(sda) Schlussabstimmungen: 16 Vorlagen haben der Nationalrat und der Ständerat am Freitag mit den Schlussabstimmungen parlamentarisch unter Dach und Fach gebracht. Darunter sind die Nein-Empfehlung der Räte zur Massentierhaltungsinitiative, die Verlängerung des Gentech-Moratoriums und das neue Veloweggesetz, mit dem der Veloartikel in der Verfassung umgesetzt wird. Mit einer Schweigeminute gedachte der Nationalrat vor dem Ende seiner Session der Opfer des Krieges in der Ukraine. Zu Beginn der Session vor knapp drei Wochen hatten beide Kammern in Erklärungen einen sofortigen Waffenstillstand gefordert.

Parlamentarische Aufsicht: Geht es um die Klärung von Ereignissen mit grosser Tragweite, sollen die Aufsichtskommissionen des Parlaments künftig eine fächerübergreifende Subkommission einsetzen können. So weit sind sich die Räte einig. Noch umstritten ist indes, wie die Einsichtsrechte dieser Kommission gestaltet werden sollen. Der Nationalrat möchte ihr mehr Kompetenzen geben als der Ständerat und fügte deshalb in die Vorlage ein, dass eine Subkommission dann eingesetzt wird, wenn die Informationsrechte der Geschäftsprüfungskommissionen (GPK) und der Finanzkommissionen (FK) nicht genügen, um die Oberaufsicht auszuüben. Die Vorlage geht an den Ständerat.

Raumplanung: Dem Nationalrat genügen die gesetzlichen Grundlagen für die Umsetzung des Ortsbildschutzes bei der Entwicklung nach innen. Er hat zwei parlamentarische Initiativen von Gregor Rutz (SVP/ZH) und dem ehemaligen Nationalrat Hans Egloff (SVP/ZH) mit 101 zu 80 Stimmen bei 6 Enthaltungen respektive 101 zu 82 Stimmen bei 8 Enthaltungen abgeschrieben. Diese verlangten eine Ausnahme im Raumplanungsgesetz für die Verdichtung in städtischen Gebieten. Der Nationalrat verwies indes auf einen Bericht des Bundes, wonach mit der geltenden Gesetzgebung mit einer frühzeitigen Planung und einer konstruktiven Zusammenarbeit aller Beteiligten gute Lösungen gefunden werden könnten. Im Frühling 2022 soll ein Leitfaden zur Anwendung von Isos mit konkreten Handlungsempfehlungen für Kantone, Städte und Gemeinden und deren Planungen veröffentlicht werden.

Schweiz - Uno: Der Nationalrat hat eine Petition der Gesellschaft Schweiz-Palästina (GSP) mit 107 zu 78 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt, die vom Bundesrat verlangte, dafür zu sorgen, dass die Ergebnisse der Untersuchung von Vorwürfen gegenüber Pierre Krähenbühl, Ex-Generalkommissar des Uno-Hilfswerks UNRWA, veröffentlicht werden. Krähenbühl müsse zudem öffentlich rehabilitiert werden, verlangten die Petitionäre. Krähenbühl war im November 2019 als Generalkommissar von UNWRA, dem Uno-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge, zurückgetreten, im Zusammenhang mit den Vorwürfen von Missmanagement und Machtmissbrauch. Krähenbühl selbst hatte diese Vorwürfe stets bestritten. Der vertrauliche Schlussbericht von Oios wurde nicht veröffentlicht. Vor einigen Monaten wurden aber die Ergebnisse der Untersuchung bekannt.

Landwirtschaft: Der Bundesrat muss die Einkommenssituation von Bauernfamilien unter die Lupe nehmen. Der Nationalrat hat ihn stillschweigend mit einem entsprechenden Auftrag aus der Feder von Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR) versehen. Ziel ist es, Wege aufzuzeigen, damit der Fortbestand und die Resilienz der Familienbetriebe als Grundlage unserer Landwirtschaft gewährleistet werden kann. Die Regierung muss konkret die Stundenlöhne analysieren und die Vergütungen aller Personen, die an der Wertschöpfungskette beteiligt sind, vergleichen. Zudem sollen die Nebenerwerbe beleuchtet werden. Ein besonderes Augenmerk soll der Partnerin oder dem Partner des Landwirtes respektive der Landwirtin gelten. Diese stehen im Falle eines Todesfalls oder einer Scheidung oft vor schwierigen finanziellen Verhältnissen. Berücksichtigt werden sollen der Strukturwandel in der Landwirtschaft und die agrarpolitischen Massnahmen.

Staatspolitik: Für die Erteilung und die Erneuerung von Aufenthaltsbewilligungen für Ausländerinnen und Ausländer soll das Kriterium des Lebensmittelpunktes wieder eindeutig anwendbar sein. Der Nationalrat fordert mit einer stillschweigend angenommenen Motion von Piero Marchesi (SVP/TI) entsprechende rechtliche Anpassungen. Verschiedene Urteile des Bundesgerichts haben in der jüngeren Vergangenheit das Konzept abgeschafft, das der Lebensmittelpunkt in der Schweiz ein zentraler Grundsatz für die Erteilung und die Erneuerung von Aufenthaltsbewilligungen ist. Die grosse Kammer möchte das wieder ändern. Die Motion, mit welcher der Bundesrat einverstanden ist, geht nun an den Ständerat.

Zollwesen: Der Nationalrat hat sich stillschweigend für digitale Vereinfachungen im Zollwesen ausgesprochen. Er hat eine Motion von Fabio Regazzi (Mitte/TI) angenommen, die insbesondere Vereinfachungen beim Industriezollabbau umsetzen soll. Warenanmeldung, periodische Veranlagung, Verlagerung der Mehrwertsteuer ins Inland oder direkte Rechnungsstellung von Zoll- und anderen Abgaben sollen demnach einfacher werden. Das sei für die Entlastung der Wirtschaft wichtig, schreibt Regazzi in seinem Vorstoss. Die Motion geht an den Ständerat.

