​Freitag, 27. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) SCHLUSSABSTIMMUNGEN: Zum Ende der Herbstsession haben die eidgenössischen Räte am Freitag Schlussabstimmungen zu 13 Vorlagen durchgeführt. Abgelehnt wurde im Nationalrat einzig der Beschluss, die Pädophilen-Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. 97 Nationalräte sprachen sich für die Initiative aus, 91 Ratsmitglieder bestätigten das Nein. Der Ständerat blieb mit 23 zu 15 Stimmen bei seiner ablehnenden Haltung. Damit kommt die Initiative ohne Abstimmungsempfehlung vor das Volk. Nur knapp mit 99 zu 92 Stimmen angenommen wurde im Nationalrat die Umsetzung der Aarhus-Konvention, die den Zugang zu Umweltinformationen regelt.

  • FAMILIENPOLITIK: Nachdem der Verfassungsartikel zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie in diesem Frühjahr am Ständemehr gescheitert ist, will der Nationalrat der Familienpolitik des Bundes neuen Schwung verleihen. Er hat den Bundesrat beauftragt, in einem Bericht Ziele zu definieren. Darin soll er insbesondere Vorschläge zu Finanzhilfen für die Kinderbetreuung machen. Ausserdem sollen Anreize zur Schaffung neuer Plätze in Kindertagesstätten geschaffen werden. Zudem will der Nationalrat vom Bundesrat wissen, weshalb die Krippenplätze in der Schweiz deutlich teurer sind als in den Nachbarländern. Er stimmte einem entsprechenden Vorstoss aus den Reihen der CVP mit 134 zu 56 Stimmen zu.
  • FINANZAUSGLEICH: Der Nationalrat sieht keinen Grund, Änderungen am Neuen Finanz- und Lastenausgleich (NFA) vorzunehmen, bevor der zweite Wirkungsbericht NFA vorliegt. Er hat deshalb eine Standesinitiative des Kantons Schwyz sistiert, die das NFA-System überarbeiten will. Konkret will die Regierung des Geberkantons Schwyz die Beiträge in einem für sie "tragbaren Mass" halten. Ressourcenschwache Kantone, die über ein gewisses Mass an Geld verfügen, sollen keine Finanzspritzen mehr erhalten. Im Ständerat war die Initiative im vergangenen Jahr abgelehnt worden.
  • KRANKENKASSEN: Der Nationalrat hat es nicht eilig, die Kinder von Krankenkassenprämien zu befreien. Er hat einer Fristverlängerung bis zur Herbstsession 2015 für die Ausarbeitung einer entsprechenden Gesetzesvorlage zugestimmt. Die Idee stammt von der Aargauer CVP-Nationalrätin Ruth Humbel. Die Gesundheitskommissionen beider Räte hatten 2011 Humbels Vorschlag zugestimmt, wonach Eltern künftig für ihre Kinder, die jünger als 18 Jahre sind, keine Krankenkassenprämien mehr bezahlen sollen. Die Kosten sollen auf die Prämien der Erwachsenen überwälzt werden.
  • BANKGEHEIMNIS: Der Nationalrat hat für die Ausarbeitung eines Gesetzes, mit dem die Verletzung des Bankgeheimnisses härter bestraft werden soll, eine Fristverlängerung von zwei Jahren beschlossen. Neu soll mit mehr als drei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden können, wer Bankkundendaten an Dritte verkauft. Die Wirtschaftskommissionen der beiden Räte hatten der parlamentarischen Initiative der FDP bereits 2011 zugestimmt. Inzwischen hat die Kommission des Nationalrats über einen Vorentwurf des Gesetzes beraten. Bereits beschlossen ist, dass die Vorlage anschliessend in die Vernehmlassung geschickt wird.
  • PETITIONEN: Der Nationalrat hat fünf Petitionen aus der letztjährigen Jugendsession abgewiesen. Die Jugendlichen hatten etwa gefordert, dass die Vermittlung von Medienkompetenzen Teil des Bildungsauftrags wird. Auch mit der Forderung nach mehr Transparenz bei der Finanzierung der politischen Parteien und den Einkünften der Parlamentarier drangen die Jungpolitiker nicht durch. Daneben lehnte die grosse Kammer auch die zehn restlichen Petitionen ab, die ihr am letzten Sessionstag unterbreitet wurden. Darunter war die Forderung des Vereins "Nie wieder Atomkraftwerke", die AKW Mühleberg und Beznau vom Netz zu nehmen.

Schlussabstimmungen: Das Parlament verabschiedet 12 von 13 Vorlagen

(sda) Mit den Schlussabstimmungen zu 13 Vorlagen haben die eidgenössischen Räte am Freitag die Herbstsession abgeschlossen. Parlamentarisch unter Dach kamen:
mit 161:10 Stimmen bei 23 Enthaltungen (Nationalrat) und 42:0 Stimmen (Ständerat) die Neuregelung der steuerlichen Behandlung von Aus- und Weiterbildungskosten, mit der künftig sowohl für Aus- wie auch für Weiterbildungskurse Kosten von bis zu 12'000 Franken steuerlich abgezogen werden können.

  • mit 195:0 Stimmen und 38:0 Stimmen bei 4 Enthaltungen die Ablehnung der Volksinitiative "Ja zur Hausarztmedizin". Die Räten schlagen in einem direkten Gegenentwurf vor, in der Verfassung zu verankern, dass die Hausarztmedizin ein "wesentlicher Bestandteil der Grundversorgung" sein soll. Die Initiative möchte noch etwas weiter gehen.
  • mit 99:92 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 23:15 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Genehmigung und Umsetzung der Aarhus-Konvention, die den Zugang zu Umweltinformationen und die Beteiligung an Bewilligungsverfahren regelt.
  • mit 155:33 Stimmen bei 7 Enthaltungen und 37:5 Stimmen die Ablehnung der Volksinitiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache", welche die Kosten für Abtreibungen aus der obligatorischen Krankenversicherung streichen will.
  • mit 192:0 Stimmen bei einer Enthaltung und 42:0 Stimmen die Genehmigung und Umsetzung des Lanzarote-Abkommens, das Sex mit minderjährigen Prostituierten verbietet.
  • mit 119:71 Stimmen bei 4 Enthaltungen und 25:17 Stimmen die Beschaffung des Kampfjets Gripen inklusive dessen Finanzierung für 3,126 Milliarden Franken über einen Fonds.
  • mit 188:0 Stimmen bei 7 Enthaltungen und 42:0 Stimmen eine Änderung des Eisenbahngesetzes, die faktisch ein Verbot lärmiger Güterwagen bis 2020 bringt.
  • mit 140:54 Stimmen bei einer Enthaltung und 37:5 Stimmen die Ablehnung der SVP-Volksinitiative "Gegen Masseneinwanderung", die eine Wiedereinführung von Kontingenten für die Zuwanderung verlangt sowie die Neuverhandlung der Personenfreizügigkeit mit der EU.
  • mit 194:0 Stimmen bei einer Enthaltung und 40:2 Stimmen ein neues Bundesgesetz über im Ausland erbrachte private Sicherheitsdienstleistungen, das Söldnerfirmen in der Schweiz verbietet und gewisse Leistungen von Sicherheitsfirmen einer Meldepflicht unterstellt.
  • mit 153:40 Stimmen bei 2 Enthaltungen und 42:0 Stimmen eine Änderung des Forschungs- und Innovationsförderungsgesetzes, dank der der Bund ausdrücklich Unternehmen bei der Teilnahme an EU-Forschungsprogammen finanziell unterstützen kann. Dies geschieht bereits heute.
  • mit 195:0 Stimmen und 42:0 Stimmen eine Revision des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes, die schärfere Kontrollen einführt und damit den Missbrauch von EO-Leistungen durch Kantone und Gemeinden verhindern soll.
  • die Umsetzung des US-Gesetzes FATCA, das Schweizer Finanzinstitute zum praktisch automatischen Informationsaustausch mit den Steuerbehörden der USA verpflichtet. Mit 114:55 Stimmen bei 26 Enthaltungen und 34:4 Stimmen bei 4 Enthaltungen wurde das Umsetzungsgesetz beschlossen sowie mit 114:54 Stimmen bei 24 Enthaltungen und 36:3 Stimmen bei 3 Enthaltungen die Genehmigung des FATCA-Abkommens mit den USA.
  • Bereits am Donnerstag vor einer Woche haben die Räte den direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative "Ja zur Hausarztmedizin" mit 140:49 Stimmen und 43:0 Stimmen angenommen.
  • Die Initiativen und der direkte Gegenentwurf kommen direkt zur Abstimmung. Die übrigen Beschlüsse unterstehen dem fakultativen Referendum.
    Als einzige Vorlage gescheitert ist der Beschuss zur Ablehnung der Volksinitiative "Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen". Der Nationalrat lehnte ihn mit 97 zu 91 Stimmen bei 7 Enthaltungen ab. Der Ständerat bestätigte ihn mit 23 zu 15 Stimmen bei 3 Enthaltungen.

 

Donnerstag, 26. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) RÜSTUNGSPROGRAMM: Der Nationalrat hat am Donnerstag das Rüstungsprogramm 2013 ohne Abstriche genehmigt. Zu reden gaben die 209 Millionen Franken, die der Bundesrat für den Aufbau eines sicheren Telekommunikationsnetzes auslegen will und 222 Millionen Franken für geschützte Mannschaftstransporter. Der Nationalrat hiess die 740 Millionen Franken für den Kauf von Rüstungsmaterial mit 122 zu 47 Stimmen bei drei Enthaltungen gut. Die Nein-Stimmen kamen von SP und Grünen. Das Geschäft geht nun an den Ständerat. Eine rot-grüne Minderheit hätte nicht auf das Programm eintreten wollen. ES enthält unter anderem einen Kredit für die Modernisierung des Einsatznetzes Verteidigung. Die Führungs- und Informatiksysteme der Armee sowie von zivilen Krisenstäben und Blaulichtorganisationen sollen in einer gesicherten Telekom-Infrastruktur verbunden werden.

