Der Freitag, 30. September 2011 im Parlament
(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu 17 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die letzte Session der Legislatur 2007-2011 abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach kamen:
- mit 137:46 Stimmen bei 9 Enthaltungen (Nationalrat) und 41:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen (Ständerat) die Revision des Bankengesetzes, mit der systemrelevante Grossbanken neuen Regeln unterworfen werden, damit ein neuer Fall UBS vermieden werden kann;
- mit 133:46 Stimmen bei 17 Enthaltungen und 28:6 Stimmen bei 10 Enthaltungen die Teilrevision des Krankenversicherungsgesetzes, mit der die Voraussetzungen geschaffen werden sollen, dass sich mehr Menschen integrierten medizinischen Versorgungsnetzen (Managed Care) anschliessen;
- mit 125:61 Stimmen bei 6 Enthaltungen und 33:7 Stimmen bei 4 Enthaltungen das Bundesgesetz über Massnahmen zur Abfederung der Frankenstärke und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit;
- mit 189:7 Stimmen bei 1 Enthaltung und 44:0 Stimmen das Humanforschungsgesetz, das die Forschung mit lebenden und verstorbenen Personen, Embryonen und Föten sowie mit biologischem Material menschlicher Herkunft regelt;
- mit 117:72 Stimmen bei 6 Enthaltungen und 32:6 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine Änderung des Zivilgesetzbuchs, mit der Frauen und Männer im Namens- und Bürgerrecht gleichgestellt werden;
- mit 193:3 Stimmen bei 1 Enthaltung und 42:0 Stimmen bei 2 Enthaltungen der Bundesbeschluss über die Lotterie-Initiative, in dem die Räte der Stimmbevölkerung die Initiative zur Ablehnung empfehlen. Die Schlussabstimmung zum direkten Gegenvorschlag hatte bereits am Donnerstag stattgefunden;
- mit 128:61 Stimmen bei 6 Enthaltungen und 41:0 Stimmen bei 3 Enthaltungen das neue Hochschulförderungsgesetz;
- mit 141:53 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 44:0 Stimmen das Kinder- und Jugendförderungsgesetz, in dem geregelt wird, wie die ausserschulische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gefördert werden kann;
- mit 192:0 Stimmen und 44:0 Stimmen eine Revision des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung, mit der die Mindestbeitragszeit für 55-Jährige von 24 auf 22 Monate gesenkt wird;
- mit 195:1 Stimmen und 44:0 Stimmen einer Änderung des Strafgesetzbuches, mit der Genitalverstümmelungen ausdrücklich verboten werden;
- mit 141:47 Stimmen bei 8 Enthaltungen und 43:1 Stimmen das Bundesgesetz über die Aufhebung der Heimarbeit-Förderung;
- mit 152:0 Stimmen bei 44 Enthaltungen und 43:0 Stimmen bei 1 Enthaltung den Bundesbeschluss über die Genehmigung des Rechtshilfeabkommens zwischen der Schweiz und Argentinien;
- mit 190:7 Stimmen und 44:0 Stimmen das Bundesgesetz über die Förderung von Innovation, Zusammenarbeit und Wissensaufbau im Tourismus, dank der die Tourismusförderung ausgebaut wird;
- mit 193:2 Stimmen bei 1 Enthaltung und 44:0 Stimmen das Bundesgesetz über die befristete Ergänzung der Versicherungsleistungen der Schweizerischen Exportrisikoversicherung, mit dem die Geltungsdauer des Gesetzes um weitere vier Jahre bis Ende 2015 verlängert wird;
- mit 189:5 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 44:0 Stimmen das Bundesgesetz über die Finanzhilfen an gewerbeorientierte Bürgschaftsorganisationen, in dem der Rahmenkredit geringfügig angepasst wird;
- mit 194:0 Stimmen bei 1 Enthaltung und 44:0 Stimmen die Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesgericht;
Mit Ausnahme der Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesgericht sowie der Abstimmungsempfehlung zur Lotterie-Initiative unterstehen alle anderen Vorlagen dem fakultativen Referendum. Ergriffen wird das Referendum höchstwahrscheinlich bei der Managed-Care-Vorlage. So haben sich in einer Urabstimmung der Ärztevereinigung FMH 66 Prozent der FMH-Ärzte für ein Referendum ausgesprochen.
Offen ist, ob die Lotterie-Initiative vors Volk kommt. Die Initianten, die an der Ausarbeitung des Gegenvorschlags beteiligt waren, stellten in Aussicht, dass sie ihr Begehren nun zurückziehen.
Weiter hat der Nationalrat mit 140:53 Stimmen bei 5 Enthaltungen das Geschäftsreglement des Nationalrats gutgeheissen, in dem präzisiert wird, welche Kommission Immunitätsfragen entscheidet.
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Der Nationalrat hat am Freitag mit den Schlussabstimmungen zu 17 Vorlagen die letzte Session der 48. Legislatur beendet. Nationalratspräsident Jean-René Germanier verabschiedete dabei 38 Nationalrätinnen und Nationalräte, die sich am 23. Oktober bei den Nationalratswahlen nicht der Wiederwahl stellen.
Weiter hat sich der Nationalrat am Freitag mit folgenden Geschäften befasst:
ADOPTIONSRECHT: Gleichgeschlechtliche Paare und homosexuelle Einzelpersonen können theoretisch Kinder adoptieren, nicht aber homosexuelle Paare, die ihre Partnerschaft eintragen liessen. Der Nationalrat lehnte es mit 97 zu 83 Stimmen und 8 Enthaltungen ab, diese absurde Situation zu ändern und einer von rund 20'000 Personen unterzeichneten Petition des Vereins Familienchancen Folge zu geben. Die Gegner führten vor allem das Recht der Kinder auf eine Mutter und einen Vater ins Feld. Sie anerkannten zwar, dass das Kindesrecht hier mit dem Gleichstellungsrecht kollidiert. Trotzdem wollte die Ratsmehrheit der Petition keine Folge geben.
BUNDESHAUS: 70 Millionen Franken für den Umbau des Bundeshauses Ost - das ist dem Nationalrat zu viel. Er stört sich vor allem an Plänen für ein zusätzliches Untergeschoss. Der Nationalrat hat deshalb den 70-Millionen-Kredit für den Umbau des Bundeshauses Ost aus dem Gesamtkredit von 220 Millionen für zivile Bundesbauten gestrichen. Bewilligt hat er vorerst 150 Millionen Franken. Für das Bundeshaus Ost soll der Bundesrat ein neues Projekt vorlegen. Der Entscheid fiel am Freitag mit 100 zu 88 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Die Kritik richtet sich gegen die geplante unterirdische Erweiterung des Gebäudes. Für 24 Millionen soll das Bundeshaus Ost neu unterkellert werden, um Technik und Infrastruktur sowie ein Rechenzentrum unterzubringen.
RATIONIERUNG: Der Bundesrat muss Antworten auf die Frage suchen, wie viel die Allgemeinheit dafür bezahlen soll, dass eine kranke Person ein weiteres Jahr am Leben bleibt. Der Nationalrat hat am Freitag ein Postulat von Ignazio Cassis (FDP/TI) angenommen. Cassis möchte wissen, anhand welcher Kriterien die Grenzen abgesteckt werden könnten. Der Bundesrat soll auch klären, ob ein Spezialfonds errichtet werden könnte für Patientinnen und Patienten, bei denen die Krankenversicherung die Medikamentenkosten nicht vergütet. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Möglichkeit und Zweckmässigkeit eines solchen Fonds zu prüfen. Was die allgemeinen Fragen betrifft, ist er jedoch skeptisch. Allgemeingültige Leitlinien seien kaum zu bestimmen, findet der Bundesrat. Eine Einzelfallbeurteilung sei unumgänglich.
BEHINDERTE: Die Frist zur Anpassung von Bauten und Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs an die Bedürfnisse behinderter Menschen soll nicht verlängert werden. Dies verlangt der Nationalrat. Er hat einer Motion von Margret Kiener Nellen (SP/BE) mit 97 zu 93 Stimmen bei 3 Enthaltungen zugestimmt. Der Bundesrat wollte die Frist aus Spargründen um 15 Jahre bis 2038 verlängern. Diese Sparmassnahme sei unsinnig und kontraproduktiv, stellte die Motionärin fest. Damit würden Integrationsbemühungen zunichte gemacht. Der Nationalrat will nun den Bundesrat beauftragen, den ursprünglich festgelegten Fahrplan einzuhalten. Der Bundesrat zeigte sich bereit, auf die Verlängerung der Frist zu verzichten.
SCHEIDUNGSFOLGEN: Der Nationalrat hat eine Parlamentarische Initiative abgeschrieben, die eine bessere Regelung für verwitwete Geschiedene verlangte. Die derzeitigen Bestimmungen benachteiligten zum Beispiel Frauen, die sich von ihrem bereits pensionierten Ehemann scheiden liessen und nach dessen Tod nur noch eine Minimalrente statt einen Teil des real vorhandenen Rentendeckungskapital erhalten. Eine Kommissionsmehrheit war der Auffassung, dass das Problem in Erfüllung anderer Vorstösse bereits auf dem Weg einer Lösung ist. Eine Minderheit wollte die Behandlungsfrist der Initiative verlängern lassen, zog ihren Antrag aber schliesslich zurück.
PETITIONEN: Der Nationalrat hat beschlossen, sechs Petitionen keine Folge zu geben. In den Petitionen ging es unter anderem um die militärische Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und Israel, die Gleichbereichtigung für Christen in islamischen Ländern sowie die Arbeitsbedingungen von Praktikantinnen und Praktikanten. Eine Petition forderte, dass die Radio- und Fernsehgebühren auf 200 Franken pro Jahr gesenkt werden. Der Nationalrat lehnte es ab, aus einer der Petitionen einen parlamentarischen Vorstoss auszuarbeiten.
Der Donnerstag, 29. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Kantone und Gemeinden sollen zu grosszügig ausgefallene Bauzonen nicht verkleinern müssen. Das beschloss der Nationalrat mit 111 zu 72 Stimmen. Er schwächte damit den indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative weiter ab. Die Initiative verlangt ein Baulandmoratorium für 20 Jahre. Für die Redimensionierung standen die Grünen und die SP ein. Bereits in einer ersten Phase der Debatte vor einer Woche hatte der Nationalrat den Entwurf verwässert, indem er beispielsweise eine Mehrwertabgabe ablehnte. Für die Initianten steht ein Rückzug nicht zur Debatte: Sie halten die jetzige Vorlage für "untauglich".
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- ARMEE: Gemäss den Beschlüssen des Parlaments von dieser Woche darf die Schweizer Armee in Zukunft jährlich 5 Mrd. Fr. kosten. Der neue Ausgabenplafond gilt aber erst ab dem Jahr 2014 und nicht schon ab 2013. Der Nationalrat hat sich am Donnerstag dem Vorschlag des Ständerats angeschlossen und damit die letzte Differenz zwischen den Räten ausgeräumt. Mit den jährlichen Verteidigungsbudgets von 5 Mrd. Fr. - knapp eine Milliarde mehr als heute - muss das VBS eine 100'000 Mann starke Armee sowie die Beschaffung neuer Kampfflugzeuge finanzieren und die fehlende Ausrüstung beschaffen. Einen Volksentscheid zu den beschlossenen Eckwerten haben die eidgenössischen Räte nicht vorgesehen.
- RAUMPLANUNG: "Einmal Wohnraum, immer Wohnraum": Nach diesem Grundsatz will der Nationalrat die Vorschriften für den Umbau von Bauernhäusern ausserhalb der Bauzone lockern, egal, ob die Gebäude früher, vor der Ausscheidung aus der Bauzone, von Landwirten oder Nichtlandwirten bewohnt waren. Mit 128 zu 27 Stimmen bei 12 Enthaltungen hat die grosse Kammer am Donnerstag als Erstrat eine entsprechende Änderung des Raumplanungsgesetzes gutgeheissen. Der von ihrer Raumplanungskommission (UREK) ausgearbeitete Revisionsentwurf setzt eine Initiative des Kantons St. Gallen um.
- ELTERLICHE SORGE: Der Bundesrat soll das elterliche Sorgerecht vor dem Unterhaltsrecht revidieren. Der Nationalrat hat stillschweigend eine entsprechende Motion angenommen. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Auftrag. "Sie rennen damit offene Türen ein", sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga. Sie hatte bereits im Frühjahr angekündigt, sie könne sich ein schrittweises Vorgehen vorstellen. Ursprünglich hatte die Justizministerin in die Reform des Sorgerechts auch unterhaltsrechtliche Fragen einbauen wollen. Dies löste bei Väter- und Männerorganisationen heftigen Protest aus. Sie befürchteten, Sommaruga wolle das gemeinsame elterliche Sorgerecht verzögern, das neu zum Regelfall werden soll.
- FRIEDENSFÖRDERUNG: Der Rahmenkredit für die Friedensförderung in den Jahren 2012-2016 wird gegenüber dem vorherigen Programm um 50 auf 310 Millionen Franken aufgestockt. Die zusätzlichen Gelder werden departementsintern kompensiert; sie sind für ein Spezialprogramm für Nordafrika und den Mittleren Osten bestimmt. Der Nationalrat hat den Rahmenkredit für Massnahmen zur Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit am Donnerstag als Erstrat mit 130 zu 46 Stimmen bei 6 Enthaltungen gebilligt und die Ausgabenbremse gelöst.
- HUMANITÄRE HILFE: Der Nationalrat hat als Erstrat 112 Millionen Franken bewilligt, um die humanitäre Hilfe im Ausland bis Ende 2012 zu verlängern. Damit sollen sechs Monate überbrückt werden, bevor 2013 das System angepasst wird. Der Rahmenkredit für humanitäre Hilfe läuft seit Juni 2007. Für fünf Jahre wurden damals 1,5 Milliarden Franken bewilligt. Die 112 Millionen Franken sollen es ermöglichen, die Arbeit in der Übergangszeit bis zum Systemwechsel im bisherigen Rahmen fortzusetzen. Nach den Plänen des Bundesrates sollen ab 2013 die Rahmenkredite der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit für Entwicklungszusammenarbeit, Osthilfe und humanitäre Hilfe des Bundes erstmals parallel laufen.
- SOLARANLAGEN: Der Nationalrat will die Bewilligungspflicht für Fotovoltaik- und thermische Solaranlagen auf Dächern aufheben. Die grosse Kammer hat die Bewilligungsbefreiung in das Raumplanungsgesetz eingefügt. Der Entscheid fiel mit 109 zu 66 Stimmen bei zwei Enthaltungen vor allem mit der Unterstützung der Ratsrechten. Für Solaranlagen, die nicht mehr als 20 Zentimeter über die Dachhöhe reichen sowie seitlich, unten und oben bündig sind, gälte nach dem Vorschlag lediglich eine Meldepflicht. Die Gegner der kompletten Befreiung befürchten einen Wildwuchs. Auch Bundesrätin Doris Leuthard äusserte sich deswegen skeptisch.
- SANIERUNGSRECHT: Der Nationalrat will Sanierungen von maroden Unternehmen nicht erleichtern. Der Nationalrat trat am Donnerstag nicht auf eine entsprechende Vorlage ein. Die vereinten Polparteien SVP, SP und Grüne stimmten dagegen. Mit der Revision des Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz (SchKG) sollten Betriebe, denen die Insolvenz droht, leichter weitergeführt werden können. Für die SVP gingen die Anpassungen aber zuwenig weit. Die Linke wehrte sich dagegen gegen eine Schwächung der Arbeitnehmerrechte. Die bürgerliche Mitte und Bundesrätin Simonetta Sommaruga versuchten vergeblich, die Vorlage in die Detailberatung zu retten.
- KULTURFÖRDERUNG: Es bleibt dabei: Die Kulturstiftung Pro Helvetia erhält für ihre Tätigkeiten in den Jahren 2012 bis 2015 Mittel in der Höhe von 140,4 Millionen Franken. Das Parlament hat die letzten Differenzen im Kulturförderungsgesetz bereinigt. Ursprünglich wollte der Bundesrat die Kultur in den Jahren 2012 bis 2015 mit insgesamt 637,9 Millionen Franken unterstützen. Die beiden Kammern erhöhten diese Summe nun auf 668,5 Millionen Franken. Es war das erste Mal, dass das Parlament über die Kulturförderung als Ganzes debattierte und nicht nur im Rahmen der jährlichen Budgetdebatte. Der grösste Anteil der Gelder fliesst mit 158,1 Millionen Franken in die Filmförderung. Das sind 10 Mio. mehr, als der Bundesrat und die Kommissionsmehrheit bereitstellen wollten.
- SICHERHEITSFIRMEN: Der Nationalrat will privaten Sicherheitsfirmen straffe Zügel anlegen. Für Privatfirmen, die von der Schweiz aus im Ausland sicherheits- oder militärische Dienstleistungen erbringen, will eine Zulassungspflicht und systematische Kontrollen einführen und damit weiter gehen, als dies der Bundesrat plant. Er unterstützte entsprechende Motionen der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK). Ziel der Vorstösse sei es, Widersprüche zwischen der Neutralität der Schweiz und deren Friedensförderung einerseits und der Tätigkeit von privaten Armeen von der Schweiz aus zu vermeiden, sagte Kommissionssprecher Walter Müller (FDP/SG).
