(sda) Jugendschutz: Die Räte sind sich weiterhin uneinig über die gesetzliche Regelung von In-App-Käufen in Games. Der Ständerat will diese nach wie vor nicht im Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele regeln. Oppositionslos hielt die kleine Kammer am Dienstag an der entsprechenden Differenz zum Nationalrat fest. Ebenso ist der Ständerat weiterhin dagegen, dass die für die Umsetzung der Jugendschutz-Massnahmen zuständigen Organisationen Expertinnen und Experten dauerhaft als Mitglieder einbeziehen müssen. Der Nationalrat muss sich nun ein drittes Mal mit der Vorlage befassen.

Versicherungen: Das Parlament will ungebetenen Telefonanrufen von Versicherungsvermittlerinnen und -vermittlern einen Riegel schieben. Als Zweitrat hat der Ständerat mit 32 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung einer entsprechenden Vorlage zugestimmt. Diese schafft eine gesetzliche Grundlage für das Verbot der telefonischen Kaltakquise. Weil noch Differenzen bestehen, geht das Geschäft zurück an den Nationalrat.

Coronavirus: Der Bundesrat soll, mit Blick auf künftige Krisen und als Lehre aus der Covid-19-Pandemie, Rechtsgrundlagen zur Einsetzung eines Fach-Krisenstabes ausarbeiten. Das verlangt das Parlament. Der Ständerat hat mit 24 zu 20 Stimmen eine entsprechende Motion seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK-S) gutgeheissen. Der Nationalrat hatte in der vergangenen Woche bereits einen gleichlautenden Vorstoss angenommen. Somit ist nun der Bundesrat am Zug. Mit einem ebenfalls überwiesenen Postulat seiner GPK verlangt der Ständerat zudem vom Bundesrat, bis 2023 mit allen betroffenen Akteuren "eine kritische Gesamtbilanz seiner Krisenorganisation in der Pandemie" zu erstellen.

Diskriminierung: Für sexuelle Belästigung soll es keine Beweislasterleichterung geben. Der Ständerat hat eine Initiative des Kantons Waadt abgelehnt, die eine entsprechende Gesetzesänderung verlangt. Das Geschäft geht nun an den Nationalrat. Die Mehrheit unterstütze zwar das übergeordnete Anliegen der Initiative, gegen sexuelle Belästigung vorzugehen, sagte Kommissionspräsident Benedikt Würth (Mitte/SG). Die Beweislasterleichterung für sexuelle Belästigung im Gleichstellungsgesetz einzuführen, erachte die Mehrheit jedoch nicht als den geeigneten Weg, da dies für die belästigende Person keine direkten Konsequenzen hätte. Würth verwies weiter auf die rechtlich festgelegten Sorgfaltspflichten der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Medienpolitik: Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden müssen weiterhin eine Radio- und Fernsehgebühr bezahlen. Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative des Tessiner Mitte-Nationalrats Fabio Regazzi abgelehnt, die forderte, sie davon zu befreien. Mit 27 zu 14 Stimmen bei 4 Enthaltungen folgte die kleine Kammer dem Antrag der Mehrheit ihrer Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-S). Die parlamentarische Initiative ist damit vom Tisch. Der Nationalrat hatte ihr in der Frühjahrssession zugestimmt.

Landwirtschaft: Der Fonds für Familienzulagen in der Landwirtschaft wird aufgehoben. Das hat das Parlament beschlossen. Der Fonds erwirtschaftet seit 2018 keine Zinsen mehr, mit denen die Beiträge der Kantone zur Finanzierung der Familienzulagen reduziert werden könnten. Der Ständerat stimmte der Auflösung des Fonds oppositionslos zu. Der Nationalrat hatte die Vorlage bereits in der Sommersession angenommen. Das geänderte Bundesgesetz über die Familienzulagen in der Landwirtschaft ist damit bereit für die Schlussabstimmungen. Der Fonds verfügt aktuell über ein Kapital von 32,4 Millionen Franken. Das Geld soll an die Kantone verteilt werden.