  • ARMEE-IMMOBILIEN: Die Armee kann in den kommenden Jahren weitere 505,5 Millionen Franken für ihre Immobilien ausgeben. Der Nationalrat stimmte mit 133 zu 22 Stimmen bei 25 Enthaltungen als Zweitrat der Immobilienbotschaft 2013 zu. Wichtigstes Projekt ist ein neues, besonders geschütztes Rechenzentrum, für dessen Bau in einer ersten Etappe 150 Millionen Franken vorgesehen sind. Das Zentrum ist Teil eines Milliardenprojekts des Bundes für ein geschütztes Datennetz, das die ganze Bundesverwaltung nutzen können soll. Die SP scheiterte mit einem Antrag, den Gesamtkredit auf 400 Millionen Franken zu senken. Es ergebe keinen Sinn, viel Geld in die Armeegebäude zu pumpen, wenn nicht klar sei, wie gross die Arme ein Zukunft noch sein werde.
  • SCHNEESPORT: Der Bund soll obligatorische Wintersporttage für Kinder und Jugendliche finanziell unterstützen. Der Nationalrat nahm eine Motion von Matthias Aebischer (SP/BE) mit 89 gegen 87 Stimmen bei 15 Enthaltungen an. Stimmt auch der Ständerat zu, muss der Bundesrat das nationale Sportförderungskonzept anpassen. Für viele Familien sei Schneesport kaum mehr finanzierbar, unter anderem weil in den Schulen keine Sportgeräte mehr günstig zu mieten seien, hatte Aebischer den Vorstoss begründet. Bundespräsident Ueli Maurer stellte zwar fest, dass die Kinder weniger Schneekontakt hätten und Wintersport für Familien teurer geworden sei. Die Motion befürworten und damit in die Hoheit der Kantone eingreifen wollte er aber doch nicht. Eine bessere Möglichkeit, den Schneesport zu fördern, sah Maurer in den geplanten nationalen Schneesportzentren.
  • SPORTFÖRDERUNG: Der Bund soll Sportanlässe sowie den Breiten- und Spitzensport stärker fördern. Er hiess mit 169 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Motion gut, die einige Projekte aus der gescheiterten Olympia-Kandidatur retten will. Dafür soll auch Geld fliessen. Sportminister Ueli Maurer zeigte sich zwar mit der Stossrichtung einverstanden, lehnte die Motion aber dennoch ab, weil er zuerst die Meinung der Kantone einholen will. Im Wissen um deren Meinung werde der Bundesrat im kommenden Jahr ein Leistungssportkonzept verabschieden, sagte er.
  • STRASSENVERKEHR: Der Nationalrat will die obligatorischen Weiterbildungskurse für Neulenkerinnen und Neulenker abschaffen. Er hat mit 109 zu 75 Stimmen bei 8 Enthaltungen eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion angenommen. Für das Anliegen hatte Christian Wasserfallen (FDP/BE) geworben. Der Führerschein auf Probe habe sich bewährt, stellte er fest. Die Wirkung der obligatorischen Weiterbildungskurse habe dagegen nicht nachgewiesen werden können. Wasserfallen argumentierte auch mit den Kosten der Weiterbildungskurse. Es sei nicht notwendig, alle Autolenker nach bestandener Prüfung nochmals zur Kasse zu bitten. Verkehrsministerin Doris Leuthard pflichtete Wasserfallen teilweise bei. Das System müsse verbessert werden, sagte sie. Die Abschaffung der Kurse sei aber der falsche Weg.
  • GEWÄSSERSCHUTZ: Der Nationalrat will die erst vor kurzem beschlossenen Regeln zum Gewässerschutz bereits wieder lockern. Er hat eine entsprechende Motion von Leo Müller (CVP/LU) mit 104 zu 82 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Die neuen Regeln sind seit 2011 in Kraft. Beschlossen hatte das Parlament sie als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Lebendiges Wasser", die in der Folge zurückgezogen wurde. "Eine Änderung der gesetzlichen Bestimmungen würde den politischen Kompromiss unterlaufen", schrieb der Bundesrat in seiner Antwort auf den Vorstoss. Stimmt auch der Ständerat zu, muss der Bundesrat das Gesetz so ändern, dass die minimale Breite des Gewässerraumes unterschritten werden kann. So oder so muss der Bundesrat einen Bericht zum Thema vorlegen, denn der Nationalrat hiess neben der Motion auch ein Postulat dazu gut.
  • SMART-GRID: Um die Verbreitung von intelligenten Stromsystemen (Smart-Grid) zu beschleunigen, soll der Bundesrat nach Meinung des Nationalrats die Definition allgemeingültiger Standards prüfen. Der Nationalrat nahm mit 129 zu 59 Stimmen eine entsprechende Motion von Jürg Grossen (GLP/BE) an. Aus Grossens Sicht fehlt es den Stromversorgern an Investitionssicherheit, da Normfragen offen sind. Standards sollen offen und international anerkannt sein und in Zusammenarbeit mit den Kantonen und der Wirtschaft erarbeitet werden. Der Bundesrat lehnte die Forderung ab. Die Verbreitung werde eher gehemmt, wenn man eine Regulierung in Aussicht stelle, da dann die Akteure auf diese warteten, statt zu investieren, sagte Energieministerin Doris Leuthard.
  • INTERNET: Die Anbieter von Webseiten sollen sich nach dem Willen des Nationalrates freiwillig dazu verpflichten können, ihre Seiten kinder- und jugendgerecht zu gestalten. Der Bund soll sie dabei mit der Schaffung eines Qualitätslabels unterstützen. Der Nationalrat hiess eine entsprechende Motion von Viola Amherd (CVP/VS) mit 106 zu 80 Stimmen gut. Amherd begründete ihren Vorstoss damit, dass Schutzmassnahmen am eigenen Computer kaum etwas nützten, weil die Mehrheit der Kinder an mehreren Orten oder mit dem Smartphone ins Netz gingen. Medienministerin Doris Leuthard sprach sich gegen die Motion aus. Das Anliegen fänden zwar alle richtig, sagte sie. Doch: "Die Frage ist, wie man das richtig umsetzt." Da die meisten Anbieter von Webseiten und Social-Media-Plattformen im Ausland ansässig seien, sei die Schweizer Gesetzgebung für sie nicht relevant. Sie kündigte zudem einen Bericht zum Thema an.
  • GÜTERVERKEHR: Der Bundesrat muss zur Schliessung von Verladebahnhöfen zusätzliche Berechnungen erstellen. Der Nationalrat hiess mit 102 zu 84 Stimmen ein Postulat gut, das Auskunft zu volkswirtschaftlichen Auswirkungen verlangt. Erich von Siebenthal (SVP/BE) befürchtet, dass die Wald- und Holzbranche längere Wege in Kauf nehmen muss und dadurch für diese, aber auch für die Allgemeinheit, die Kosten steigen könnten. Auch der Verkehr bei den verbleibenden Verladepunkten könnte stark steigen. Von Siebenthal verwies auf die wichtige Funktion des Schweizer Waldes.
  • IMMUNITÄT: Parlamentsmitglieder sollen nicht beim Ratsplenum Rekurs machen können, wenn die zuständigen Kommissionen ihre relative Immunität aufheben. Der Nationalrat hat einer parlamentarischen Initiative mit 127 zu 52 Stimmen keine Folge gegeben. Es sei nicht einzusehen, weshalb einzelne Ratsmitglieder in der stillen Kammer über die Immunität eines Ratsmitgliedes endgültig befinden könnten, begründete Caspar Baader (SVP/BL) die Forderung. Letztlich sei das ja immer ein politischer Entscheid. Namens der Mehrheit der Staatspolitischen Kommission sagte Kurt Fluri (FDP/SO), dass bei Entscheiden über die Aufhebung der Immunität parteipolitische Kriterien gegenüber der rechtlichen Beurteilung eine untergeordnete Rolle spielen müssten. Rechtsmittel seien nicht angebracht, weil die Aufhebung der Immunität ein Verwaltungsentscheid sei.
  • PARLAMENTSBETRIEB: Computerprobleme machen auch vor Parlamentarierinnen und Parlamentariern nicht Halt: Geht ein Ratsmitglied aber zum parlamentseigenen Informatikdienst, hilft dieser heute nur Microsoft-Nutzern. Wer einen "Apple" besitzt, muss sich auswärts Hilfe suchen. Daran ändert sich vorerst auch nichts, da der Nationalrat eine Ausdehnung des IT-Supports auf Nicht-Microsoft-Produkte ablehnte. Die Mehrheit lehnte den Vorstoss von Jacqueline Fehr (SP/ZH) wegen der befürchteten Mehrkosten von jährlich über einer halben Million Franken ab. Die Mehrzahl der Ratsmitglieder nimmt das angebotene Standardsystem in Anspruch. Wer dies nicht will, erhält Geld, um selbst ein Gerät zu beschaffen.
  • STRASSENVERKEHR: Der Bundesrat soll sich für eine rasche Verbindung der Rheintal-Autobahnen in der Schweiz und in Österreich einzusetzen, damit die Dörfer in Grenznähe vom Verkehr entlastet werden. Der Nationalrat hat eine entsprechende Motion von Walter Müller (FDP/SG) mit 101 zu 76 Stimmen bei 14 Enthaltungen angenommen. Die Landesregierung selbst sieht keinen Handlungsbedarf: Nach Verzögerungen wegen einer Einsprache der Linienführung der Autobahn im Nachbarland sei das Planungsverfahren in Österreich nun wieder angelaufen, und der Kanton St. Gallen sei daran beteiligt, hielt sie fest. Eine zusätzliche Intervention des Bundesrates dränge sich nicht auf. Laut Verkehrsministerin Doris Leuthard steht bei Treffen mit der österreichischen Verkehrsministerin die Autobahn-Verbindung im Rheintal regelmässig auf der Traktandenliste.
  • KRIMINALITÄT: Von der Polizei gesuchte Kriminelle, die beim Verüben einer schweren Straftat gefilmt oder fotografiert werden, sollen am Fernsehen nicht mit ihrem Gesicht gezeigt werden müssen. Der Nationalrat lehnte eine Motion von Yannick Buttet (CVP/VS) ab und folgte damit dem Antrag des Bundesrates. Dieser hatte argumentiert, dass in gewissen Fällen im Interesse der öffentlichen Sicherheit oder der Sicherheit von Personen zwar Fahndungsbilder ausgestrahlt werden müssten, auf Anweisung der Polizei. Doch es gebe auch Fälle, in denen Persönlichkeitsrechte von Betroffenen und polizeitaktische Überlegungen gegen das Zeigen eines Täterbildes sprächen. Ob ein Bild gezeigt werden müsse, liege im Ermessen der Strafverfolgungsbehörden.
  • SCHWEIGEMINUTE: Der Nationalrat hat mit einer Schweigeminute des am vergangenen Dienstag verstorbenen Bundesrichters Bernard Corboz gedacht. Der freisinnige Genfer war seit 1981 am Bundesgericht, zuerst als nebenamtlicher Richter und zuletzt als Richter in der Ersten zivilrechtlichen Abteilung. Er verstarb im Alter von 65
    Jahren. 2005 und 2006 war er Vizepräsident des Bundesgerichts.

Der Ständerat in Kürze

(sda) ENERGIEWENDE: Der Ständerat will die Betreiber von Atomkraftwerken in den nächsten Jahren nicht zusätzlich belasten. Er hat es am Donnerstag abgelehnt, dass sie die für die Stilllegung und Entsorgung nötigen Mittel schon nach 40 statt 50 Betriebsjahren eingezahlt haben müssen. Im Nationalrat hatte sich noch eine Mehrheit für eine schnellere Einzahlung ausgesprochen. Der Ständerat kam den Kraftwerkbetreibern mit einem weiteren Entscheid entgegen. Er stimmte einer Motion aus dem Nationalrat oppositionslos zu, die den Betreibern eine grössere Flexibilität für die Einzahlungen in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds einräumen will. Wird ein AKW endgültig vom Netz genommen, bevor es 50 Betriebsjahre auf dem Buckel hat, soll der Betreiber die verbleibenden Einzahlungen in den Fonds gestaffelt tätigen können.

  • KRIEGSMATERIAL: Aus der Sicht des Ständerats gelten für die Schweizer Rüstungsindustrie im Vergleich zum Ausland zu strenge Regeln. Er will deshalb die Auflagen für den Kriegsmaterialexport senken. Heute dürfen Waffen und Munition nicht in Länder geliefert werden, in denen "Menschenrechte systematisch und schwerwiegend verletzt werden". Der Ständerat will Exporte auf Vorschlag seiner Sicherheitskommission nur noch dann verbieten, wenn ein Risiko besteht, dass das Material für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt wird. Den Anstoss für die Motion hatte die schwierige wirtschaftliche Situation der Schweizer Rüstungsindustrie gegeben. Dies bewog auch den Bundesrat, sich hinter die Lockerung zu stellen. Die Ratslinke wehrte sich vergeblich dagegen, der Vorstoss geht nun in den Nationalrat.
  • ZWEITWOHNUNGEN: Der Staat soll sich nicht einmischen, wenn es um die Vermietung von Zweitwohnungen geht. Der Ständerat hat eine Motion aus dem Nationalrat mit 22 zu 14 Stimmen bei 3 Enthaltungen abgelehnt. Diese hätte den Bundesrat beauftragt, Vorschläge zur besseren Auslastung von Zweitwohnungen zu machen. Bundesrätin Doris Leuthard sagte allerdings, der Bundesrat werde im Rahmen der Gesetzgebung zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative ohnehin Vorschläge vorlegen. Die Befürworter gaben zu bedenken, viele Zweitwohnungen würden nur während acht Wochen im Jahr genutzt. Die Gegner machten geltend, es sei keine staatliche Aufgabe, die Vermietung von Wohnungen zu unterstützen.
  • ZUWANDERUNG: Der Bundesrat soll Massnahmen ergreifen, um das Potenzial inländischer Arbeitskräfte besser auszuschöpfen, und darüber Bericht erstatten. Der Ständerat hat stillschweigend ein entsprechendes Postulat von Karin Keller-Sutter (FDP/SG) angenommen. Der Bundesrat stellte sich nicht gegen den Auftrag. Sein Departement habe eine Fachkräfteinitiative lanciert mit dem Ziel, die Fachkräftenachfrage bis 2020 vermehrt durch Personen aus der Schweiz abzudecken, sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann.
  • WÄHRUNGSPOLITIK: Der Ständerat will keine Versicherung gegen Währungsschwankungen schaffen. Er hat eine Standesinitiative des Kantons Wallis mit 21 zu 6 Stimmen abgelehnt, mit der ein Beitrag zur Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen in der Schweiz geleistet werden sollte. Damit sollte die Versicherung eine ähnliche Funktion haben wie die Exportrisikoversicherung. Aus der Sicht der kleinen Kammer ist eine solche Versicherung angesichts des von der Nationalbank festgelegten Euro-Mindestkurses aber nicht nötig. Der Mindestkurs war und sei der richtige Weg, sagte Pankraz Freitag (FDP/GL). Die Initiative geht nun in den Nationalrat.
  • JUGENDARBEITSLOSIGKEIT: Der Ständerat hat sich am Donnerstag mit Jugendarbeitslosigkeit befasst. Dies im Zusammenhang mit einem Postulat von Thomas Minder (parteilos/SH), das zurückgezogen wurde. Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann hatte gesagt, es werde sehr viel getan, um die Jugendarbeitslosigkeit minimal zu halten. Ausserdem sei schon ein Bericht in Arbeit. Schneider-Ammann äusserte sich auch zu einem Projekt, arbeitslosen Jugendlichen aus dem Ausland Lehrstellen zu bieten. Es gehe um wenige Lehrstellen, die in der Schweiz nicht besetzt werden könnten, stellte er klar. Die Schweiz würde damit einen kleinen Beitrag leisten, denn das Problem der Jugendarbeitslosigkeit in Europa betreffe auch sie.
  • STRASSENVERKEHR: Der Ständerat will Roller- und Motorradfahrern nicht generell erlauben, an stehenden Kolonnen vorbeizufahren und die Busspuren zu benützen. Er hat mit 24 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, einer entsprechenden Petition keine Folge zu geben. Die Mehrheit befand, für die Markierung und Organisation von Busspuren seien die Kantone zuständig. Auch weitere Petitionen waren chancenlos. Insgesamt lehnte der Ständerat neun Petitionen ab, darunter eine, welche die sofortige Abschaltung der Atomkraftwerke Beznau und Mühleberg verlangte.
  • BRÜTTENER TUNNEL: Der Ständerat hat stillschweigend eine Standesinitiative des Kantons Zürich abgelehnt, welche vom Bund verlangt, bis 2025 den Brüttener Tunnel in seiner kurzen Variante zu realisieren und die Finanzierung sicherzustellen. Der Rat folgte seiner Kommission. Diese hatte argumentiert, die eidgenössischen Räte hätten im Rahmen der Beratungen zur FABI-Vorlage diesen Streckenabschnitt als Projektauftrag im Ausbauschritt 2025 berücksichtigt. Über die Standesinitiative muss noch der Nationalrat befinden.
  • SCHWEIGEMINUTE: Der Ständerat hat mit einer Schweigeminute des am vergangenen Dienstag verstorbenen Bundesrichters Bernard Corboz gedacht. Der freisinnige Genfer war seit 1981 am Bundesgericht, zuerst als nebenamtlicher Richter und zuletzt als Richter in der Ersten zivilrechtlichen Abteilung. Er verstarb im Alter von 65
    Jahren. 2005 und 2006 war er Vizepräsident des Bundesgerichts.

 

Mittwoch, 25. September

Der Nationalrat in Kürze

(sda) STRAFRECHT: Der Nationalrat will die Geldstrafe einschränken, aber nicht abschaffen. Er lehnte am Mittwoch eine Rückkehr zum alten Bussensystem, wie es vor 2007 galt, deutlich ab. Die SVP, die das heutige System für grundsätzlich ungeeignet und kompliziert hält, wollte zum alten System zurück. Justizministerin Simonetta Sommaruga und die übrigen Parteien zeigten sich überrascht über die Forderung: Niemand habe sich im Vernehmlassungsverfahren dahingehend geäussert. Da mit eingeschränkter Geldstrafe wieder mehr Menschen Freiheitsstrafen verbüssen müssen, will es der Nationalrat den Kantonen erlauben, Fussfesseln für den Strafvollzug einzusetzen. Heute ist das versuchsweise erlaubt. In der Gesamtabstimmung nahm der Rat die Vorlage mit 77 zu 54 Stimmen bei 52 Enthaltungen an.