- RECHTSHILFE: Die Schweiz und Argentinien sollen bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität enger zusammenarbeiten. Der Nationalrat hat am Donnerstag als Zweitrat mit 82 zu 45 Stimmen bei 8 Enthaltungen den bilateralen Rechtshilfevertrag in Strafsachen zwischen der Schweiz und Argentinien genehmigt. Die Vorlage kommt damit am Freitag in die Schlussabstimmung. Mit dem Vertrag können die Justizbehörden bei der Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten zusammenarbeiten. Im Vordergrund stehen dabei Wirtschaftsdelikte, Korruption, Drogenhandel, Geldwäscherei und Terrorismus.
- STAATSVERTRÄGE: Der Nationalrat hat wie zuvor der Ständerat vom Bericht des Bundesrates über abgeschlossene internationale Staatsverträge im vergangenen Jahr Kenntnis genommen. Im Bericht sind alle bilateralen oder multilateralen Verträge enthalten, die die Schweiz ohne Ratifikationsvorbehalt unterzeichnet, ratifiziert oder genehmigt hat, denen sie beigetreten ist oder die hauptsächlich im Berichtsjahr anwendbar waren. Abkommen, die vom Parlament genehmigt werden müssen, sind nicht aufgeführt.
- REISECARS: Keine Vorfahrt für Cars am Gotthard: Der Nationalrat möchte nicht, dass Reisebusse bei Staus auf der Autobahn A2 am Gotthard auf die Kantonsstrasse ausweichen und vor den Tunnelportalen in Göschenen UR respektive Airolo TI wieder auf die Autobahn zurückkehren können. Der Rat lehnte eine Motion aus dem Ständerat oppositionslos ab und folgte dabei der Mehrheit seiner Verkehrskommission. Ausweichfahrten von Cars mit ortsunkundigen Chauffeuren über die Kantonsstrassen seien weder wünschenswert noch praktikabel, sagte Gabi Huber (FDP/UR) namens der Mehrheit. Damit ist das Anliegen vom Tisch.
- MANAGED CARE: Stillschweigend haben National- und Ständerat einen Antrag der Redaktionskommission gutgeheissen, in den Übergangsbestimmungen zu präzisieren, dass in Regionen, in denen es keine integrierten medizinischen Versorgungsnetze gibt, die Versicherten nicht mit einem höheren Selbstbehalt bestraft werden. Dies sei während der gesamten Debatte klar gewesen, hiess es. der Passus ging jedoch vergessen, weshalb er nun vor der Schlussabstimmung vom Freitag nachträglich eingeführt wurde.
- GELDSPIELE: Der Nationalrat hat den Gegenvorschlag zur Lotterie-Initiative in der Schlussabstimmung mit 140 zu 3 Stimmen gutgeheissen. Der Ständerat hatte zuvor mit 34 zu 0 Stimmen den gleichen Beschluss gefällt. Damit machen die beiden Räte den Weg frei, dass am Freitag auch die Schlussabstimmung zur Initiative durchgeführt werden kann. Sowohl der Stände- als auch der Nationalrat wollen die Initiative dem Stimmvolk zur Ablehnung empfehlen.
INFRASTRUKTURFONDS: Der Nationalrat will die Regeln für die Verteilung der Gelder aus dem Infrastrukturfonds nicht ändern. Er hat eine Motion aus dem Ständerat abgelehnt. Die kleine Kammer wollte den Bundesrat beauftragen, seine Kriterien für die Agglomerationsprogramme anzupassen. Neu sollten neben Umweltbelangen auch wirtschaftliche und soziale Aspekte berücksichtigt werden. Aus Sicht von Motionär Philipp Stähelin (CVP/TG) erfolgt die Zuteilung der Mittel unausgewogen. Im Nationalrat herrschte die Meinung vor, die Regeln sollten nicht während des Spiels geändert werden. - BANKGEHEIMNIS: Schweizer Banken müssen auch in Zukunft keinen Nachweis von ihren Kunden aus dem Ausland verlangen, dass ihr Vermögen versteuert ist. Der Nationalrat wies eine Parlamentarische Initiative mit 72 zu 45 Stimmen ab. Margret Kiener Nellen (SP/BE) wollte eine "gesetzliche Grundlage für eine Weissgeldstrategie" schaffen, damit der Bund die Strategie durchsetzen könne. Die Schweiz habe bereits zahlreiche Massnahmen ergriffen, um die Weissgeldstrategie durchzusetzen, sagte Laurent Favre (FDP/NE) für die Kommissionsmehrheit.
- KANTONSVERFASSUNGEN: Stillschweigend hat der Nationalrat den Bundesbeschluss gutgeheissen, mit dem die geänderten Verfassungen der Kantone Zürich, Uri, Obwalden, Glarus, Solothurn, Appenzell-Ausserrhoden, Aargau, Neuenburg und Genf gewährleistet werden.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Einen Tag nach dem Ja zum Ausstieg aus der Atomenergie hat der Ständerat ein Zeichen für erneuerbare Energien gesetzt: Er nahm eine Motion zur kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für Strom aus erneuerbaren Energien aus dem Nationalrat an. Die Räte beauftragen den Bundesrat, die finanzielle Obergrenze bei der KEV aufzuheben und durch Jahreskontingente für baureife Projekte zu ersetzen. Ausserdem sollen mehr Mittel für die Ausschreibung von Effizienzmassnahmen zur Verfügung gestellt werden. Der Ständerat sprach sich ferner für den Ausbau der Wasserkraft aus. Nach dem Willen der Räte soll der Bundesrat ein höheres Ziel festlegen und die Bewilligungsverfahren für Wasserkraftwerke vereinfachen.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- BAUSPAR-INITIATIVEN: Die beiden Bauspar-Initiativen kommen definitiv ohne Abstimmungsempfehlung des Parlaments vors Volk. Wie der Nationalrat weigert auch die kleine Kammer, dem Antrag der Einigungskonferenz zu folgen. Diese hatte den Räten vorgeschlagen, die Bauspar-Initiative der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) zur Ablehnung zu empfehlen, die Initiative des Hauseigentümerverbandes dagegen zur Annahme. Nur wenn sich beide Kammer einigen können, ergeht eine Abstimmungsempfehlung. Der Bundesrat, der sich bisher ablehnend zu den Vorlagen geäussert hat, behält sich vor, dennoch eine Empfehlung abzugeben.
- KULTURFÖRDERUNG: Es bleibt dabei: Die Kulturstiftung Pro Helvetia erhält für ihre Tätigkeiten in den Jahren 2012 bis 2015 Mittel in Höhe 140,4 Millionen Franken. Der Ständerat folgte mit 18 zu 17 Stimmen knapp dem Nationalrat, der eine Aufstockung der Gelder um 8,6 Millionen Franken abgelehnt hatte. Bei der Beratung des Kulturförderungsgesetzes schwenkte der Ständerat auch in anderen Punkten auf die Linie des Nationalrats ein - bis auf eine Ausnahme. Die noch verbleibende Differenz betrifft den Heimatschutz und die Denkmalpflege. Hier beharrt die kleine Kammer auf einem Rahmenkredit in Höhe von 105 Mio. Franken. Der Nationalrat hatte sich für 125 Mio. Franken ausgesprochen, der Bundesrat für 85 Mio.
- HOCHSCHULEN: Bund und Kantone können ihre Arbeit im Hochschulwesen auf neuen gesetzlichen Grundlagen untereinander abstimmen. Der Ständerat brachte das neue Hochschulförderungsgesetz unter Dach, das den Bildungsartikel in der Verfassung umsetzt. Er bereinigte oppositionslos die letzten Differenzen. Eine betraf die Zulassung zu Pädagogischen Hochschulen. Eine gymnasiale Maturität ist demnach nicht zwingend Voraussetzung. Für die Vorstufen- und Primarlehrerausbildung sollen sich Studierende auch mit einer Fachmaturität mit pädagogischer Ausrichtung einschreiben können oder - unter gewissen Voraussetzungen - mit einer Berufsmaturität. Bis zuletzt umstritten war auch die Kompetenzregelung zwischen Hochschulrat und Plenarversammlung der Hochschulkonferenz.
- LEISTUNGSFINANZIERUNG: Der Bundesrat soll die Finanzierung der Leistungen gemäss dem Krankenversicherungsgesetz vereinheitlichen. Für den stationären und den ambulanten Bereich sollen die gleichen Grundsätze und der gleiche Verteilschlüssel gelten. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Heute unterscheiden sich die Modalitäten. Dieses System habe unerwünschte Folgen und setze falsche Anreize, befand die Mehrheit der Räte. Gesundheitsminister Didier Burkhalter stellte sich nicht gegen den Auftrag. Die Überlegungen des Bundesrates gingen inzwischen in diese Richtung, erklärte er.
- BILDUNG: Der Ständerat will die Mittel zugunsten der Berufsbildung im nächsten Jahr weiterhin nicht so stark aufstocken wie der Nationalrat. Er sprach sich erneut dafür aus, den Rahmenkredit für Berufsbildung nur um 36 statt um 82 Millionen anzuheben. Er hielt auch daran fest, die Zahlungskredite für die Berufsbildung nur um 13 und nicht um 18 Mio. Fr. aufzustocken. Mit diesen Differenzen geht das Geschäft ein letztes Mal in den Nationalrat zurück.
- KREBSBEKÄMPFUNG: Der Bundesrat soll eine Strategie zur Krebsbekämpfung ausarbeiten. Der Ständerat hat eine Motion mit dieser Forderung stillschweigend gutgeheissen. Bundesrat Didier Burkhalter zeigte sich mit der Forderung einverstanden. Bis nächsten Frühling liege ein Vorentwurf für die gesetzliche Grundlage für das geforderte nationale Krebsregister vor. Und damit der Bund bei Krebs koordinierend eingreifen könne, habe der Bundesrat dem Parlament bereits die dafür nötigen Gesetzesvorschläge unterbreitet.
- MEDIKAMENTE: Der Bundesrat soll keine neuen Regeln erlassen, um bei Medikamenten die Verwechslungsgefahr zu mindern. Der Ständerat lehnte eine Motion mit dieser Forderung ab, obwohl der Bundesrat bereit war, den Vorstoss entgegenzunehmen. Für die Ratsmehrheit werden die Motionsforderungen mit einer Verordnungsänderung bereits umgesetzt. Gleichzeitig warnte die Mehrheit davor, dass wegen Sicherheitsüberlegungen schweizerische Sondervorschriften erlassen würden, die zu einer Abschottung des Schweizer Marktes und damit zu höheren Medikamentenpreisen führen.
- MANAGED CARE: Stillschweigend hiess der Ständerat einen Antrag der Redaktionskommission gut, in den Übergangsbestimmungen zu präzisieren, dass in Regionen, in denen es keine integrierten medizinischen Versorgungsnetze gibt, die Versicherten nicht mit einem höheren Selbstbehalt bestraft werden. Während der gesamten Debatte sei dies klar gewesen, sagte Kommissionssprecher Alex Kuprecht (SVP/SZ). Der Passus ging jedoch vergessen, weshalb er nun vor der Schlussabstimmung vom Freitag noch nachträglich eingeführt wurde.
- GELDSPIELE: Der Ständerat hat in der Schlussabstimmung mit 34 zu 0 Stimmen den Gegenvorschlag zur Lotterie-Initiative gutgeheissen. Damit macht die kleine Kammer den Weg frei, dass sie am Freitag auch die Schlussabstimmung zur Initiative durchführen kann. Diese wollen sowohl der Stände- wie auch der Nationalrat dem Stimmvolk zur Ablehnung empfehlen.
- KRANKENVERSICHERUNG: Private Spitex-Anbieter sollen gegenüber den öffentlichen Anbietern nicht diskriminiert werden. Wie der Nationalrat beauftragte der Ständerat den Bundesrat mit einer Motion, zusammen mit den Kantonen gegen Benachteiligungen vorzugehen. Obwohl die neue Pflegefinanzierung die rechtliche Gleichstellung aller Spitex-Anbieter vorsehe, würden private Spitex-Dienste in einigen Kantonen diskriminierend behandelt, bemängelte das Parlament. Ein Beispiel sei, dass Patienten, die eine öffentliche Spitex-Leistung bezögen, sich nicht an den Kosten beteiligen müssten. Dagegen müssten Patienten, die sich von Privaten betreuen liessen, einen Teil der Rechnung übernehmen.
- DROGENPOLITIK: Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat zur Drogenpolitik abgelehnt. Der Nationalrat wollte den Bundesrat beuaftragen, die Revision des Betäubungsmittelgesetzes zu vollziehen und bei den einzelnen Verordnungen die Zielsetzung der Abstinenz zu berücksichtigen. Motionärin Andrea Geissbühler (SVP/BE) hatte das Bundesamt für Gesundheit bezichtigt, "ideologisch motivierte" Drogenpolitik zu betreiben mit dem Ziel einer Freigabe aller Drogen. Der Bundesrat hielt in seiner Antwort fest, die neuen Verordnungen seien inzwischen erarbeitet worden. Die Illegalität des Drogenkonsums werde nicht in Frage gestellt.
- LEGAL QUOTE: An der Mindestquote in der beruflichen Vorsorge - die Quote regelt den Anteil der Erträge zu Gunsten der Versicherten - soll nichts geändert werden. Der Ständerat versagte am Donnerstag einer parlamentarischen Initiative aus dem Nationalrat die Gefolgschaft und folgte der Mehrheit seiner Sozialkommission (SGK). Es drängten sich keine Änderungen am geltenden Recht auf, befand die Mehrheit. Die Minderheit hätte eine Bereinigung nach jahrelangen Kontroversen um die Legal Quote für nötig befunden.
Der Donnerstag, 29. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
Der Ständerat in Kürze
(sda) Einen Tag nach dem Ja zum Ausstieg aus der Atomenergie hat der Ständerat ein Zeichen für erneuerbare Energien gesetzt: Er nahm eine Motion zur kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) für Strom aus erneuerbaren Energien aus dem Nationalrat an. Die Räte beauftragen den Bundesrat, die finanzielle Obergrenze bei der KEV aufzuheben und durch Jahreskontingente für baureife Projekte zu ersetzen. Ausserdem sollen mehr Mittel für die Ausschreibung von Effizienzmassnahmen zur Verfügung gestellt werden. Der Ständerat sprach sich ferner für den Ausbau der Wasserkraft aus. Nach dem Willen der Räte soll der Bundesrat ein höheres Ziel festlegen und die Bewilligungsverfahren für Wasserkraftwerke vereinfachen.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- BAUSPAR-INITIATIVEN: Die beiden Bauspar-Initiativen kommen definitiv ohne Abstimmungsempfehlung des Parlaments vors Volk. Wie der Nationalrat weigert auch die kleine Kammer, dem Antrag der Einigungskonferenz zu folgen. Diese hatte den Räten vorgeschlagen, die Bauspar-Initiative der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) zur Ablehnung zu empfehlen, die Initiative des Hauseigentümerverbandes dagegen zur Annahme. Nur wenn sich beide Kammer einigen können, ergeht eine Abstimmungsempfehlung. Der Bundesrat, der sich bisher ablehnend zu den Vorlagen geäussert hat, behält sich vor, dennoch eine Empfehlung abzugeben.
- KULTURFÖRDERUNG: Es bleibt dabei: Die Kulturstiftung Pro Helvetia erhält für ihre Tätigkeiten in den Jahren 2012 bis 2015 Mittel in Höhe 140,4 Millionen Franken. Der Ständerat folgte mit 18 zu 17 Stimmen knapp dem Nationalrat, der eine Aufstockung der Gelder um 8,6 Millionen Franken abgelehnt hatte. Bei der Beratung des Kulturförderungsgesetzes schwenkte der Ständerat auch in anderen Punkten auf die Linie des Nationalrats ein - bis auf eine Ausnahme. Die noch verbleibende Differenz betrifft den Heimatschutz und die Denkmalpflege. Hier beharrt die kleine Kammer auf einem Rahmenkredit in Höhe von 105 Mio. Franken. Der Nationalrat hatte sich für 125 Mio. Franken ausgesprochen, der Bundesrat für 85 Mio.
- HOCHSCHULEN: Bund und Kantone können ihre Arbeit im Hochschulwesen auf neuen gesetzlichen Grundlagen untereinander abstimmen. Der Ständerat brachte das neue Hochschulförderungsgesetz unter Dach, das den Bildungsartikel in der Verfassung umsetzt. Er bereinigte oppositionslos die letzten Differenzen. Eine betraf die Zulassung zu Pädagogischen Hochschulen. Eine gymnasiale Maturität ist demnach nicht zwingend Voraussetzung. Für die Vorstufen- und Primarlehrerausbildung sollen sich Studierende auch mit einer Fachmaturität mit pädagogischer Ausrichtung einschreiben können oder - unter gewissen Voraussetzungen - mit einer Berufsmaturität. Bis zuletzt umstritten war auch die Kompetenzregelung zwischen Hochschulrat und Plenarversammlung der Hochschulkonferenz.
- LEISTUNGSFINANZIERUNG: Der Bundesrat soll die Finanzierung der Leistungen gemäss dem Krankenversicherungsgesetz vereinheitlichen. Für den stationären und den ambulanten Bereich sollen die gleichen Grundsätze und der gleiche Verteilschlüssel gelten. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Heute unterscheiden sich die Modalitäten. Dieses System habe unerwünschte Folgen und setze falsche Anreize, befand die Mehrheit der Räte. Gesundheitsminister Didier Burkhalter stellte sich nicht gegen den Auftrag. Die Überlegungen des Bundesrates gingen inzwischen in diese Richtung, erklärte er.
