(sda) Banken: Die Schweiz soll mit zwölf weiteren Staaten und Territorien den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten (AIA) einführen. Der Nationalrat hat am Montag als Erstrat grünes Licht gegeben. Eines der betroffenen Länder ist die Ukraine. Eingeführt werden soll der AIA ausserdem noch mit Ecuador, Georgien, Jamaika, Jordanien, Kenia, Marokko, die Republik Moldau, Montenegro, Neukaledonien, Thailand und Uganda. Ab 2024 sollen zum ersten Mal Informationen ausgetauscht werden - sofern die betroffenen Länder die Voraussetzungen des AIA-Standards erfüllen. Der Nationalrat stimmte den zwölf nötigen Beschlüssen gegen den Willen der SVP zu.

Steuern: Der Nationalrat will die Doppelbesteuerung von Einkommen sowie die Steuerhinterziehung zwischen der Schweiz und Äthiopien sowie Armenien verhindern. Er hat den entsprechenden Abkommen mit grosser Mehrheit zugestimmt. Für Finanzminister Ueli Maurer schaffen die Abkommen Rechtssicherheit, stellen für die Schweizerische Wirtschaft eine Verbesserung dar und ermöglichen ihnen Investitionen, wie er im Rat sagte. Die Geschäfte gehen an den Ständerat. Damit die Abkommen in Kraft treten können, braucht es die Genehmigung der Parlamente der jeweiligen Länder. Sagen auch der Ständerat sowie das Parlament von Armenien und Äthiopien ja, können die Abkommen in Kraft treten.

Parlamentarische Aufsicht: Für die Klärung von Ereignissen mit grosser Tragweite sollen die Aufsichtskommissionen des Parlaments künftig eine fächerübergreifende Subkommission einsetzen können. Soweit sind sich die Räte einig. Umstritten ist aber, welche Informationsrechte diese Kommission haben soll. Der Nationalrat hält an einer Subkommission mit erweiterten Informationsrechten fest, will die Voraussetzungen für deren Einsetzung aber eingrenzen. Eine Subkommission soll seiner Meinung nach dann eingesetzt werden, wenn die Informationsrechte der Oberaufsichtskommissionen nicht genügen, um ihre Funktion auszuüben. Diese Haltung hat er bekräftigt. Der Ständerat dagegen wollte bisher die Subkommission mit keinen zusätzlichen Informationsrechten ausstatten. Er ist wieder am Zug.

Digitalisierung I: Das Parlament will, dass der Bundesrat digitale Projekte von öffentlichem Interesse mit Geld in Gang bringt. Der Nationalrat hat eine Motion aus dem Ständerat überwiesen, der vom Bundesrat die Schaffung der entsprechenden rechtlichen Grundlagen verlangt. Der Bundesrat arbeitet nun einen Entwurf dazu aus. Investiert werden soll einmalig in digitale "Leuchtturmprojekte" im privaten und privat-öffentlichen Bereich, welche einem öffentlichen Interesse dienen und den Standort Schweiz stärken.

Digitalisierung II: Der Nationalrat will die Perspektive von Frauen bei der Digitalisierung stärker berücksichtigen. Er hat eine entsprechende Motion seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK-N) angenommen. Stimmt der Ständerat auch zu, wird der Bundesrat beauftragt, die Chancengleichheit der Geschlechter in seine nächsten Digitalisierungsstrategien zu integrieren. Digitale Produkte würden in erster Linie von Männern und für Männer entworfen, begründete die WBK-N die Motion. Der Frauenanteil im Informatikbereich betrage nur gerade 15 Prozent. Das kann laut Kommission dazu führen, dass Ungleichheiten neu entstehen oder weiterhin bestehen bleiben. Das Anliegen geht auf eine Petition der Frauensession von 2021 zurück.

Cybersicherheit: Der Nationalrat möchte für die Schweiz ein nationales Testinstitut für Cybersicherheit mit einem verbindlichen Engagement vom Bund. Er hat dazu eine Motion von Franz Grüter (SVP/LU) mit 153 zu 32 Stimmen angenommen. Im Kanton Zug laufe ein Projekt für ein solches Testinstitut, sagte Grüter und plädierte für eine Anschubfinanzierung vom Bund für eine Einrichtung nach dem Modell der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa. Um das Testinstitut national zu etablieren, brauche es zusätzlich ein verbindliches, langfristiges und rechtlich abgestütztes Engagement des Bundes. Finanzminister Ueli Maurer verwies auf die Arbeiten am Gesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (Embag). Dort könne das Anliegen umgesetzt werden. Die Motion geht an den Ständerat.