  • LADENÖFFNUNGSZEITEN: Nur drei Tage nach der Volksabstimmung über die Tankstellenshops hat sich der Nationalrat für eine weitere Liberalisierung im Detailhandel ausgesprochen: Kleine Läden in Randregionen sollen sonntags Personal beschäftigen dürfen. Stimmt der Ständerat ebenfalls zu, muss der Bundesrat den Räten eine Änderung des Arbeitsgesetzes vorlegen. Gefordert hatte die neuerliche Liberalisierung der Walliser CVP-Nationalrat Yannick Buttet. Er machte geltend, Bewohner von Randregionen seien benachteiligt, da sie vom Angebot in urbanen Zentren, Bahnhöfen und entlang der Hauptverkehrsachsen nicht profitieren könnten. Die Gewerkschaften hatten die Liberalisierung für Tankstellenshops, welche das Stimmvolk am Sonntag mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 56 Prozent annahm, nicht zuletzt mit Blick auf weitere Begehren für Liberalisierungen im Detailhandel bekämpft.
  • TOURISMUS: Pistenfahrzeuge in Skigebieten sollen die Treibstoffsteuern nicht mehr voll bezahlen müssen. Der Nationalrat überwies als Zweitrat mit 110 zu 68 Stimmen bei 10 Enthaltungen als Zweitrat eine entsprechende Motion. Weil sie die Strasse nicht benutzen, sollen die Fahrzeuge diese auch nicht mit der Mineralölsteuer finanzieren müssen. Das Parlament will mit der Steuerbefreiung den Tourismus fördern. Die Steuerbefreiung würde zu Einbussen von 10 bis 11 Millionen Franken führen. Zugestimmt haben SVP, FDP und CVP. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf warnte vor einem Präjudiz: Andere Branchen dürften nun ebenfalls eine Ausnahme verlangen.
  • WETTBEWERBSRECHT: Die Wettbewerbskommission (WEKO) der Schweiz soll besser mit der europäischen Wettbewerbsbehörde zusammenarbeiten können. Der Nationalrat hat ein Abkommen mit der EU mit 128 zu 44 Stimmen gutgeheissen, gegen den Willen der SVP. Der Vertrag betrifft nur die Verfahren, nicht aber den Inhalt des Kartellrechts. Heute arbeiten die Wettbewerbsbehörden von EU und Schweiz nur informell zusammen. Diese mangelnde Zusammenarbeit sei ein Nachteil, sagte Prisca Birrer-Heimo (SP/LU) im Namen der vorberatenden Wirtschaftskommission. Der Zugang zu Beweismitteln sei erschwert, es komme zu Doppelspurigkeiten und Entscheide zu ähnlichen Fällen mangle es an Kohärenz. Die Vorlage geht nun an den Ständerat. In der EU muss das Abkommen vom EU-Parlament gutgeheissen werden.
  • IMMOBILIEN: Für Sanierungen und Neubauten von Immobilien des Bundes hat der Nationalrat wie vom Bundesrat beantragt 378 Millionen Franken gesprochen. Grösster Brocken ist die dritte Etappe der Sanierung des Landesmuseums in Zürich für 95 Millionen Franken. 29,8 Millionen Franken beantragt der Bundesrat in der Immobilienbotschaft unter der Federführung des Finanzdepartements (EFD) für die Sanierung des Bundeshauses Nord. Weitere 23,2 Millionen Franken gehen nach Brig-Glis im Kanton Wallis für neue Zollanlagen. Zahlreiche weitere Bauprojekte sind in einem 200-Millionen-Franken-Kredit zusammengefasst und 30 Millionen Franken dienen MeteoSchweiz für einen 15-jährigen Mietvertrag.
  • AUSTAUSCHPROGRAMME: Die Schweiz kann sich in den Jahren 2014 bis 2020 an den Bildungs-Austauschprogrammen mit der EU beteiligen. Das hat der Nationalrat als Zweitrat beschlossen und den erforderlichen Kredit von 305,5 Millionen Franken gutgeheissen. Die Programme ermöglichen vorwiegend jungen Menschen aus der Schweiz Aufenthalte im Ausland. Ein Teil der SVP-Fraktion wollte nicht auf die Vorlage eintreten. Von der SVP in der Folge eingebrachte Kürzungsanträge lehnte der Rat ab. 2012 nahmen rund 6300 Schweizer und Schweizerinnen, etwa Studierende, Lernende und Lehrkräfte, an den "Erasmus"-Programmen teil. Das Geschäft ist bereit für die Schlussabstimmungen.
  • RICHTERWAHLEN: Francesco Parrino wird Bundesrichter. Die vereinigte Bundesversammlung hat den SP-Kandidaten als Nachfolger von Aldo Borella gewählt, mit 152 von 238 gültigen Stimmen. Die FDP präsentierte eine Kampfkandidatur, scheiterte aber. Die SP ist am Bundesgericht insgesamt stärker untervertreten als die FDP. In der Sozialversicherungsabteilung hat die Linke mit dem neuen Richter nun aber die Mehrheit. Dies wollte die FDP verhindern. Das sei effizienter als über Bundesgerichtsurteile zu lamentieren, sagte Fraktionschefin Gabi Huber (UR). Unterstützt wurde die FDP von der CVP-Fraktion. Die SVP dagegen unterstützte den offiziellen Kandidaten, wohl nicht zuletzt mit Blick auf zwei Stellen am Bundesverwaltungsgericht, für die SVP-Richter vorgesehen waren. Die FDP warf der SVP in der Folge ein "doppelbödiges Spiel" vor.
  • UMWELT: Der Bundesrat muss sich dafür einsetzen, dass offene Flächen in den Alpen und in den Voralpen nicht weiter verbuschen und von Wald überwachsen werden. Das fordert das Parlament mit einer Motion, die der Nationalrat überwiesen hat. Motionär Erich von Siebenthal (SVP/BE) hatte seinen Vorstoss damit begründet, dass zunehmende Verbuschung und der sich ausdehnende Wald nicht nur die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen verkleinern, sondern auch der Artenvielfalt und dem Tourismus zusetzen würden. Der Bundesrat war gegen die Motion. Er verwies auf gesetzliche Grundlagen, mit denen der Verbuschung und Verwaldung bereits Einhalt geboten werden könne.
  • AUFGABENTEILUNG: Der Nationalrat will vom Bundesrat eine Analyse zu allen Aufgaben, die Bund und Kantone gemeinsam finanzieren oder für die die sie gemeinsam die Verantwortung tragen. Er hat eine entsprechende Motion der Finanzkommission mit 111 zu 72 Stimmen angenommen. Diese liegt nun beim Ständerat. Die Landesregierung soll für jede Aufgabe darlegen, ob diese allein den Kantonen oder dem Bund übertragen werden oder ob sie weiterhin eine gemeinsam erfüllt werden soll. Ausserdem muss der Bundesrat den Finanzierungsschlüssel aufführen. Der Bundesrat ist gegen die Motion. Nach der Einführung der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung (NFA) 2008 sei es noch zu früh, weitere Entflechtungen zu prüfen, hielt er fest.
  • FINANZPLATZ: Der Nationalrat hat mit 118 zu 68 Stimmen eine Motion angenommen, die eine Expertengruppe zur Zukunft des Finanzplatzes fordert. Eine solches breit abgestütztes Gremium unter der Leitung des Wirtschaftsprofessors Aymo Brunetti hatte der Bundesrat vor zwei Wochen bereits eingesetzt. Die Motion stammt aus einer Zeit, als der Bundesrat zwar eine Gruppe eingesetzt, darin aber die Branche nicht berücksichtigt hatte. Sie hält explizit fest, dass auch Wirtschaftsvertreter zugegen sein müssen. Im Gegensatz zum Ständerat will der Nationalrat auch Vermögensverwalter und Treuhänder berücksichtigt wissen. Deshalb geht der Vorstoss nochmals an den Ständerat.
  • ZUWANDERUNG: Der Bundesrat muss in einem Bericht aufzeigen, wie dank gezielter Aus- und Weiterbildung bereits zugewanderte Personen besser in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Der Nationalrat hat ein Postulat von Gerhard Pfister (CVP/ZG) mit 119 zu 49 Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen. Nach wie vor wanderten sehr viele Personen in die Schweiz ein, begründete Pfister seinen Vorstoss. Da im Inland nicht genügend ausgebildete Fachkräfte vorhanden seien, werde sich dieser Trend fortsetzen. Insbesondere im Gesundheitsbereich und in der Altenpflege verschärfe sich der Arbeitskräftemangel zusehends. Alle Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen, sei aber nicht nachhaltig. Der Bundesrat hatte dem Rat beantragt, das Postulat abzulehnen.

Der Ständerat in Kürze

(sda) GÜTERVERKEHR: Der Ständerat hat am Mittwoch 990 Millionen Franken für den Bau und die Finanzierung eines Vier-Meter-Korridors auf der Gotthard-Achse freigegeben. Er will für das Bahn-Grossprojekt aber kein Geld aus der Strassenkasse nehmen, wie dies die vorberatende Kommission vorgeschlagen hatte. Gegen eine Querfinanzierung wehrten sich insbesondere die Vertreter der bürgerlichen Parteien. In der Transportbranche werden immer häufiger Sattelauflieger mit einer Eckhöhe von vier Metern eingesetzt. Um das Verlagerungsziel zu erreichen, ist der Bau eines entsprechenden Korridors deshalb unerlässlich. Der Ständerat erhöhte den Kredit im Vergleich zum Vorschlag des Bundesrats um 50 Millionen Franken auf 990 Millionen Franken. Mit dem zusätzlichen Geld sollen Ausbauten auf der italienischen Seite der Lötschberg-Simplon-Achse finanziert werden.

  • RICHTERWAHLEN: Francesco Parrino wird Bundesrichter. Die vereinigte Bundesversammlung hat den SP-Kandidaten als Nachfolger von Aldo Borella gewählt, mit 152 von 238 gültigen Stimmen. Die FDP präsentierte eine Kampfkandidatur, scheiterte aber. Die SP ist am Bundesgericht insgesamt stärker untervertreten als die FDP. In der Sozialversicherungsabteilung hat die Linke mit dem neuen Richter nun aber die Mehrheit. Dies wollte die FDP verhindern. Das sei effizienter als über Bundesgerichtsurteile zu lamentieren, sagte Fraktionschefin Gabi Huber (UR). Unterstützt wurde die FDP von der CVP-Fraktion. Die SVP dagegen unterstützte den offiziellen Kandidaten, wohl nicht zuletzt mit Blick auf zwei Stellen am Bundesverwaltungsgericht, für die SVP-Richter vorgesehen waren. Die FDP warf der SVP in der Folge ein "doppelbödiges Spiel" vor.
  • BÜRGERRECHT: Wer während vieler Jahre als vorläufig Aufgenommener in der Schweiz gelebt hat, soll ein Einbürgerungsgesuch stellen können, sobald er eine Niederlassungsbewilligung erhalten hat. Der Ständerat will die Jahre der vorläufigen Aufnahme bei der Berechnung der Aufenthaltsdauer weiterhin anrechnen. Mit 28 zu 12 Stimmen sprach er sich dafür aus, bei der Totalrevision des Bürgerrechtsgesetzes in diesem Punkt dem Bundesrat zu folgen. Der Nationalrat dagegen möchte die Jahre der vorläufigen Aufnahme nicht mehr zur Aufenthaltsdauer zählen. Die Betroffenen müssten damit bei Null beginnen, wenn sie eine Niederlassungsbewilligung erhalten. Über andere Neuerungen im Bürgerrechtsgesetz hatte der Ständerat bereits vergangene Woche entschieden. Die Vorlage geht nun zurück an den Nationalrat, der die Hürden für die Einbürgerung generell stärker erhöhen möchte als der Ständerat.
  • WASSERKRAFT: Der Bundesrat muss prüfen, wie die Erweiterung bestehender Wasserkraftwerke stärker gefördert werden könnte - und ob Pumpspeicherkraftwerke mit zinsgünstigen Krediten des Bundes unterstützt werden könnten. Der Ständerat hat mit 25 zu 6 Stimmen bei 6 Enthaltungen entsprechende Forderungen aus einem Postulat von Stefan Engler (CVP/GR) angenommen. Die in der Energiestrategie 2050 vorgesehenen Rahmenbedingungen für die Wasserkraft reichten nicht, um die Produktionsziele zu erreichen, argumentierte Engler. Energieministerin Doris Leuthard räumte ein, die Situation für die Schweizer Wasserkraftwerke sei derzeit schwierig. Es stelle sich aber die Frage, ob es nach jahrzehntelangen Profiten nun Sache des Staates sei, sofort einzuspringen.
  • BAHNVERKEHR: Die eidgenössischen Räte würden auf der Hochrheinstrecke zwischen Schaffhausen und Basel gerne den Halbstundentakt sehen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einem Vorstoss seiner Verkehrskommission zugestimmt, mit dem das Angebot auf der auf deutschem Boden liegenden Verbindung verbessert werden soll. Die Strecke sei zu weiten Teilen nicht elektrifiziert und werde nur im Stundentakt befahren, machte die Kommission geltend. Nun muss der Bundesrat einen Bericht ausarbeiten, der aufzeigt, wie die Attraktivität der Strecke erhöht werden kann. In Zukunft sollen Schweizer Abonnemente anerkannt, attraktives Rollmaterial eingesetzt und zwischen St. Gallen und Basel durchgehende Züge angeboten werden.
  • FLUGLÄRM: Der Bundesrat muss einen Bericht zur Umsetzung des Fluglärmvertrages mit Deutschland vorlegen. Der Ständerat hat stillschweigend ein entsprechendes Postulat von Brigitte Häberli-Koller (CVP/TG) angenommen. Um den Vertrag beurteilen zu können, müssten die Auswirkungen auf die Regionen bekannt sein, hielt Häberli-Koller fest. Bisher habe der Bundesrat das Parlament und die betroffene Bevölkerung im Unklaren gelassen. Dies sei wenig hilfreich für die Beratungen in den kantonalen Parlamenten. Verkehrsministerin Doris Leuthard stellte sich nicht gegen den Auftrag. Der Bundesrat hatte bereits angekündigt, einen Bericht vorzulegen. National- und Ständerat haben dem Fluglärmvertrag zugestimmt. In Deutschland liegt der Vertrag dagegen auf Eis.