- BILDUNG: Der Ständerat will die Mittel zugunsten der Berufsbildung im nächsten Jahr weiterhin nicht so stark aufstocken wie der Nationalrat. Er sprach sich erneut dafür aus, den Rahmenkredit für Berufsbildung nur um 36 statt um 82 Millionen anzuheben. Er hielt auch daran fest, die Zahlungskredite für die Berufsbildung nur um 13 und nicht um 18 Mio. Fr. aufzustocken. Mit diesen Differenzen geht das Geschäft ein letztes Mal in den Nationalrat zurück.
- KREBSBEKÄMPFUNG: Der Bundesrat soll eine Strategie zur Krebsbekämpfung ausarbeiten. Der Ständerat hat eine Motion mit dieser Forderung stillschweigend gutgeheissen. Bundesrat Didier Burkhalter zeigte sich mit der Forderung einverstanden. Bis nächsten Frühling liege ein Vorentwurf für die gesetzliche Grundlage für das geforderte nationale Krebsregister vor. Und damit der Bund bei Krebs koordinierend eingreifen könne, habe der Bundesrat dem Parlament bereits die dafür nötigen Gesetzesvorschläge unterbreitet.
- MEDIKAMENTE: Der Bundesrat soll keine neuen Regeln erlassen, um bei Medikamenten die Verwechslungsgefahr zu mindern. Der Ständerat lehnte eine Motion mit dieser Forderung ab, obwohl der Bundesrat bereit war, den Vorstoss entgegenzunehmen. Für die Ratsmehrheit werden die Motionsforderungen mit einer Verordnungsänderung bereits umgesetzt. Gleichzeitig warnte die Mehrheit davor, dass wegen Sicherheitsüberlegungen schweizerische Sondervorschriften erlassen würden, die zu einer Abschottung des Schweizer Marktes und damit zu höheren Medikamentenpreisen führen.
- MANAGED CARE: Stillschweigend hiess der Ständerat einen Antrag der Redaktionskommission gut, in den Übergangsbestimmungen zu präzisieren, dass in Regionen, in denen es keine integrierten medizinischen Versorgungsnetze gibt, die Versicherten nicht mit einem höheren Selbstbehalt bestraft werden. Während der gesamten Debatte sei dies klar gewesen, sagte Kommissionssprecher Alex Kuprecht (SVP/SZ). Der Passus ging jedoch vergessen, weshalb er nun vor der Schlussabstimmung vom Freitag noch nachträglich eingeführt wurde.
- GELDSPIELE: Der Ständerat hat in der Schlussabstimmung mit 34 zu 0 Stimmen den Gegenvorschlag zur Lotterie-Initiative gutgeheissen. Damit macht die kleine Kammer den Weg frei, dass sie am Freitag auch die Schlussabstimmung zur Initiative durchführen kann. Diese wollen sowohl der Stände- wie auch der Nationalrat dem Stimmvolk zur Ablehnung empfehlen.
- KRANKENVERSICHERUNG: Private Spitex-Anbieter sollen gegenüber den öffentlichen Anbietern nicht diskriminiert werden. Wie der Nationalrat beauftragte der Ständerat den Bundesrat mit einer Motion, zusammen mit den Kantonen gegen Benachteiligungen vorzugehen. Obwohl die neue Pflegefinanzierung die rechtliche Gleichstellung aller Spitex-Anbieter vorsehe, würden private Spitex-Dienste in einigen Kantonen diskriminierend behandelt, bemängelte das Parlament. Ein Beispiel sei, dass Patienten, die eine öffentliche Spitex-Leistung bezögen, sich nicht an den Kosten beteiligen müssten. Dagegen müssten Patienten, die sich von Privaten betreuen liessen, einen Teil der Rechnung übernehmen.
- DROGENPOLITIK: Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat zur Drogenpolitik abgelehnt. Der Nationalrat wollte den Bundesrat beuaftragen, die Revision des Betäubungsmittelgesetzes zu vollziehen und bei den einzelnen Verordnungen die Zielsetzung der Abstinenz zu berücksichtigen. Motionärin Andrea Geissbühler (SVP/BE) hatte das Bundesamt für Gesundheit bezichtigt, "ideologisch motivierte" Drogenpolitik zu betreiben mit dem Ziel einer Freigabe aller Drogen. Der Bundesrat hielt in seiner Antwort fest, die neuen Verordnungen seien inzwischen erarbeitet worden. Die Illegalität des Drogenkonsums werde nicht in Frage gestellt.
- LEGAL QUOTE: An der Mindestquote in der beruflichen Vorsorge - die Quote regelt den Anteil der Erträge zu Gunsten der Versicherten - soll nichts geändert werden. Der Ständerat versagte am Donnerstag einer parlamentarischen Initiative aus dem Nationalrat die Gefolgschaft und folgte der Mehrheit seiner Sozialkommission (SGK). Es drängten sich keine Änderungen am geltenden Recht auf, befand die Mehrheit. Die Minderheit hätte eine Bereinigung nach jahrelangen Kontroversen um die Legal Quote für nötig befunden.
Der Mittwoch, 28. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) In der Schweiz soll ein neues Namens- und Bürgerrecht eingeführt werden, das dem Gebot der Gleichstellung nachkommt. Der Nationalrat ist am Mittwoch vollumfänglich den Beschlüssen des Ständerats gefolgt. Damit kann die Vorlage in die Schlussabstimmung. Neu gilt der Grundsatz: Von der Wiege bis zur Bahre trägt jeder seinen Namen. Wer jedoch möchte, kann bei Heirat einen Familiennamen wählen. Doppelnamen soll es nicht mehr geben. Allianznamen mit Bindestrich hingegen sind weiterhin zugelassen, da sie schon heute keinen juristischen Wert haben. Verheiratete Eltern mit gemeinsamem Familiennamen übertragen diesen auf die Kinder. Paare ohne gemeinsamen Famliliennamen müssen bei der Heirat entscheiden, welchen Namen die Kinder tragen sollen. Die Revision vereinfacht ferner Namensänderungen nach einer Scheidung oder nach dem Tod des Partners.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- GELDSPIELE: Das Parlament nimmt der Lotterie-Initiative mit einem direkten Gegenvorschlag den Wind aus den Segeln. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat dem vom Bundesrat vorgeschlagenen Gegenentwurf zugestimmt. Dieser sieht vor, dass die Zuständigkeit der Kantone für die Bewilligung und die Beaufsichtigung von Lotterien, Wetten und Geschicklichkeitsspielen in der Verfassung festgeschrieben wird. Für die Gesetzgebung wäre jedoch der Bund zuständig. Um Kompetenzkonflikte zwischen Bund und Kantonen zu vermeiden, würde ein Koordinationsorgan geschaffen. Wie die Initiative schreibt der Gegenvorschlag zudem vor, dass die Erträge aus den Lotterien und Sportwetten für gemeinnützige Zwecke verwendet werden müssten. Damit wurden die Anliegen der Initianten aufgenommen. Der Rückzug ihrer Initiative gilt als wahrscheinlich.
- ZUWANDERUNG: Dreieinhalb Wochen vor den Wahlen haben sich die Nationalräte ein Stelldichein zum emotionalen Thema Zuwanderung gegeben. Der Rat fordert ein Burkaverbot im ÖV und will, dass Einbürgerungswillige ein Bekenntnis zu den Grundwerten der Verfassung abgibt. Ausserdem hiess der Nationalrat weitere Motionen der rechten Ratsmehrheit gut, nach denen die Schweiz Entwicklungshilfe nur noch an jene Länder leisten soll, die in Asylfragen kooperieren. Die befürchteten, aber ausgebliebenen Flüchtlingsströme nach dem "arabischen Frühling" waren zwar Auslöser der ausserordentlichen Session, sie kamen aber nur am Rande zur Sprache.
- BAUSPAR-INITIATIVEN: Die Bauspar-Initiative der Schweizerischen Gesellschaft zur Förderung des Bausparens (SGFB) wird dem Volk definitiv ohne Abstimmungsempfehlung unterbreitet. Die Einigungskonferenz schlug vor, die SGFB-Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Da die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat damit jedoch zum wiederholten Mal nicht einverstanden war, kam es, wie es kommen musste: Die Vorlage geht ohne Empfehlung in die Abstimmung. Noch offen ist, ob die zweite Bauspar-Initiative mit oder ohne Empfehlung vors Volk kommt.
- RÜSTUNGSPROGRAMM: Die Armee darf nächstes Jahr fünf neue Reisecars im Wert von 2,1 Millionen Franken kaufen. Der Nationalrat hat damit im Rüstungsprogramm 2011 die letzte Differenz ausgeräumt. Insgesamt beläuft sich das Programm auf 433 Millionen Franken. Der grösste Ausgabenposten betrifft den Kauf neuer Luft-Luft-Raketen AIM-120c-7 für die F/A-18-Flugzeuge im Wert von 180 Millionen Franken. 173 Millionen Franken gehen an ein neues Brückensystem für die Genietruppen. Für die Erneuerung der Fahrzeugflotte darf das Verteidigungsdepartement (VBS) 55 Millionen Franken ausgeben, darunter die fünf Cars. Weitere 25 Millionen Franken kostet die vollständige Ausrüstung von 12 ABC-Aufklärungsfahrzeugen bis 2017.
- "TOO BIG TO FAIL": Die eidgenössischen Räte können sich bei den letzten Differenzen in der "Too-big-to-fail"-Vorlage nicht einigen. Der Nationalrat hat in der letzten Beratungsrunde zur Revision des Bankengesetzes an zwei Differenzen festgehalten. Bis zuletzt umstritten bleibt, ob das Parlament die Ausführungsverordnung zum revidierten Bankengesetz absegnen soll und wie stark Anleihen steuerlich begünstigt werden sollen. Nun muss die Einigungskonferenz eine Lösung suchen.
- PERSONENFREIZÜGIGKEIT: Der Nationalrat hält bewusst an der Benachteiligung von Schweizern gegenüber EU- und Efta-Bürger beim Familiennachzug fest. Schweizer können heute ausländische Angehörige unter schwereren Bedingungen in die Schweiz holen, als dies für in der Schweiz lebende EU-Bürger möglich ist. Eine Parlamentarische Initiative von Andy Tschümperlin (SP/SZ) wollte diese Inländerdiskriminierung beheben. Der Nationalrat lehnte das Begehren aber mit 52 zu 81 Stimmen ab. Das Bundesgericht forderte das Parlament auf, die Inländerdiskriminierung aufzuheben. Dem will die Mehrheit des Nationalrates nicht folgen und seine Autonomie wahren.
- FRANKENSTÄRKE: Das Massnahmenpaket gegen die negativen Auswirkungen der Frankenstärke im Umfang von 870 Millionen Franken kann schon in diesem Jahr umgesetzt werden. Nachdem die eidgenössischen Räte dem Paket letzte Woche zugestimmt haben, hat der Nationalrat am Mittwoch wie der Ständerat am Tag zuvor dem Paket den Dringlichkeitsstatus eingeräumt. Mit 163 zu 18 Stimmen hiess der Nationalrat die Dringlichkeitsklausel gut. Am meisten Geld - 500 Millionen Franken - stellt das Parlament der Arbeitslosenversicherung zur Verfügung, damit diese den erwarteten Anstieg der Kurzarbeit finanziell bewältigen kann.
- BUNDESANWALT: Michael Lauber heisst der neue Bundesanwalt für die Amtsperiode 2012-2015. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte den Nachfolger von Erwin Beyeler mit 203 von 206 gültigen Stimmen. Die Gerichtskommission hatte den parteilosen Lauber auf einem Einerticket zur Wahl empfohlen. Lauber ist derzeit Aufsichtsratspräsident der Liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht. Dieser Posten bleibt nach Laubers Weggang mit dem früheren Direktor der Schweizerischen Bankiervereinigung, Urs Philipp Roth, in Schweizer Hand. Beyeler, der in der Sommersession nicht wiedergewählt wurde, bleibt bis Ende Jahr Bundesanwalt. Bis er 60 Jahre alt ist, das heisst, bis Ende Februar, verbleibt er in den Diensten der Bundesanwaltschaft. Diese Regelung erlaubt ihm den vorzeitigen Ruhestand.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Ein halbes Jahr nach der Atomkatastrophe in Fukushima sind die Weichen für die Energiewende gestellt: In der Schweiz soll der Bau neuer Atomkraftwerke verboten werden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat dem Ausstieg aus der Atomenergie zugestimmt. Der Entscheid fiel deutlich: Der Rat stimmte den fraglichen Ausstiegsmotionen mit jeweils über 30 Stimmen zu weniger als 10 Stimmen zu. Für den Ausstieg plädierten neben SP und Grünen Vertreter der CVP und BDP, dagegen stemmten sich die SVP und die Mehrheit der FDP. Definitiv ist der Entscheid nicht: Die Räte beauftragen den Bundesrat vorerst nur, im Kernenergiegesetz ein Verbot für den Bau neuer Atomkraftwerke zu verankern. Dazu werden sich die Räte erneut äussern können.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- CO2-Abgabe: Nach dem Entscheid für den Ausstieg aus der Atomenergie hat der Ständerat über parlamentarische Vorstösse zu Energieeffizienz und erneuerbaren Energien beraten. Dabei sprach er sich für eine Umwandlung der CO2-Abgabe aus. Der Ständerat möchte, dass die Einnahmen aus der CO2-Abgabe künftig nicht mehr an die Bevölkerung zurückerstattet werden. Knapp - mit 17 zu 16 Stimmen - hiess er eine Motion von Pankraz Freitag (FDP/GL) gut, die nun an den Nationalrat geht. Nichts wissen will der Ständerat dagegen von einer Abschaffung des Verbandsbeschwerderechts bei Energieprojekten. Auch ein Verbot von Elektroheizungen lehnte er ab.
- ARMEE: Die eidgenössischen Räte haben sich geeinigt: Die Armee darf künftig jährlich 5 Milliarden Franken kosten, fast eine Milliarde mehr als heute. Damit sollen auch neue Kampfflugzeuge finanziert werden. Das Volk soll sich nicht dazu äussern dürfen. Der Ständerat ist stillschweigend seiner Kommission gefolgt und auf die Linie des Nationalrats eingeschwenkt. Bisher hatte die kleine Kammer für die Flugzeuge auf eine Sonderfinanzierung gesetzt, über die das Volk hätte befinden können. Nun zeigte sie sich einverstanden damit, die Kampfflugzeuge über das ordentliche Rüstungsbudget zu kaufen und den Ausgabenplafond auf 5 Milliarden zu erhöhen.
- ARBEITSLOSIGKEIT: Beide Kammern des Parlaments sind oppositionslos einverstanden: Über 55-jährige und invalide Arbeitslose müssen ab Anfang 2012 nur noch 22 statt 24 Monate ununterbrochen Beiträge in die Arbeitslosenversicherung einbezahlt haben, um in den Genuss der Höchstzahl von 520 Taggeldern zu kommen. Dass die Vorlage die Schlussabstimmung überstehen wird, darf angenommen werden. Die Gesetzesänderung geht auf eine Parlamentarische Initiative zurück. Laut Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sind derzeit etwa 370 Menschen betroffen. Die Senkung der Beitragszeit auf 22 Monate wird die Arbeitslosenversicherung mit jährlich 15 Millionen Franken belasten.
- HEIMARBEIT: Die Bundeshilfe für Heimarbeit wird abgeschafft. Darauf haben sich die beiden Kammern des Parlaments geeinigt. Die Vorlage ist bereit für die Schlussabstimmung, nachdem der Ständerat am Mittwoch eine letzte formale Differenz - die Unterstellung unter das fakultative Referendum - bereinigt hat. Seit 1949 hatte der Bund Heimarbeit subsidiär mit jährlich 400'000 Franken unterstützt. Von der Hilfe profitierte neben anderen auch die Schweizerische Zentralstelle für Heimarbeit. Diese soll künftig jedoch nicht leer ausgehen: Über das Arbeitsvermittlungsgesetz wird sie weiterhin 200'000 Franken zur Verfügung haben.
- NACHRICHTENDIENST: Die Frage des Auskunftsrechts von Fichierten oder möglicherweise Fichierten bleibt ein Zankapfel im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS). Der Ständerat hält am Grundsatz des direkten Auskunftsrechts fest. Als Grundlage befürwortet er das Datenschutzgesetz. Der Nationalrat will am bisher geltenden indirekten Auskunfstrecht festhalten, das er mit einer Beschwerdemöglicghkeit ergänzte. Die Vorlage geht wieder in die grosse Kammer.
- NATIONALGESTÜT: Der Ständerat hat eine Motion sowie eine Standesinitiative des Kantons Jura abglehnt, die Massnahmen forderten, um den Betrieb des Nationalgestüts in Avenches dank Bundesbeiträgen langfristig zu sichern. Einerseits sei das Konsolidierungsprogramm, in dem die Streichung der Bundesmittel vorgesehen war, vom Tisch. Andererseits hätten die Räte bereits eine Motion ähnlichen Inhalts an den Bundesrat überwiesen, begründete die Kommission ihre Anträge, denen der Rat stillschweigend zustimmte.
- BUNDESANWALT: Michael Lauber heisst der neue Bundesanwalt für die Amtsperiode 2012-2015. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte den Nachfolger von Erwin Beyeler mit 203 von 206 gültigen Stimmen. Die Gerichtskommission hatte den parteilosen Lauber auf einem Einerticket zur Wahl empfohlen. Lauber ist derzeit Aufsichtsratspräsident der Liechtensteinischen Finanzmarktaufsicht. Beyeler, der in der Sommersession nicht wiedergewählt wurde, bleibt bis Ende Jahr Bundesanwalt. Bis er 60 Jahre alt ist, das heisst, bis Ende Februar, verbleibt er in den Diensten der Bundesanwaltschaft. Diese Regelung erlaubt ihm den vorzeitigen Ruhestand.
