(sda) Coronavirus - Kurzarbeit: Um die Kosten für die Kurzarbeitsentschädigung in der Corona-Krise zu decken, bewilligte das Parlament im Juni 14,2 Milliarden Franken für die Arbeitslosenversicherung (ALV). Der ausserordentliche Bundesbeitrag soll verhindern, dass der Ausgleichsfonds der ALV Ende Jahr die Schuldenobergrenze erreicht und ab 2021 die Lohnbeiträge erhöht werden müssten. Nach dem Nationalrat hat am Dienstag auch der Ständerat die Dringlichkeit der Vorlage gutgeheissen, mit 44 zu 0 Stimmen und ohne Enthaltung. Diese kann damit schon vor Ablauf der Referendumsfrist in Kraft gesetzt werden. Mit der Zusatzfinanzierung verhindert der Bund höhere Lohnbeiträge für die ALV.

Berufliche Vorsorge: Die Auffangeinrichtung der zweiten Säule wird angesichts möglicher Schwierigkeiten wegen der Coronavirus-Pandemie besser abgesichert. Das Parlament hat entschieden, dass die Stiftung Auffangeinrichtung bei Bedarf rasch ein unverzinsliches Konto im Umfang von bis zu 10 Milliarden Franken eröffnen kann. Die Auffangeinrichtung soll Mittel aus dem Freizügigkeitsbereich zinslos bei der Bundestresorerie anlegen können, sofern ihr Deckungsgrad die Schwelle von 105 Prozent unterschreitet. Der Ständerat hat nun auch die Dringlichkeit der Bestimmungen dazu gutgeheissen, mit 43 zu 0 Stimmen und ohne Enthaltung, der Nationalrat hat noch zu entscheiden. Die Anpassung des Gesetzes über die berufliche Vorsorge soll vorerst für drei Jahre gelten. In dieser Zeit will der Bundesrat eine langfristige Lösung vorbereiten.

Informationstechnologie: Kredite von insgesamt 560 Millionen Franken für neue Software für die Geschäftsprozesse der Bundesverwaltung sind unter Dach und Fach. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat zwei Verpflichtungskrediten zugestimmt. Ohne Gegenstimme bewilligte die kleine Kammer 320 Millionen Franken für das zivile Programm "Superb" und 240 Millionen Franken für das militärische Programm "ERP Systeme V/ar". Inklusive Eigenleistungen kostet die Umstellung 780 Millionen Franken. Die Umstellung ist nötig, weil die heute in der Bundesverwaltung eingesetzten SAP-Systeme vom Hersteller per Ende 2027 nicht mehr unterstützt werden. Es handle sich um mehr als eines der grössten Informatikprojekte der Bundesverwaltung, sagte Finanzminister Ueli Maurer.

Steuern: Das Doppelbesteuerungsabkommen der Schweiz mit Saudi-Arabien ist bewilligt und bereit für die Schlussabstimmung im Parlament. Der Ständerat hiess es als Zweitrat mit 24 zu 2 Stimmen gut, bei 10 Enthaltungen, vor allem auf der linken Ratsseite. Der Bundesrat hatte das Steuerabkommen vor gut zweieinhalb Jahren in Riad unterzeichnet. Wie andere ähnliche Abkommen soll es eine Doppelbesteuerung bei Einkommens- und Vermögenssteuern verhindern. Nach dem Mord am saudischen Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018 hatte die Vorlage ein Jahr lang auf Eis gelegen.

Bildungsaustausch: Das Gesetz über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung ist bereit für die Schlussabstimmung. In der letzten Differenz folgte der Ständerat oppositionslos dem Nationalrat. Das Gestz umfasst neben internationaler Lernmobilität und Kooperation von Institutionen und Organisationen ausdrücklich auch die Teilnahme an internationalen Programmen. Die Vorlage bringt keine neuen Fördertatbestände, stellt aber die derzeitigen Aktivitäten auf eine gesetzliche Basis.

Bildung: Das Parlament stellt für Bundesbeiträge an die Berufsbildung in den Jahren 2021 bis 2024 mehr Geld zur Verfügung als der Bundesrat beantragt hat. In einigen Punkten sind sich die Räte aber noch nicht einig. Umstritten sind noch Bundesbeiträge zu Gunsten der beruflichen Bildung, Gelder für den ETH-Bereich sowie 12 Millionen Franken, die der Nationalrat in den nächsten vier Jahren dem 3R Kompetenzzentrum Schweiz zufliessen lassen will. Dieses will Tierversuche in der Forschung ersetzen, verringern und verbessern. Die Vorlage geht wieder an den Nationalrat.