 

Dienstag, 24. September

Der Nationalrat in Kürze

(sda) STRAFRECHT: Geldstrafen als Bestrafung sollen weniger, Freiheitsstrafen wieder mehr verhängt werden. Der Nationalrat sprach sich am Dienstag deutlich dafür aus, die Geldstrafe im Strafrecht zurückzudrängen, ohne aber die umstrittene bedingte Geldstrafe ganz abzuschaffen. Kritiker monieren, dass diesen die Abschreckungswirkung abgeht. Zurückdrängen will der Nationalrat die Geldstrafen auch damit, dass sie nur noch bis maximal 180 Tagessätzen verhängt werden kann. Heute liegt das Maximum bei 360 Tagessätzen. Der Nationalrat konnte die Beratung der erneuten Strafrechtsreform nicht beenden. Er wird sich am Mittwoch noch mit einem Antrag der SVP auseinandersetzen, der das Geldstrafensystem ganz abschaffen und das frühere Bussensystem wieder einführen will.

  • WAFFEN: Ob ältere Schusswaffen in der Schweiz registriert werden müssen oder nicht, bleibt offen. Der Nationalrat beschloss, auf seinen hauchdünnen Entscheid für eine Nachregistrierung zurückzukommen. Jakob Büchler (CVP/SG) machte ein juristisches Missverständnis geltend. Die Kommission sei der Auffassung gewesen, sie könne über den Vorstoss nur gesamthaft befinden, statt auch über einzelne Punkte. Christian van Singer (Grüne/VD) zeigte sich empört: Wenn jeder Abstimmungen wiederholen wolle, wenn er mit dem Resultat nicht zufrieden sei, würden die Beratungen doppelt so lange dauern. Zwar wird der Rat nun nochmals entscheiden. Der Bundesrat hat die Umsetzung der Forderung indes bereits in eine Vernehmlassung geschickt. Daran könnte er auch bei einem Nein des Nationalrates festhalten. Ob das Parlament der Gesetzesänderung am Ende zustimmen wird, ist angesichts der knappen Mehrheitsverhältnisse aber ungewiss.

Der Ständerat in Kürze

(sda) LÖHNE: Der Ständerat empfiehlt die Mindestlohn-Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung, und dies mit 31 zu 13 Stimmen. Das Begehren von Gewerkschaften verlangt, dass mit Gesamtarbeitsverträgen oder im Gesetz Löhne vorgeschrieben werden, von dem Menschen mit einer Vollzeit-Stelle leben können. SP und Grüne hätten die Initiative unterstützen wollen. Tatenlos bleiben wollte der Ständerat aber nicht. Er nahm eine Motion an, die den Bundesrat beauftragt, bei den flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit Vollzugsdefizite aufzuzeigen und anzugehen. Die Verfahren für Gesamtarbeitsverträge und Normalarbeitsverträge sollen beschleunigt werden. Die Gegner der Initiative argumentierten, dass Mindestlohn-Vorschriften die Schweizer Wirtschaft und das Erfolgsmodell des flexiblen Arbeitsmarktes gefährden würden. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.

  • VIEHSCHAUEN: Der Ständerat stört sich daran, dass Viehschauen seit Anfang Jahr vom Bund nicht mehr finanziell unterstützt werden. Er hat mit 22 zu 14 Stimmen einem Vorstoss zugestimmt, der die Wiedereinführung der Bundesbeiträge verlangt. "Viehschauen bedeuten für die Züchter einen riesigen Aufwand", sagte Motionär Roberto Zanetti (SP/SO). Falle nun der bescheidene Bundesbeitrag von zuletzt 300'000 Franken pro Jahr weg, könnte auch die Zahl der Viehschauen zurückgehen. Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann empfahl die Vorlage erfolglos zur Ablehnung, zeigte sich aber beeindruckt vom Einsatz der Ständerate für die Tradition der Viehschauen. Nun hat sich der Nationalrat mit dem Thema zu befassen.
  • BIENENSTERBEN: Der Bundesrat muss bis Ende 2015 die Ursachen des Bienensterbens wissenschaftlich untersuchen lassen und die nötigen Schutzmassnahmen ergreifen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einen entsprechenden Vorstoss angenommen. Der Bund entschied in diesem Jahr, den Einsatz von drei Wirkstoffen, die zur Vorbehandlung von Saatgut eingesetzt werden, ab Anfang Dezember vorerst für zwei Jahre zu suspendieren. Mit ihrer Motion will die nationalrätliche Umweltkommission nun den "maximalen Nutzen" aus dieser Suspendierung ziehen. In dieser Zeit müssten fundierte Massnahmen zur Bienengesundheit erarbeitet werden. Auch der Bundesrat hatte sich für die Annahme der Motion ausgesprochen.
  • DIPLOMATIE: Der Leiter Internationale Beziehungen der Bundesversammlung darf in Zukunft den Botschaftertitel tragen. Der Bundesrat hat sich nach anfänglichem Widerstand zu diesem Schritt durchgerungen. Das Ratsbüro des Ständerats konnte deshalb seine parlamentarische Initiative zurückziehen, die eben diesen Botschaftertitel gefordert hatte. Erste Forderungen nach dem Botschaftertitel hatte der Bundesrat mit Verweis auf die restriktive Praxis bei diplomatischen Titeln noch abgewiesen. Im vergangenen Juli zeigte er sich dann bereit, dem Verantwortlichen für internationale Beziehungen den Botschaftertitel "im Sinn einer einmaligen Ausnahme" zu verleihen.
  • SCHWEIZ - USA: Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU könnte für die Schweizer Wirtschaft sowohl negative als auch positive Auswirkungen haben. Zwei Studien kämen zu einem jeweils unterschiedlichen Schluss, teilte der Bundesrat auf eine Anfrage aus dem Ständerat mit. Indem die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA), zu der auch die Schweiz gehört, den Verhandlungsprozess überwache, könne die Schweiz ihre Interessen gegenüber den USA sicherstellen. Ausserdem kläre eine in diesem Frühjahr eingesetzte Arbeitsgruppe der Bundesverwaltung ab, wie die Auswirkungen eines Abkommens zwischen den USA und der EU auf die Schweiz aussehen könnten. Die Risiken für die Schweizer Wirtschaft liessen sich derzeit noch nicht abschätzen, sagte Volkswirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann.

 

Montag, 23. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) SCHUSSWAFFEN: Alle Gewehre und Pistolen in der Schweiz sollen künftig in einem Register erfasst sein. Der Nationalrat hiess am Montag mit hauchdünner Mehrheit von 87 zu 86 Stimmen bei acht Enthaltungen eine Motion mit dieser Forderung gut. Heute sind in der Schweiz nur Waffen in den kantonalen Waffenregistern eingetragen, die nach dem 12. Dezember 2008 gekauft wurden. Millionen ältere Waffen sind nicht registriert. Die Nachregistrierung wünschten die Kantone im Rahmen der gesetzlichen Arbeiten, die eine Vernetzung der kantonalen Waffenregister ermöglichen soll. Der Ständerat stimmte bereits zu. Beim Bundesrat laufen auch schon die Umsetzungsarbeiten. Diesen muss das Parlament nochmals zustimmen.

  • STRAFVOLLZUG I: Die mehrtägige Flucht eines verurteilten Sexualstraftäters im Jahr 2011 hallt nach: Der Nationalrat hat mit 95 zu 79 Stimmen einen Vorstoss angenommen, der Hafturlaube und Ausgänge für Verwahrte verbieten will. Für lebenslänglich Verwahrte sind bereits heute keine solchen Vollzugsöffnungen erlaubt. Diese Regelung soll nun auf alle Verwahrten ausgedehnt werden. Die Sicherheit der Bevölkerung sei höher zu gewichten als das Wohlbefinden von verwahrten Tätern, sagte Motionärin Natalie Rickli (SVP/ZH). Justizministerin Simonetta Sommaruga argumentierte, ein Verbot von Hafturlauben und Ausgängen für Verwahrte führe nicht zu mehr, sondern vielmehr zu weniger Sicherheit. "Normal" Verwahrte könnten wieder in die Freiheit entlassen werden. Mit Vollzugsöffnungen könnten sie auf diese Zeit vorbereitet werden.
  • STRAFVOLLZUG II: In der Fragestunde des Nationalrats hat Justizministerin Simonetta Sommaruga zum Tötungsdelikt an der Genfer Sozialtherapeutin Stellung genommen. Der Bundesrat sei bestürzt, sagte sie. Nach solchen Taten stelle sich stets die Frage, was geändert werden müsse. Dies lässt der Bundesrat untersuchen, wie bereits bekannt war. Er hat eine Gesamtschau zum Strafvollzug angekündigt. Laut Sommaruga wird diese im ersten Quartal 2014 vorliegen. Ein Fragesteller wollte ausserdem wissen, warum seit der Annahme der Verwahrungsinitiative weniger Täter verwahrt würden. Sommaruga hielt dazu fest, dass das bislang verfügbare Material noch nicht reiche für eine Analyse.
  • HÄUSLICHE GEWALT: Opfer häuslicher Gewalt sollen vor der definitiven Einstellung eines Strafverfahrens zwingend nochmals angehört werden müssen. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat einen entsprechenden Vorstoss gutgeheissen, und zwar mit 126 zu 46 Stimmen. Die Gegenstimmen kamen vor allem aus den Reihen der SVP. Gemäss der Motionärin, der St. Galler FDP-Ständerätin Karin Keller-Sutter, zeigen die Staatsanwaltschaften heute eine Tendenz zur provisorischen Einstellung von Strafverfahren wegen häuslicher Gewalt. Werde dann das Opfer nicht von sich aus aktiv, würden die meisten der provisorisch eingestellten Verfahren schliesslich definitiv eingestellt. Der Bundesrat, der sich mit der Stossrichtung des Vorstosses einverstanden erklärt hatte, muss nun eine Gesetzesvorlage ausarbeiten.
  • US-GEHEIMDIENSTAFFÄRE: Die Tätigkeit von US-Geheimdiensten in der Schweiz hat den Nationalrat in der Fragestunde erneut beschäftigt. Zu einer mündlichen Debatte kam es aber nicht, obwohl Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) dies mit einem Ordnungsantrag verlangt hatte. Sie hatte nicht akzeptieren wollen, dass die Antworten wie bereits in der Vorwoche aus Zeitgründen schriftlich nachgereicht werden. Der Rat lehnte ihren Ordnungsantrag jedoch mit 56 zu 27 Stimmen ab. In den schriftlichen Antworten hiess es unter anderem, die Telekommunikationsnetzwerk Swift habe bisher keine Hinweise auf eine Kompromittierung des geschützten Datennetzes gefunden. Abgeklärt werde noch, ob allenfalls Daten über eine indirekte Infiltration der Bankennetzwerke abgeflossen sein könnten. Auslöser der Abklärungen sind Berichte über eine Abhörung des internationalen Zahlungsverkehrs und insbesondere der Swift.
  • RECHTSVERKEHR: Um einen Wildwuchs im elektronischen Rechtsverkehr zu verhindern, soll der Bund schweizweit gültige Vorschriften erlassen. Der Nationalrat überwies dazu als Zweitrat eine Motion mit der Forderung, der Bundesrat solle rechtliche, organisatorische und technische Vorkehrungen treffen für eine einheitliche Umsetzung in den Kantonen. Im Gegensatz zum Ständerat will der Nationalrat aber nicht, dass der Bund auch bereits die Arbeit für eine zentrale Plattform zur Aktenführung angeht. Umstritten daran ist, wie weit der Bund in die Autonomie der Kantone eingreifen soll und darf. Nach Ansicht des Nationalrats soll sich der Bundesrat zunächst die Details einer solchen Einrichtung prüfen.
  • DATENMATERIAL: Dem Nationalrat kann es bei der Öffnung der Datenbestände des Bundes nicht schnell genug gehen: Er hat einem Vorstoss zugestimmt, der weiter geht als die Pläne des Bundesrates. Motionärin Edith Graf-Litscher (SP/TG) fordert darin ein zentrales Verzeichnis aller Datenbestände des Bundes, den Aufbau eines Zugangsportals zu den öffentlich verfügbaren Daten sowie Massnahmen, um die zugänglichen Datenbestände bekannt zu machen. Der Bundesrat kündigte kürzlich eine Strategie zum Thema "Open Government Data" an. Dazu wurde ein Pilotportal aufgeschaltet. Nun brauche es eine weitere Öffnung, da "Open Government Data" erheblich zum Wirtschaftswachstum beitragen könne, sagte Graf-Litscher. Der Vorstoss geht in den Ständerat.
  • UNTERSUCHUNGSHAFT I: Bei der Gefahr einer erneuten Straftat soll eine Person, die sich in Untersuchungshaft befindet, auch dort bleiben. Das bekräftigte der Nationalrat, indem er eine entsprechende Motion guthiess. Heute wird dies vom Bundesgericht bereits so gehandhabt, auch wenn die Strafprozessordnung bei Fällen mit Wiederholungsgefahr eine Lücke aufweist. Nur wenn es sich um einen Wiederholungstäter handelt, lässt der Erlass die weitere Untersuchungshaft zu. Ein Täter muss also früher schon einmal ein Delikt verübt haben. Mit 164 zu 10 Stimmen bei vier Enthaltungen forderte der Nationalrat den Bundesrat dazu auf, den Passus zu ändern. Dazu zeigt sich der Bundesrat bereit. Das Geschäft geht nun in den Ständerat.
  • UNTERSUCHUNGSHAFT II: Opfer einer Straftat sollen künftig Beschwerde führen können, wenn der Täter aus der Untersuchungshaft entlassen werden soll. Dies fordert der Nationalrat. Er nahm eine Motion von Andy Tschümperlin (SP/SZ) mit 141 zu 35 Stimmen bei 3 Enthaltungen an. Wenn der Haftrichter jemanden aus der Untersuchungshaft entlässt, kann heute nur die Staatsanwaltschaft ein solches Urteil anfechten. Der Bundesrat lehnt die Forderung ab. Die Untersuchungshaft sei kein Mittel des Opferschutzes, hielt er fest. Dafür seien ausserprozessuale Massnahmen wie Polizeischutz geeigneter. Ausserdem machte er auch Umsetzungsschwierigkeiten geltend. Die Motion geht nun in den Ständerat.
  • KANTONSVERFASSUNGEN: Der Nationalrat hat stillschweigend Verfassungsänderungen in sieben Kantonen genehmigt, nämlich in Uri, Solothurn, Basel-Landschaft, Graubünden, Aargau, Neuenburg und Genf. Der Ständerat hatte die Änderungen schon vergangene Woche gutgeheissen. Dazu gehören etwa eine Ergänzung der Unvereinbarkeitsregelungen für das Kantonsparlament in Solothurn sowie eine Neuorganisation der Gerichtsorganisation und der Behörden im Zivilrecht in Basel-Landschaft. Ausserdem erklärt der Kanton Uri in der Verfassung neu den Kindergarten für obligatorisch. Gemäss Bundesverfassung muss eine Änderung der Kantonsverfassung vom Bund genehmigt werden.
  • BERICHTE: Der Nationalrat hat von Berichten von fünf Delegationen des Parlaments in internationalen Organisationen Kenntnis genommen. Es handelt sich um die Jahresberichte der Delegationen beim Parlament der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und dem Europäischen Parlament, bei der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), beim Europarat, bei der Interparlamentarischen Union sowie bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie.