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Der Dienstag, 27. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) SCHULDENPRÄVENTION: Die Schuldenfalle Kleinkredit soll entschärft werden. Der Nationalrat befürwortet dazu erstmals auch ein Werbeverbot für Kleinkredite. Das Verbot soll die Prävention der Jugendverschuldung begleiten. Der Nationalrat überwies mit 93 zu 73 Stimmen eine Parlamentarische Initiative von Josiane Aubert (SP/VD). Für die Mehrheit sorgten die Linke, die fast geschlossene CVP sowie einige Parlamentarier der rechten Ratsseite. Es wäre "heuchlerisch", die Prävention zu stärken und gleichzeitig Werbung für Kleinkredite weiter zuzulassen, hielt Aubert fest. Die Gegner befürchten Abgrenzungsprobleme und mangelnde Transparenz am Markt.
- ARMEE: Der Nationalrat bleibt dabei: Er will die Armeeausgaben aufstocken und Kampfflugzeuge über das ordentliche Rüstungsbudget beschaffen. Damit hätte das Volk nicht das letzte Wort. Am Donnerstag wurde im Nationalrat erneut heftig gestritten. Die Linke kritisierte die geplanten Mehrausgaben für die Armee scharf. Sie beantragte nochmals, den Plänen des Bundesrates zu folgen, der die Armeeausgaben auf jährlich 4,4 Milliarden begrenzen und den Flugzeugkauf verschieben wollte. Der Antrag blieb jedoch chancenlos. Nun ist wieder der Ständerat am Zug, der für die Flugzeuge auf eine Sonderfinanzierung setzt. Es zeichnet sich ab, dass er auf das Nationalratsmodell einschwenken könnte.
- NACHRICHTENDIENST: Bei besonderen Ereignissen kann die Schweiz ausländischen Sicherheits- und Polizeibehörden sowie nicht näher definierten "privaten Stellen" Geheimdienstinformationen zeitlich befristet zugänglich machen. Der Nationalrat hat seinen bisherigen Widerstand mit 92 zu 71 Stimmen aufgegeben. Trotzdem gibt es im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) weiterhin Differenzen. Beim Auskunftsrecht für Fichierte hält der Rat zwar wie bisher weitgehend am geltenden Recht fest, das nur ein indirektes Auskunftsrecht vorsieht. Er stimmte jedoch drei gleichlautenden Einzelanträgen zu, welche neu eine Beschwerde ans Bundesgericht zulassen. Die Vorlage geht zurück in den Ständerat.
- JUGENDFÖRDERUNG: Der Nationalrat hat die letzte Differenz im Kinder- und Jugendförderungsgesetz stillschweigend bereinigt. Es ging um Jugendaustauschorganisationen. Hier folgte der Nationalrat nun dem Ständerat. Das heisst, nur jene Austauschorganisationen können auf Bundeshilfe zählen, die jährlich mindestens 50 Jugendlichen individuelle Ausland- oder Sprachaufenthalte ermöglichen. Ursprünglich wollte der Nationalrat keine Mindestzahl festlegen. Damit kann die Vorlage in die Schlussabstimmung.
- STATISTIK: Die Teilnahme an Umfragen des Bundes soll künftig freiwillig sein. Ausgenommen ist die Volkszählung. Der Nationalrat hat einer Gesetzesänderung zugestimmt, die auf einen Vorstoss der SVP-Fraktion zurück geht. Heute ist im Gesetz verankert, dass der Bundesrat Personen bei Erhebungen des Bundes zur Auskunft verpflichten kann. Wer sich weigert, riskiert eine Busse. Dies möchte der Nationalrat ändern. Die Befürworter der Änderung argumentierten mit dem Recht auf Privatsphäre. Die Gegner argumentierten, zuverlässige Statistiken seien für die politische Planung wichtig. Die Vorlage geht an den Ständerat.
- KRANKENVERSICHERUNG: Spitäler und Ärzte sollen den Versicherern bei der Rechnungsstellung die Diagnosen in codierter Form mitteilen. Mit 103 zu 64 Stimmen hat sich der Nationalrat am Dienstag damit einverstanden erklärt, diese Verpflichtung gesetzlich zu verankern. Die präzisen Vorschriften zur Erhebung, Bearbeitung und Weitergabe dieser Daten erlässt der Bundesrat. Die vom Bundesrat angeregte Weitergabe der codierten Diagnosen wurde in Ergänzung einer Revision der Ärztetarife (Tarmed) eingebracht. Da es vorkommen kann, dass sich die Tarifparteien nicht einigen können, soll der Bundesrat gemäss einem gutgeheissenen Vorschlag der nationalrätlichen Gesundheitskommission die Kompetenz erhalten, in solchen Fällen einzuschreiten. Die Vorlage geht in den Ständerat.
- PATIENTENSCHUTZ: Der Bundesrat soll aufzeigen, welche Regeln in der Schweiz für Heilversuche gelten. Innert zwei Jahren soll er dem Parlament Vorschläge für zusätzliche Regeln vorlegen. Der Nationalrat hat eine vom Ständerat leicht abgeänderte Motion überwiesen. Hauptziel der Räte ist es, fragwürdige Heilversuche auszuschliessen. Heilversuche werden mit dem Ziel durchgeführt, den Gesundheitszustand einer Person zu verbessern, wenn keine Standardbehandlung bekannt ist oder eine solche nicht zu den gewünschten Ergebnissen geführt hat.
- PROTONENTHERAPIE: Geht es um die Frage, ob die obligatorische Krankenversicherung bei weiteren Erkrankungen die Protonenstrahlentherapie übernimmt, soll der Bund Mehrkosten und Mehrwert abwägen. Bis die Behandlung für weitere Erkrankungen in den Katalog aufgenommen wird, soll nur die Therapie am Paul-Scherrer-Institut (PSI) kassenpflichtig sein. Der Nationalrat hat am Dienstag mit 105 zu 54 Stimmen bei 5 Enthaltungen eine entsprechende Motion angenommen. Diese geht nun an den Ständerat.
- SANIERUNGSRECHT: Der Nationalrat begann die Eintretensdebatte zur Revision des Sanierungsrechts. Die Revision geht auf den Kollaps der Swissair vor genau zehn Jahren zurück. Mit Elementen aus dem amerikanischen Sanierungsrecht (Chapter 11) sollen Sanierungen erleichtert werden. Aus unterschiedlichen Gründen wollen die SP und die SVP nicht auf das Geschäft eintreten. Die FDP empfiehlt Eintreten. Die Debatte wird am Donnerstagnachmittag weitergeführt.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat hat in der dritten Beratungsrunde zur "Too-big-to-fail"-Vorlage in einem Punkt dem Nationalrat nachgegeben. So soll die Finanzmarktaufsicht (FINMA) die Öffentlichkeit nur in Grundzügen über die Anforderungen informieren müssen, welche sie systemrelevanten Banken auferlegt. Der Ständerat hatte zunächst darauf gepocht, dass die FINMA volle Transparenz darüber schafft, welche Anforderung eine bestimmte Bank erfüllen muss. Der Ständrat schloss sich nun jedoch dem Vorschlag des Nationalrats an, wonach die FINMA nur in Grundzügen informieren muss. An den weiteren Differenzen hielt die kleine Kammer am Dienstag fest. Umstritten bleibt, ob das Parlament die Umsetzungsverordnung zu dieser Revision des Bankengesetzes absegnen soll und wie stark Anleihen steuerlich begünstigt werden sollen.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- ARMEE II: Wegen eines einzigen Postens schickt der Ständerat das Rüstungsprogramm 2011 der Armee zurück in den Nationalrat. Bei einem Gesamtvolumen von 433 Millionen Franken ist zwischen den Räten nur der Kauf von fünf Cars für 2,1 Mio. Fr. umstritten. Die Ständeräte stimmten dem Einkaufszettel der Armee mit 36 zu 0 Stimmen und ohne Diskussion zu. Im Nationalrat hatte die Linke im Juni den Kauf neuer Luft-Luft-Raketen AMRAAM für die FA/18-Flugzeuge für 180 Mio. Fr. bekämpft. Im Ständerat war der grösste Posten im Rüstungsprogramm dagegen unbestritten. 173 Mio. Fr. gehen an ein neues Brückensystem für die Genietruppen.
- ARMEE III: Die Immobilienbotschaft der Armee für 305 Mio. Fr. ist unter Dach. Der Ständerat hat im letzten umstrittenen Punkt stillschweigend nachgegeben. Er wollte dem VBS weniger Flexibilität bei der Verschiebung von Krediten einräumen. Die kleine Kammer verzichtet nun darauf, einen Passus zu streichen, der es dem Verteidigungsdepartement erlaubt, Kredite in beschränktem Umfang zwischen zwei Rubriken im Immobilienbudget zu verschieben.
- ERDBEBEN: Der Bundesrat soll sich für eine obligatorische Erdbebenversicherung einsetzen. Der Ständerat hiess eine entsprechende Motion von Jean-René Fournier (CVP/VS) mit 19 zu 11 Stimmen gut. Schon heute ist es möglich, eine Versicherung gegen Erdbebenschäden abzuschliessen, allerdings bei einer sehr hohen Prämie. Der Bundesrat hält die Umsetzung über die Elementarversicherung nicht für möglich, zeigte sich aber bereit, das Gespräch mit den Beteiligten weiter zu suchen. Verhandlungen zwischen Kantonen, Versicherern und Hauseigentümern liegen derzeit auf Eis. Letztere wollen keine obligatorische Versicherung.
- FRANKENSTÄRKE: Der Ständerat hat dem Nachtragskredit zur Abfederung der Frankenstärke den Dringlichkeitsstatus eingeräumt. Die kleine Kammer stimmte mit 30 zu 2 Stimmen der Dringlichkeitsklausel zu. Das Massnahmenpaket umfasst insgesamt 870 Millionen Franken. Davon gehen als grösster Posten 500 Millionen Franken in den Fonds der Arbeitslosenversicherung, um einen allfälligen Anstieg der Kurzarbeit zu bewältigen. Trotz anfänglichem Widerstand hiessen die Räte das Paket in der vergangenen Woche ohne Änderung zum Bundesrat gut.
- BAUSPAREN: Mit den beiden Bauspar-Initiativen muss sich die Einigungskonferenz befassen: Der Ständerat will sie dem Volk zur Ablehnung empfehlen, der Nationalrat zur Annahme. Mit 24 zu 13 respektive 21 zu 13 Stimmen hielt die kleine Kammer an dieser Differenz fest.
- BERUFLICHE VORSORGE: Der Ständerat hat mit 21 zu 8 Stimmen eine Motion beerdigt, die von in der beruflichen Vorsorge tätigen Lebensversicherern verlangen wollte, Verwaltungsgebühren bei Vertragsabschluss zu definieren sowie Leistungen für Aktionäre, das Kader und den Verwaltungsrat offenzulegen. Müssten diese Versicherer die Verwaltungsgebühren ex ante festlegen, komme dies einer Ungleichbehandlung gegenüber autonomen Vorsorgeeinrichtungen gleich, fand die Mehrheit der kleinen Kammer. Die Offenlegung sei zudem zu kompliziert zu organisieren.
- SBB-PENSIONSKASSE: Der Ständerat will sich in der Frage, ob die Pensionskassen der SBB oder anderer bundeseigener Betriebe und Verwaltungseinheiten in Zukunft in den Genuss von weiteren Finanzspritzen kommen sollen, nicht die Hände binden. Er hat eine Motion des Nationalrats stillschweigend abgelehnt, die den Bundesrat beauftragen wollte, mit Massnahmen dafür zu sorgen, dass diesen Pensionskassen keine Finanzhilfen mehr zuteil werden. Die Motion sei unnötig, da es für Bundeshilfen in jedem Fall eine formell-gesetzliche Grundlage brauche.
- ZOLLABFERTIGUNG: Der Bundesrat soll gewährleisten, dass Unternehmen die Zollabfertigung von Waren über ein interaktives Internetportal vornehmen können, ohne teure Spezialsoftware beschaffen zu müssen. Er soll dabei sicherstellen, dass der Datenaustausch über das Internet erfolgen kann. Der Ständerat beschloss stillschweigend, wie zuvor der Nationalrat in der Frühjahrssession, eine Motion diesen Inhalts an den Bundesrat zu überweisen.
- ENERGIEEFFIZIENZ: Der Bundesrat soll in Zukunft bei allen Um- und Neubauten von Bundesbauten prüfen, ob diese energieeffizient und mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Ist dies möglich, muss er die Möglichkeit prüfen, nach den Prinzipien von Energieplus zu bauen. Bei Bauvorhaben im Umfang von mehr als zehn Millionen Franken muss der Bundesrat den Nachweis erbringen, dies Prüfung vorgenommen zu haben. Dies beschloss der Ständerat im Rahmen einer Debatte über eine Motion aus dem Nationalrat. Der abgeänderte Vorstoss geht zurück in die grosse Kammer.
- AL-KAIDA: Die Terrororganisation Al-Kaida und ihre Ableger sollen in der Schweiz verboten bleiben. Der Ständerat hat als Erstrat einer Verordnung zugestimmt, die als rechtliche Grundlage für eine dreijährige Verlängerung des Verbots dient.
- SPORT: Der Bundesrat soll bis Ende 2012 einen Bericht über Wettkampfmanipulationen und Korruptionsbekämpfung im Sport vorlegen. Der Ständerat hat am Dienstag ein entsprechendes Postulat stillschweigend an den Bundesrat überwiesen. In dem Bericht soll die Regierung auch aufzeigen, ob es weitere Massnahmen braucht, um den Kampf gegen solche Machenschaften zu stärken.
Der Montag, 26. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Der Nationalrat hat am Montagnachmittag das Kulturförderungsgesetz beraten. Insgesamt wollte der Bundesrat die Kultur in den Jahren 2012 bis 2015 mit 637,9 Millionen Franken unterstützen. Nach den ersten Entscheiden des Ständerats und des Nationalrats hat sich die Gesamtsumme mittlerweile auf 689,5 Millionen Franken erhöht: Der Ständerat hatte sich im Juni für zusätzliche Gelder in Höhe von 30 Millionen ausgesprochen. Am Montag setzte der Nationalrat noch 21,6 Millionen drauf. Die grössten Kuchenstücke sind die Filmförderung und der Beitrag an Pro Helvetia. Für Filmförderung will der Nationalrat 158,1 Millionen Franken ausgeben. Das sind 10 Mio. mehr, als der Bundesrat bereitstellen wollte. Bei der Stiftung Pro Helvetia zeigte sich der Rat weniger grosszügig. Er lehnte es ab, die Gelder um 8,6 Mio. auf 149 Millionen Franken aufzustocken. Es bleibt somit beim Vorschlag des Bundesrats, der pro Helvetia mit 140,4 Mio. Franken unterstützen will.
Der Ständerat in Kürze
(sda) KLEINE PARLAMENTSREFORM: Der Ständerat will mit höheren Anforderungen für ausserordentliche Sessionen, Parlamentarische Initiativen und Standesinitiativen den Hang des Nationalrats und der Kantone zu diesen Instrumenten eindämmen. Ausserordentliche Sessionen sollen nur noch möglich sein, wenn in beiden Räten Geschäfte zum jeweiligen Thema hängig sind, wie der Ständerat ohne Gegenstimme beschloss. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. Parlamentarische Initiativen sollen künftig als ausgearbeitete Vorentwürfe und nicht als Anregungen eingereicht werden. Das gleiche gilt für Standesinitiativen.
- ABSTIMMUNGSKAMPAGNEN: Künftig soll ersichtlich sein, woher bei Abstimmungskampagnen das Geld kommt. Der Ständerat unterstützte mit 22 zu 18 Stimmen und gegen den Willen des Bundesrates eine entsprechende Motion seiner Staatspolitischen Kommission (SPK). Der Vorstoss verlangt, dass die Offenlegungspflicht gesetzlich verankert wird. Komitees und Organisationen, die sich mit hohen Beiträgen für oder gegen Vorlagen engagieren, müssen gegenüber der Bundeskanzlei deklarieren, woher sie die Mittel für ihre Kampagne haben. Diese muss die Angaben vor der Abstimmung veröffentlichen. Die ablehnende Minderheit hatte argumentiert, dass der Vorschlag für die Praxis nichts tauge, unter anderem weil viele, die Beiträge an Kampagnen leisteten, wegen der Nennung auf Spenden verzichteten oder Wege suchten, um eine Veröffentlichung zu umgehen.
- ALT-BUNDESRÄTE: Bundesratsmitglieder sollen in Zukunft nicht mehr unmittelbar nach ihrer Amtszeit ein bezahltes Mandat annehmen dürfen. Der Ständerat teilt diese Meinung von This Jenny (SVP/GL). Dennoch empfahl die Staatspolitische Kommission (SPK) der kleinen Kammer Jennys Motion mit dieser Forderung zur Ablehnung. Denn in der Zwischenzeit hatten die SPK beider Räte zwei parlamentarischen Initiativen zugestimmt, die dasselbe verlangen. Da die SPK des Nationalrats nun bereits daran ist, entsprechende Regeln auszuarbeiten, zog Jenny seine Motion zurück.
