(sda) Kriminalität: Die Verjährungsfrist von dreissig Jahren für mit lebenslangen Strafen bedrohte schwerste Straftaten soll fallen. Der Ständerat hat am Donnerstag der entsprechenden Standesinitiative des Kantons St. Gallen im zweiten Anlauf mit 21 zu 20 Stimmen Folge gegeben. Der Nationalrat hatte dem Anliegen - ebenfalls sehr knapp - bereits zugestimmt. Das Geschäft wird nun erneut einem der Räte zur Erstbehandlung zugewiesen. Mit der Entwicklung von DNA-Analysen stünden den Ermittlungs- und Fahndungsbehörden technische Möglichkeiten zur Verfügung, mit welchen auch lange Zeit nach der Straftat noch Beweise hervorgebracht werden könnten, begründete der Kanton St. Gallen den Vorstoss. Bei schwersten Verbrechen wie Mord heile die sprichwörtliche Zeit eben nicht alle Wunden, sagte Daniel Jositsch (SP/ZH) im Ständerat. Man kreiere nur "mehr Dramen und Desaster", wenn man die Verjährungsfrist aufhebe, hielt Beat Rieder (Mitte/VS) erfolglos dagegen.

Bundesfinanzen: Die Räte haben das Bundesbudget fürs nächste Jahr verabschiedet. Gegenüber dem Entwurf des Bundesrats sieht das Parlament Mehrausgaben von 236 Millionen Franken vor. Am meisten ins Gewicht fällt eine zusätzliche Einlage in den Bahninfrastrukturfonds von 233 Millionen Franken. Damit sollen der Ausbau und der Unterhalt des Bahnnetzes forciert werden. Daneben beschlossen die Räte mehrere Aufstockungen, die betragsmässig und über alles gesehen keine grossen Auswirkungen auf den Finanzhaushalt haben. Teilweise kompensiert werden die Mehrausgaben mit einer Kürzung beim Bundespersonal um 21 Millionen Franken. Es geht insgesamt um rund 125 Stellen, die nicht aufgestockt werden können. Die Vorlage ist definitiv angenommen.

Coronavirus -Schweiz I: Der Bund soll sich nach dem Willen des Ständerats nicht an Defiziten von Spitälern infolge der Pandemie beteiligen müssen. Er hat vier entsprechende Standesinitiativen abgelehnt. Die kleine Kammer folgte mit 21 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen dem Antrag ihrer Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK-S). Die Kantone Schaffhausen, Aargau, Tessin und Basel-Stadt argumentieren, die Ertragsausfälle und Mehrkosten seien insbesondere durch das Verbot von Wahleingriffen während der ersten Corona-Welle im Frühling 2020 entstanden. Da der Bund dieses Verbot erlassen habe, solle er auch für dessen Folgen zumindest teilweise aufkommen. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Coronavirus - Schweiz II: Der Ständerat ist gegen eine Preisobergrenze für Schutzmasken und Handdesinfektionsmittel. Er hat einer entsprechenden Standesinitiative des Kantons Jura oppositionslos keine Folge gegeben. Im Gegensatz zu den Nachbarländern hat die Schweiz keine Preisobergrenze für Masken und Desinfektionsmittel festgelegt. Dadurch werde jeglicher Form von Missbrauch durch Personen, die sämtliche ethischen Werte mit Füssen treten und sich dank der pandemiebedingten Nachfrage zu bereichern suchen, Tür und Tor geöffnet, hatte das jurassische Kantonsparlament argumentiert. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Namensrecht: Personen mit Landesverweis sollen nach dem Willen des Ständerats ihren Namen nicht mehr ändern können. Er hat einer entsprechenden Motion des parteilosen Schaffhauser Ständerats Thomas Minder mit 28 zu 13 Stimmen bei zwei Enthaltungen zugestimmt. Minder verwies in der Debatte auf den Fall eines wegen Beteiligung an der Terrororganisation IS verurteilten Straftäters im Kanton Schaffhausen, dem eine Namensänderung bewilligt worden sei. Dies sei umso stossender, da sich der Mann keineswegs von der Islamisten-Szene abgewandt habe. Die Motion geht an den Nationalrat.

Telekommunikation: Der Ständerat ist gegen ein Moratorium hinsichtlich der 5G-Technologie in der Schweiz. Die Kantone und das Parlament sollen bei der künftigen 5G-Nutzung allerdings mitreden können. Der Ständerat verlangt vom Bundesrat, in einem Bericht darzulegen, wie dieser eine breite Abstützung von Entscheiden sicherstellen will. Die kleine Kammer überwies oppositionslos ein Postulat seiner Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-S). Zugleich lehnte der Ständerat als Erstrat drei Standesinitiativen aus Genf, Neuenburg und dem Jura für ein schweizweites Moratorium für den Einsatz von 5G-Millimeterwellen ab. Mit den Standesinitiativen muss sich noch der Nationalrat befassen.