Digitalisierung: Digitale Leuchtturmprojekte sollen von einer einmaligen Anschubfinanzierung durch den Bund profitieren. Der Nationalrat hat stillschweigend eine entsprechende Motion von Lars Guggisberg (SVP/BE) angenommen, der vom Bundesrat die Schaffung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen verlangt. Das Geschäft geht an den Ständerat. Dieser hat in der Frühlingssession einen gleichlautenden Vorstoss von Benedikt Würth (Mitte/SG) angenommen. Der Bundesrat hatte sich bereit erklärt, das Begehren anzunehmen. Bei der Umsetzung werde er darauf achten, dass durch die Anschubfinanzierung weder ein zu breiter neuer Subventionsbestand noch Doppelspurigkeiten zu den bestehenden Förderinstrumenten geschaffen werden.

Gesundheit: Der Nationalrat fordert, dass die Prozesse rund um die Patientenadministration im Sinne eines virtuellen Schweizer Gesundheitsnetzes digital abgewickelt werden können. Dazu gehört auch die Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators ("Master-Patienten-Nummer"), der künftig von allen Partnern im Gesundheitswesen in der Kommunikation eingesetzt werden soll. Die grosse Kammer hat zwei entsprechende Motionen von Andri Silberschmidt (FDP/ZH) stillschweigend angenommen. Die Vorstösse gehen nun an den Ständerat. Der Bundesrat unterstützt das Anliegen, die Prozesse rund um die Patientenadministration zu vereinfachen.

Sportförderung: Der Bundesrat soll prüfen, wie die Forschung und Entwicklung im Sport institutionalisiert werden kann. Der Nationalrat hat ihm stillschweigend ein Postulat von Marcel Dobler (FDP/SG) überwiesen. Die nachhaltige Beschaffung von finanziellen und personellen Ressourcen für Forschung, Entwicklung und Innovation (F+E) sei sehr schwierig, begründet Dobler sein Anliegen. Da F+E im Sport nicht institutionalisiert sei, würden personelle Veränderungen bei Hochschulen oder auch bei Verbänden das Ende einer Innovation bedeuten. Der Bundesrat soll nun in einem Bericht etwa Verbesserungspotenziale aufzeigen und konkret darlegen, wie der Sport als Disziplin besser von den Fördergefässen des Bundes in den Bereichen Forschung, Entwicklung und Innovation profitieren könnte.

Altersvorsorge: Der Bundesrat muss die Geldströme untersuchen, die in der Altersvorsorge heute zwischen den verschiedenen Formen von Lebensgemeinschaften fliessen. Er soll ein Modell der strikt individuellen Vorsorge vorlegen, dessen Gesamtkosten nicht höher liegen sollen als im bestehenden System. Und er soll die Auswirkungen eines solchen Modells auf die Gesellschaft analysieren. Diesen Auftrag hat die Landesregierung vom Nationalrat erhalten, der ein entsprechendes Postulat der FDP-Fraktion stillschweigend überwiesen hat. Der Bundesrat ist mit der Erstellung des Berichts einverstanden.

Unternehmen: Der Bundesrat soll prüfen, wie eine teilliberierte Gründung einer GmbH ermöglicht werden kann. Teilliberiert heisst, dass bei der Gründung nicht das ganze Aktienkapital einbezahlt werden muss. Dieses Startkapital beträgt bei einer GmbH 20'000 Franken. Beispielsweise Unternehmen aus dem Dienstleistungssektor zeichnen sich jedoch dadurch aus, dass sie zu Beginn nur wenig Startkapital benötigen, erläutert Andri Silberschmidt (FDP/ZH) in seinem Postulat, das der Nationalrat stillschweigend überwiesen hat. Der Bundesrat soll nun Alternativen prüfen. Dabei soll er auch untersuchen, wie angemessene Vorschriften zum Schutz des Rechtsverkehrs, insbesondere der Gläubigerinteressen, sowie auch den Mehrwert und den Rechtsvergleich mit dem Ausland aussehen könnten.

Sexualität: Der Bundesrat muss einen Bericht über das Ausmass der sogenannten Konversionstherapien in der Schweiz vorlegen und prüfen, ob die geltenden gesetzlichen Grundlagen ausreichen, um dagegen vorgehen zu können. Der Nationalrat hat stillschweigend ein entsprechendes Postulat von Erich von Siebenthal (SVP/BE) an die Landesregierung überwiesen. Konversionstherapien sind umstritten und haben zum Ziel, die sexuelle Orientierung einer Person zu verändern. Der Bundesrat hatte in Antworten auf andere Vorstösse zum Thema bereits ausgeführt, dass diese Praktiken aus menschlicher, fachlicher und rechtlicher Sicht abzulehnen sind. In Einzelfällen könne die Durchführung einer solchen Therapie einen Straftatbestand darstellen. Insofern bestehe kein Rechtsvakuum.

Bahnverkehr: Der Bundesrat wird vom Nationalrat beauftragt, einen Bericht vorzulegen, in dem verschiedene Lösungen zur Verbesserung der Zuverlässigkeit der Bahnverbindung Lausanne-Genf geprüft werden. Die grosse Kammer hat ein entsprechendes Postulat von Roger Nordmann (SP/VD) stillschweigend überwiesen. Auf der meistbefahrenen Bahnstrecke der Schweiz waren in der jüngeren Vergangenheit vermehrt Unterbrüche zu beklagen. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat laut dem Bundesrat bereits eine Studie zur langfristigen Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur zwischen Genf und Lausanne in Auftrag gegeben.