Der Ständerat in Kürze

(sda) SÖLDNERFIRMEN: Das Parlament verbietet Söldnerfirmen, und von der Schweiz aus operierende private Sicherheitsfirmen dürfen sich nicht unmittelbar an Feindseligkeiten im Rahmen von bewaffneten Konflikten im Ausland beteiligen. Heikle Dienstleistungen im Ausland müssen sie vorgängig melden. Der Ständerat hat am Montag die letzte Differenz im Gesetz über die im Ausland erbrachten privaten Sicherheitsdienstleistungen bereinigt und die Vorlage für die Schlussabstimmungen bereitgemacht. Vor allem die Frage, welche Leistungen unter die Meldepflicht fallen, gab im Parlament zu diskutieren. Die Regulierung ins Rollen gebracht hatte der Umstand, dass die britische Aegis Group 2010 ihren Holding-Sitz nach Basel verlegt hatte.

  • KRIMINALITÄT: Das Grenzwachtkorps soll für die Bekämpfung der Kriminalität mehr Personal erhalten. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat an den Bundesrat überwiesen, mit 36 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen. Mit dem Vorstoss des Tessiner CVP-Nationalrats Marco Romano wird der Bundesrat beauftragt, die Anzahl Stellen für das Grenzwachtkorps zu erhöhen, damit die grenzüberschreitende Kriminalität und der Schmuggel wirksamer bekämpft werden können. Auch mit Blick auf Einwanderungsprobleme hofft der Motionär auf Besserung. Die Befürworter argumentierten, die Sicherheit in den Grenzregionen nehme ab, für Einbrecher sei die Schweiz ein Eldorado.
  • FATCA: Das Abkommen zur Umsetzung des US-Steuergesetzes FATCA ist parlamentarisch unter Dach. Der Ständerat hat stillschweigend eine Differenz zum Nationalrat ausgeräumt. Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmungen am Ende der Session. Die Differenz betraf die Frage, wann das Abkommen in Kraft treten soll. Als der Ständerat das Geschäft beriet, war vorgesehen, dass es unter Vorbehalt eines Referendums am 1. Januar 2014 in Kraft treten würde. In der Zwischenzeit haben die USA aber das Inkraftsetzen von FATCA verschoben: Die Banken müssen das Gesetz erst ab Mitte 2014 einhalten. Deshalb haben die Räte nun im Bundesbeschluss verankert, dass der Bundesrat den Zeitpunkt des Inkrafttretens bestimmt. Mit FATCA verpflichten die USA ausländische Banken dazu, Konten von US-Kunden ihren Steuerbehörden zu melden.
  • FINANZPLATZ: Der Ständerat will wissen, ob und wie Banker, die gegen ausländisches Wirtschafts- oder Steuerrecht verstossen und damit dem Ruf des Schweizer Finanzplatzes schaden, im Inland strafrechtlich belangt werden können. Der Bundesrat muss gegen seinen Willen einen Bericht dazu erstellen.Die kleine Kammer nahm am Montag mit 18 zu 20 Stimmen ein Postulat von Robert Zanetti (SP/SO) an. Es gehe darum, gesellschaftlich unerwünschtes Verhalten zu verhindern, begründete Zanetti den Vorstoss. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf äusserte Verständnis für das Anliegen, warnte aber vor Schwierigkeiten: Es sei schwierig, etwas zu Papier zu bringen, das umsetzbar wäre.
  • MEHRWERTSTEUER: In der Schweiz gibt es vorläufig keine grosse Mehrwertsteuer-Reform. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat gegen ein Mehrwertsteuermodell mit zwei Sätzen ausgesprochen. Damit bleibt es vorerst bei drei Mehrwertsteuersätzen. Es ist das zweite Mal, dass das Parlament eine Mehrwertsteuerreform beerdigt. Der Bundesrat hatte zunächst einen Einheitssatz vorgeschlagen. Diesen lehnten die Räte ab. Sie verlangten stattdessen ein Modell mit zwei Sätzen, doch wollen sie nun auch davon nichts mehr wissen. Neu setzen sie auf eine kleine Revision des Mehrwertsteuergesetzes mit weitgehend unbestrittenen Punkten. Dazu gehört die Wiedereinführung der Margenbesteuerung für Kunstobjekte.
  • SCHWEIZ-CHINA: Der Ständerat sieht für die Schweizer Wirtschaft Chancen in China und will dem Land positive Signale übermitteln. Er will deshalb eine vom Nationalrat vor knapp zwei Jahren angenommene Motion für ein Währungsabkommen mit China überarbeiten lassen. Er hiess einen Rückweisungsantrag von Roland Eberle (SVP/TG) gut und erteilte sie der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) den Auftrag, die Motion "zeit- und sachgerecht" umzuformulieren. Der Nationalrat hatte die Motion im Dezember 2011 mit 97 zu 88 Stimmen angenommen, in einer Debatte über die negativen Auswirkungen des starken Frankens auf die Schweizer Wirtschaft.

 

Donnerstag, 19. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) ALKOHOL: Der Nationalrat will den Alkoholverkauf zu Gunsten des Jugendschutzes weniger stark einschränken als der Bundesrat und der Ständerat. Er will es Detailhandelsgeschäften nicht verbieten, zwischen 22 und 6 Uhr alkoholische Getränke zu verkaufen. Lediglich SP und Grüne befürworteten das Nachtverkaufsverbot. Auch die vom Ständerat als Präventionsmassnahme ins Gesetz aufgenommenen Mindestpreisvorschriften für alkoholische Getränke lehnte der Nationalrat ab, und er kippte ein Verbot von Happy Hours mit Spirituosen. Ein Antrag von SP und Grünen für strengere Werbeauflagen für Wein und Bier scheiterte in der Detailberatung. Die SVP kam mit Anträgen nicht durch, die rechtliche Grundlage für Testkäufe zu streichen oder ins Gesetz zu schreiben, dass Menschen, die nach übermässigem Alkoholkonsum ins Spital gebracht werden müssen, dafür selbst bezahlen sollten.

  • SÖLDNERFIRMEN: Der Nationalrat folgt beim Gesetz über im Ausland erbrachte Dienstleistungen von privaten Sicherheitsfirmen nun fast durchwegs dem restriktiveren Kurs des Ständerates, nachdem er die Bestimmungen zunächst noch hatte lockern wollen. Bis auf einen Punkt schloss er sich stillschweigend den Beschlüssen der kleinen Kammer an. Noch umstritten ist der Geltungsbereich des Gesetzes. Die Mehrheit der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) wollte zwar an der Unterscheidung zwischen Söldnerfirmen und privaten Bewachungsfirmen festhalten, aber dem Ständerat entgegenkommen. Demnach sind der Personenschutz und die Bewachung von Liegenschaften "in einem komplexen Umfeld" meldepflichtig, unabhängig vom Eigentümer respektive vom Auftraggeber. Die Vorlage geht nun zum dritten Mal in den Ständerat.
  • SCHWEIZ-EU: Der Nationalrat hat einen Vorstoss der SVP abgelehnt, die ein dreijähriges Moratorium für Verhandlungen mit der EU über institutionelle Fragen forderte. Angesichts der Schuldensituation im europäischen Raum und der "aufgeblähten EU-Organisation" sei eine "Einverleibung" nicht klug, sagte SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz. Zudem dränge die Zeit nicht. Aussenminister Didier Burkhalter wehrte sich vehement gegen den Vorstoss. Der Zeitpunkt sei ideal, um die Weiterführung des bilateralen Weges mit der EU zu diskutieren, da es derzeit fruchtbaren Boden für Verhandlungen gebe. In drei Jahren gerate die Schweiz womöglich unter Druck und müsse etwas akzeptieren, das sie heute ablehne. Der Vorstoss wurde mit 130 zu 57 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Er ist damit vom Tisch.
  • VERTRETUNGEN IM AUSLAND: Der Bundesrat soll nach Meinung des Nationalrats bis 2015 keine Konsulate mehr schliessen. Die grosse Kammer stimmte mit 137 zu 41 Stimmen bei 11 Enthaltungen einer entsprechenden Motion von Roland Büchel (SVP/SG) zu. Dieser verlangt ein Moratorium bis zum Ende der Legislaturperiode. Die Zahl der Auslandschweizer wachse immer mehr, die Zahl der Konsulate gehe aber deutlich zurück, hielt Büchel fest. Der Bundesrat lehnte die Forderung ab. Aussenminister Didier Burkhalter verwies auf die Sparaufträge des Parlaments und die Neuausrichtung des Vertretungsnetzes mit regionalen Konsularzentren. Über die Forderung muss nun der Ständerat entscheiden.
  • KINDERRECHTE: Der Nationalrat möchte die Kinderrechte weiter stärken und nimmt dabei auch in Kauf, dass die Schweiz von einem UNO-Organ getadelt werden könnte. Er hiess mit 108 zu 78 Stimmen eine Motion von Viola Amherd (CVP/VS) gut, die verlangt, dass die Schweiz das dritte Fakultativprotokoll der Kinderrechtskonvention ratifiziert. Der Bundesrat lehnte die Motion ab. Aussenpolitisch wäre die Ratifikation ein positives Signal und wünschenswert, hielt er fest. Jedoch äussert er innenpolitische Bedenken: Die Verfahren seien möglicherweise nicht kompatibel mit der Schweizer Rechtsordnung, was die Ratifikation verhindern könne. In solchen Fällen unternehme die Schweiz traditionell keine Schritte zu einer Unterzeichnung. Die Motion geht nun an den Ständerat.
  • TERRORISTEN-LISTEN: Das Parlament hält seine Forderung aufrecht, dass der Bundesrat bei der UNO Druck aufbauen soll für unabhängige Überprüfungen von Schwarzen Listen mit mutmasslichen Terroristen. Der Nationalrat forderte den Bundesrat als Zweitrat auf, eine entsprechende Motion innert eines Jahres zu erfüllen. Der Vorstoss verlangt, dass die Schweiz auf Sanktionen gegen Personen verzichtet, wenn diese sich jahrelang ohne gerichtliche Überprüfung auf der Liste befinden. Laut Aussenminister Didier Burkhalter verbesserte sich die Situation in den vergangenen Jahren beträchtlich. Es gebe nun ein Büro, das die Löschung von unbescholtenen Personen beantragen könne, sagte er. Dennoch befürwortet der Bundesrat die Forderung: Eine unabhängige Kontrollinstanz gibt es noch immer nicht.
  • MEHRWERTSTEUER: Ausländische Unternehmer sind in gewissen Fällen gegenüber Schweizer Firmen im Vorteil, weil aus praktischen Gründen die Mehrwertsteuer bei den Ausländern nicht eingezogen werden kann. Für dieses Problem, das sich vor allem in Grenzregionen stellt, fordert der Nationalrat eine Lösung. Er nahm einstimmig eine Motion von Ignazio Cassis (FDP/TI) an. Demnach soll die Steuerverwaltung Angaben aus dem Online-Meldesystem für EU-Arbeitnehmer in der Schweiz erhalten, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Der Bundesrat ist nicht sicher, dass diese Meldungen geeignet sind, um das Problem zu lösen. Er lehnte die Motion ab. Diese geht nun an den Ständerat.
  • BERICHTE: Der Nationalrat hat einen Bericht über die Staatsverträge zur Kenntnis genommen, welche die Schweiz im Jahr 2012 abgeschlossen hat und die das Parlament nicht genehmigen musste. Es waren über 500 neue Einzelabkommen. Rund 180 Verträge wurden geändert. Überdies gibt es noch geheime Verträge, über die nur die parlamentarische Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) Kenntnis hat. Die grosse Zahl der Verträge zeige, wie stark die Schweiz international vernetzt sei, sagte Aussenminister Didier Burkhalter.

