(sda) Ukraine: Armeebudget aufstocken, Beschaffung von Kampfjets beschleunigen, Verteidigungsfähigkeit der Schweiz erhöhen: Diese Forderungen haben am Dienstag mehrere Mitglieder des Ständerats aufgestellt. Der Krieg in der Ukraine brauche rasche Antworten, lautete der Tenor. Die Debatte verlangt hatte der Urner FDP-Ständerat Josef Dittli. Das Ratsbüro hatte seine von 26 Ratsmitgliedern mitunterzeichnete Interpellation für dringlich erklärt. Während über zwei Stunden wurden die Folgen des Kriegs für die Schweizer Armee diskutiert. Entscheide wurden keine gefällt, jedoch zeigte sich, in welche Richtung es in den kommenden Monaten gehen könnte. Aus Sicht des bürgerlich dominierten Ständerats muss die Verteidigungsfähigkeit der Schweizer Armee gestärkt werden. Die linken Stimmen, im Ständerat klar im der Minderheit, plädierten trotz - oder gerade wegen - der Krisensituation für besonnenes Handeln.

Flüchtlinge: Der Ständerat hält nichts von der Wiedereinführung des Botschaftsasyls. Er hat eine entsprechende Motion von Daniel Jositsch (SP/ZH) mit 29 zu 12 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Die Ratsmehrheit erachtete die Forderung als nicht umsetzbar und befürchtete eine unerwünschte Sogwirkung. Damit ist das Anliegen vom Tisch. Das katastrophale Flüchtlingsdrama habe sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft, hielt Motionär Jositsch fest. Seit 2014 seien allein im Mittelmeer über 21'000 Menschen auf der Flucht gestorben. Die Wiedereinführung des 2012 abgeschafften Botschaftsasyls hätte aus seiner Sicht Abhilfe schaffen können. Das Botschaftsasyl habe vor seiner Abschaffung zu einer ungleichen Lastenverteilung der Asylgesuche zum Nachteil der Schweiz geführt, befand jedoch die Ratsmehrheit. An dieser Situation habe sich unterdessen nichts geändert.

Bau: Ausländische Investoren sollen nicht schärfere Bewilligungspflichten für den Kauf von Grundstücken und Anteilen von Wohnimmobilien erfüllen müssen. Der Ständerat hat eine Revision der Lex Koller deutlich abgelehnt - mit 26 zu 11 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Mehrheit verwies auf die deutliche Ablehnung der Vernehmlassungsvorlage durch die Mehrheit der Kantone und der Parteien vor einigen Jahren. Seither habe sich die Ausgangslage nicht wesentlich verändert. Zudem sei die Motion im Hinblick auf die revisionsbedürftigen Punkte der Lex Koller äusserst vage formuliert. Justizministerin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, dass die Räte in der jüngeren Vergangenheit immer wieder punktuelle Änderungen der Lex Koller im Rahmen von Vorstössen diskutiert hätten. Grundsätzliche Änderungen an der Lex Koller seien derzeit wohl nicht mehrheitsfähig.

Schweiz - Eu: Die Schweiz soll sich weiterhin am digitalen EU-Sicherheitssystem Fado (False and Authentic Documents Online) beteiligen. Der Bundesrat soll zwar nicht mehr in Eigenregie internationale Verträge abschliessen können. Luftfahrtunternehmen etwa soll er allerdings Zugriffsrechte erteilen können. Dieser Meinung sind beide Räte. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmungen. Auch der Bundesrat war mit der "guten Kompromisslösung" einverstanden, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter im Rat sagte. Mit dem Fado-System werden innerhalb des Schengen-Raums Informationen zu Sicherheitsmerkmalen von Ausweisdokumenten ausgetauscht - und Bilder gefälschter Ausweise, sodass diese leichter entdeckt werden können. Die Schweiz nutzt das System seit 2010.

Kriminalität: Der Ständerat verlangt vom Bundesrat einen Bericht darüber, wie oft aussergewöhnliche Todesfälle wie Unfälle, Suizide oder Tötungsdelikte übersehen werden. Er hat ein entsprechendes Postulat überwiesen - mit 35 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Eine Studie in Deutschland hatte unlängst festgestellt, dass eine erschreckend hohe Zahl von aussergewöhnlichen Todesfällen nicht erkannt wird. Auch in der Schweiz vermuten Rechtsmediziner, dass die Dunkelziffer von nicht natürlichen Todesfälle relativ hoch sein könnte. Der Ständerat möchte diese Frage nun untersuchen lassen. Der Rechtskommission schwebt eine Expertengruppe vor, wie Daniel Jositsch (SP/ZH) sagte. "Wir wollen nicht auf Panik machen, aber die Sache sauber abklären." Der Bundesrat macht sich nun an die Arbeit.

Patentrecht: Der Ständerat will die patentrechtlichen und - sofern notwendig - sortenschutzrechtlichen Grundlagen so anpassen, dass im Bereich der Pflanzenzucht die Transparenz verbessert wird. Er hat eine entsprechende Motion angenommen. Ziel sei es, die Sicherheit für Züchtungsinnovationen mittels verbesserter Transparenz zu erhöhen, sagte Benedikt Würth (Mitte/SG) im Namen der Wissenschaftskommission, welche den Vorstoss eingereicht hatte. Dabei seien nicht zwingend gesetzliche Regulierungen notwendig. Die Transparenzoffensive lanciert hatte Ständerätin Maya Graf (Grüne/BL) mit einer eigenen, breiter gefassten Motion. Sie zog ihren Vorstoss zugunsten der Kommissionsmotion zurück. Das Geschäft geht an den Nationalrat. Justizministerin Karin Keller-Sutter zeigte sich im Namen der Landesregierung bereit, Lösungen zu erarbeiten.

Sorgerecht: Wer für ein Kind das Sorgerecht hat, soll künftig im Einwohnerregister stehen. Dafür hat sich nach dem Nationalrat auch der Ständerat diskussionslos ausgesprochen. Der Bundesrat hat nun den Auftrag, dafür rechtliche Grundlagen zu schaffen. Heute hätten Behörden zuweilen Probleme, herauszufinden, wer das Sorgerecht habe, sagte Kommissionssprecher Benedikt Würth (Mitte/SG). Die Landesregierung selbst schlug in dem Bericht auch den Eintrag ins Einwohnerregister als Lösung vor. Es bestehe klar Handlungsbedarf, weil derzeit etwa Schulen oder Passbüros nicht prüfen könnten, welcher Elternteil sorgeberechtigt sei.

Die Traktanden der Vereinigten Bundesversammlung für Mittwoch, 16. März (08:00 bis 08:30):

Bern Wahl von zwei ordentlichen Richterinnen/Richtern ans Bundesstrafgericht (21.214)
Wahl einer Richterin oder eines Richters ans Militärkassationsgericht (21.219)

Die Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 16. März (08:15 bis 13:00):

Bern Bundesgesetz über die Besteuerung von Leibrenten und ähnlichen Vorsorgeformen (21.077)
Weiterführung Internationale Währungshilfe (21.078)
Motion zu einer Verordnungsänderung über das öffentliche Beschaffungswesen (20.3266)
Motion zur Aufsicht der Schweizerische Unfallversicherungsanstalt durch die Finanzkontrolle (21.3928)
Motion zu SBB-Investitionen und einer langfristigen Vision in Covid-19-Zeiten (22.3008)
Motion zum Vollzug beim Meldeverfahren zur Verrechnungssteuer (18.3292)
Standesinitiative Tessin zur Bekämpfung des Lohndumpings (18.306)
Standesinitiative Aargau zur Sicherung der Landesversorgung (21.303)