- INTEGRATION: Der Bundesrat soll in Zusammenarbeit mit den Kantonen einen Aktionsplan Integration erarbeiten. Auf diesem Auftrag beharrt das Parlament: Nach dem Nationalrat hat es auch der Ständerat abgelehnt, eine von beiden Räten angenommene Motion der SP abzuschreiben. Die Räte wollen die Motion erst abschreiben, wenn die Integrationsmassnahmen, welche der Bundesrat in Aussicht gestellt hat, umgesetzt sind. Der Ständerat folgte am Montag der Argumentation des Nationalrates und beschloss, am Auftrag festzuhalten. Der Bundesrat hatte dem Parlament beantragt, die Motion als erfüllt abzuschreiben.
- BERICHTE: Der Ständerat hat am Montag die Tätigkeitsberichte der Schweizer Delegationen bei der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, der Interparlamentarischen Union (IPU) sowie der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie zur Kenntnis genommen.
Der Donnerstag, 22. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Wer auch in Zukunft seinen Arzt frei wählen will, soll dafür einen höheren Selbstbehalt hinnehmen müssen als heute. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat eingewilligt, den Selbstbehalt für jene Versicherten von 10 auf 15 Prozent anzuheben, die sich nicht bei einem Managed-Care-Modell versichern lassen. Damit ist die Vorlage, gegen die wahrscheinlich Ärztekreise das Referendum ergreifen, unter Dach und bereit für die Schlussabstimmung.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- "TOO BIG TO FAIL": Die Eigenmittelanforderungen für systemrelevante Grossbanken werden vom Parlament definitiv verschärft. Der Nationalrat hat das Ansinnen aufgegeben, die Vorschläge des Bundesrats aufzuweichen. So sollen die Behörden den Grossbanken, welche die organisatorischen Vorgaben für den Insolvenzfall erfüllen, dafür nicht den vollen Rabatt auf den Eigenmitteln gewähren müssen. Zur Bereinigung von weiteren Differenzen muss die Vorlage noch einmal zurück in den Ständerat.
- BILDUNG: Der Nationalrat will die Mittel zugunsten der Berufsbildung im nächsten Jahr stärker aufstocken als der Ständerat. Er hielt in der zweiten Beratungsrunde stillschweigend an diesen Differenzen zur kleinen Kammer fest. So soll der Rahmenkredit 2012 für die Berufsbildung gegenüber den Anträgen des Bundesrats um 82 Mio. Fr. auf 757,6 Mio. Fr. aufgestockt werden und nicht nur um 36 Millionen, wie der Ständerat vorgeschlagen hatte. Die Zahlungskredite für Berufsbildung will der Nationalrat um 18 Mio. Fr. auf 88 Mio. Fr. erhöhen und nicht nur um die vom Ständerat vorgeschlagenen 13 Millionen.
- STANDORTFÖRDERUNG: Wegen des starken Frankens will der Bund tiefer in die Tasche greifen, um den Tourismus in der Schweiz und den Export zu fördern. Der Nationalrat hat dem Ständerat zugestimmt und die Mittel für Programme zur Standortförderung weiter erhöht. Die Vorlage ist dmit unter Dach. Für die Förderung des Standorts Schweiz wird der Bund in den Jahren 2012 bis 2015 insgesamt 360 Mio. Fr. ausgeben. Allein 222 Millionen erhält Schweiz Tourismus.
- HOCHSCHULFÖRDERUNG: Der Nationalrat ist dem Ständerat in der Differenzbereinigung zum neuen Hochschulförderungesetz in einigen Punkten entgegen gekommen. Trotzdem bleiben noch Differenzen; das Geschäft geht zurück in den Ständerat. So besteht der Nationalrat weiterhin darauf, die Gestaltung der Hochschullandschaft dem Hochschulrat und nicht der Plenarversammlung der Schweizerischen Hochschulkonferenz zu überlassen. Im Hochschulrat sind nur die Universitäts- und Hochschulkantone vertreten, während die Plenarversammlung alle Kantone einbindet.
- ARBEITSLOSIGKEIT: Um älteren und invaliden Arbeitslosen den Bezug der Höchstzahl von 520 Taggeldern zu erleichtern, befürwortet der Nationalrat eine Senkung der Mindestbeitragszeit von 24 auf 22 Monate. Am Donnerstag hiess er eine Parlamentarische Initiative ohne Gegenstimme gut. Er folgte damit seiner Wirtschaftskommission, die diese Änderung einstimmig befürwortet. Auch der Bundesrat ist dafür. Es gehe um Härtefälle, die es zu vermeiden gelte, sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats unterstützt das Anliegen ebenfalls. Die Vorlage geht nun in die kleine Kammer.
- BAUSPAREN: Das Hin und Her zwischen den beiden Parlamentskammern bei den Bauspar-Initiativen geht weiter. Im Gegensatz zu Bundesrat sowie Ständerat und gegen den Willen einer links-grünen Minderheit besteht der Nationalrat darauf, die beiden Vorlagen dem Volk zur Annahme zu empfehlen. Damit kommen die Vorlagen zum dritten und letzten Mal wieder in den Ständerat. Schwenkt die kleine Kammer nicht auf die Linie des Nationalrats ein, kommt die Einigungskonferenz zum Zug. Bleiben die Gegensätze bestehen, werden die beiden Initiativen dem Volk ohne Abstimmungsempfehlung vorgelegt. Denn der Bundesrat darf ebenfalls keine Empfehlung abgeben, falls sich das Parlament nicht einigen kann.
- VIEHEXPORTE: Der Nationalrat will die Viehexporte wieder subventionieren. Mit 88 zu 72 Stimmen erteilte der Kommissionsmehrheit eine Absage, welche für Nichteintreten plädiert hatte. Damit geht die Vorlage zur Bereinigung der einzelnen Artikel wieder an die Wirtschaftskommission zurück. Sowohl der Bundesrat als auch die Kommissionsmehrheit vertreten den Standpunkt, dass die per Anfang 2010 aufgehobenen Subventionen für Viehexporte nicht wieder eingeführt werden sollten. Solche Beihilfen seien international umstritten und marktverzerrend. Die Befürworter der Exportbeihilfen führten den Einbruch beim Viehexport ins Feld, der seit der Abschaffung der Subventionen stattgefunden habe.
- HEIMARBEIT: Seit 1949 hat der Bund Heimarbeit subsidiär mit jährlich 400'000 Franken unterstützt. Damit soll ab nächstem Jahr Schluss sein. Nach dem Ständerat und im Sinne des Bundesrats hat sich auch der Nationalrat, mit 115 zu 48 Stimmen, für die Streichung der Hilfe ausgesprochen. Laut Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann sind heute etwa 50'000 Menschen in Heimarbeit tätig, vor allem in Berggebieten. Die jährliche Bundeshilfe belief sich auf 400'000 Franken. Von der Hilfe profitierte neben anderen auch die schweizerische Zentralstelle für Heimarbeit. Diese soll künftig jedoch nicht leer ausgehen: Über das Arbeitsvermittlungsgesetz wird sie weiterhin 200'000 Franken zur Verfügung haben.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat lässt sich nicht auf den Plan des Nationalrates ein, Kampfflugzeuge über das ordentliche Rüstungsbudget zu beschaffen. Er hält vorerst an einer Sonderfinanzierung fest. Dies beschloss er am Donnerstag mit 19 zu 6 Stimmen. Er folgte damit der Empfehlung der Sicherheitspolitischen Kommission (SIK). Deren Präsident Bruno Frick (CVP/SZ) stellte allerdings in Aussicht, dass sich die Haltung der Kommission ändern könnte. Für nächste Woche würden zum Nationalratsmodell Zahlen aus dem Verteidigungsdepartement erwartet. Andere Ständeräte zweifelten an der Seriosität des Nationalratsmodells. Bei der Sonderfinanzierung hätte das Volk das letzte Wort, beim Modell des Nationalrats nicht.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- ELEFANTENRENNEN: Der Ständerat will den Bund beauftragen, auf Autobahnen Überholverbote für Lastwagen einzuführen. Er hat stillschweigend eine Motion von This Jenny (SVP/GL) angenommen. Jennys Vorstoss, der nun an den Nationalrat geht, lässt dem Bund Spielraum: Der Bund könnte die Überholmanöver nur während der Stosszeiten oder auf bestimmten Strecken verbieten. Der Bundesrat hielt dazu fest, Lastwagenüberholverbote auf bestimmten Strassenabschnitten und zu bestimmten Tageszeiten könnten bereits auf Basis der heutigen Gesetze erlassen werden. Das Verkehrsdepartement habe den Handlungsbedarf erkannt und eine Analyse in Auftrag gegeben. Ein flächendeckendes Überholverbot kommt für den Bundesrat nicht in Frage.
- KINDERSITZE: Für Taxis gibt es keine Ausnahmen bei der Kindersitzpflicht. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 19 zu 9 Stimmen abgelehnt. Damit ist eine Ausnahmeklausel vorerst vom Tisch. Im Ständerat war die Mehrheit der Auffassung, die Sicherheit der Kinder sei höher zu werten als der Aufwand für Taxifahrer. Das Mitführen von Kindersitzen sei zumutbar, zumal zuammenfaltbare und platzsparende Sitze angeboten würden, argumentierten die Gegner von Ausnahmen. Der Nationalrat hatte sich deutlich dafür ausgesprochen, die Regeln zu lockern. Nach seinem Willen sollte es Taxifahrern vorab in Stadtgebieten erlaubt sein, Kinder ohne Kindersitz zu transportieren.
- GÜTERVERKEHR: Der Schienen-Güterverkehrskorridor von Basel über den Gotthard nach Chiasso soll durchgehend für Lastwagen mit 4 Metern Eckhöhe ausgebaut werden. Das verlangt das Parlament - der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Zusätzlich verlangt der Ständerat einen Bericht über Verbesserungsmöglichkeiten bei der "Rollenden Landstrasse", auch dies mit Blick auf den fehlenden 4-Meter-Korridor. Postulantin Géraldine Savary (SP/VD) stellte das "Modalohr"-Konzept zur Diskussion, bei dem seitlich beladbare Niederflur-Waggons eingesetzt werden. Dieses könnte den teuren Umbau von zu engen Tunnels verhindern.
- AGGLOMERATIONEN: Der Ständerat will den Infrastrukturfonds nicht zu Gunsten des Agglomerationsverkehrs aufstocken. Er lehnte eine entsprechende Motion ab und folgte dabei dem Antrag des Bundesrates. Motionär Werner Luginbühl (BDP/BE) argumentierte, dass ohne zusätzliches Geld des Bundes derzeit nicht finanzierte, aber wirksame Projekte nicht realisiert werden könnten. Es sei wichtig, dass diese Arbeiten zu Gunsten der Agglomerationen vorangetrieben werden könnten. Seine Motion entspreche einem Anliegen des Städteverbandes. Verkehrsministerin Doris Leuthard hielt dagegen, dass der Bund sich beim Infrastrukturfonds nicht voreilig zusätzlich engagieren sollte. Sie erinnerte dabei an den geplanten Ausbau der Bahninfrastruktur und die vorgesehene Übernahme von 400 Kilometern Kantonsstrasse ins Nationalstrassennetz.
- GUBRISTTUNNEL: Der Bundesrat muss wegen einer Autobahnüberdeckung am Westportal des Gubristtunnels der Zürcher Nordumfahrung über die Bücher gehen. Der Ständerat überwies eine Motion aus dem Nationalrat, gegen den Willen des Bundesrates. Der Vorstoss verlangt Gespräche des Bundesrates mit der betroffenen Gemeinde Weiningen und mit dem Kanton Zürich. Dabei muss eine Lösung gesucht werden, die dem Bedürfnis der Gemeinde nach besserem Lärmschutz Rechnung tragen und die den Anforderungen an die Sicherheit auf Autobahnen entspricht. Die Verkehrskommission wollte die Motion als Aufruf an die Beteiligten verstanden wissen, einen tragfähigen tragfähigen Kompromiss zu suchen.
- LSVA: Lastwagen bleiben künftig mindestens sieben Jahre in der billigsten LSVA-Kategorie. Der Ständerat hat einer Motion aus dem Nationalrat in abgeänderter Form zugestimmt. Das Anliegen geht auf einen Vorstoss von Adrian Amstutz (SVP/BE) zurück. Der Präsident des Nutzfahrzeugverbandes ASTAG forderte, dass Fahrzeuge für mindestens zehn Jahre in der billigsten Abgabekategorie eingeteilt bleiben. Dies lehnte der Nationalrat ab. Jean-René Germanier (FDP/VS) forderte in der Folge eine Frist von sieben Jahren ohne nähere Angaben zu den Kategorien. Der Ständerat ist einverstanden, möchte aber präzisieren, dass die Frist nur für die günstigste Kategorie gilt.
- FORMEL 1: Rundstreckenrennen bleiben in der Schweiz verboten. Der Ständerat hat drei parlamentarische Initiativen für eine Aufhebung des Verbots abgelehnt. Damit sind - zumindest vorläufig - keine Formel-1-Rennen in Sicht. Im Nationalrat hatte sich wiederholt eine Mehrheit dafür ausgesprochen, in der Schweiz wieder Rundstreckenrennen zuzulassen. Das Verbot sei nicht mehr zeitgemäss, lautete der Tenor. Im Ständerat hält sich die Motorsportbegeisterung dagegen in Grenzen. Schon als die kleine Kammer im Frühjahr über das Thema diskutierte, wurden die Motorsportfans im Nationalrat der "notorischen Zwängerei" bezichtigt. Das Thema gelange immer wieder in die Räte, geändert werde jeweils nur der Titel der Vorstösse.
- PARTIKELFILTER: Die Schweiz soll in Sachen Partikelfilter für land- und forstwirtschaftliche Maschinen keine strengeren Regeln erlassen als die EU. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Er folgte der Minderheit der Kommission und dem Bundesrat. Die Kommissionsminderheit begründete ihren Antrag damit, dass strengere Vorschriften in der Schweiz problematisch seien. Der Bundesrat erklärte sich mit Rücksicht auf die angespannte wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft bereit, vorläufig keine schärferen Regelungen zu erlassen als die EU.
- BEHINDERTE: Der Ständerat will, dass Gehbehinderte ihre Autos im Parkverbot bis zu drei Stunden lang abstellen und ihr Fahrzeug auf Parkplätzen mit zeitlicher Begrenzung so lange stehen lassen können, wie sie wollen. Er unterstützte am Donnerstag eine entsprechende Motion. Gemäss dem Vorstoss der ständerätlichen Verkehrskommission müsste die Verkehrsregelnverordnung in den beiden Punkten angepasst werden. Der Bundesrat war mit den Forderungen einverstanden.
- INTERNET: Der Ständerat will, dass Internetdienstleister sich für die Bekämpfung gegen Pornografie im Internet und den Schutz von Kindern und Jugendlichen gegen Internetpornografie engagieren. Dabei sollen sie systematisch die neusten Technologien anwenden müssen, um pornografische Abbildungen herauszufiltern. Familien könnten entsprechend über ein für sie bestimmtes spezielles Abonnement verfügen. Die kleine Kammer unterstützte eine entsprechende Motion von Géraldine Savary (SP/VD). Nun entscheidet der Nationalrat darüber.
- ROAMING: Bundesrätin Doris Leuthard zeigt sich skeptisch bezüglich einer Regulierung der Roaming-Gebühren. Die Schweiz könne das Problem nur mit einem bilateralen Abkommen mit der EU lösen, sagte sie zu einer Interpellation im Ständerat. Gegenüber der EU erneut eine Bittsteller-Position einzunehmen, sei europapolitisch "nicht unbedingt geschickt", gab Leuthard zu bedenken. Ausserdem sei eine Regulierung der Roaming-Gebühren gefährlich. "Wir haben Wettbewerb", stellte Leuthard fest. Der Nationalrat hatte sich am Dienstag deutlich für tiefere Roaming-Gebühren ausgesprochen.
- TELEKOM: Der Bundesrat muss dafür sorgen, dass abgelegene Gebiete genügend mit Breitband-Kommunikationsnetzen erschlossen sind. Der Ständerat überwies eine Motion des Bündner Nationalrats Sep Cathomas (CVP). Er ging mit seiner Fernmeldekommission einig, dass die ausreichend schnelle Datenübertragung für die Standortattraktivität dieser Regionen wichtig sei. Die in der Verordnung über Fernmeldedienste (FDV) garantierte Mindest-Übertragungsrate genüge nicht. Der Bundesrat erklärte sich bereit, rechtzeitig die Weichen für eine Erhöhung der Mindestrate zu stellen. Die Breitband-Versorgung ist seit Anfang 2008 im Grundversorgungskatalog aufgeführt.
- SIMPLON: Der Bundesrat muss im Hinblick auf die Sanierung und allfällige vorübergehende Schliessung des Gotthard-Strassentunnels die Verladekapazitäten für Lastwagen am Simplon unter die Lupe nehmen. Das verlangt der Ständerat mit einem Postulat. Verfasser René Imoberdorf (CSPO/VS) hatte argumentiert, dass der Simplonpass für Lastwagen zunehmend attraktiver werde. Sollte die Verbindung über den Gotthard gesperrt sein, werde der Verkehr noch zusätzlich zunehmen. Die kleine Kammer nahm den Vorstoss am Donnerstag mit 17 gegen 11 Stimmen an, gegen den Willen der Landesregierung. Diese hatte sich dafür ausgesprochen, die Frage wenn nötig nach dem Entscheid für eine Variante der Tunnelsanierung zu vertiefen.