Der Ständerat in Kürze

(sda) PÄDOSEXUELLE: Ein lebenslängliches automatisches Berufs- und Tätigkeitsverbot für Pädokriminelle geht dem Parlament zu weit. Die Volksinitiative "Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen" empfiehlt das Parlament zur Ablehnung, wenn auch äusserst knapp. Der Ständerat beerdigte seinen direkten Gegenvorschlag, der das verfassungsmässige Verhältnismässigkeitsgebot besser eingehalten hätte als die Initiative, nachdem der Nationalrat den Gegenvorschlag tags zuvor abgelehnt hatte. Die Initiativgegner setzen ihre Hoffnungen nun in Gesetzesverschärfungen, die der Bundesrat als indirekten Gegenentwurf vorgeschlagen hatte. Der Ständerat hat die Massnahmen bereits abgesegnet, der Nationalrat noch nicht.

  • ZUWANDERUNG: Der Ständerat hat sich mit 34 zu 6 Stimmen gegen die Zuwanderungsinitiative der SVP ausgesprochen. Diese will die Einwanderung mit Höchstzahlen und Kontingenten eindämmen. Die Gegner der Initiative im Ständerat sprachen auch die Herausforderungen der Einwanderung an. Diesen müsse aber dort begegnet werden, wo sie sich stellten. "Die Initiative löst die Probleme nicht, sondern bewirtschaftet diese bloss", sagte Urs Schwaller (CVP/FR). Aus Sicht der SVP ist die Initiative hingegen ein probates Mittel, um die Einwanderung zu begrenzen. Diese belaste die Sozialwerke, fördere die Zersiedelung und sorge für einen Anstieg der Kriminalität. Vor dem Ständerat hatten sich bereits der Nationalrat sowie der Bundesrat gegen das Begehren ausgesprochen, das Anfang 2012 eingereicht worden war.
  • BÜRGERRECHT: Die erleichterte Einbürgerung für Ehepartner wird nicht abgeschafft, doch hat das Parlament die Hürden erhöht. Wer eingebürgert werden will, muss künftig auch im erleichterten Verfahren die Integrationskriterien erfüllen, zum Beispiel also eine Landessprache sprechen. Der Ständerat hat sich bei den Beratungen zum totalrevidierten Bürgerrechtsgesetz in diesem Punkt für die härtere Linie des Nationalrates ausgesprochen, mit 19 zu 17 Stimmen. Justizministerin Simonetta Sommaruga gab vergeblich zu bedenken, damit könne nicht mehr wirklich von erleichterter Einbürgerung gesprochen werden. Der Ständerat hatte die Beratungen zum Bürgerrechtsgesetz am Montag aufgenommen. Am Donnerstag setzte er sie fort. Zu Ende beraten hat er das Gesetz aber noch nicht.
  • GESUNDHEIT: Der Ständerat hat dem von ihm geprägten direkten Gegenvorschlag zur Hausarztinitiative ohne Gegenstimme zugestimmt. Nun muss noch der Nationalrat seinen definitiven Segen geben. Auf den Inhalt geeinigt hatten sich die beiden Räte schon vergangene Woche. Der Ständerat konnte sich dabei mit seiner schlanken Version durchsetzen. Der Nationalrat, der zuerst etwas stärker auf die Forderungen der Hausärzte eingehen wollte, gab nach. Im Gegenvorschlag ist etwa festgehalten, dass Bund und Kantone für eine "allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität sorgen" und die Hausarztmedizin als "wesentlichen Bestandteil" dieser Grundversorgung anerkennen. Die Initianten überlegen sich einen Rückzug der Initiative, wollen aber zuerst ihre Forderung nach höheren Tarifen für die Hausärzte erfüllt sehen.
  • SEXUELLE AUSBEUTUNG: Sex mit minderjährigen Prostituierten wird in der Schweiz verboten. Der Ständerat hat letzte Differenzen zum Nationalrat ausgeräumt. Das Lanzarote-Abkommen, das die Schweiz im Jahr 2010 unterzeichnet hatte, muss damit nur noch in der Schlussabstimmung angenommen werden. Mit der Änderung des Strafgesetzes ist neu auch die Förderung der Prostitution Minderjähriger strafbar. Zuhälter, Betreiber von Bordellen oder Escort-Services müssen mit Freiheitsstrafen von bis zu zehn Jahren rechnen. Heute macht sich ein Freier nur strafbar, wenn die oder der Prostituierte unter 16 Jahre alt ist.
  • ALTERSVORSORGE: Im Rahmen der Reform der Altersvorsorge will der Bundesrat den Mindestumwandlungssatz für die Renten der zweiten Säule senken. Für die Übergangsgeneration sollen die Auswirkungen abgefedert werden, und zwar über einen BVG-Sicherheitsfonds. Der Ständerat hat den Bundesrat nun beauftragt, auch Möglichkeiten für eine Finanzierung innerhalb der einzelnen Kassen aufzuzeigen. Mit 27 zu 8 Stimmen nahm die kleine Kammer ein Postulat von Felix Gutzwiller (FDP/ZH) an. Sozialminister Alain Berset argumentierte vergeblich, eine Lösung innerhalb der einzelnen Kassen sei für Kassen mit einer ungünstigen Altersstruktur nicht möglich. Damit wäre das Ziel des Bundesrates gefährdet, das Leistungsniveau für alle Versicherten zu erhalten.
  • GEHÖRLOSE: Der Bundesrat muss keine Notlösung ausarbeiten um sicherzustellen, dass Gehörlosen weiterhin das Erlernen der sogenannten ergänzten Lautsprache finanziert wird, die in der Romandie angeboten wird. Der Ständerat hat eine Motion von Luc Recordon (Grüne/VD) mit 15 zu 14 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Der Bundesrat räumte ein, dass das Problem bei der Umsetzung des Neuen Finanzausgleichs übersehen wurde. So habe die IV weiterhin Leistungen bezahlt, für welche eigentlich die Kantone zuständig wären. Die Frist sei verlängert worden, und damit bestehe genügend Zeit, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen.
  • TELEFONVERKAUF: Der Ständerat braucht mehr Zeit, um eine Gesetzesvorlage zum Telefonverkauf auszuarbeiten. Die kleine Kammer hat einer Fristverlängerung bis zur Frühlingssession 2014 zugestimmt. Mit der Vorlage sollen die Kunden bei Verkäufen per Telefon künftig ein Widerrufsrecht haben. Zu einem Vorentwurf der ständerätlichen Rechtskommission wurde bereits eine Anhörung durchgeführt. Derzeit wird die Vorlage überarbeitet. Im Entwurf hatte die Kommission vorgeschlagen, das Widerrufsrecht auch auf Internetverkäufe auszudehnen.

 

Mittwoch, 18. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) ALKOHOL: Der Nationalrat folgt bei der Besteuerung von Spirituosen im Wesentlichen dem Kurs des Ständerates. Er unterstützt ein von der kleinen Kammer gegen den Widerstand des Bundesrates in die Vorlage eingebrachtes Steuermodell, das einheimische Produzenten von Spirituosen aus Beeren sowie Kern- und Steinobst begünstigt. Der Nationalrat genehmigte am Mittwoch das Spirituosensteuergesetz, den ersten Teil der Totalrevision des Alkoholgesetzes, mit 97 gegen 80 Stimmen. Die Nein-Stimmen kamen vor allem von der SP, der BDP und den Grünliberalen. Sie hatten sich wie auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vehement gegen die steuerliche Begünstigung einheimischer Produzenten gestellt, unterlagen aber. Den zweiten und umstrittenen Teil der Vorlage, das Alkoholhandelsgesetz mit Beschränkungen für den Handel mit alkoholischen Getränken in Läden, hat der Nationalrat noch nicht beraten. Die Debatte wird am Donnerstag fortgesetzt.

  • PÄDOSEXUELLE: Mit Stichentscheid der Nationalratspräsidentin hat sich der Nationalrat im zweiten Anlauf gegen die Volksinitiative für ein Berufs- und Tätigkeitsverbot für Pädokriminelle ausgesprochen. In der Frühlingssession hatte das Begehren - ebenfalls knapp - gutgeheissen. Die Gegner verweisen auf rechtsstaatliche Bedenken zu bei einem automatischen, lebenslänglichen Verbot ohne Rücksicht auf den Einzelfall. Keine Chance hatte im Nationalrat auch ein direkter Gegenvorschlag, den der Ständerat beschlossen hatte. Dieser Gegenentwurf sieht nach wie vor ein lebenslängliches Verbot vor, gibt den Richtern aber mehr Spielraum. Der Ständerat wird sich bereits am Donnerstag wieder mit der Initiative der Organisation Marche Blanche befassen.
  • MANDATE: Der Nationalrat will die Tätigkeit von Bundesräten nach deren Rücktritt stark einschränken. Mit 99 zu 86 Stimmen sprach er sich dafür aus, dass Bundesräte nach ihrem Rücktritt während zwei Jahren keine bezahlten Mandate bei Kapitalgesellschaften oder vergleichbaren Unternehmen annehmen dürfen. Auch eine Tätigkeit, die in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Aufgaben als Bundesrat steht, wäre untersagt. Das teilweise Mandatsverbot fand die Zustimmung der Fraktionen von SVP, SP und Grünen. Eine ähnliche Karenzfrist für Topkader der Bundesverwaltung lehnte der Rat allerdings ab. Den Anstoss für die Gesetzesvorlage, die nun an den Ständerat geht, hatte der frühere Verkehrsminister Moritz Leuenberger gegeben. Der Sozialdemokrat war kurz nach seinem Rücktritt beim Baukonzern Implenia eingestiegen.
  • KONSULTATIONEN: Der Nationalrat macht Druck für eine Verbesserung des Vernehmlassungsverfahrens, mit dem sich Parteien, Verbände und andere Interessierte zu Gesetzesentwürfen äussern können. Per Motion möchte er den Bundesrat beauftragen, Verbesserungsvorschläge seiner Geschäftsprüfungskommission (GPK) umzusetzen. Die GPK verlangt etwa, dass die Bundeskanzlei eine Koordinationsrolle übernimmt oder das die Ergebnisse besser kommuniziert werden. Bundeskanzlerin Corina Casanova gab vor dem Nationalrat bekannt, dass der Bundesrat noch im Oktober neue Regeln zu den Vernehmlassungen verabschieden wird. Darin würden die Empfehlungen der GPK "weitgehend umgesetzt". Der Nationalrat hiess die Motion der SVP-Fraktion mit 117 zu 73 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Das Geschäft geht nun an den Ständerat.
  • LISTENVERBINDUNGEN: Der Nationalrat will für eidgenössische Wahlen Listenverbindungen unter Parteien nicht verbieten. Er hat sich deutlich gegen zwei Motionen ausgesprochen, die wahltaktische Zusammengänge von Parteien untersagen wollten. Die Kritiker von Listenverbindungen gaben vergeblich zu bedenken, dass diese auf Kosten der kleineren Parteien gehen könnten. Auch der Bundesrat, der sich gegen ein Verbot aussprach, kam in einem Ende August veröffentlichten Bericht zum Schluss, dass sich die problematischen Aspekte von Listenverbindungen akzentuieren könnten. Bundeskanzlerin Corina Casanova kündigte an, vor den nächsten eidgenössischen Wahlen die Information für die Wählerinnen und Wähler zu verbessern.
  • NATIONALRATSSITZE: Ausländerinnen und Ausländer sollen bei der Berechnung der ständigen Wohnbevölkerung für die Verteilung der Nationalratssitze weiterhin mitgezählt werden - auch Asylsuchende. Der Nationalrat hat einen Vorstoss der SVP-Fraktion für eine andere Berechnung mit 129 zu 58 Stimmen abgelehnt. Der Vorstoss ist damit erledigt. Die SVP hätte den Bundesrat beauftragen wollen, bei der Berechnung der Wohnbevölkerung ausschliesslich Schweizer Bürger sowie Ausländer mit einer Niederlassungsbewilligung (C-Ausweis) oder einer Aufenthaltsbewilligung (B-Ausweis) zu berücksichtigen. Heute werden alle ausländischen Staatsangehörigen mitgezählt, die über eine Bewilligung für mindestens zwölf Monate verfügen.

Der Ständerat in Kürze

(sda) KAMPFFLUGZEUGE: Das Parlament sagt Ja zum Kauf neuer Kampfflugzeuge. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat grünes Licht gegeben für den Kauf von 22 Gripen des schwedischen Herstellers Saab. Im zweiten Anlauf gab er die Mittel frei. Der Ständerat hatte bereits im Frühjahr über den Flugzeugkauf beraten. Damals stimmte er dem Kauf der Flugzeuge zwar knapp zu, verpasste aber das qualifizierte Mehr, das für die Freigabe der Mittel nötig ist. Am Mittwoch hat der Ständerat nun das qualifizierte Mehr erreicht. Er beschloss mit 27 zu 17 Stimmen, die Ausgabenbremse zum Verpflichtungskredit von 3,126 Milliarden Franken zu lösen. Damit ist das Geschäft bereit für die Schlussabstimmungen. Mit der Unterschriftensammlung für das Referendum können die Gripen-Gegner beginnen, sobald die Referendumsfrist im Bundesblatt publiziert ist - frühestens übernächste Woche. Nach Publikation der Referendumsfrist haben sie 100 Tage Zeit, die nötigen 50'000 Unterschriften zu sammeln. Das Stimmvolk entscheidet nächstes Jahr, voraussichtlich im Frühjahr.