Coronavirus - Steuern: Unternehmen sollen für das Geschäftsjahr 2019 keine Rückstellungen bei der Bundessteuer wegen Corona-Ausfällen machen können. Der Ständerat hat einen entsprechenden Vorstoss von Werner Salzmann (SVP/BE) abgelehnt. Salzmann wollte Unternehmen unter gewissen Bedingungen eine maximale Rückstellung von 250'000 Franken ermöglichen, um die Liquiditätssituation der Betriebe im laufenden Jahr zu verbessern. Damit hätten die Firmen mehr Mittel für Investitionen zur Verfügung. Mit dem Verzicht auf Verzugszinsen bis Ende 2020 sowie den Bürgschaftskrediten gebe es bereits zielführende und schnell wirksame Massnahmen, begründete Finanzminister Ueli Maurer die ablehnende Haltung des Bundesrats. "Irgendeinmal muss der Staat auch die Gnade haben, aufzuhören."

Bundesverwaltung: Höhere Kader und Topkader der Bundesverwaltung müssen bewilligte Nebenbeschäftigungen und öffentliche Ämter nicht in einem Register offenlegen. Der Ständerat hat mit 19 zu 18 Stimmen einen entsprechenden Vorstoss seiner staatspolitischen Kommission (SPK) abgelehnt. Einstimmig abgelehnt hat der Ständerat eine Motion aus dem Nationalrat, die eine Offenlegungspflicht für alle Kaderangestellten der Bundesverwaltung, von verwaltungsähnlichen Organisationen und von Beratungsunternehmen verlangte, die für den Bund arbeiten.

Hochschulen: Der Ständerat hat der Totalrevision des ETH-Gesetzes zugestimmt. Anders als der Nationalrat will er den Hochschulen aber kein Beschwerderecht gegen Entscheide des ETH-Rats einräumen. Der Ständerat folgte mit diesem Entscheid dem Bundesrat, der ein Beschwerderecht ausdrücklich ausschliessen möchte, um Rechtssicherheit zu schaffen. Eine neue Differenz zum Nationalrat schuf der Ständerat mit der Annahme eines Einzelantrags von Thomas Hefti (FDP/GL). Hefti schlug vor, dass die ETH-Beschwerdekommission künftig vom Bundesrat und nicht vom ETH-Rat gewählt werden soll. Das heutige Wahlverfahren entspreche nicht den Prinzipien von Good Governance, argumentierte Hefti. Das Geschäft geht zurück in den Nationalrat.

Coronavirus - Schulden: Die Frage, ob die Schuldenbreme gelöst werden soll, wenn es um den Abbau der Staatsschulden aus der Corona-Krise geht, wird zuerst von der Finanzkommission und erst dann vom Ständerat behandelt. Der Ständerat hat einem entsprechenden Ordnungsantrag von Olivier Français (FDP/VD) zugestimmt. Eingereicht hatte den Vorstoss Ständerat Charles Juillard (CVP/JU). Der Bundesrat will Ende Jahr entscheiden, wie die Corona-Schulden abgebaut werden sollen. Dazu wird eine Änderung des Finanzhaushaltgesetzes nötig sein, wie er mitteilte. Die grundsätzliche Stossrichtung der Schuldenbremse solle jedoch beibehalten werden.

Corona-Krise: Der Bundesrat soll einen von der Bundeskasse unabhängigen Fonds einrichten, um Unternehmen, die wegen der Corona-Krise in Schieflage geraten sind, zu unterstützen. Dies verlangt CVP-Ständerat Beat Rieder (VS) in einem Vorstoss. Damit solle unter anderem verhindert werden, dass Schweizer Unternehmen von ausländischen Firmen übernommen werden. Der Fonds solle sich primär über den Kapitalmarkt finanzieren. Mit einem Ordnungsantrag wurde der Vorstoss an die vorberatende Kommission des Ständerats überwiesen. Erst dann ist der Rat wieder am Zug.

