Medien I: Der Nationalrat will Unternehmen mit weniger als 125 Mitarbeitenden generell von der Serafe-Gebühr befreien. Er hat mit 119 zu 71 Stimmen bei 3 Enthaltungen einer entsprechenden parlamentarischen Initiative von Fabio Regazzi (SVP/TI) zugestimmt. Die Initiative geht damit erneut an die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerats (KVF-S). Diese hatte sich im April 2021 gegen die Initiative ausgesprochen, als sie diese zum ersten Mal behandelte. Heute müssen Unternehmen die Medienabgabe zahlen, sofern sie mehr als 500'000 Franken Umsatz im Jahr erzielen.
Medien II: Der Nationalrat will keinen Verfassungsartikel, wonach der Bund neben Radio und Fernsehen auch Presseunternehmen direkt fördert. Er hat als Zweitrat eine parlamentarische Initiative abgelehnt. Zur vom Ständerat noch unterstützten Initiative sagte der Nationalrat mit 84 zu 76 Stimmen Nein. 31 Ratsmitglieder enthielten sich der Stimme. Einen "Medienartikel" in der Verfassung vorgeschlagen hatte der frühere Ständerat Filippo Lombardi (Mitte/TI) in der 2018 eingereichten Initiative. Dieser sollte sämtliche Sparten umfassen und technologieneutral formuliert sein. Der Vorstoss ist nun vom Tisch.
Europapolitik: Der Nationalrat will vom Bundesrat einen neuen Anlauf bei den Verhandlungen mit der Europäischen Union zur Klärung der offenen institutionellen Fragen. Er hat eine parlamentarische Initiative seiner Aussenpolitischen Kommission (APK-N) mit 127 zu 58 Stimmen bei sieben Enthaltungen angenommen. Diese will die Eckwerte des Dialogs sowie den Einbezug von Parlament und Kantonen in einem Bundesgesetz regeln. Hintergrund ist der Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen. Nun muss sich die zuständige Ständeratskommission mit der Sache befassen.
Wohneigentum: Der Nationalrat will den Kauf von Wohneigentum mit Mitteln aus der beruflichen Vorsorge erleichtern. Er verlangt, dass der Eigenmittelanteil vollständig mit Geld aus der zweiten Säule gedeckt werden darf. Eine entsprechende Motion seiner Sozialkommission (SGK-N) nahm der Nationalrat mit 81 zu 71 Stimmen und mit einer Enthaltung an. Die Minderheit und auch der Bundesrat stellten sich gegen die Motion. Per 2013 hatte die Finanzmarktaufsicht (Finma) die Vorschriften für Vorbezüge aus der zweiten Säule geändert und so den Kauf von Liegenschaften erschwert, um den Immobilienmarkt zu stabilisieren. Seither gilt, dass die Hälfte der Eigenmittel vom künftigen Eigentümer eingebracht werden muss und die andere Hälfte der zweiten Säule entnommen werden kann. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
Zwangsehen: Der Nationalrat will, dass Ehen, bei denen einer der Partner minderjährig ist, ohne Ausnahme für ungültig erklärt werden. Er hat einer parlamentarischen Initiative oppositionslos zugestimmt, die 2018 von der damaligen Zürcher SVP-Nationalrätin und heutigen Regierungsrätin Nathalie Rickli eingereicht worden war. Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerats muss sich nun nochmals mit der Sache befassen. Sie war bei einer ersten Behandlung der Initiative dafür, gewisse Ausnahmen weiterhin zuzulassen.
Mehrwertsteuer: Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats keine Mehrwertsteuer auf jenen Teil des Preises von Treibstoff erheben, der bereits aus Steuern und Abgaben besteht. Die grosse Kammer hat sich mit 105 zu 84 Stimmen bei vier Enthaltungen für eine parlamentarische Initiative von Franz Grüter (SVP/LU) ausgesprochen. Dieser will damit die Konsumenten entlasten. Die Kommissionsmehrheit war gegen die Initiative. Sie verwies insbesondere auf drohende Mindereinnahmen. Die Initiative geht an die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats (WAK-S).
Mietkosten: Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats die Berechnung von Mietkosten für Standorte der dezentralen Verwaltung nicht anpassen müssen. Die grosse Kammer hat oppositionslos der Abschreibung einer entsprechenden Motion zugestimmt. Das Parlament hatte den Vorstoss 2019 überwiesen. Es ging davon aus, dass die verrechneten Mieten zu hoch seien. Eine externe Studie zeigte inzwischen jedoch, dass die verrechneten Mietpreise im Gegenteil im Durchschnitt rund 14 Prozent unter den marktüblichen Mietpreisen liegen. Damit die Motion abgeschrieben werden kann, muss noch der Ständerat zustimmen.