Strafrecht: Der Ständerat will seiner Rechtskommission bei der Revision des Sexualstrafrechts keine zusätzlichen Vorgaben machen. Er hat eine Standesinitiative des Kantons Genf oppositionslos abgelehnt, die alle nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen strafrechtlich erfassen wollte. Die vorberatende Kommission hatte die Standesinitiative zur Ablehnung empfohlen. Eine Revision des Sexualstrafrechts sei bei ihr bereits in Arbeit. Es gelte, Doppelspurigkeiten zu vermeiden. In der zu erwartenden kontroversen Debatte zum Sexualstrafrecht werde sicher auch die Forderung der Genfer Standesinitiative zur Diskussion kommen, sagte der Walliser Mitte-Ständerat Beat Rieder namens der Kommission. Das Geschäft geht an den Nationalrat.

Pflegeheime: Der Ständerat will nichts wissen vom Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen. Er hat der entsprechenden Standesinitiative des Kantons Freiburg mit 19 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen keine Folge gegeben. Das System ermögliche sowohl eine angepasste und wirtschaftlich stabile Medikation als auch eine kleinere Verschwendung von Arzneimitteln und Pflegematerial, hatte das Freiburger Kantonsparlament argumentiert. Das Modell der pauschalen Abrechnung der Medikamente für Bewohnerinnen und Bewohner der Pflegeheime des Kantons Freiburg habe sich 15 Jahre lang bewährt. Pro Jahr konnten über drei Millionen Franken eingespart werden. Die Abschaffung ist in den Augen der Freiburger Regierung ein Nonsens. Seit Mitte 2018 gilt aber auf Bundesebene eine geänderte Verordnung über den Risikoausgleich in der Krankenversicherung (VORA). Diese ist nicht kompatibel mit dem Freiburger Modell. Das Geschäft geht in den Nationalrat.

Medien: Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative von Stefan Engler (Mitte/GR) zur Unterstützung für die Presse in der digitalen Transformation oppositionslos abgeschrieben. Die zentralsten Forderungen seien im Massnahmenpaket zugunsten der Medien bereits umgesetzt, begründete die vorberatende Kommission ihren Antrag auf Abschreibung. Mitte Februar stimmt der Souverän über das Medienpaket ab. Für Onlinemedien sollen demnach pro Jahr 30 Millionen Franken an direkter Medienförderung zur Verfügung stehen.

Post: Der Ständerat will der Post nicht verbieten, weitere Poststellen zu schliessen - auch nicht vorübergehend. Er hat oppositionslos eine Standesinitiative des Kantons Zürich abgelehnt, die ein Moratorium forderte. Der Entscheid des Ständerats bedeutet nicht, dass die kleine Kammer in der Sache untätig bleiben will. Bereits im Jahr 2018 hiess der Ständerat eine Standesinitiative des Kantons Jura gut. Diese verlangt ein Mitspracherecht für Betroffene bei Poststellenschliessungen. Auch die Erreichbarkeit und die Qualität des Angebots sollen mit der Standesinitiative verbessert werden. Das Geschäft geht in den Nationalrat.

Handelsbeziehungen: Der Ständerat will den Spielraum des Bundesrats bei Handelsabkommen nicht einschränken. Er hat eine entsprechende parlamentarische Initiative oppositionslos abgelehnt. Der Waadtländer SVP-Nationalrat Jacques Nicolet wollte etwa, dass das Parlament bei Zielen und roten Linien für die Einfuhr von Lebensmitteln mitreden kann. In solchen Abkommen würden oft Regeln bezüglich der Produktionsstandards vereinbart, die Auswirkungen auf die Schweizer Konsumenten hätten, argumentierte er. Der Nationalrat hatte sich in der Wintersession 2020 mit 99 zu 80 Stimmen bei sieben Enthaltungen für die parlamentarische Initiative ausgesprochen. Mit dem Entscheid des Ständerats ist die Initiative vom Tisch.

Schweiz - Palästina: Der Ständerat hat drei Petitionen zum Thema Schweiz-Palästina keine Folge gegeben. In der ersten verlangten 5651 Unterzeichner, dass die Schweiz klar Stellung bezieht zur Situation in Palästina und Wirtschaftssanktionen gegen Israel verhängt. Die zweite Petition verlangte die Spende von über tausend unbenutzten Beatmungsgeräten der Armee an Palästina und die Einstellung der Zusammenarbeit mit Israel, bis das Land den völkerrechtlichen Verpflichtungen als Besatzungsmacht nachkomme. Das dritte Begehren forderte unter anderem, dass die Untersuchungsergebnisse gegen Pierre Krähenbühl transparent gemacht werden und der ehemalige Chefs des Uno-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) öffentlich rehabilitiert wird.

Die Traktanden des Ständerats für Freitag, 17. Dezember (08:15 bis 08:30):

Bern Schlussabstimmungen