Der Mittwoch, 21. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) ZERSIEDELUNG: Der Nationalrat hat am Mittwoch einen wichtigen Teil aus dem indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative gestrichen. Wenn Land einer Bauzone zugewiesen wird, sollen die Kantone nicht zwingend eine Abgabe auf dem Wertzuwachs des Grundstückes einführen müssen. Der Entscheid gegen eine sogenannte Mehrwertabgabe, welche die Kantone im Gegensatz zu heute verbindlich einführen müssten, fiel mit 89 zu 72 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Vorgeschlagen hatte den Zwang zur Abgabe der Ständerat, der damit die Initianten der Landschaftsinitiative zum Rückzug ihres Begehrens bewegen wollte. Das bürgerliche Lager lehnte es aber ab, die Zwangsbestimmung ins Raumplanungsgesetz aufzunehmen. Ebenfalls keine Chance hatte ein Wahlmodell, das den Kantonen offen lassen wollte, ob sie sie eine Abgabe erheben oder einen Flächenausgleich einführen.
- FRANKENSTÄRKE: Die Wirtschaft erhält Hilfe im Kampf gegen den starken Franken. Das anfänglich stark kritisierte Massnahmenpaket, mit dem der Bundesrat Auswirkungen der Frankenstärke auf die Wirtschaft dämpfen will, hat die Debatten im Parlament unbeschadet überstanden. Nach dem Ständerat stimmte auch der Nationalrat zu und bewilligte die Massnahmen im Umfang von 870 Millionen Franken. Die dringlichen Gesetzesänderungen hiess er mit 102 gegen 48 Stimmen gut. Das Hilfspaket ist nun bereit für die Schlussabstimmung. Die wesentlichen Teile des Pakets sind 500 Millionen Franken für die Arbeitslosenversicherung für Kurzarbeitsentschädigungen, 212,5 Millionen zugunsten von Forschung und Innovation sowie 100 Millionen für Kredite an Hotels. Gescheitert ist der Antrag der SVP, den Mehrwertsteuersatz für das Hotel- und Gastgewerbe auf 2,5 und den Normalsatz für die Mehrwertsteuer von 8,0 auf 7,5 Prozent zu senken.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat hat den Entscheid über eine Ergänzung des Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA verschoben. Er will erst darüber sprechen, wenn mehr Informationen vorliegen. Mit 29 zu 7 Stimmen nahm der Rat den Antrag seiner Aussenpolitischen Kommission (APK) an, das Geschäft zu verschieben. Die Kommission hielt fest, sie begrüsse die vom Bundesrat gewählte Verhandlungsstrategie, mit den USA auf Basis des bestehenden Rechts eine Lösung im Steuerstreit zu finden. Sie ermuntere den Bundesrat, die anvisierte Gesamtlösung mit den USA weiterzuverfolgen. Das Geschäft sollte jedoch erst im Parlament traktandiert werden, wenn in den Verhandlungen mit den USA "substanzielle Ergebnisse" vorlägen. Der Entscheid könnte eine Globallösung für Vergehen von Schweizer Banken in den USA gefährden: Die USA fordern eine Lösung bis im November, das Parlament tagt erst im Dezember wieder.
- "TOO BIG TO FAIL": Der Ständerat hat am Mittwoch in der zweiten Beratungsrunde über die Vorlage zur Eindämmung der Grossbankenrisiken an den meisten Differenzen zum Nationalrat festgehalten. Insbesondere lehnte er es ab, die Eigenmittelanforderungen für systemrelevante Grossbanken aufzuweichen. Ausserdem sprach er sich gegen weitere steuerliche Erleichterungen für Pflichtwandelanleihen aus. Die Vorlage muss nun ein zweites Mal vom Nationalrat behandelt werden.
- BAUSPAREN: Der Ständerat empfiehlt dem Stimmvolk, die beiden Bauspar-Initiativen abzulehnen. Er folgte mit diesem Entscheid seiner Kommissionsminderheit und dem Bundesrat. Die Vorlagen gehen nun wieder in den Nationalrat, der sich für die Annahme der beiden Initiativen ausgesprochen hatte. Das Hauptproblem der beiden Initiativen sei, dass sie in Bezug auf die Rechtsgleichheit höchst fragwürdig seien, argumentierten sowohl Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf als auch Ständerat Dick Marty (FDP/TI) namens der Kommissionsminderheit.
- SCHWEIZ-ITALIEN: Der Ständerat erhöht den Druck auf den Bundesrat, den Steuerstreit mit Italien zu lösen. Er hat am Mittwoch einer Motion zugestimmt, die gleich lange Spiesse bei der Grenzgängerbesteuerung fordert. Der Bundesrat soll mit Italien aushandeln, dass künftig auch Italien solche Quellensteuererträge an die Schweiz auszahlt. Eine Tessiner Standesinitiative, die ebenfalls solche Verhandlungen verlangt, lehnte der Ständerat jedoch ab, unter anderem weil sie dem Bundesrat ein zu enges Verhandlungsmandat setzt.
- GLÜCKSSPIELE: Lotteriegewinne sollen künftig ab 1000 Franken besteuert werden, statt wie heute ab 50. Maximal sollen 5000 Franken Einsatz von den Gewinnen abgezogen werden dürfen, als sogenannte Gewinnungskosten. Der Ständerat beschloss mit 28 zu 0 Stimmen diese ursprünglich von Ständerat Paul Niederberger (CVP/NW) angeregte Gesetzesänderung gutzuheissen. Noch ausstehend ist die Zustimmung des Zweitrats.
- STEUERPARADIESE: National- und Ständerat verlangen, dass die Schweiz beim Schutz der Privatsphäre von Bankkunden gleich lange Spiesse erhält wie Staaten mit Steuerparadiesen. Der Ständerat hat mit 21 zu 12 Stimmen eine Motion aus dem Nationalrat überwiesen. Der Bundesrat wird damit beauftragt, eine Gesetzesrevision auszuarbeiten, welche die "Lücken und Nachteile" des schweizerischen Rechts gegenüber anderen Staaten schliesst, namentlich den USA. Motionär Pirmin Bischof (CVP/SO) begründete sein Anliegen mit den Gesetzen in US-Bundesstaaten wie Delaware, Nevada und Montana. Dort sei es legal möglich, zu verheimlichen, wer der wirtschaftliche Berechtigte eines Vermögenswertes sei.
- ZUSATZVERSICHERUNGEN: Es obliegt der Finanzmarktaufsicht (FINMA) sicherzustellen, dass es im Zuge der neuen Spitalfinanzierung bei den Zusatzversicherungen zu keinen Missbräuchen durch die Versicherer kommt. Der Bundesrat habe keine Interventionsmöglichkeit, sagte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf am Mittwoch vor dem Ständerat zu einer Interpellation von Anita Fetz (SP/BS). Mit der neuen Spitalfinanzierung werden die Zusatzversicherungen entlastet. Dabei sind mehrere hundert Millionen von Franken im Spiel.
- STEUERGESCHENKE: Keine Steuergeschenke für Unternehmen, die in der Schweiz Geld für Forschung und Entwicklung ausgeben: Mit 20 zu 9 Stimmen hat der Ständerat eine Motion des Nationalrat definitiv beerdigt. Die kleine Kammer lehnte es ab, solche Steuerbegünstigungen in die nächste Unternehmenssteuerreform einfliessen zu lassen. Auch der Bundesrat war dagegen. Motionär Thomas Hurter (SVP/SH) hatte einen Steuerabzug von 30 bis 40 Prozent der Gesamtausgaben für Forschung und Entwicklung angeregt. Werner Luginbühl (BDP/BE) wies namens der Kommissionsmehrheit daraufhin, dass Unternehmen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung bereits heute vollständig als Aufwand abbuchen könnten.
Der Dienstag, 20. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Der Nationalrat hat am Dienstag die Debatte über die Massnahmen in Angriff genommen, mit denen der Bundesrat die Auswirkungen des starken Franken auf die Wirtschaft mildern will. Bisher folgte er dabei dem Kurs des Ständerates und auch des Bundesrates. Gegen den Willen einer bürgerlichen Minderheit beschloss die grosse Kammer, auf das Paket einzutreten. Die Politik müsse die von der Nationalbank beschlossenen Interventionen gegen den starken Franken mit flankierenden Massnahmen unterstützen, fand die Mehrheit. Auch den Rückweisungsantrag, mit dem die SVP-Fraktion den Bundesrat beauftragen wollte, rasch eine Vorlage für befristete Senkungen von Mehrwertsteuersätzen auszuarbeiten, lehnte das Plenum ab. Das vom Bundesrat beantragte Hilfspaket hat einen Umfang von 870 Millionen Franken. Die Debatte wird am Mittwoch fortgesetzt.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- FRANKENSTÄRKE: Der Nationalrat hat über parlamentarische Vorstösse zum starken Franken diskutiert. In diesem Rahmen sprach er sich für Begehren aus, die nur am Rande mit dem starken Franken zu tun haben. Überaus deutlich - mit 181 zu 5 Stimmen bei zwei Enthaltungen - nahm er eine Motion von Ursula Wyss (SP/BE) gegen überrissene Handy-Gebühren im Ausland an. Der Bundesrat soll beauftragt werden, für alle Telecom-Anbieter verbindliche Höchsttarife festzulegen. Ebenfalls Ja gesagt hat der Nationalrat zu Steuerabzügen für ehrenamtliche Tätigkeiten. Viele andere Vorstösse lehnte der Nationalrat ab, etwa die Forderung der Linken nach einer Besteuerung der globalen Finanztransaktionen. Auch ein Verbot der Bezahlung von Löhnen in Euro fand keine Mehrheit.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Die AUNS-Initiative "Staatsverträge vors Volk" soll nach dem Willen des Ständerates ohne Gegenvorschlag vors Volk. Die kleine Kammer hat sich am dienstag mit 32 zu 4 Stimmen gegen die Initiative ausgesprochen. Den Gegenvorschlag wies sie mit 32 zu 2 Stimmen ab. Die Ständeräte kritisierten die Unklarheit der Initiative; das Parlament müsste Fall für Fall entscheiden, ob ein Abkommen "wichtig" sei. Der Gegenvorschlag bringt aus Sicht des Ständerats nichts neuen. Der Rat führte aber auch abstimmungstaktische Gründe an: Es bestehe die Gefahr, dass die Schwächen des Gegenvorschlags und gar nicht die Initiative selbst thematisiert werde.
- NACHRICHTENDIENST: Der Ständerat besteht darauf: Wer erfahren will, ob er fichiert ist, soll Auskunft erhalten können - sofern der Nachrichtendienst keine Einwände hat. Der Nationalrat hingegen will am bisher geltenden Recht festhalten, das nur eine indirekte Auskunft ermöglicht. Heute können Gesuchsteller lediglich vom Datenschützer prüfen lassen können, ob der Staatsschutz unrechtmässig Daten über sie bearbeitet. Der Ständerat hat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat an dieser und weiteren Differenzen im Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) festgehalten. Die Vorlage geht nun wieder in den Nationalrat.
VOLKSINITIATIVEN: Volksinitiativen sollen künftig vor Beginn der Unterschriftensammlung auf ihre Gültigkeit überprüft werden. Der Ständerat hat am Dienstag als Erstrat einer Motion seiner Staatspolitischen Kommission für eine erweiterte Vorprüfung von Volksbegehren zugestimmt. Der Bundesrat soll die dafür notwendigen rechtlichen Grundlagen ausarbeiten. Demnach soll neu noch vor der Unterschriftensammlung eine - allerdings nicht bindende - materielle Vorprüfung bezüglich der Gültigkeit einer Initiative vorgenommen werden. Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats hat eine noch weitergehende Motion ausgearbeitet. So soll der Katalog der materiellen Gründe erweitert werden, nach denen eine Initiative für ungültig erklärt werden kann.
RASSISMUS: In der Schweiz soll es keine neue Strafnorm gegen rassistische Symbole geben. Der Ständerat hat als Zweitrat den Entscheid des Bundesrats abgesegnet, auf die Einführung einer solchen Strafnorm zu verzichten. Stillschweigend schrieb der Rat eine Motion aus dem Jahr 2004 ab, die den Bundesrat beauftragte, ein Verbot für rassistische Symbole vorzubereiten. Unter Strafe gestellt werden sollte die öffentliche Verwendung von Symbolen, welche extremistische, zu Gewalt und Rassendiskriminierung aufrufende Bewegungen verherrlichen. Schon heute ist es verboten, rassistische Symbole zu Propagandazwecken zu verwenden.
INTERNETKRIMINALITÄT: Die Schweiz soll sich international gegen Kindsmissbrauch im Internet einsetzen. Der Ständerat nahm als Zweitrat ohne Gegenstimme eine Motion an, die eine UNO-Resolution der Schweiz zur Bekämpfung des virtuellen Kindsmissbrauchs anregt. Nur eine internationale Zusammenarbeit könne Erfolge gegen die Internetkriminalität zeigen. Der Bundesrat nahm die Motion positiv auf, da die Schweiz bereits Schritte in die geforderte Richtung ergriffen habe. Die Schweiz nehme in internationalen Gremien eine wichtige Rolle ein, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga.
INTERNETKRIMINALITÄT II: Internet-Anbieter sollen verpflichtet werden, die Protokolle über die Zuteilung von IP-Adressen mindestens ein Jahr lang aufzubewahren. Der Ständerat hat stillschweigend einer Motion aus dem Nationalrat zugestimmt und dem Bundesrat diesen Auftrag erteilt. Mit ihrem Anliegen stossen die Räte beim Bundesrat offene Türen ein: Dieser hat die Forderung bereits in die laufende totalrevision des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs aufgenommen. Ziel der Massnahme ist es, den Kampf gegen Kinderpornografie zu vereinfachen.
JUSTIZ: Die neue Strafprozessordnung soll nicht wenige Monate nach ihrer Inkraftsetzung wieder revidiert werden. Der Ständerat wies ohne Gegenstimme eine Motion aus dem Nationalrat ab, die sicherstellen wollte, dass Gewalt- und Sexualtäter sowie Raser vor dem Richter erscheinen müssen und nicht per Strafbefehl verurteilt werden. Bei schweren Delikten dürfte auch heute kein Strafbefehl erlassen werden, hielt Justizministerin Simonetta Sommaruga fest. Der Ständerat will vor einer allfälligen Revision der Strafprozessordnung Erfahrungen sammeln.
PFUSCH AM BAU: Die Bauherrschaft soll sich künftig besser gegen Baumängel wehren können. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer Motion von Nationalrätin Hildegard Fässler (SP/SG) für stärkere Rechte der Bauherrschaft bei der Behebung von Baumängeln zugestimmt und diese damit an den Bundesrat überwiesen. Dieser wird beauftragt, vertiefte Abklärungen zur Verstärkung des Schutzes von Baufrauen und Bauherren bei der Behebung von Baumängeln im Bereich der Architektur- und Baudienstleistungen zu treffen. Gestützt auf diese Abklärungen soll die Regierung dem Parlament einen Lösungsvorschlag für die eruierten Probleme unterbreiten.
TELEFONVERKAUF: Telefonverkauf soll in Sachen Widerrufsrecht Haustürgeschäften gleichgestellt werden. Dies verlangt eine im Juni 2006 vom früheren Ständerat Pierre Bonhôte (SP/NE) eingereichte Parlamentarische Initiative. Beide Kammern gaben dem Vorstoss Folge, worauf die Rechtskommission die Ausarbeitung eines Erlassentwurfs an die Hand nahm und die Verwaltung damit beauftragte, einen Vorentwurf zur Umsetzung der Initiative auszuarbeiten. Da sich die Arbeiten in die Länge ziehen, hat der Ständerat einer Verlängerung der Frist für die Ausarbeitung der Vorlage bis zur Herbstsession 2013 zugestimmt.
WAFFENRECHT: Der Ständerat hat weiteren Revisionen des Schweizer Waffenrechts zugestimmt. Damit sollen vor allem das UNO-Feuerwaffenprotokoll und das UNO-Rückverfolgungsinstrument umgesetzt werden. Die kleine Kammer gab dem Bundesrat damit grünes Licht, diese Abkommen zu ratifzieren.
Der Montag, 19. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Trotz des letzte Woche bekanntgegebenen UBS-Milliardenverlusts hat der Nationalrat die Schraube für systemrelevante Grossbanken am Montag nicht stärker anziehen wollen als vom Bundesrat vorgeschlagen. Die grosse Kammer wollte etwa nicht darüber beraten, ob Grossbanken, deren Untergang die gesamte Volkswirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würde, verboten werden soll, Investmentbanking zu betreiben. Nach Abschluss der Detailberatung, in der der Nationalrat meist auf der Linie des Ständerats blieb, hiess er die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 121 zu 42 Stimmen bei 12 Enthaltungen gut.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- WIRTSCHAFTLICHE LAGE: Der Nationalrat hat über die "wirtschaftliche und soziale Situation der Bevölkerung" diskutiert und einige Vorstösse angenommen, die zur Verbesserung der Lage führen sollen. Der erste Teil der ausserordentlichen Session war Vorstössen zu Löhnen, der Kaufkraft, Mieten und Krankenkassenprämien gewidmet. Entschieden hat der Nationalrat am Montag über mehr als 70 Vorstösse. Zur Diskussion stand etwa die Frage, ob die obligatorische Krankenversicherung wieder für Brillengläser und Kontaktlinsen aufkommen sollte. Nach dem Willen des Nationalrates sollen die Kassen Sehhilfen für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren wieder bezahlen müssen. Angenommen hat der Nationalrat ferner mehrere Vorstösse zur Bekämpfung von Lohndumping.
