(sda) Konkurse: Das Parlament will missbräuchliche Konkurse weiter erschweren. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat der bereinigten Fassung der Revision des Konkursgesetzes am Montag zugestimmt. Die Vorlage ist damit bereit für die Schlussabstimmung. Das Herzstück der Vorlage bilden Massnahmen im Strafrecht. Mit einem Tätigkeitsverbot wird Missbräuchen der Riegel geschoben. Staatliche Gläubiger müssen Schuldner zudem neu auf Konkurs betreiben. Ein Konkurs soll Unternehmen gemäss der Vorlage des Bundesrats keinen Vorwand mehr bieten können, Löhne und Schulden nicht zu zahlen und andere Unternehmen auf unlautere Weise zu konkurrenzieren.

Öffentlichkeitsgesetz: Amtliche Dokumente der Bundesverwaltung sollen künftig grundsätzlich kostenlos eingesehen werden dürfen, etwa von recherchierenden Journalistinnen und Journalisten. So weit sind sich die Räte einig. Sie wollen aber für besonders aufwendige Gesuche Gebühren dennoch zulassen. Umstritten ist, wie viel in solchen Fällen höchstens verrechnet werden darf. Der Ständerat will wie der Bundesrat keine Obergrenze für die Gebühr setzen, wie er oppositionslos entschied. Der Nationalrat hingegen will, dass die maximale Gebühr in solchen Ausnahmefällen 2000 Franken beträgt. Er ist nun wieder am Zug.

Einbürgerung: Frauen und Männer, die in einer eingetragenen Partnerschaft mit einer Schweizerin oder einem Schweizer leben, sollen sich nicht erleichtert einbürgern lassen können. Der Ständerat will eine Vorlage mit diesem Anliegen aufgeben. Nun ist der Nationalrat am Zug. Das Parlament hatte die Vorlage 2016 auf Eis gelegt bis zur Abstimmung über die "Ehe für alle". Diese Vorlage wurde im Herbst 2021 an der Urne angenommen. Damit können gleichgeschlechtliche Paare seit dem 1. Juli 2022 zivil heiraten oder eine bereits bestehende registrierte Partnerschaft in eine Ehe umwandeln. Tun sie das, steht ihnen die erleichterte Einbürgerung offen. Die Mehrheit im Ständerat fand deshalb, das mit fünf parlamentarischen Initiativen angestossene Anliegen sei erfüllt.

Schweiz - Eu: Die Schweiz soll sich weiterhin am digitalen EU-Sicherheitssystem Fado (False and Authentic Documents Online) beteiligen. Im Parlament ist die Anpassung der Rechtsgrundlagen dafür inhaltlich unter Dach und Fach. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat oppositionslos zugestimmt. Wie schon der Nationalrat beschloss auch die kleine Kammer, dem Bundesrat die Kompetenz für den Abschluss von internationalen Verträgen zu entziehen, die zu einer Änderung der Zugangsrechte zum Speicherungssystem führen. Das Parlament soll darüber befinden. Der Ständerat hat die entsprechende Bestimmung jedoch noch umformuliert, so dass das Geschäft noch einmal in die grosse Kammer muss.

Migration: Das Parlament will knapp vier Millionen Franken weniger ausgeben für die Erneuerung des Zentralen Migrationsinformationssystems (Zemis). Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einem Kredit von 50,66 Millionen Franken für die Jahre 2022 bis 2027 zugestimmt. Damit ist der Kredit bereinigt. Rund 30'000 Mitarbeitende von Sicherheits- und Migrationsbehörden auf kommunaler, kantonaler und Bundesebene nutzen das System täglich. Zemis basiert laut Botschaft des Bundesrates auf Software-Komponenten, die in die Jahre gekommen sind und erneuert werden müssen, um den Betrieb und die Sicherheit des Systems weiter zu gewährleisten.

Kantonsverfassungen: Der Ständerat ist einverstanden mit Verfassungsänderungen der Kantone Zürich, Graubünden und Neuenburg. Im Kanton Zürich geht es um die Grenzwerte des Finanzreferendums und der Finanzbefugnisse des Kantons- und des Regierungsrats. In Graubünden betrifft die Änderung die Einführung des Verhältniswahlrechts bei Grossratswahlen nach einem Entscheid des Bundesgerichts, und im Kanton Neuenburg geht es um die Nutzung von Windenenergie, die Amtsenthebung von Mitgliedern der Exekutiv- und Gerichtsbehörden sowie um Transportinfrastrukturen. Die Vorlage geht an den Nationalrat.

