmöglichen.

GENITALVERSTÜMMELUNG: Der Bundesrat soll in einem Bericht aufzeigen, mit welchen Massnahmen Mädchen und Frauen besser vor Genitalverstümmelung geschützt werden könnten. Dabei soll er untersuchen lassen, warum diese Straftaten in der Schweiz nicht angezeigt werden und wie dies verbessert werden könnte. Der Nationalrat hat ein Postulat von Natalie Rickli (SVP/ZH) angenommen, im Einverständnis mit dem Bundesrat.

TERRORISMUS: Der Nationalrat hat einer Petition keine Folge gegeben, die radikalen Islamisten Aufenthalt und Tätigkeit in der Schweiz untersagen, deren Moscheen und Kulturzentren schliessen und verbieten wollte. In den Augen der Mehrheit verfügen sowohl der Bund als auch die Kantone heute die Mittel, Terrorismus und radikalen Islamismus wirkungsvoll zu bekämpfen. Verschiedene Arbeiten zu weiteren Verschärfungen laufen. Nur die SVP wollte auf Basis der Petition eine Motion ausarbeiten. Sie unterlag mit 125 zu 68 Stimmen. Die Petition ist damit erledigt.

ERITREA: Die Schweiz soll eritreischen Flüchtlingen, denen in ihrem Heimatland Misshandlungen drohen, nicht sofort und rückwirkend Asyl gewähren. Der Nationalrat hat einer Petition einer Bürgerinitiative keine Folge gegeben. Hintergrund der Petition ist die restriktivere Asylpraxis des Bundes und der Gerichte gegenüber Eritreerinnen und Eritreern. Das Geschäft ist damit vom Tisch.

SEKTEN: Die grosse Kammer hat eine Petition abgelehnt, welche ein öffentlich einsehbares Verzeichnis der Scientology-Mitglieder verlangte. Eine so einschneidende und undifferenzierte Massnahme sei nicht vereinbar mit den Grundrechten, lautete der Tenor. Das Geschäft ist damit vom Tisch.

Parlament verabschiedet neun Vorlagen

Bern (sda)

Mit den Schlussabstimmungen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Herbstsession abgeschlossen. Neun Vorlagen kamen parlamentarisch unter Dach und Fach:

mit 112 zu 67 Stimmen bei 11 Enthaltungen (Nationalrat) und 39 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen (Ständerat) das Bundesgesetz über die Steuervorlage 17, mit dem international nicht mehr akzeptierte kantonale Steuerprivilegien für Holdings und andere Spezialgesellschaften abgeschafft werden;

mit 120 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 34 zu 6 Stimmen bei 5 Enthaltungen der Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Notenaustauschs zwischen der Schweiz und der EU betreffend die Übernahme der Richtlinie 2017/853, mit dem die Schweiz ihr Waffenrecht an das europäische Gesetz anpasst;

mit 104 zu 88 Stimmen bei einer Enthaltung und 27 zu 16 Stimmen bei 2 Enthaltungen das Bundesgesetz über Finanzhilfen für familienergänzende Kinderbetreuung, mit dem die Finanzierung von Kita-Plätzen um weitere vier Jahre verlängert wird;

mit 137 zu 55 Stimmen bei einer Enthaltung und 38 zu 1 Stimmen bei 6 Enthaltungen das Bundesgesetz über die Verrechnungssteuer, mit dem diese grosszügiger zurückerstattet wird, wenn Einkommen erst nachträglich deklariert werden;

mit 192 zu 0 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen das Bundesgesetz über die Organisation der Bahninfrastruktur, mit dem die Infrastruktur und der Bahnbetrieb neu geregelt wird;

mit 192 zu 1 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen der Bundesbeschluss über die Genehmigung und die Umsetzung des Übereinkommens Nr. 94 des Europarates, mit dem eine direkte Zustellung von Verfügungen und anderen Verwaltungsdokumenten ins Ausland möglich wird;

mit 127 zu 64 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuchs, mit der die zehntägige Wartefrist zwischen Ehevorbereitung und Trauung gestrichen wird;

mit 182 zu 11 Stimmen sowie 139 zu 45 Stimmen und 45 zu 0 Stimmen sowie 45 zu 0 Stimmen das Bundesgesetz sowie der Bundesbeschluss über die Genehmigung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der Europäischen Union betreffend die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680, mit dem die Schweiz ihr Datenschutzniveau an das europäische Recht anpasst;

mit 192 zu 0 Stimmen bei einer Enthaltung und 45 zu 0 Stimmen das Bundesgesetz über das Schweizerische Institut für Rechtsvergleichung, mit dem das Institut schlankere Strukturen erhält.