Epidemien: Der Bund soll künftig die Datenerhebung zu Epidemien auf nationaler Ebene einleiten und koordinieren können. Die kleine Kammer hat als Zweitrat oppositionslos eine Motion von Nationalrat Marcel Dobler (FDP/SG) angenommen, mit der das Epidemiengesetz entsprechend angepasst werden soll. Einer der Gründe, wieso die Pandemie nicht besser habe bekämpft werden können, liege darin, dass die Kantone viel zu spät und zu unterschiedlich mit der Kontaktverfolgung begonnen hätten, ist der Motionär überzeugt. Zudem hätten sie die digitalen Möglichkeiten viel zu wenig eingesetzt. Die Kompetenzen liegen derzeit bei den Kantonen. Der Bund brauche aber rasch mehr Kompetenzen und müsse rasch flächendeckend Vorgaben machen können, so die Forderung. Der Bundesrat unterstützt eine Gesetzesänderung, die er nun umsetzen muss.

Sehbehinderung: Das Parlament befürwortet die Einführung von Abstimmungsschablonen bei Volksabstimmungen für Menschen mit einer Sehbehinderung. Als Zweitrat hat der Ständerat eine entsprechende Motion der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats (SPK-N) oppositionslos angenommen. Die Schablonen ermöglichen es Menschen mit einer Sehbehinderung, geheim abzustimmen. Der Bund muss nun die Voraussetzungen für den Einsatz der Hilfsmittel schaffen.

Impfausweis: Der Bund soll nach dem Willen des Parlaments einen elektronischen Impfausweis schaffen. Als Zweitrat hat der Ständerat oppositionslos eine entsprechende Motion des St. Galler FDP-Nationalrats Marcel Dobler angenommen. Der Bundesrat erhält damit den Auftrag, eine Lösung zu realisieren. Bei dem Vorstoss ging es auch um eine Ersatzlösung für die Onlineplattform meineimpfungen.ch. Der elektronische Impfausweis soll freiwillig und eine Papierversion weiterhin möglich sein.

Gesundheit: Die bereits vorhandene nationale Datenbank für das digitale Management von Versorgungsengpässen bei Humanarzneimitteln soll weiterentwickelt werden. Dieser Meinung ist der Ständerat. Er hat eine entsprechende Motion von Erich Ettlin (Mitte/OW) mit 23 zu 17 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Demnach soll sich künftig die aktuelle Lage bezüglich Arzneimittelengpässen besser monitoren, ermitteln und dokumentieren lassen. Damit der Datensatz immer vollständig und verlässlich ist, muss der Bundesrat gemäss Motionstext das Anbringen und die Überprüfung der Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Medikamenten - gleich wie in der EU - obligatorisch erklären. Der Bundesrat will laufenden Arbeiten nicht vorgreifen und lehnt die Motion ab. Diese geht nun an den Nationalrat.

Digitalisierung I: Der Bund soll das Heft beim elektronischen Patientendossier in die Hand nehmen und dessen Einführung sowie Unterhalt und Betrieb finanziell sichern. Dieser Meinung ist das Parlament. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion der Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK-N) oppositionslos angenommen. Der Bundesrat hat bereits Massnahmen ergriffen. Anders als von der Motion gewünscht, will die Regierung jedoch nicht vom dezentralen System der Stammgemeinschaften abrücken. Die Revision wird voraussichtlich Mitte 2023 in die Vernehmlassung gehen.

Digitalisierung II: Elektronische Rechnungen müssen künftig nicht direkt im elektronischen Patientendossier abgelegt werden. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, die eine gesetzliche Bestimmung für die Übermittlung administrativer Daten forderte. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. In den Augen einer Mehrheit im Ständerat soll das E-Patientendossier kein Instrument der Krankenversicherungen sein, sondern in erster Linie der Verbesserung der Patientensicherheit und der Qualitätsentwicklung in der Patientenbehandlung dienen. Nicht zuletzt verfügten die meisten Versicherer bereits heute über Onlineportale, die eine elektronische Rechnungsübermittlung ermöglichten.

Digitalisierung III: Der Ständerat sieht keinen Handlungsbedarf, um spezifisch mit alternativen Versicherungsmodellen die Verbreitung des elektronischen Patientendossiers zu fördern. Er hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat abgelehnt. Der Vorstoss ist somit erledigt. Die Mehrheit hielt fest, dass unter den aktuellen gesetzlichen Grundlagen alternative Versicherungsmodelle in Verbindung mit dem E-Patientendossier grundsätzlich möglich seien. Die Pflicht, am elektronischen Patientendossier teilzunehmen, soll mit der vom Bundesrat geplanten Weiterentwicklung auf bestehende, ambulant tätige Gesundheitsfachpersonen ausgeweitet werden.

