(sda) Das Parlament will neun Jahrgänge von Frauen, die von der Erhöhung des Rentenalters von 64 auf 65 Jahre betroffen sind, mit Rentenzuschlägen entschädigen. Der Nationalrat hat am Dienstag dem Vorschlag des Ständerats zugestimmt. Damit ist die AHV-Reform in einem wichtigen Punkt weitergekommen.

Die Frage, in welcher Form und wie vielen Frauen der sogenannten Übergangsjahrgänge das um ein Jahr höhere Rentenalter abgegolten werden soll, steht derzeit im Mittelpunkt der Debatte zur AHV-Reform. Während der Nationalrat zunächst sechs Jahrgänge berücksichtigen wollte, lenkte er am Dienstag auf den Entscheid des Ständerats ein. Auch der Bundesrat beantragte neun Jahre.

Welche Jahrgänge betroffen sein werden, hängt vom Inkrafttreten des Gesetzes ab. Zunächst war von 2022 die Rede, nun wird es eher 2023 oder 2024. Auch ein Referendum steht im Raum.

Eine Minderheit um Regina Sauter (FDP/ZH) beantragte, lediglich sieben statt neun Jahrgänge zu berücksichtigen. Neun Jahrgänge seien weder sachlich nötig, noch finanziell zumutbar, sagte sie. Zudem wollte sie diesen Frauen geringere Zuschüsse an die Rente leisten. Sie unterlag aber klar mit 167 zu 28 Stimmen.

Vorbezug der Rente

Offen ist die Frage, wie die Ausgleichsmassnahmen ausgestaltet werden sollen. Klar ist, dass es einen abgestuften Rentenzuschlag geben soll. Allerdings führte der Nationalrat ein Modell mit zwei Komponenten ein - mit der Möglichkeit des Vorbezugs und der Möglichkeit des regulären Bezugs der Rente. Es handle sich um einen echten Kompromiss zwischen den Forderungen des National- und des Ständerats, sagte Albert Rösti (SVP/BE).

Die Frauen der Übergangsgeneration können die Rente also frühzeitig beziehen, die Zuschläge werden aber gekürzt. Die Kürzungssätze sollen entsprechend dem durchschnittlichen Jahreseinkommen der Frau abgestuft werden. Als Beispiel: Einer Frau, die ihre Rente im Alter von 62 Jahren vorbeziehen will und ein tiefes Einkommen von weniger als 57'360 Franken hat, werden drei Prozent abgezogen. Einer Frau mit einem hohen Einkommen von mehr als 71'701 Franken werden 9,7 Prozent abgezogen.

Regulärer Bezug der Rente

Wenn die Betroffenen die Renten "regulär" ab dem Referenzalter beziehen, gibt es einen ebenfalls gestaffelten Rentenzuschlag. Der Nationalrat brachte die Bedingung ein, dass es nur für Frauen Zuschläge geben soll, die bis zum Referenzalter einer Arbeit nachgehen. Den Höchstbetrag von 140 Franken gibt es für Jahreseinkommen bis 57'360 Franken. 90 Franken gibt es für ein Einkommen bis 71'700 Franken und 40 Franken für ein Einkommen über 71'700 Franken.

Während der Phase der Erhöhung des Rentenalters von 64 auf 65 Jahre - geplant in Schritten von drei Monaten pro Jahr - soll der Rentenzuschlag schrittweise steigend sein. Im ersten Jahr sollen nach dem Modell des Nationalrats 25 Prozent des Zuschlags ausbezahlt werden, im zweiten 50 Prozent und im dritten Jahr 75 Prozent.

Im vierten und fünften Jahr sieht der Nationalrat eine volle Auszahlung des Zuschlags vor. In den letzten vier Jahren der Anhebungsphase soll der Zuschlag wieder sinken, und ab dem zehnten Jahr soll kein Zuschlag mehr bezahlt werden. Der Ständerat hat andere Prozentsätze vorgesehen, beispielsweise mit 50 Prozent im ersten Jahr und 100 Prozent vom vierten bis zum siebten Jahr.

Gewinne der SNB an die AHV

Über dieses Modell wird nun der Ständerat debattieren müssen. Umstritten zwischen den Räten sind aber noch weitere Punkte. So will der Nationalrat verhindern, dass die Rentenzuschläge dazu führen, dass allfällige Ergänzungsleistungen geschmälert werden. Der Ständerat sieht bislang auch hiervon ab.

Zudem ist noch unklar, wie lange die Frist bei der Hilflosenentschädigung sein soll, die es für den Nachweis des Bedarfs dieser Entschädigung braucht. Der Nationalrat schlägt neu sechs Monate vor, der Ständerat wollte bislang bei einem Jahr bleiben.

Offen ist auch noch die Frage, ob die Schweizerische Nationalbank (SNB) die Gewinne aus Negativzinsen dem AHV-Ausgleichsfonds zukommen lassen muss oder nicht. Der Nationalrat will dies weiterhin, der Ständerat bislang nicht.

"Frauen haben verloren"

Grüne und SP äusserten in der Debatte ihren Unmut über die Reform. "Es gibt wenig Erfreuliches für uns in dieser Vorlage", sagte Barbara Gysi (SP/SG). Diese "Fränkli-Diskussion" sei entwürdigend, sagte zudem Katharina Prelicz-Huber (Grüne/ZH). Die Reform sei eine grosse Enttäuschung. "Die Frauen haben komplett verloren." Die Linken dürften die Vorlage am Schluss ablehnen und danach das Referendum dagegen ergreifen.

Die AHV-Reform geht zurück an den Ständerat. Geeinigt haben sich die Räte im Rahmen dieser Reform früher bereits etwa auf die genannte Rentenaltererhöhung für Frauen, auf die Möglichkeit, die Rente ab 62 Jahren vorbeziehen zu können und darauf, dass die Mehrwertsteuer für die Zusatzfinanzierung der AHV erhöht wird.