Barrierefreiheit: Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats die Grundlagen dafür schaffen, dass Livestreams von Parlamentsdebatten künftig untertitelt oder in Gebärdensprache übersetzt werden können. Die grosse Kammer hat einer entsprechenden parlamentarischen Initiative von Gabriela Suter (SP/AG) mit 180 zu 7 Stimmen bei vier Enthaltungen zugestimmt. Nun muss sich das Büro des Ständerats nochmals mit der Sache befassen. Es hatte das Vorhaben im November 2021 abgelehnt.
Fotografie: Bilder des Bundes sollen für die Allgemeinheit auf dem Portal Open Government Data frei zugänglich sein. Der Nationalrat hat eine Motion von Gerhard Andrey (Grüne/FR) mit 139 zu 52 Stimmen unterstützt, die insbesondere verlangt, dass Fotos, die Bundesangestellte während der Arbeitszeit aufnehmen, frei verfügbar sind. Andrey nannte als Beispiel Luftaufnahmen einer Baustelle. Stefanie Heimgartner (SVP/AG) beantragte namens ihrer Fraktion ein Nein und verwies auf den schon heute kostenlos möglichen Bezug von Bildern beim Bund. Der Bund solle das Mitspracherecht bei der Verwendung seiner Bilder nicht verlieren. Der Bundesrat war mit der Motion einverstanden. Diese geht an den Ständerat.
Bundesverwaltung: Der Nationalrat will geklärt haben, ob in der Bundesverwaltung selbstorganisierte Verwaltungseinheiten eingeführt werden können. Er hat dazu mit 137 zu 53 Stimmen ein Postulat von Min Li Marti (SP/ZH) überwiesen. In der Privatwirtschaft, bei Verbänden und Parteien gewännen Formen der Selbstorganisation seit einigen Jahren zunehmend an Beliebtheit, hatte Marti argumentiert. Der Bundesrat war mit dem verlangten Bericht einverstanden. Agile Organisationsformen gebe es bereits in der Verwaltung, er wolle einen breiteren Ansatz prüfen. Eine solche Prüfung mache gerade in der Zeit nach Corona Sinn, sagte Finanzminister Ueli Maurer. Die SVP hingegen zweifelte am Nutzen der "psychedelischen" Idee, wie Yves Nidegger (GE) es nannte. Das Konzept der Holokratie sei abstrakt.
Die Traktanden der Vereinigten Bundesversammlung für Mittwoch, 16. März (08:00 bis 08:30):
Bern |
Wahl von zwei ordentlichen Richterinnen/Richtern ans Bundesstrafgericht (21.214) |
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Wahl einer Richterin oder eines Richters ans Militärkassationsgericht (21.219) |
Die Traktanden des Nationalrats für Mittwoch, 16. März (08:30 bis 13:00 und 15:00 bis 19:00):
Bern |
Aktuelle Debatte zum Krieg in der Ukraine (Interpellationen 22.3041; 22.3042; 22.3043; 22.3044; 22.3045; 22.3046; 22.3047; 22.3048; 22.3049; 22.3050 und 22.3051) |
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Gewährleistung der geänderten Kantonsverfassungen ZH, GR und NE (21.075) |
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Wahl des Datenschutzbeauftragten durch die Bundesversammlung (21.443) |
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Postulat zu Referenden zu dringlich erklärten Gesetzen (22.3010) |
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Parlamentarische Vorstösse aus dem EJPD, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen ca. 12:45) |
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ab 15:00: |
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Bericht des Bundesrates zur Aussenwirtschaftspolitik (22.008) |
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Motion zur Wertschöpfung beim Käse (18.3711) |
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Parlamentarische Vorstösse aus dem WBF, Fortsetzung (gebündelte Abstimmungen) |
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Abschreibung der parlamentarischen Initiative für Stimmrechtsalter 16 (19.415) |
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Standesinitiative GE: Kostenübernahme für zahnärztliche Behandlungen (19.318) |
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Standesinitiativen TI, GE, JU, FR, NE zum Einbezug der Kantone bei Genehmigung der Krankenkassenprämien (20.300; 20.304; 20.330; 20.333 und 21.300) |
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Standesinitiativen TI, GE, JU, FR, NE für "kostengerechte" Krankenkassenprämien (20.302; 20.306; 20.328; 20.335 und 21.302) |
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Standesinitiativen GE, NE, JU zu Einführung der 5G-Technologie (20.309; 20.314 und 21.305) |
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Standesinitiative NE für kantonale, regionale oder interkantonale Krankenkassen (20.315) |
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Parlamentarische Initiativen, erste Phase (gebündelte Abstimmungen circa 18:45) |