Der Ständerat in Kürze
(sda) STANDORTFÖRDERUNG: Wegen des starken Franken soll der Bund tiefer in die Tasche greifen, um den Tourismus in der Schweiz und den Export zu fördern. Der Ständerat erhöht die Mittel für Programme zur Standortförderung auf insgesamt 360 Millionen Franken für die Jahre 2012 bis 2015. Das sind 44 Millionen mehr als der Bundesrat einsetzen wollte und 24 Millionen mehr als der Nationalrat vorsah. Die Marketingorganisation Schweiz Tourismus soll insgesamt 222 statt 187 Millionen Franken erhalten. Für die Exportförderung durch die Organisation für die Aussenwirtschaftsförderung (Osec) spricht der Ständerat 84 statt 75 Millionen Franken. Nun ist nochmals der Nationalrat dran.
VIEHEXPORTE: Die Landwirte können weiterhin auf die Wiedereinführung der Viehexport-Subventionen hoffen. Mit einem "Kunstgriff" hat der Ständerat erreicht, dass die Vorlage wieder in den Nationalrat geht. Zur Debatte stehen jährlich 4 Millionen Franken, die von den Direktzahlungen in die Exportförderung umgeleitet werden sollen. Wie zuvor im Nationalrat wurde auch im Ständerat das erforderliche Quorum für das Lösen der Ausgabenbremse mit 20 Ja zu 9 Nein und 3 Enthaltungen nicht erreicht. Um zu verhindern, dass das Geschäft als gegenstandslos in der Versenkung verschwindet, musste der Ständerat die Gesetzesänderungen nun ablehnen, was er in der Gesamtabstimmung denn auch mit 16 zu 13 Stimmen und 3 Enthaltungen tat. So entstand eine Differenz zum Nationalrat, welcher der Vorlage zugestimmt hatte.
FRANKENSTÄRKE: Ein eigenes Programm zum Steuer- und Abgabenabbau hält der Ständerat derzeit nicht für nötig, um die Folgen der Frankenstärke abzumildern. Die kleine Kammer wies eine Motion ihrer Finanzkommission mit 16 zu 19 Stimmen zurück. Die Motion aus den Reihen der SVP verlangt ein "Revitalisierungsprogramm für die Wirtschaft". Mit einer Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen oder der LSVA sollten die Nachteile des starken Franken für die Firmen kompensiert werden, fordert sie. Der Bundesrat verwies auf seine Massnahmen, die bereits ergriffen wurden und früher wirkten.
MILCHMARKT: Eine Änderung der Anreize für Milchbauern soll dafür sorgen, dass der "strukturelle Überschuss" bei der Milchproduktion der Vergangenheit angehört. Der Ständerat hiess eine entsprechende Motion von Rolf Büttiker (FDP/SO) ohne Gegenstimme gut. Der Vorstoss verlangt eine Änderung der Landwirtschaftspolitik, die stärkere Anreize bieten soll zu einer Milchproduktion, die auf einheimischem Grasfutter statt ausländischem Kraftfutter basiert. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Motion annehmen. Das Anliegen geht nun in den Nationalrat.
Der Donnerstag, 15. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Banken, die zu gross sind, um in Konkurs gehen zu lassen, müssen künftig strengere Anforderungen hinsichtlich Eigenkapital und Organisation einhalten. Der Nationalrat hat am Donnerstag den Vorschlägen des Bundesrats zur Eindämmung der Grossbankenrisiken weitgehend zugestimmt. Mit der Gesetzesrevision, deren Beratung erst am kommenden Montag abgeschlossen wird, soll das Risiko vermindert werden, dass es wieder zu einem Fall UBS kommt. Der Staat hatte die Grossbank 2008 finanziell unterstützt, weil deren Untergang die gesamte Volkswirtschaft gefährdet hätte.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgendem Thema befasst:
- BAUSPAREN: Gegen den Widerstand des Bundesrats, der Linken und der Grünen empfiehlt der Nationalrat dem Stimmvolk die beiden Bauspar-Initiativen zur Annahme. Der Entscheid fiel am Donnerstag mit deutlichen Mehrheiten. Die Vorlage geht nun wieder zurück in den Ständerat. Mit 105 zu 62 Stimmen folgte der Nationalrat ausserdem der Empfehlung seiner Wirtschaftskommission, dem Volk zunächst nur die Initiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) "Eigene vier Wände dank Bausparen" zu unterbreiten. Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf nannte als mögliche Abstimmungstermine den 13. März 2012 oder den 17. Juni 2012.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Nach dem Willen des Ständerates soll der Bundesrat das internationale Übereinkommen über das Verbot von Streumunition ratifizieren. Die kleine Kammer entschied dies am Donnerstag oppositionslos. Die Schweiz hat die Konvention als einer der ersten Staaten 2008 unterzeichnet. Mit der Ratifizierung verpflichtet sie sich unter anderem dazu, ihre Streumunitionsbestände innerhalb von acht Jahren zu vernichten. Angesichts des Folgen des Streumunitionsverbotes für die Schweizer Artillerie bestellte der Ständerat beim Bundesrat einen Bericht zur Zukunft der Schweizer Artillerie und deren Bewaffnung. 61 Staaten haben das Übereinkommen über Streumunition bisher ratifiziert.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- AUSLANDSCHWEIZER I: Wenn Auslandschweizer sich an die Bundesverwaltung wenden müssen, sollen sie künftig lediglich mit einer Stelle zu tun haben. Der Ständerat überwies ohne Gegenstimme eine entsprechende Motion von Nationalrätin Martine Brunschwig Graf (FDP/GE) an den Bundesrat. Die Regierung nahm die Motion positiv auf. Mit einer zentralen Anlaufstelle liessen sich auch Doppelspurigkeiten beseitigen, führte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey aus. Der sogenannte "Guichet unique" soll in der Konsularischen Direktion im Aussendepartement (EDA) angesiedelt sein.
- AUSLANDSCHWEIZER II: Die rund 700'000 Auslandschweizer sollen vermehrt auch Informationen der politischen Parteien zugeschickt erhalten. Das Aussendepartement (EDA) soll die Parteien dabei unterstützen. Der Ständerat nahm ohne Gegenstimmen eine entsprechende Motion von CVP-Nationalrat Pius Segmüller (LU) an. Der Bundesrat zeigte sich offen, die Motion umzusetzen. Schon auf die nächsten Wahlen hin erhielten die Auslandschweizer Broschüren mit Porträts der Parteien, sagte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Die Forderung soll keine finanziellen Kosten verursachen.
- SCHWEIZER PRODUKTE: Die diplomatischen Vertretungen der Schweiz im Ausland sollen angehalten werden, möglichst Schweizer Produkte zu verwenden. Das gleiche gilt für alle offiziellen Schweizer Empfänge, sowohl in der Schweiz als auch im Ausland. Der Ständerat hat am Donnerstag zwei Motionen von Christophe Darbellay (CVP/VS) und Thomas Hurter (SVP/SH) in diesem Sinne gutgeheissen. Die Vorstösse kommen nun in den Nationalrat. Hintergrund der beiden Motionen sind Berichte, wonach beispielsweise an der Weltausstellung in Shanghai bei Schweizer Empfängen spanischer oder italienischer Wein ausgeschenkt worden sei.
- ORGANHANDEL: Die Schweiz soll sich dafür einsetzen, dass der mutmassliche Organhandel im Kosovo untersucht wird. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen. Der Bundesrat zeigte sich einverstanden. Er teile die Erwartungen vollumfänglich, dass die Resolution der Parlamentarischen Versammlung des Europarats zum mutmasslichen Organhandel umgesetzt werde, sagte Aussenministerin Micheline Calmy-Rey. Eine Task Force der EU-Polizei- und Justizmission im Kosovo (EULEX) habe diesen Monat Ermittlungen aufgenommen. Der Bundesrat unterstütze dies.
- ILLEGALE FISCHEREI: Die Schweiz soll sich gegen den illegalen Fischfang in Entwicklungsländern einsetzen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat eine entsprechende Motion ohne Gegenstimme angenommen. Zudem solle die Schweiz die nachhaltige Fischerei fördern, indem sie unter anderem lokale Fischer bei der Zertifizierung mit dem Label MSC unterstützt, verlangt Motionär Paul Rechsteiner (SP/SG). Nachhaltige Fischerei trägt in Entwicklungsländern laut dem Ständerat zur Ernährungssicherheit bei, schafft Jobs und Einkommen und schützt die Umwelt. Rund 80 Prozent aller Fischbestände sind laut UNO überfischt.
- SCHWEIZ-EU: Der Bundesrat wird den Stand der bilateralen Abkommen mit der EU nicht in einem separaten jährlichen Bericht darstellen. Im Gegensatz zum Nationalrat lehnte es der Ständerat ab, eine entsprechende Motion von Marlies Bänziger (Grüne/ZH) an den Bundesrat zu überweisen. Die kleine Kammer folgte damit ihrer aussenpolitischen Kommission, die auf die zahlreichen bestehenden Berichte verwies. Aussenministerin Micheline Calmy-Rey lehnte namens der Regierung einen weiteren Bericht ebenfalls ab, stellte aber in Aussicht, den bilateralen Verträge sowie der Arbeit der gemischten Ausschüsse künftig ein eigenes, detaillierteres Kapitel in einem bestehenden Bericht zu widmen.
- FREIWILLIGENARBEIT: Der Bundesrat soll in Zusammenarbeit mit der privaten Trägerschaft das Europäische Jahr der Freiwilligenarbeit 2011 unterstützen. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen. Obwohl mit der laufenden Umsetzung von Programmen dem Anliegen des Vorstosses bereits Rechnung getragen wird, empfahl die vorberatende Kommission die Annahme der Motion. Sie wolle damit auf die Bedeutung der Freiwilligenarbeit hinweisen und ihre Unterstützung für künftige Investitionen bekräftigen, sagte Kommissionssprecher Theo Maissen (CVP/GR).
- INTERNATIONALE ABKOMMEN: Der Ständerat hat den Bericht des Aussendepartementes (EDA) zu den im Jahr 2010 abgeschlossenen internationalen Verträge ohne Gegenstimme zur Kenntnis genommen. Die Schweiz schloss im vergangenen Jahr 385 Verträge ab, wie Aussenministerin Micheline Calmy-Rey ausführte. Alle Abkommen lägen im Interesse der Schweiz. Ein Grossteil der Verträge betrifft die Kohäsionszahlungen an die osteuropäischen Staaten der EU, die Entwicklungszusammenarbeit oder die Änderungen des Schengen-Besitzstandes.
- FRANKENSTÄRKE: Wegen eines Formfehlers hat sich der Ständerat am Donnerstag erneut mit dem Hilfspaket im Umfang von 870 Millionen Franken befasst, mit dem der Bundesrat die Folgen des starken Frankens für die Schweizer Wirtschaft mildern will. Er holte die Gesamtabstimmung zum Bundesbeschluss über den Nachtrag zum Budget 2011 nach und verabschiedete die am Mittwoch ohne Abstriche genehmigte Vorlage mit 26 gegen 6 Stimmen. Voraussichtlich am Dienstag entscheidet der Nationalrat über das Hilfspaket.
Der Mittwoch, 14. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Das Parlament stellt sich gegen den Bundesrat: Es will die Armee nicht auf 80'000 Mann verkleinern. Nach dem Ständerat hat sich am Mittwoch auch der Nationalrat für eine grössere und teurere Armee ausgesprochen. Demnach soll die Armee künftig 100'000 Mann zählen. Nach dem Willen des Nationalrates soll sie auch mehr kosten dürfen: Der Ausgabenplafond soll von 4,1 Milliarden auf 5 Milliarden Franken im Jahr erhöht werden. Der Bundesrat wollte die Ausgaben auf 4,4 Milliarden Franken im Jahr begrenzen. Der Ständerat legte sich nicht fest. Auch bei den Kampfflugzeugen stellen sich die Räte gegen den Bundesrat. Sie haben sich für einen raschen Kauf ausgesprochen. Noch nicht einig sind sich National- und Ständerat, wie die Flugzeuge finanziert werden sollen.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- ARMEE: Für Investitionen in militärische Bauten soll das Verteidigungsdepartement (VBS) 305 Millionen Franken erhalten. Der Nationalrat stimmte der Immobilienbotschaft 2011 des VBS als Zweitrat ohne Gegenstimme zu. Es bleibt aber noch eine Differenz zum Ständerat. Der Nationalrat will dem VBS im Gegensatz zum Ständerat mehr Flexibilität gewähren. Mit 93 zu 47 Stimmen bei 2 Enthaltungen hiess die grosse Kammer einen Passus gut, der dem VBS erlaubt, in beschränktem Masse Kreditmittel zu verschieben. Der Ständerat muss sich deshalb nochmals über das Geschäft beugen.
- KONSUMENTENSCHUTZ: Die Konsumentinnen und Konsumenten sollen beim Kauf von beweglichen Gütern besser vor Mängeln geschützt werden. Der Nationalrat hat mit 105 zu 25 Stimmen einer Änderung des Obligationenrechts zugestimmt, mit der die Produktgarantie auf zwei Jahre erhöht wird. Handelt es sich bei der beweglichen Sache etwa um einen Kochherd, der in ein Haus eingebaut wird, soll die Garantiefrist gar fünf Jahre betragen. Diese Gesetzesänderungen müssen nun noch vom Ständerat beraten werden.
- GENITALVERSTÜMMELUNG: Die Genitalverstümmelung von Frauen und Mädchen wird in der Schweiz ausdrücklich verboten. Der Nationalrat hat bei dieser Gesetzesrevision sillschweigend die letzte Differenz zum Ständerat ausgeräumt. Damit kann das Strafgesetzbuch um einen neuen Artikel ergänzt werden. Die Räte haben sich bereits früher darauf geeinigt, die Verstümmelung weiblicher Genitalien in einem eigenen Artikel zu verbieten. Auf die Tat steht eine Strafe von mindestens 180 Tagessätzen oder bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe.
- NACHRICHTENDIENST: Der Nationalrat hat der Revision des Bundesgesetzes über Massnahmen zur Wahrung der inneren Sicherheit (BWIS) mit 112 zu 39 Stimmen zugestimmt. Er schuf mehrere Abweichungen zur grossen Kammer. Im Gegensatz zum Ständerat schwächte der Nationalrat das Auskunftsrecht für möglicherweise fichierte Personen ab. Gesuchsteller sollen wie bisher lediglich vom Datenschützer prüfen lassen können, ob der Staatsschutz unrechtmässig Daten über sie bearbeitet. Bundesrat und Ständerat wollen ein direktes Auskunftsrecht.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat ist einverstanden mit dem bundesrätlichen Hilfspaket zur Linderung der negativen Auswirkungen der Frankenstärke auf die Schweizer Wirtschaft. Die vorgeschlagenen Massnahmen im Umfang von rund 870 Millionen Franken genehmigte er am Mittwoch ohne Abstriche und mit deutlichen Mehrheiten. Grösster Brocken sind 500 Millionen für Kurzarbeitsentschädigungen der Arbeitslosenversicherung. Im Nationalrat dürfte es das Hilfspaket kommende Woche deutlich schwerer haben. In der nationalrätlichen Finanzkommission hatte das Paket Schiffbruch erlitten. Vor der Beratung im Plenum am kommenden Dienstag wird sich die Kommission aber erneut mit der Vorlage befassen.
Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- KRANKENVERSICHERUNG: Wer auch in Zukunft seinen Arzt frei wählen will, soll dafür einen höheren Selbstbehalt hinnehmen müssen als heute. Der Ständerat hat dem Vorschlag der Einigungskonferenz zugestimmt, den Selbstbehalt für jene Versicherten von 10 auf 15 Prozent anzuheben, die sich nicht bei einem sogenannten Managed-Care-Modell versichern lassen. Die Einigungskonferenz war nötig geworden, nachdem sich die Räte unter anderem nicht einigen konnten, wie die Versicherten vermehrt in Managed-Care-Lösungen getrieben werden können. Ob auch der Nationalrat nächste Woche zustimmt, ist offen. Ein Referendum aus Ärztekreisen ist wahrscheinlich.
- FORSCHUNG AM MENSCHEN: Das Wohl und der Schutz von Kindern und Erwachsenen, an denen geforscht wird, werden in einem Gesetz geregelt. Der Ständerat hat letzte Differenzen im Humanforschungsgesetz bereinigt. Auf die von ihm vorgeschlagenen Ombudsstellen verzichtet er nun doch und schloss sich damit dem Nationalrat an.
- E-GOVERNMENT: Der Bundesrat soll elektronischen Angebote für den Umgang mit den Behörden stärker fördern. Der Ständerat nahm als Zweitrat stillschweigend eine Motion der FDP mit dieser Forderung an. Das Parlament verspricht sich vom vermehrten Einsatz solcher E-Government-Lösungen Millioneneinsparungen für Unternehmungen. Zur Förderung solcher Lösungen soll die Regierung vermehrt Standards vorgeben. Der Bundesrat nahm den Vorstoss positiv auf. Teile der Motion seien bereits erfüllt, etwa die Forderung, dass ein Bundesratsmitglied die Hauptverantwortung für dieses Dossier übernehmen müsse: Geleitet wird der Steuerungsausschuss von der Finanzministerin.
Der Dienstag, 13. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Der Nationalrat will weiterhin nichts wissen von einer CO2-Abgabe auf Benzin und Diesel. Anders als der Ständerat will er dem Bundesrat nicht erlauben, bei Bedarf eine solche Abgabe einzuführen, um die Klimaziele zu erreichen. Der Nationalrat hat am Dienstag gar nicht erst über die CO2-Abgabe auf Treibstoffen abgestimmt: Um nicht das ganze CO2-Gesetz zu gefährden, zogen SP und Grüne ihre Anträge für eine solche Abgabe zurück. Zu diskutieren gaben auch die Regeln für Gaskombikraftwerke. Der Nationalrat möchte diese angesichts des geplanten Ausstiegs aus der Atomenergie nicht zu streng ausgestalten: Mit 94 zu 92 Stimmen sprach er sich dafür aus, dass Gaskombikraftwerke bis zu 50 Prozent ihrer CO2-Emissionen im Ausland kompensieren dürfen.