  • ARMEEBUDGET: Im Streit um das Armeebudget bleibt das Parlament hart: Die Armee soll mehr Geld ausgeben dürfen als der Bundesrat für richtig hält. National- und Ständerat beauftragen den Bundesrat, den Ausgabenplafond von heute 4,4 auf 5 statt auf 4,7 Milliarden Franken im Jahr zu erhöhen. Mit 26 zu 16 Stimmen hat der Ständerat eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat angenommen. Er änderte den Vorstoss allerdings ein wenig ab: Der Ausgabenplafond soll erst ab 2016 bei 5 Milliarden Franken festgelegt werden. Bundesrat Ueli Maurer sprach von einem Kompromiss. Durch die spätere Erhöhung des Ausgabenplafonds betrage die Differenz zum Bundesrat wegen der Teuerung nun nicht mehr 300 Millionen, sondern 150 Millionen Franken.
  • AUSLANDSCHWEIZER: Die Auslandschweizer-Organisation (ASO) soll Schweizerinnen und Schweizer im Ausland mit Hilfe des Aussendepartementes (EDA) leichter kontaktieren können. Der Ständerat überwies als Zweitrat ohne Gegenstimme eine entsprechende Motion an den Bundesrat. Bei den Wahlen für den Auslandschweizerrat soll die ASO die E-Mail-Adressen von Auslandschweizern nutzen können, die sich beim EDA registriert haben. Damit soll die demokratische Legitimität der Wahlen erhöht werden. Wegen datentschutzrechtlichen Bedenken zeigte sich der Bundesrat skeptisch zum Vorstoss. Gesucht werden soll nun aber nach einer Lösung, welche die Übermittlung von Informationen erlaubt, ohne dass die Adressen ohne Einwilligung der Betroffenen herausgegeben werden.
  • STAATSEMPFÄNGE: Der Ständerat hält nichts von der Idee, bei Staatsempfängen auf militärische Ehren zu verzichten und stattdessen Folklore zu bieten. Er hat eine Motion von Thomas Minder abgelehnt - mit 36 Stimmen zu einer Stimme bei einer Enthaltung. Der parteilose Schaffhauser hatte den Bundesrat beauftragen wollen, Staatsempfänge ohne Ehrengarde abzuhalten. Stattdessen sollte die Regierung den ausländischen Besuchern "Swissness" näher bringen: Trachtengruppen begleitet von Bernhardiner Hunden, kulinarische Köstlichkeiten, Schweizer Uhren. Minder musste für den Vorstoss Kritik einstecken. Er hatte dem Rat bei einem anderen Geschäft vorgeworfen, Selbstbefriedigung zu betreiben. Dieser Vorwurf fiel nun auf ihn zurück: Diese Motion falle in die Kategorie der Selbstbefriedigung, stellte Felix Gutzwiller (FDP/ZH) fest.
  • BERICHTE: Der Ständerat hat am Mittwoch einen Bericht über abgeschlossene Staatsverträge im Jahr 2012 zur Kenntnis genommen. Ebenfalls zur Kenntnis nahm er einen Bericht über die Schweiz und die Konventionen des Europarates.

 

Dienstag, 17. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) AGROTREIBSTOFFE: Für Steuererleichterungen auf Agrotreibstoffe sollen künftig strengere und erweiterte Kriterien gelten. Damit will der Nationalrat sicherstellen, dass der Anbau solcher in der Schweiz vertriebenen Rohstoffe für diese Treib- und Brennstoffe nicht den Anbau von Nahrungsmitteln verdrängt und nach nachhaltigen Prinzipien erfolgt. Die grosse Kammer hat am Dienstag einen entsprechenden Vorschlag ihrer Umweltkommission (UREK) mit 111 gegen 71 Stimmen gutgeheissen. Die Gegenstimmen kamen vorwiegend von der SVP und der FDP. Ziel der Vorlage ist es, negative Auswirkungen der Produktion von Treib- und Brennstoffen aus pflanzlichen Rohstoffen möglichst zu vermeiden. Wer in der Schweiz von Steuererleichterungen für Agrotreibstoffe profitieren will, soll sich deshalb an bestimmte ökologische und soziale Kriterien halten müssen. Die Vorlage geht nun an den Ständerat.

  • ENERGIEWENDE: Der Nationalrat hat sich ohne Diskussion gegen den Vorschlag der kleinen Kammer ausgesprochen, die Gelder aus der kostendeckenden Einspeisevergütung nur Eigentümern von Kleinanlagen mit einer Leistung von mehr als 30 Kilowatt zuzusprechen. Dies, weil sich die beiden Räte bereits in der Sommersession auf einen Kompromiss geeinigt hatten. Im indirekten Gegenentwurf zur Cleantech-Initiative der SP hielten sie nämlich fest, dass Solaranlagen mit einer Leistung von bis zu 10 Kilowatt eine Einmalvergütung, aber keine KEV erhalten. Eigentümer von Anlagen zwischen 10 und 30 Kilowatt wiederum sollen zwischen Einmalvergütung und KEV wählen können.
  • ENERGIE: Auch der Nationalrat will die unterirdische Verlegung von Hochspannungsleitungen erleichtern. Er hat einen Vorstoss aus dem Ständerat mit 133 zu 51 Stimmen angenommen, ihn aber etwas abgeschwächt. Nach der ursprünglichen Version sollten die Mehrkosten, die durch die Verlegung unter den Boden entstehen, von den Netzbetreibern auf die Stromkunden überwälzt werden können. Mit der nun vom Nationalrat angenommenen Version muss der Bundesrat diesen Vorschlag lediglich prüfen. Die abgeänderte Motion geht nun noch einmal in den Ständerat. Dieser kann nur noch Ja oder Nein sagen und keine Änderungen mehr vornehmen.
  • NOTRUFE: Wird per Handy ein Notruf abgesetzt, sollen die Blaulichtorganisationen das Telefon per GPS orten können. Der Nationalrat hat einem Vorstoss aus seinen Reihen zum zweiten Mal zugestimmt, nachdem der Ständerat diesen etwas abgeschwächt hatte. Die Umsetzung soll demnach im Rahmen des technisch Machbaren geschehen und internationale Standards berücksichtigen. Der Nationalrat stimmte dem abgeänderten Vorstoss oppositionslos zu. Nun muss der Bundesrat, aus dessen Sicht sich eine Änderung der Fernmeldeverordnung nicht aufdrängt, eine Gesetzesvorlage ausarbeiten.
  • MOBILTELEFONIE: Der Nationalrat will vorerst nicht gegen überhöhte Gebühren für das Telefonieren vom Ausland aus vorgehen. Er hat wie vom Ständerat vorgeschlagen zwei Vorstösse sistiert, die er in einem ersten Anlauf noch angenommen hatte. Beide Motionen verlangten die Einführung einheitlicher Höchstpreise für Anrufe, SMS und Datentransfers im Ausland. Die vorberatende Kommission hatte sich ebenfalls für eine Sistierung ausgesprochen und auf die rasante technologische Entwicklung in der Telekommunikationsbranche verwiesen. Der Bundesrat hatte technische Bedenken gegen die Festlegung verbindlicher Höchsttarife ins Feld geführt. Ausserdem werde in der EU derzeit an Regelungen gearbeitet.
  • GEOTHERMIE: Der Bundesrat soll einen Aktionsplan zur Förderung der Geothermie in der Schweiz ausarbeiten. Den Auftrag dafür will ihm der Nationalrat erteilen. Er hat einem Vorstoss aus den Reihen der CVP mit 132 zu 50 Stimmen zugestimmt. Nun ist der Ständerat am Zug. Der Aktionsplan soll unter anderem einen Richtplan beinhalten, der geeignete Standorte für Tiefenbohrungen auflistet. Ausserdem soll der Bund den Bau von Pilot- und Demokraftwerken finanziell unterstützen. Energieministerin Doris Leuthard stellte sich trotzdem gegen den Vorstoss. Einige Elemente der Motion seien schon erfüllt. Andere wie etwa die Forderung nach einem nationalen Richtplan seien problematisch, da damit in die Kompetenz der Kantone eingegriffen würde.
  • ATOMDEBATTE: Aus der Sicht des Nationalrats braucht es keine zusätzlichen Abklärungen dazu, wie sich ein schwerer Atomunfall auf die Trinkwasserversorgung auswirken würde. Er hat ein Postulat seiner Umweltkommission mit 77 zu 100 Stimmen abgelehnt. Mit dem Vorstoss wollte die Kommission Auskunft vom Bundesrat über die Notfallmassnahmen, die bei einem Austritt gefährlicher Mengen radioaktiver Stoffe vorgesehen sind. Aus der Sicht des Bundesrats sind die geforderten Abklärungen aber bereits eingeleitet. Bis nächstes Jahr erwartet er dazu einen Bericht des zuständigen Bundesstabs.
  • BAHNVERKEHR: Der Nationalrat hat vom Bundesrat einen Bericht zur Elektrifizierung der Hochrhein-Strecke sowie zur Verbesserung des Zugangebots zwischen Schaffhausen und Basel angefordert und ein Postulat seiner Verkehrskommission stillschweigend angenommen. Die Strecke wird heute mit Diesellokomotiven von der Deutschen Bahn betrieben. Für 2016 ist eine Neuvergabe der Konzession für die Strecke geplant. Der Bundesrat soll darauf hinwirken, dass auf der Strecke entlang der deutsch-schweizerischen Landesgrenze der Halbstundentakt eingeführt wird und Schweizer Abonnemente anerkannt werden.
  • BIOMASSE: Der Nationalrat will Einschränkungen für das Verbrennen von Biomasse - etwa Hofdünger oder Reste von Nahrungsmitteln - lockern. Er nahm eine Motion von Ruedi Lustenberger (CVP/LU) mit 124 zu 52 Stimmen an. Lustenberger hatte auf eine in seinem Kanton ansässige Firma verwiesen und gefordert, "Technologiebehinderungen" und Verbote bei der sachgerechten Verwendung von Biomasse abzuschaffen oder zu vermeiden. Umweltministerin Doris Leuthard sah keinen Anlass, die Gesetzgebung anzupassen. Diese sei darauf ausgerichtet, in der Biomasse enthaltene Nährstoffe wieder den Böden zuzuführen und nicht zu verbrennen.
  • LITTERING: Eine Task Force beim Bundesamt für Umwelt soll sich der verbreiteten Unsitte annehmen, Abfälle einfach irgendwo fallen- oder liegenzulassen. Der Nationalrat hat eine Motion von Andrea Geissbühler (SVP/BE) mit 105 zu 60 Stimmen angenommen, die das verlangt. Der Bundesrat hatte sich gegen das Anliegen gestellt. Die Beseitigung von Abfall sei Aufgabe der Kantone und der Gemeinden, sagte Umweltministerin Doris Leuthard. Sie hätte es dabei bewenden lassen wollen, dass der Bund beim Bekämpfen des so
    genannten Littering eine koordinierende Rolle übernimmt.

Der Ständerat in Kürze

(sda) KRANKENKASSENPRÄMIEN: Für das Problem der in einigen Kantonen zu viel und in anderen zu wenig bezahlten Krankenkassenprämien hat der Ständerat am Dienstag ohne Gegenstimme eine Lösung verabschiedet. Die Prämien sollen im Umfang von 800 Millionen Franken ausgeglichen werden. Die effektive Summe bis 1996 zurück beträgt indes rund 1,7 Milliarden Franken. Aufkommen sollen für die Kompensation zu je einem Drittel der Bund, die Versicherten und die Versicherer, wobei auch diesen Beitrag die Prämienzahler berappen dürften. Die Lösung basiert auf einem Kompromiss, den die Kantone nach mehreren Anläufen gefunden haben. Das Geschäft liegt nun beim Nationalrat. Welcher Kanton wie viel Geld erhalten würde, kann derzeit nicht beziffert werden. Sicher ist, dass in Waadt, Genf und Zürich zu viel bezahlt wurde.

  • LEBENSMITTELKONTROLLEN: Die Ergebnisse von Lebenskontrollen in Restaurants sollen nach dem Willen des Ständerates geheim bleiben. Der Rat hat bei der Beratung des Lebensmittelgesetzes Regeln für mehr Transparenz abgelehnt. Der Nationalrat hatte die vorgesehenen Bestimmungen bereits abgeschwächt. Er möchte, dass Restaurants eine Bescheinigung erhalten, wenn sie die wesentlichen lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllen. Den Gästen sollen sie diese auf Verlangen zeigen müssen. Der Ständerat entschied auch in anderen Punkten anders als der Nationalrat. So lehnte er strengere Deklarationspflichten für Rohstoffe ab. Der Nationalrat hatte unter dem Eindruck des Skandals um Lasagne mit nicht deklariertem Pferdefleisch beschlossen, die Regeln zu verschärfen.
  • FISCH: Restaurants und Geschäfte müssen künftig die Herkunft von Fisch schriftlich deklarieren - so, wie sie es beim Fleisch bereits heute tun müssen. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einer entsprechenden Motion zugestimmt. Der Bundesrat hat damit den Auftrag, die heutigen Regeln so zu ändern, dass Fleisch und Fisch gleich behandelt werden. Die Herkunft von Fleisch muss bereits heute schriftlich deklariert werden. In Restaurants muss sie auf der Speisekarte oder auf einem Plakat vermerkt sein, im Offenverkauf an der Theke. Beim Fisch hingegen ist dies nicht vorgeschrieben. Hier genügt es, wenn der Kunde im Restaurant oder im Offenverkauf auf Anfrage eine mündliche Auskunft erhält.
  • ALTERSVORSORGE: In der baldigen Reform der Altersvorsorge soll die Situation von Teilzeitangestellten in der Beruflichen Vorsorge verbessert werden. Der Ständerat hiess eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat gut und überwies sie damit an den Bundesrat. Vor allem für Personen mit mehreren Arbeitgebern und tiefen Einkommen soll es Verbesserungen geben. Der Bundesrat befürwortete den Vorstoss ebenfalls. Die Gegner der Motion befürchten zusätzlichen Aufwand für die Arbeitgeber bei der Umsetzung.
  • PENSIONSKASSE: Der Bundesrat soll statistisch erheben, wie viele Personen Altersguthaben zum Erwerb von Wohneigentum aus der zweiten Säule beziehen. Der Ständerat hat oppositionslos einer Motion von Urs Schwaller (CVP/FR) zugestimmt. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat. Die Politik möchte vor allem wissen, wie viele Menschen später staatliche Leistungen - Ergänzungsleistungen von AHV oder IV - beziehen, weil sie das Geld aus ihrer zweiten Säule ausgegeben haben. Das System der Ergänzungsleistungen von AHV und IV werde durch Vorbezüge zusätzlich belastet, stellte Schwaller fest. Die zweite Säule sei aber nicht primär dazu gemacht, Unternehmensgründungen oder Wohneigentum zu finanzieren. Und es könne nicht Aufgabe des Staates sein, hohe Risiken auszugleichen.
  • RENTEN: Einem Straftäter, der sich ins Ausland absetzt, um einer Strafe zu entgehen, sollen Rentenleistungen gestrichen werden können. Der Ständerat hiess oppositionslos eine entsprechende Motion aus dem Nationalrat gut, die eine missverständliche Formulierung ändern will. Die Forderung ging auf einen aufsehenerregenden Fall zurück. Ein verurteilter IV-Rentner entzog sich dem Strafvollzug, indem er sich nach Thailand absetzte. Das Bundesgericht pfiff jedoch die Behörden zurück, als diese die Rente des Mannes streichen wollten. Künftig soll das Gesetz auch diesen gemäss Bundesrat relativ seltenen Fall abdecken.
  • FAMILIENZULAGEN: Familienzulagen sollen künftig auch arbeitslose Mütter erhalten, die eine Mutterschaftsentschädigung beziehen. Der Ständerat hat einer Motion von Anne Seydoux (CVP/JU) zugestimmt. Der Vorstoss geht nun an den Nationalrat. Seit Jahresbeginn gibt es Familienzulagen für jedes Kind. Anspruch haben sowohl Angestellte als auch Selbstständigerwerbende und Nichterwerbstätige. Eine Personenkategorie sei aber immer noch ausgeschlossen, argumentierte die Motionärin. Es handelt sich um arbeitslose Mütter, die eine Mutterschaftsentschädigung beziehen und deren Kind vom Vater nicht anerkannt worden ist. Betroffen sind laut Sozialminister Alain Berset jährlich 200 bis 300 Frauen.

