(sda) Die Schweiz kann die für sie zwingenden Elemente des EU-Asyl- und Migrationspaktes übernehmen. Der Nationalrat hat den letzten umstrittenen Punkt bereinigt und die Vorlage damit bereit gemacht für die Schlussabstimmung.

Die letzte Differenz betraf die Rechtsvertretung für Menschen, die im Zusammenhang mit der Wegweisung in einen Dublin-Staat in Haft genommen werden. Der Nationalrat hatte zunächst festhalten wollen, dass ihnen eine amtliche Rechtsvertretung zur Verfügung stehen sollte, wenn sie noch keine Rechtsvertretung haben.

Weil aber der Ständerat diese Bestimmung mit klarem Mehr abgelehnt hatte, verzichtete nun auch der Nationalrat darauf. Die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren habe in einem Schreiben an die Zuständigkeit der Kantone erinnert, sagte Nicolò Paganini (Mitte/SG). Die Kantone hielten diesen Artikel für praxisfremd.

Die unterlegene, rot-grüne Minderheit hätte an dem Passus festhalten wollen. Das Schweizer Strafrecht sieht den Rechtsbeistand für jede angeklagte Person vor, sagte Balthasar Glättli (Grüne/ZH) dazu. Es gehe um Administrativhaft, also nicht um Haft für eine Bestrafung. Der von den Grünen mitgetragene Kompromiss sollte gerettet werden.

Ziel des EU-Asyl- und Migrationspaktes ist es, die irreguläre Migration nach Europa einzudämmen und mit harmonisierten und effizienten Asylverfahren die Sekundärmigration im Schengen-Raum zu verringern. Die EU will die Neuerungen ab Juni 2026 umsetzen.

Die Schweiz muss jene Punkte des Pakts umsetzen, die die Weiterentwicklung des Schengen- und Dublin-Besitzstandes betreffen. Fünf der zehn neu verabschiedeten Rechtsakte sind für die Schweiz - zumindest teilweise - bindend. Freiwillig ist für die Schweiz hingegen die Teilnahme am sogenannten Solidaritätsmechanismus.

Dieser soll EU-Staaten entlasten, wenn dort zahlreiche Migranten und Geflüchtete ankommen. Er sieht die Übernahme von Asylsuchenden vor, aber auch Geldbeiträge und operative Hilfeleistungen. In den Ratsdebatten drehten sich die Diskussionen fast nur um diesen Mechanismus. Der Nationalrat stimmte erst im zweiten Anlauf zu.

Wie sich die Schweiz konkret beteiligt, kann sie von Jahr zu Jahr jeweils selbst entscheiden, wie Justizminister Beat Jans in den Ratsdebatten sagte. Eine Voraussetzung für eine Teilnahme ist laut Parlamentsbeschluss, dass das Dublin-System aus Schweizer Sicht im Wesentlichen funktioniert.

Zudem muss der Zuwanderungsartikel in der Verfassung eingehalten werden, und der Bund muss vor einem Entscheid die Kantone konsultieren. Will der Bundesrat Geld einsetzen, soll er Mittel aus den mit der EU vereinbarten Kohäsionsbeiträgen einsetzen können.