Weiter hat sich der Nationalrat mit folgenden Themen befasst:
- GEBÜHRENPFLICHT: Künftig sollen alle Schweizer Haushalte Radio- und Fernsehgebühren bezahlen, auch wenn sie die Programme weder hören noch sehen und unabhängig davon, ob sie Radio- und Fernsehapparate besitzen. Ausnahmen soll es für finanziell Schwache und kleine Betriebe geben. Das hat am Dienstag der Nationalrat als Zweitrat beschlossen. Der Bundesrat hat den Auftrag erhalten, ein neues System für die Erhebung der Empfangsgebühren zu erarbeiten. Ausnahmen von der Gebührenpflicht soll es für finanzielle Härtefälle und auch für kleine Betriebe geben. Der Nationalrat sprach sich am Dienstag mit 111 gegen 52 Stimmen für die vom Ständerat vorgeschlagene Ausnahme für kleine Firmen von der Gebührenpflicht aus.
- BESCHAFFUNGSWESEN: Rekurse gegen Vergabeentscheide in national wichtigen Bauvorhaben wie der NEAT bleiben möglich. Der Nationalrat lehnte es ohne Gegenstimme ab, auf eine Gesetzesrevision einzutreten. Auf Aufforderung des Parlaments nach kostspieligen Verzögerungen beim Bau der NEAT schlug der Bundesrat vor, die aufschiebende Wirkung von gewissen Beschwerden im Beschaffungswesen auszuschliessen. Diese Variante erachtet der Nationalrat als problematisch, weil dadurch der Rechtsschutz beeinträchtigt und gegen WTO-Recht verstossen würde. Nun geht das Geschäft an den Ständerat.
- GROSSRAUBTIERE: Wolf und Bär beschäftigen das Parlament weiterhin. Der Bundesrat muss einen Bericht dazu erarbeiten, wie der Schutz von Schaf- oder Kuhherden etwa mit Hunden längerfristig finanziert werden kann. Der Nationalrat hiess eine entsprechende Motion oppositionslos gut. Ebenfalls thematisieren muss der Bundesrat die rechtliche Absicherung der Finanzierung sowie die Haftung, wenn Herdenschutzhunde Schäden verursachen. Ursprünglich hatte der Motionär Hansjörg Hassler (BDP/GR) gefordert, dass der Bund die Kosten für den Herdenschutz vollumfänglich übernimmt.
- BERUFLICHE VORSORGE: Der Nationalrat will Vorsorgeeinrichtungen nicht dazu verpflichten, direkt Eigentümer aller Aktiven zu sein, die zur Deckung der Versicherungs- beziehungsweise der Austrittsleistungen bestimmt sind. Er hat eine parlamentarische Initiative der SP-Fraktion mit dieser Forderung mit 110 zu 52 Stimmen abgelehnt. Ziel der Befürworter war, dass die Aktiven nicht mehr mit dem Vermögen einer privaten Versicherungsgesellschaft vermischt werden können. Damit würden letztlich die Leistungen für jeden einbezahlten Betragsfranken zunehmen, argumentierten sie. Die Mehrheit vertrat jedoch die Auffassung, die Probleme seien im Rahmen eines Vorstosses zur Legal Quote zu lösen.
- PUK: Der Nationalrat will die Behandlung von Vorstössen, welche die Einsetzung einer parlamentarischen Untersuchungskommission (PUK) fordern, nicht beschleunigen. Er hat sich mit 110 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen gegen eine parlamentarische Initiative der SVP-Fraktion ausgesprochen. Die SVP verlangte, dass beide Räte in derselben Session entscheiden müssen, in welcher der Vorstoss für eine PUK eingereicht wurde. So wollte sie verhindern, dass ein Entscheid aus taktischen Überlegungen verzögert werden kann. Ihrer Ansicht nach geschah dies bei der Diskussion über die Einsetzung einer PUK zur UBS-Krise.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat hat am Dienstag in der zweiten Beratung zum Hochschulförderungsgesetz zahlreiche Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt. Er widersetzte sich aber dem Nationalrat, der zahlreiche Kompetenzen im Hochschulrat konzentrieren will. Stillschweigend hat die kleine Kammer deshalb beschlossen, Kompetenzen bei der Plenarversammlung der Schweizerischen Hochschulkonferenz zu belassen. dort sind im Gegensatz zum Hochschulrat alle Kantone vertreten. Zudem er wies er das Ansinnen des Nationalrats zurück, die Zulassungsbedingungen zu Fachhochschulen und pädagogischen Hochschulen aufzuweichen.Weiter hat sich der Ständerat mit folgenden Themen befasst:
- BILDUNG: Der Ständerat will die Mittel zugunsten der Berufsbildung im nächsten Jahr nicht so stark aufstocken wie der Nationalrat. Er will den Rahmenkredit 2012 für die Berufsbildung nur um 36 und nicht um 82 Millionen Franken anheben. Zudem will er die Zahlungskredite nur um knapp 13 Millionen statt um 18 Millionen Franken aufstocken. Folgt der Nationalrat in der weiteren Differenzbereinigung zum Bildungs-, Forschungs- und Innovationskredit für das Jahr 2012 dem Ständerat, würden sich die gesamten BFI-Ausgaben des Bundes auf 5,235 Milliarden Franken belaufen, rund 50 Millionen mehr als der Bundesrat beantragte.
- MEDIZINER-STUDIENPLÄTZE: Der Ständerat möchte nicht, dass der Bund künftig festlegt, wie viele Studienplätze die medizinischen Fakultäten mindestens anbieten müssen. Er lehnte eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat mit 18 gegen 15 Stimmen ab. Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur hatte diese Stossrichtung vorgegeben und auf die Kompetenzen der Kantone verwiesen. Mehrere Ratsmitglieder appellierten gleichwohl an die Kantone, mehr Ausbildungsplätze anzubieten. Ohne den "Import" von medizinischem Personal aus dem Ausland habe das Schweizer Gesundheitswesen ein echtes Problem, lautete der Tenor.
- HOCHSCHULKANTONE: Der Kanton Basel-Landschaft soll vorderhand nicht als Universitätskanton anerkannt werden. Der Ständerat hat eine Baselbieter Standesinitiative mit dieser Forderung mit 17 zu 11 Stimmen abgelehnt. Das basellandschaftliche Kantonsparlament verlangt die Anerkennung, weil Basel-Landschaft zusammen mit dem Basel-Stadt gleichberechtigter Träger der Universität Basel ist. Im Namen der Kommission äusserte Theo Maissen zwar Verständnis für das Anliegen, verwies aber darauf, dass der Vorstoss aus formellen Gründen abgelehnt werden müsse: Das Parlament könne keine Verordnungen des Bundesrats ablehnen. Gefordert sei der Bundesrat.
- BERUFLICHE VORSORGE: Der Ständerat will den vom Bundesrat im Rahmen der Strukturreform der zweiten Säule beschlossenen Stellenetat für die Oberaufsichtskommission nicht kürzen. Er hat mit 15 zu 12 Stimmen eine Motion von Konrad Graber (CVP/LU) abgelehnt, die forderte, dass diese Kommission nur die aus dem Bundesamt für Sozialversicherung überführten Stellen umfassen darf und es zu keiner personellen Aufstockung kommen soll. Die erste Motionsforderung, wonach die vom Bundesrat zur Umsetzung der Strukturreform vorgeschlagenen Verordnungsänderungen vollständig zu überarbeitet werden sollen, erachtete der Ständerat als erfüllt.
- SOZIALE SICHERHEIT: Der Bundesrat kann das Abkommen mit Japan über soziale Sicherheit ratifizieren. Der Ständerat verabschiedete das Abkommen diskussionslos mit 30 gegen 0 Stimmen als Zweitrat. Der Vertrag, der im Zusammenhang mit dem Freihandelsabkommen mit Japan abgeschlossen wurde und der dem Muster der Abkommen mit anderen Staaten folgt, soll Doppelbelastungen verhindern. Wenn Arbeitnehmer in den jeweils anderen Staat entsendet werden, kann es dazu kommen, dass diese Personen in beiden Ländern Beiträge in die Rentenversicherung einzahlen müssen - einen Rentenanspruch können sie jedoch kaum erhalten. Der Wegfall dieser Doppelbelastung soll den wirtschaftlichen Austausch mit Japan erleichtern.
- JUGENDFÖRDERUNG: Der Ständerat besteht darauf, dass nur jene Jugendaustauschorganisationen vom Bund finanziell unterstützt werden sollen, die jährlich mindestens 50 Jugendlichen individuelle Ausland- oder Sprachaufenthalte ermöglichen. Der Ständerat war nicht bereit, auf die Linie des Nationalrats einzuschwenken. Dieser will für die Ausland- oder Sprachaufenthalte keine Mindestzahl festlegen. Damit bleibt diese letzte Differenz im Kinder- und Jugendförderungsgesetz bestehen, und die Vorlage geht wieder zurück in den Nationalrat.
- SCHLACHTTIERTRANSPORTE: Der Ständerat beharrt darauf: Er will sieben gleichlautenden Standesinitiativen für eine gesetzliche Verankerung des Strassentransitverbots von lebenden Schlachttieren aus EU-Staaten keine Folge geben. Er möchte das Verbot in der Tierschutzverordnung belassen.
- STATISTIK: Der Bund soll statistische Daten bei den Unternehmen koordiniert erheben. Zuständig sein soll das Bundesamt für Statistik (BFS). Der Ständerat hiess am Dienstag als Zweitrat eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion mit 23 zu 11 Stimmen gut.
Der Montag, 12. September 2011 im Parlament
Der Nationalrat in Kürze
(sda) Auch in der dritten Beratungsrunde haben sich National- und Ständerat nicht einigen können, wie die Bevölkerung davon überzeugt werden soll, sich vermehrt integrierten medizinischen Versorgungsnetzen anzuschliessen. Da der Nationalrat am Montag dem Ständerat in der letzten Beratungsrunde zur sogenannten Managed-Care-Vorlage nur in einem Nebenpunkt nachgab und in Kernfragen nach wie vor grosse Differenzen bestehen, muss in den nächsten Tagen die Einigungskonferenz um Lösungen ringen.
- GESUNDHEIT: Ärzte und Krankenkassen sollen nach dem Willen des Nationalrats gemeinsam eine neue Methode finden, wie die Wirtschaftlichkeit von Ärzten definiert und kontrolliert wird. Der Rat hiess eine entsprechende Gesetzesänderung mit 99 zu 38 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Nach Ansicht der Ärzte werden unter dem heutigen System, für das einzig die Versicherer zuständig sind, schwer und chronisch Kranke benachteiligt. Hausärzte schieben teure Patienten demnach zu Spitälern und Spezialisten ab. Neu soll die Krankheitshäufigkeit der Patienten berücksichtigt werden. Stimmt auch der Ständerat der Änderung zu, müssen Krankenkassen und Ärzte innerhalb eines Jahres eine neue Methode festlegen.
- FORSCHUNG AM MENSCHEN: Personen, die an Forschungsprojekten teilnehmen, sollen keine spezifischen Ombudsstellen zur Verfügung stehen. Der Nationalrat strich in der Differenzbereinigung des Humanforschungsgesetzes den vom Ständerat eingefügten Passus wieder aus der Vorlage. Die grosse Kammer folgte mit 86 gegen 70 Stimmen der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK), die diese Ombudsstellen knapp abgelehnt hatte. Vertreter mehrerer Fraktionen in der Kommission hätten sich dem Vorschlag der kleinen Kammer indes anschliessen wollen. Das Gesetz über die Forschung am Menschen geht zurück in den Ständerat.
- BERUFLICHE VORSORGE: Das System der beruflichen Vorsorge soll vereinfacht, das Gesetz dazu entschlackt werden. Der Nationalrat hat eine Motion mit dieser Forderung aus dem Ständerat gutgeheissen. Motionär Konrad Graber (CVP/LU) kritisiert insbesondere die hohen Verwaltungskosten und fordert mehr Transparenz. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Motion entgegenzunehmen. Er will ohnehin nächstes Jahr Vorschläge zur Verbesserung des Systems vorlegen. Innenminister Didier Burkhalter gab allerdings zu bedenken, es gebe Gründe dafür, dass das System relativ komplex sei.
- KRANKENVERSICHERUNG: Der Bund soll den Krankenkassen in der obligatorischen Krankenversicherung einen Mindest- und Maximalreservesatz vorschreiben dürfen. Damit will der Nationalrat die Bildung übermässiger Reserven verhindern. Eine linke Mehrheit im Nationalrat hat am Montag mit Unterstützung der CVP eine Motion von Ständerätin Liliane Maury Pasquier (SP/GE) mit 80 zu 70 Stimmen überwiesen, obwohl das Begehren nach Ansicht von Bundesrat Didier Burkhalter und einer knappen Kommissionsmehrheit überholt und weitgehend bereits erfüllt ist.
- INTERNATIONALE ORGANISATIONEN: Der Nationalrat hat am Montag die Tätigkeitsberichte der Schweizer Delegationen bei der Interparlamentarischen Union (IPU) sowie bei den Parlamentarischen Versammlungen der OSZE und der Frankophonie zur Kenntnis genommen. Die IPU wurde 1889 als internationale Vereinigung von Parlamenten gegründet. Seit 1921 ist Genf der IPU-Hauptsitz. Seit 2003 wird die IPU-Herbstversammlung regelmässig in Genf durchgeführt, ohne dass die Schweiz eine Gastgeberrolle innehat. Anders ist dies bei der 125. Jubiläums-Versammlung, die vom 16. bis 19. Oktober in Bern durchgeführt wird. Zum Anlass werden 1200 Delegierte aus den 157 Mitgliedstaaten erwartet.
- MIGRATION: Anerkannte Flüchtlinge sollen nach dem Willen des Nationalrates nicht nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Wie Nicht-EU-Bürger sollen sie den C-Ausweis erst nach zehn Jahren erhalten können. Der Rat gab am Montag mit 85 zu 54 Stimmen bei 3 Enthaltungen einer Parlamentarischen Initiative von FDP-Nationalrat Philipp Müller (AG) Folge. Mit der heutigen Regelung würden Flüchtlinge besser gestellt als Ausländer, die nicht über ein Asylgesuch in die Schweiz gekommen seien.
Der Ständerat in Kürze
(sda) Der Ständerat bleibt dabei: Im Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative soll eine Bonussteuer verankert werden. Der Nationalrat hatte sich gegen spezielle Bestimmungen für sehr hohe Boni ausgesprochen. Im Nationalrat war der Entscheid knapp ausgefallen, es ging um lediglich fünf Stimmen. Der Ständerat hat dagegen deutlich entschieden: Mit 27 zu 13 Stimmen bekräftigte er am Montagabend, dass er im indirekten Gegenvorschlag zur Abzocker-Initiative von Thomas Minder eine Bonusssteuer verankern möchte.
- ASYLPOLITIK: Bei der Behandlung von Härtefällen im Asylwesen soll die Integration der Kinder besonders berücksichtigt werden. Zur Verstärkung dieser bereits heute geübten Praxis hat der Ständerat am Montag im Rahmen seiner ausserordentlichen Session zum Thema Asylwesen eine Motion von Nationalrat Andy Tschümperlin (SP/SZ) überwiesen. Bundesrätin Simonetta Sommaruga kündigte bei dieser Gelegenheit eine BFM-Studie zur Behandlung von Härtefällen in den Kantonen an.
- RECHNUNGSLEGUNGSRECHT: Der Ständerat hat sich zum dritten Mal über die Revision der Buchhaltungsvorschriften für Firmen gebeugt. Er hat zwar an den meisten Differenzen zum Nationalrat festgehalten, aber bei der Konsolidierungspflicht der grossen Kammer nachgegeben. Demnach können Vereine, Stiftungen und Genossenschaften die Konsolidierungspflicht an ein von der juristischen Person kontrolliertes Unternehmen übertragen. Der Bundesrat und die Mehrheit der RK hatten dies nicht zulassen wollen. Die Vorlage geht nun ein letztes Mal in den Nationalrat. Bleiben danach Differenzen bestehen, muss die Einigungskonferenz um eine Lösung ringen.
- KANTONSVERFASSUNGEN: Der Ständerat hat als Erstrat Änderungen in den Kantonsverfassungen von Zürich, Uri, Obwalden, Glarus, Solothurn, Appenzell-Ausserrhoden, Aargau, Neuenburg und Genf gutgeheissen. In allen neun Kantonen werden die Verfassungen an die neuen Schweizerischen Zivil- und Strafprozessordnungen angepasst.
- BUNDESGERICHT: Die Anzahl der Stellen am Bundesgericht wird nicht verändert. Der Ständerat hat eine parlamentarische Initiative mit 29 zu 0 Stimmen diskussionslos für die Schlussabstimmung verabschiedet. Die bis Ende 2011 befristete Verordnung über die Richterstellen am Bundesgericht soll demnach ab 1. Januar 2012 unverändert und unbefristet weitergeführt werden. Am Bundesgericht arbeiten zurzeit 38 ordentliche und 19 nebenamtliche Richterinnen und Richter. Das Bundesgericht kann nach eigenen Angaben seine Geschäfte mit dem zur Verfügung stehenden Personal bewältigen.
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