Digitalisierung IV: Das Parlament will, dass die Patientenadministration in der Schweiz künftig digital abgewickelt werden kann. Es hat dem Bundesrat den Auftrag erteilt, die Rechtsgrundlagen anzupassen. Als Zweitrat nahm der Ständerat zwei entsprechende Motionen des Zürcher FDP-Nationalrats Andri Silberschmidt oppositionslos an. Dabei geht es unter anderem um die Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators ("Master-Patienten-Nummer"). Dieser soll künftig von allen Partnern im Gesundheitswesen in der Kommunikation eingesetzt werden. Der Bundesrat war mit den Vorstössen einverstanden.

Digitalisierung V: Der Bundesrat muss keine Datenkompetenz- oder Data-Literacy-Strategie zur Digitalisierung im Gesundheitswesen vorlegen. Anders als zuvor der Nationalrat hat der Ständerat eine Motion der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats (SGK-N) abgelehnt. Er verwarf den Vorstoss mit 35 zu 8 Stimmen. Dieser ist damit vom Tisch. Der Nationalratskommission schwebte vor, dass Daten erhoben und miteinander verknüpft worden wären, nicht zuletzt, um Erfahrungen aus der Pandemie zusammenzutragen und zu evaluieren.

Krankenversicherung: Für ärztliche Leistungen im ambulanten Bereich soll vorderhand weiterhin die Tarifstruktur Tarmed greifen, die sich nicht auf Diagnosen stützt, sondern Einzelleistungen wie zum Beispiel die ersten fünf Minuten einer Konsultation abbildet. Zu diesem Schluss kommt der Ständerat. Er hat eine Motion aus dem Nationalrat abgelehnt, welche im Ambulatorium die Kodierung schweizweit anwendbarer Klassifikationen forderte. Die Einführung von Diagnosen im ambulanten Bereich werde derzeit vertieft geprüft, machte die Mehrheit in der kleinen Kammer geltend. Deshalb erübrige sich die Motion. Mit dem Nein des Ständerats ist der Vorstoss vom Tisch.

Pädiatrie: Der Ständerat will keine neuen Pflichten für Versicherer in der Kinder- und Jugendmedizin. Anders als zuvor der Nationalrat hat er eine entsprechende Motion abgelehnt. Diese wollte dafür sorgen, dass Versicherer angepasste medizinische Instrumente und Geräte bezahlen. Die kleine Kammer fällte ihren Entscheid knapp mit 22 zu 21 Stimmen. Der Nationalrat hatte den Vorstoss vor einem Jahr angenommen. Nun ist er vom Tisch.

Oberaufsicht: Die Einigungskonferenz muss sich mit der geplanten Stärkung der parlamentarischen Oberaufsicht befassen. Der Ständerat hat in der Frage der Rechte einer neu zu schaffenden Subkommission auf seiner Position beharrt. Für die Klärung von Ereignissen mit grosser Tragweite sollen die Finanz- und Geschäftsprüfungskommissionen des Parlaments künftig eine fächerübergreifende Subkommission einsetzen können. Der Nationalrat will ihr erweiterte Informationsrechte einräumen, der Ständerat lehnt dies ab.

Coronavirus - Schweiz: Das Parlament führt keine offizielle Gedenkfeier für die Verstorbenen der Covid-19-Pandemie durch. Der Ständerat hat ein entsprechendes Postulat von Maya Graf (Grüne/BL) abgeschrieben. Hintergrund ist, dass das Vorhaben im Nationalrat sowie vonseiten des Bundesrats keine Unterstützung fand.

Die Traktanden des Ständerats für Mittwoch, 21. September (08:15 bis 13:00):

Bern Bericht zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz (21.052 und 22.026)
Motionen zur Landwirtschaft (20.4732 und 22.3795)
Ausserordentliche Session zur Versorgungssicherheit (22.3606, 22.3609, 22.3568, 22.3567, 22.3610, 22.3516, 22.3518 und 22.3517)
Parlamentarische Initiative für Untertitel im Livestream des Parlaments (20.505)
Regelung des Zugriffs auf Kommissionsunterlagen des Parlaments, Differenzen (20.461)
Standesinitiative GE gegen Rückführungen in Länder, die Menschenrechte missachten (21.309)
Standesinitiative BS zur Aufnahme von Menschen aus griechischen Flüchtlingscamps (21.310)