Coronavirus: Der Bundesrat soll, mit Blick auf künftige Krisen und als Lehre aus der Covid-19-Pandemie, Rechtsgrundlagen zur Einsetzung eines Fach-Krisenstabes ausarbeiten. Das verlangt der Nationalrat. Er hiess mit 129 zu 51 Stimmen aus der SVP-Fraktion eine Motion seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK-N) gut. Eingereicht hatte diese die Kommission im Zusammenhang mit einem Bericht, in dem sie die zu passive Rolle und unkoordinierte Massnahmen des Bundes zum Beginn der Pandemie im ersten Halbjahr 2020 kritisierte. Der Ständerat wird voraussichtlich in der laufenden Session ebenfalls darüber befinden, ihm liegt ein wortgleicher Vorstoss seiner eigenen Geschäftsprüfungskommission vor.

Bundesverwaltung: Der Nationalrat pocht auf dezentrale Arbeitsplätze beim Bund. Dessen Arbeitsangebote sollen breiter und proportionaler über alle Kantone verteilt sein als heute und der Bund als Vorbild dastehen. So steht es in einer Motion von Martin Candinas (Mitte/GR), die der Nationalrat mit 118 zu 68 und mit 8 Enthaltungen angenommen hat. Der Bundesrat stellt sich gegen die Motion. Schon heute biete die Bundesverwaltung in der ganzen Schweiz verschiedene Arbeitsplätze für ihr Personal an. Ausserdem führe der Bund Pilotprojekte mit dezentralen unpersönlichen Arbeitsplätze durch. Die Motion geht an den Ständerat.

Krisenmanagement: Der Nationalrat will vom Bundesrat Aufschluss darüber erhalten, wie dieser sicherstellt, dass er auf Krisen künftig besser vorbereitet ist. Er hat dazu ein Postulat der GLP-Fraktion mit 115 zu 47 Stimmen bei zwei Enthaltungen überwiesen. Die Pandemie und auch der Angriff Russlands auf die Ukraine hätten den Bundesrat letztlich unvorbereitet getroffen, begründete die Partei den Vorstoss. Die SVP sprach sich gegen den Bericht aus. Es gehe um Führungsfragen und die Verantwortung zu übernehmen, sagte Gregor Rutz (ZH) dazu. "Wir brauchen Führung und Leute, die hinstehen und Entscheide treffen." Der Bundesrat will das Anliegen in die Auswertung rund um die Covid-19-Pandemie aufnehmen.

Lebensmittel: Der Nationalrat will geprüft wissen, wie Kantone von Bundesbetrieben dazu gebracht werden können, Nahrungsmittel soweit erhältlich von lokalen Anbietern zu beziehen. Er hat dazu ein Postulat von Florence Brenzikofer (Grüne/BL) mit 138 zu 51 angenommen. Die Ernährung sei einer der Haupthebel, um den menschgemachten CO2-Ausstoss zu reduzieren, sagte Brenzikofer im Rat. Lokale Nahrungsmittel seien wegen der kürzeren Transportwege klimafreundlicher und die einheimische Landwirtschaft werde gestärkt. Finanzminister Ueli Maurer äusserte sich gegen die Motion und verwies bereits existierende Forderungen des Bundes. "Was Sie fordern, ist eigentlich bereits eine Selbstverständlichkeit." Dies gelte auch für die Verpflegung im Militär.

Landwirtschaft: Der Nationalrat will, dass Milch grundsätzlich nicht zur Käseherstellung importiert werden darf. Er hat den Bundesrat mit 109 Ja- und 71 Nein-Stimmen bei 11 Enthaltungen in einer Motion beauftragt, die entsprechenden Zollbestimmungen anzupassen. Mit Billigimporten werde der Schweizer Milchpreis ausgehebelt, sagte Motionär Marcel Dettling (SVP/SZ) vor dem Rat. Die Preise für die Milchproduktion sei seit der Abschaffung der Milchkontingente schlecht, und Milchbauern könnten deshalb nicht kostendeckend arbeiten. Nur bei absoluter Mangellage solle eine saisonale Bewilligung für andere Produkte erteilt werden. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung. Es brauche keine Regelung in einem Bereich, der funktioniere, sagte Finanzminister Ueli Mauer. Die Motion geht an den Ständerat.

Die Traktanden des Nationalrats für Dienstag, 13. September (08:00 bis 13:00):

Bern Änderung Strassenverkehrsgesetz (21.080)
Rettungsschirm für die Schweizer Strombranche (22.031)
Motion zur Transparenz bei der Stromherkunft (21.3620)
Vorstösse zum Gewässerschutz (22.3873; 22.3874 und 22.3875)
Postulate zum Food Waste (22.3880; 22.3881 und 22.3882)
Parlamentarische Initiativen erste Phase (gebündelte Abstimmungen um circa 12:45)