Asyl: Der Ständerat ist gegen Änderungen im Asylgesetz, die es für Asylsuchende erleichtert hätten, trotz negativem Asylentscheid eine Lehre oder Vorlehre in der Schweiz zu beenden. Er lehnte eine entsprechende Motion von Nationalrat Jürg Grossen (GLP/BE) mit 22 zu 20 Stimmen ab. Das Anliegen ist damit vom Tisch. Die Mehrheit der Staatspolitischen Kommission (SPK-S) hatte mit der Glaubwürdigkeit der Asylpolitik argumentiert. Wer einen negativen Asylentscheid erhalte, müsse das Land verlassen. Zudem gebe es bereits Möglichkeiten, um für Betroffene Lösungen zu finden, und mit dem 2019 eingeführten beschleunigten Asylverfahren stelle sich das Problem nur noch in wenigen Fällen. Die unterlegene Minderheit hatte dies in Zweifel gestellt und eine Regelung im Asylgesetz verlangt.

Kinderschutz: Eine gesetzliche Grundlage für qualitative Standards bei Gutachten zum Kinder- und Erwachsenenschutz (Kesb) ist vom Tisch. Im Gegensatz zum Nationalrat will der Ständerat nichts davon wissen. Schlechte Gutachten liessen sich auch durch eine gesetzliche Verankerung von Qualitätsstandards nicht verhindern. Auch der Bundesrat war gegen die Motion, weil er keinen zusätzlichen Handlungsbedarf auf Bundesebene sah. Die Auswahl der geeigneten Behördenmitglieder sowie deren Aus- und Weiterbildung sei Sache der Kantone.

Digitalisierung: Der Ständerat hat eine Motion von Daniela Schneeberger (FDP/BL) abgelehnt, wonach digitale Vertragsabschlüsse breit ermöglicht werden sollen. Der Entscheid war einstimmig, die Motion ist damit vom Tisch. Elektronische Alternativen hätten gemäss Motion ohne eigenhändige Unterschrift bei Vertragsabschlüssen breit zum Einsatz kommen sollen. Der Bundesrat und die Rechtskommission des Ständerates (RK-S) waren gegen den Vorstoss. Elektronische Vertragsabschlüsse seien bereits heute in vielen Fällen möglich, schrieb die RK-S. Etwa Mitte Jahr könne voraussichtlich die Vernehmlassung für eine neue Lösung für die an der Urne abgelehnte E-ID beginnen, sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter. Dort könnte das Problem aufgenommen werden.

Familienpolitik: Der Ständerat hat eine Motion sistiert, die verlangt, dass die Verweigerung des Besuchsrechts für nicht sorgeberechtigten Väter und Mütter bei ihren Kindern ein Straftatbestand werden soll. Die kleine Kammer will eine über ein Postulat eingeforderte Evaluation abwarten, die aufzeigen soll, wie die Kantone Mediation und Intervention bei Streitigkeiten innerhalb getrennter Familien anwenden. Der Nationalrat hatte die Einführung eines Straftatbestandes im Mai 2021 befürwortet. Auch im Ständerat war grundsätzlich nicht bestritten, dass es in dieser virulenten Frage eine Lösung braucht.

Die Traktanden des Ständerates für Dienstag, 8. März (08.15 bis 13.00):

Bern Änderung des Personenbeförderungsgesetzes - Konsequenzen aus dem "Fall Postauto" (21.039)
Änderung des Gentechnikgesetzes, Differenzen (21.049)
Motion zur Kennzeichnung und Produktion von Strom (21.3620)
Motion für Förderung der Forschung und Entwicklung von Negativemissionstechnologien (21.4333)
Coronavirus: Standesinitiative BS für Öffnung der Grenzen während Pandemie
Parlamentarische Initiative zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes - Verwendung von geschützten Werken in privaten Räumen von Hotels, Ferienwohnungen, Spitälern oder Gefängnissen (16.493) für die Verwendung von