Coronavirus: Der Ständerat hat sich bei der Impfstoffbeschaffung für das Jahr 2023 durchgesetzt. Der Verpflichtungskredit wird auf Antrag der Einigungskonferenz gekürzt. Damit müssen die Verträge mit Moderna und Pfizer/Biontech für Millionen von Impfdosen neu verhandelt werden. Der Nationalrat hat den tieferen Verpflichtungskredit zwar mit 100 zu 86 Stimmen bei sechs Enthaltungen erneut abgelehnt. Da sich im Fall von Uneinigkeit gemäss den Budgetierungsregeln jedoch die kostengünstigere Lösung durchsetzt, obsiegt der Ständerat. Mit dem Entscheid wird der Verpflichtungskredit von 780 auf 560 Millionen Franken gekürzt. Wie viele Impfdosen der Bund für das nächste Jahr beschaffen kann, ist unklar.
Ukraine: Das Parlament will weder eine Senkung der Steuern auf Benzin, Diesel und Heizöl noch einen höheren Pendlerabzug - trotz hoher Energiepreise. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat entsprechenden Forderungen der SVP eine Absage erteilt. Angenommen hat er in der ausserordentlichen Session hingegen einen Vorstoss zum Strom. GLP-Nationalrätin Barbara Schaffner (ZH) fordert ein System, um der Schweiz bei einer Mangellage Spielraum zu verschaffen: Unternehmen sollen anbieten können, im Krisenfall gegen ein Entgelt ganz oder teilweise auf Stromlieferungen zu verzichten. Schaffners Motion geht an den Ständerat.
Bahnen: Die SBB sollen wegen ihrer in der Pandemiezeit entstandenen Defizite zusätzliche Finanzhilfen erhalten. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat angenommene Motion an den Bundesrat überwiesen. Damit sollen die Investitionen in Bahnausbau-Projekte sichergestellt sein. Die grosse Kammer folgte der starken Minderheit ihrer vorberatenden Finanzkommission. Der Entscheid fiel mit 115 zu 64 Stimmen bei 7 Enthaltungen. Der Bundesrat muss sich nun gegen seinen Willen an die Arbeit machen. Finanzminister Ueli Maurer gab erfolglos zu bedenken, dass der Bahn-Ausbauschritt 2035 so oder so garantiert sei. Spitäler und die Kantone warteten ebenfalls auf ausserordentliche Finanzhilfen des Bundes. Ihre Forderungen erhielten nun Nahrung.
Gewalt: Der Bund muss künftig regelmässige Präventionskampagnen gegen häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt und geschlechtsbezogene Gewalt durchführen. Als Zweitrat hat der Nationalrat mit 127 zu 50 Stimmen bei vier Enthaltungen eine entsprechende Motion der Walliser Mitte-Ständerätin Marianne Maret angenommen. Der Ständerat hatte den Vorstoss schon in der Frühjahrssession oppositionslos angenommen - sämtliche 13 Ständerätinnen hatten ihn unterzeichnet.
Pestizide: Der Nationalrat fordert Schritte gegen Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in importierten Lebensmitteln. Er will den Bundesrat beauftragen, die Grenzwerte zu prüfen und zu senken, das Kontrollsystem auszubauen und bei Rückständen verbotener Pestizide ein Importverbot auszusprechen. Mit 120 zu 63 Stimmen bei drei Enthaltungen hat die grosse Kammer eine Motion von Christine Badertscher (Grüne/BE) angenommen. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
Mehrwertsteuer: Der Bundesrat muss in einem Bericht Vor- und Nachteile evaluieren zu einer möglichen Teilnahme der Schweiz am EU-One-Stop-Shop zur Abrechnung der Mehrwertsteuer. Der Nationalrat hat ein entsprechendes Postulat seiner Wirtschaftskommission (WAK-N) mit 137 zu 51 Stimmen überwiesen. Das Instrument macht es Unternehmen möglich, Behördengänge mit einem einzigen Account zu erledigen. Der Bundesrat ist gegen die Teilnahme der Schweiz am EU-One-Stop-Shop. Er habe die Vor- und Nachteile bereits verschiedentlich dargelegt, gab Finanzminister Ueli Maurer zu bedenken. Trotzdem muss er nun einen weiteren Bericht verfassen.
Einbürgerungen: Wer sich jahrelang in der Schweiz aufhält, soll auch künftig keinen automatischen Anspruch auf die Schweizer Staatsbürgerschaft haben. Dieser Meinung ist der Nationalrat. Er hat sich deutlich gegen einen Paradigmenwechsel ausgesprochen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der SP-Fraktion mit dem Titel "Schweizerin oder Schweizer ist, wer hier lebt" wurde mit 123 zu 68 Stimmen abgelehnt. Das Geschäft ist somit erledigt. Das Schweizer Bürgerrecht solle an Personen erteilt werden, welche sich in der Schweiz gut integriert haben, sagte Kommissionssprecher Gregor Rutz (SVP/ZH). Das aktuelle System habe sich bewährt.
Versicherungen: Der Nationalrat will nichts von einer obligatorischen Epidemie- respektive Pandemieversicherung wissen. Er hat eine entsprechende Motion von Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) abgelehnt - mit 102 zu 69 Stimmen bei einer Enthaltung. Damit ist der Vorstoss erledigt. Finanzminister Ueli Maurer gab erfolgreich zu bedenken, dass eine Pandemieversicherung schwierig umzusetzen wäre. Der Bundesrat hatte bereits vor gut einem Jahr kommuniziert, dass er die Pläne für die Schaffung einer Pandemieversicherung nicht weiterverfolge. Zum jetzigen Zeitpunkt fehlten klare Anzeichen, dass die Unternehmen eine obligatorische Versicherung wollten, hiess es zur Begründung.
Finanzausgleich: Der Nationalrat will keine Änderungen beim Finanzausgleich. Er hat zwei parlamentarische Initiativen aus den Reihen der SVP abgelehnt. Diese sind vom Tisch. Die Partei wollte, dass die Städte für ihre Zentrumslasten etwa im Sozial-, Gesundheits- und Verkehrsbereich weniger Geld erhalten. Die heutigen Ausgaben der Städte seien nicht gänzlich strukturell bedingt, sondern teils Ergebnis politischer Entscheidungen, argumentierte sie. Die Ratsmehrheit teilte diese Einschätzung nicht. Die Zentrumslasten seien von der gesamten Gesellschaft zu tragen.
Ratsregeln: Nationalrätinnen und Nationalräte dürfen ihre Voten weiterhin ablesen. Die grosse Kammer hat eine parlamentarische Initiative von Balthasar Glättli (Grüne/ZH) abgelehnt, welche die freie Rede zur Pflicht machen wollte. Der Grünen-Präsident erhoffte sich von einer Neuregelung lebendigere und kürzere Debatten. Die Ratsmehrheit war jedoch der Ansicht, die Komplexität gewisser Geschäfte spreche dagegen. Zudem drohe eine Benachteiligung rhetorisch weniger gewandter Ratsmitglieder. Die Initiative ist vom Tisch.
Die Traktanden des Nationalrats für Freitag, 17. Juni (08:00 bis 09:00):
Bern |
Petitionen |
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Nicht bekämpfte Vorstösse gemäss beschleunigtem Verfahren |
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Schlussabstimmungen |