Beschaffungswesen: Der Ständerat will die Sicherheit und Verlässlichkeit von Lieferketten neu als Zuschlagskriterium für Beschaffungen von öffentlichen Unternehmen des Bundes aufnehmen. Er hat die Motion von Benedikt Würth (CVP/SG) stillschweigend gutgeheissen. Der Bundesrat will das Thema im Rahmen seiner Eignergespräche mit den Unternehmen ansprechen und auf dessen Bedeutung aufmerksam machen. In der Corona-Krise sei die Bedeutung von sicheren Lieferketten sichtbar geworden, erklärte Finanzminister Ueli Maurer.

Lebensmittel: Lebensmittel gemeinnützigen Organisationen zu überlassen statt sie wegzuwerfen, soll sich bei den Steuern lohnen. Der Ständerat möchte das Gesetz über die Bundessteuern entsprechend anpassen. Er unterstützte mit knappem Mehr eine Motion von Peter Hegglin (CVP/ZG). Noch geniessbare Lebensmittel, die nicht mehr verkauft werden könnten, an eine gemeinnützige Organisation weiterzugeben, lohne sich wirtschaftlich unter dem Strich nicht, hatte Hegglin argumentiert. Das Spenden sollte deshalb mit steuerlichen Vorteilen verbunden sein. Finanzminister Ueli Maurer lehnte eine Lösung des Problems über die Steuern ab und verwies auf die Revision des Lebensmittelgesetzes. Dort könne das Anliegen aufgenommen werden. Die Motion geht nun an den Nationalrat.

Aufsichtsdelegation: Der Ständerat will bei Vorkommnissen von grosser Tragweite künftig keine ausserordentliche Aufsichtsdelegation einsetzen. Er ist auf den Vorschlag des Nationalrats nicht eingetreten, der vorsah, ein neues Aufsichtsorgan zu schaffen. Die Aufsichtsdelegation würde über die gleichen uneingeschränkten Rechte verfügen wie eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). So könnte sie etwa Bundesratsprotokolle einsehen. Die Aufsichtsdelegation könnte aber einfacher und schneller eingesetzt werden als eine PUK, da es dafür einen Parlamentsentscheid braucht. Das Geschäft geht zurück an den Nationalrat.

Bundesgerichte: Der Ständerat hat die Geschäftsberichte der Bundesgerichte zur Kenntnis genommen. Die Geschäftslast an den Bundesgerichten ist 2019 etwa gleich hoch geblieben wie in den Vorjahren. Für ein höchstes Gericht sei die Geschäftslast "eindeutig zu hoch", sagte der abtretende Bundesgerichtspräsident Ulrich Meyer. Eine Verschiebung der für (den morgigen) Mittwoch angesetzten Gesamterneuerungswahlen des Bundesgerichts hält er persönlich für "verfehlt". Die SP will einen Verschiebungsantrag stellen, nachdem die SVP einen ihrer Bundesrichter nicht zur Wiederwahl vorschlägt. Die SP sieht die Unabhängigkeit der Justiz in Gefahr.

Traktanden der Vereinigten Bundesversammlung für Mittwoch, 23. September (08:00 bis 08:30):

Bern Gesamterneuerungswahl des Bundesgerichts für die Amtszeit 2021 bis 2026 (20.204)
Wahl eines Mitglieds der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) (20.206)
Begnadigungsgesuch (20.019)
Affäre Lauber - Wahl eines ausserordentlichen Bundesanwalts oder einer ausserordentlichen Bundesanwältin (20.211)

Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 23. September (08:30 bis 13:00, eventuell Nachmittagssitzung):

Bern Differenzen zum Datenschutzgesetz (17.059)
Differenzen zur Verschärfung des Strafrechts zur Terrorbekämpfung (18.071)
Motion zu Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland und Reform des Dublin-Abkommens (20.3143)
Postulat zu Fehlerkultur im Schweizer Recht (20.3463)
Coronavirus - Motion zum Insolvenzrecht (20.3418)
Motion für Änderung im Schweizerischen Strafgesetzbuch - Definition von "Totschlag" (20.3503)
Motion zum geistigen Eigentum bei Pflanzenzüchtungen (20.3674)
Eintretensdebatte zu Zolltarifgesetz - Aufhebung der Industriezölle (19.076)
Antrag der Einigungskonferenz zur Totalrevision des CO2-Gesetzes (17.071)
Covid-19-Gesetz, Antrag der Einigungskonferenz (20.058)
Standesinitiative AG für Abschaffung der Heiratsstrafe (16.318)
Vorstösse zum Thema E-Voting (18.427; 18.468; 19.312)