 

Montag, 16. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) E-VOTING: Trotz Kritik an der Sicherheit des Genfer E-Voting-Systems hält der Bund an seinen Plänen zum Abstimmen über Internet fest. Das machte Bundeskanzlerin Corina Casanova am Montag in der Fragestunde des Nationalrats klar: Eine grosse Mehrheit der Auslandschweizerinnen und Auslandschweizer soll bei den Eidgenössischen Wahlen 2015 über das Internet abstimmen können, sagte sie. Daran ändere sich trotz der lauter werdenden Diskussion zum Thema nicht. Vier junge Nationalräte aus den Parteien Grüne, SP, Grünliberale und SVP kündigten an, sie wollten per Vorstoss das E-Voting-Projekt stoppen, mindestens bis sicherere Programme existieren. Diese Vorkehrungen sollen die Verifizierung einer Abstimmung sicherstellen, was bei den heute verwendeten Programmen nicht gewährleistet ist.

  • ATOMDEBATTE: Im Gegensatz zum Ständerat hat sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, dass Standortkantone oder -regionen ein Veto gegen Atommüll-Endlager einlegen können sollen. Er hat einer Standesinitiative des Kantons Nidwalden mit 111 zu 68 Stimmen zugestimmt. Der Nidwaldner Wellenberg ist einer von sechs möglichen Standorten für ein geologisches Tiefenlager. FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (BE) hatte vergeblich gewarnt, dass bei einem Vetorecht die "beste Lösung verhindert werden könnte". Die Gegenseite verwies dagegen auf mehrere Volksabstimmungen, in denen sich die Nidwaldner Bevölkerung gegen ein Tiefenlager ausgesprochen habe. Die Vorlage geht nun zurück in den Ständerat. Sagt dieser ein zweites Mal Nein, ist die Standesinitiative erledigt. Bei einem Ja könnte eine Vorlage ausgearbeitet werden.
  • ENERGIE: Drei Standesinitiativen zur Förderung erneuerbarer Energieträger und eine weitere zur Erdverlegung von Stromleitungen sind vom Tisch. Der Nationalrat lehnte als Zweitrat ohne Abstimmung und Diskussion Begehren der Kantone Basel-Stadt und Bern zu einer Lockerung der Regeln für die kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Der Nationalrat sieht die Forderungen erfüllt, da das Parlament im Gegenvorschlag zur Cleantech-Initiative bereits eine Lockerung beschlossen hat. Ebenfalls abgelehnt hat er eine weitere Berner Standesinitiative, welche für die Holznutzung Vereinfachungen forderte. Nichts wissen wollen die Nationalräte auch von der Forderung aus dem Wallis, dass Stromleitungen immer in der Erde verlegt werden sollen, wenn dies technisch möglich ist und wenn dicht besiedeltes Gebiet oder eine schützenswerte Landschaft betroffen sind.
  • LANDWIRTSCHAFT: Bauern sollen beim Verkauf eines land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücks in jedem Fall nur bis zu einer gewissen Grenze eine Einkommensgewinnsteuer bezahlen müssen - auch wenn es sich beim Grundstück um Bauland handelt. Der Nationalrat hat einem Vorstoss aus den Reihen der CVP zugestimmt. Dieser war als Reaktion auf ein Urteil des Bundesgerichts eingereicht worden. Das Gericht hatte 2011 in einem Urteil erstmals definiert, dass Baulandreserven nicht als land- und forstwirtschaftliche Grundstücke gelten. Damit unterliegt der gesamte Verkaufsgewinn der Einkommenssteuer. Dieses Urteil habe sehr negative Auswirkungen auf die Raumplanung und den Strukturwandel, sagte Motionär Leo Müller (CVP/LU). Die Vorlage geht nun an den Ständerat.
  • ZWEITWOHNUNGEN: Für die Umsetzung der Zweitwohnungs-Initiative mit einem Gesetz hat der Nationalrat ein Signal für eine milde Umsetzung ausgesendet. Er hiess mit 98 zu 77 Stimmen eine Standesinitiative des Kantons Tessin gut. Mit der Zustimmung zur Standesinitiative lasse sich der Druck aufrechterhalten, dass die für die Bergregionen annehmbaren Bedingungen der Übergangsverordnung auch in das Ausführungsgesetz Eingang fänden, argumentierte die Mehrheit. Die Minderheit wies darauf hin, dass das Parlament nicht noch selbst aktiv werden sollte, da die Gesetzesarbeiten bereits weit fortgeschritten seien.
  • VERKEHR: Der Nationalrat lehnt es ab, die Hauptstrasse zwischen Kirchberg und Hasle-Rüegsau und die Anbindung des Oberaargaus von der A1 bis Langenthal als Autobahnzubringer ins Nationalstrassennetz aufzunehmen. Ebenso sprach er sich dagegen aus, den Bau eines Autobahnabschnitts zur Seeüberquerung östlich von Genf ins Nationalstrassennetz aufzunehmen. Er gab wie zuvor bereits der Ständerat zwei kantonalen Initiativen von Bern und Genf keine Folge. Damit sind die Begehren vom Tisch. Ausserdem hat sich der Nationalrat wie der Ständerat dafür ausgesprochen, eine weitere Standesinitiative des Kantons Genf für mehr als ein Jahr auf Eis zu legen. Mit dem Begehren sollte der Ausbau der Autobahn A1 in Genf zu einem vordringlichen Projekt erklärt werden.
  • PHARMA: Das Parlament will eine Standortverbesserung für die Pharmaindustrie nicht selbst in die Hand nehmen, sondern dem Bundesrat überlassen. Als Zweitrat lehnte der Nationalrat stillschweigend eine Standesinitiative des Kantons Basel-Stadt ab. Der Kanton forderte das Parlament auf, Vorschriften darauf auszurichten, dass sie die Standortattraktivität der Schweiz für die Pharmabranche steigern. Beispielsweise sollten sie nicht zu einer teureren Produktion oder weniger Einnahmen führen. Beide Kammern wiesen bei ihrer Ablehnung auf überwiesene Motionen, die den Bundesrat zur Standortattraktivierung auffordern.
  • ASYL: Der Nationalrat sieht eine Standesinitiative des Kantons Tessin zum Asylwesen als überholt an. Er sprach sich ohne Abstimmung gegen das Begehren aus. Mit den jüngsten dringlichen Änderungen im Asylgesetz seien die Forderungen der Initiative sowohl formal als auch materiell erfüllt, hiess es im Bericht der vorberatenden Kommission. Konkret forderte das Tessin eine Beteiligung des Bundes an der Durchführung von Beschäftigungsprogrammen sowie rechtliche Grundlagen für die Beschränkung der Bewegungsfreiheit und die Unterbringung von renitenten Personen in besonderen Zentren. Der Ständerat hatte der Standesinitiative noch zugestimmt.
  • LANDWIRTSCHAFT: Der Nationalrat hat zwei Standesinitiative der Kantone Bern und Waadt zur Landwirtschaft ohne Abstimmung und Diskussion abgelehnt. Bern wollte mehrere Direktzahlungen für Landwirte beibehalten. Zwar wurden mehrere davon - unter anderen die Tierbeiträge - bei der Agrarpolitik 2014-2018 abgeschafft, doch geht der Nationalrat davon aus, dass die mit den Subventionen verfolgten Ziele weiterhin erfüllt werden können. Abgelehnt hat der Nationalrat auch, eine der Milchkontingentierung ähnliche gesetzliche Regelung wieder einzuführen, wie es der Kanton Waadt gefordert hatte. Die Initiativen sind vom Tisch, da sie der Ständerat auch abgelehnt hat.
  • INTERNETÜBERWACHUNG: Der Bundesrat hat sich in der Fragestunde des Nationalrats zu mehreren Fragen zu den Berichten über die Internet-Bespitzelung durch den US-Geheimdienst NSA äussern müssen. Auf eine Frage von Susanne Leutenegger Oberholzer (SP/BL) gab der Bundesrat bekannt, dass Abklärungen zur möglichen Ausspähung von Internet-Bankgeschäften laufen. Der Geheimdienst soll nach Zeitungsberichten Verschlüsselungsmechanismen knacken können. Der Bundesrat verwies zudem auf eine Note des Aussendepartements (EDA) an die US-Botschaft. Darin erkundigt sich das EDA nach allfälligen Souveränitätsverletzungen durch Spionage und weist auf die Rechtswidrigkeit solchen Tuns. Der Bundesrat lehnt es jedoch ab, die Zusammenarbeit mit der NSA zu beenden. Beispielsweise in Sachen Terrorabwehr liege eine Zusammenarbeit im gegenseitigen Interesse.

Der Ständerat in Kürze

(sda) EINBÜRGERUNGEN: Wer keine Niederlassungsbewilligung hat, kann in der Schweiz künftig nicht mehr eingebürgert werden. Nach dem Nationalrat hat sich auch der Ständerat für diese Änderung des Bürgerrechtsgesetzes ausgesprochen. In vielen anderen Punkten sind sich die Räte indes noch nicht einig. Der Ständerat hat das totalrevidierte Bürgerrechtsgesetz am Montag aus Zeitgründen nicht zu Ende beraten können. Über die wichtigsten Punkte hat die kleine Kammer aber entschieden. Sie ist tendenziell zur Version des Bundesrates zurückgekehrt. Der Bundesrat möchte mit der Gesetzesrevision die Kriterien für die Einbürgerung präzisieren und schweizweit vereinheitlichen. Als erster hatte der Nationalrat darüber beraten - und beschlossen, den Zugang zum Schweizer Pass erheblich zu erschweren. Dies betrifft etwa die Mindestaufenthaltsdauer oder die Sprachkenntnisse.

  • SÖLDNERFIRMEN: Bei der Regulierung von Söldnerfirmen bleibt der Ständerat fast durchwegs auf seiner härteren Linie und lehnt die Aufweichungen des Nationalrats ab. Nur bei der Meldepflicht sprach er sich am Montag dafür aus, weniger weit gehende Angaben von meldepflichtigen Firmen zu verlangen. Diese sollen zwar nicht den Empfänger ihrer Dienstleistungen bekanntgeben, aber die für die Beurteilung des Falles nötigen Angaben machen. Etwas nachgegeben hat der Ständerat auch bei der Definition von meldepflichtigen Sicherheitsdienstleistungen. Demnach müssen nur "Bewachungen", aber nicht wie vom Bundesrat vorgeschlagen auch "Überwachungen" von Gebäuden und Gütern gemeldet werden. Im Übrigen blieb der Ständerat aber bei seiner strengeren Fassung des Gesetzesentwurfs.
  • VERFASSUNGSÄNDERUNGEN: Der Ständerat hat Verfassungsänderungen in sieben Kantonen genehmigt. In Uri soll der Besuch des Kindergartens obligatorisch werden, in Solothurn werden die Unvereinbarkeitsregelungen für das Kantonsparlament ergänzt, in Basel-Landschaft die Gerichtsorganisation und die Behörden im Zivilrecht neu organisiert. Graubünden setzt eine Gebietsreform um. Der Kanton Aargau regelt die Gewinnung von Bodenschätzen und die Nutzung der Erdwärme (Geothermie) neu. In Neuenburg soll das Quorum im Grossen Rat für die Annahme bestimmter Gesetze und Dekrete neu bestimmt werden, und im Kanton Genf wird die Tagesbetreuung von Vorschul-Kindern geregelt. Die Vorlage geht nun an den Nationalrat.

 

Donnerstag, 12. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) GESUNDHEIT: Das Parlament hat sich auf einen direkten Gegenvorschlag zur Hausarztinitiative geeinigt. Der Nationalrat ist am Donnerstag auf die schlankere Version des Ständerats umgeschwenkt. Im Gegenvorschlag ist unter anderem festgehalten, dass Bund und Kantone für eine "allen zugängliche medizinische Grundversorgung von hoher Qualität sorgen" und die Hausarztmedizin als "wesentlichen Bestandteil" dieser Grundversorgung anerkennen. Den Ausschlag für diese Variante gaben die Signale der Initianten, das Volksbegehren zurückziehen zu wollen. Allerdings wollen die Initianten mit diesem Schritt noch zuwarten. Ursprünglich wollte der Nationalrat etwas stärker auf die Forderungen der Hausärzte eingehen und im Gegenvorschlag verankern, dass Bund und Kantone die Steuerungsfunktion der Hausärzte stärken.

  • ORGANSPENDE: Der Nationalrat will die automatische Organspende einführen. Er hofft, mit der so genannten Widerspruchslösung die Spenderquote erhöhen zu können. Demnach soll sich jeder Bürger mit der Frage befassen müssen, ob er sich als potenzieller Organspender zur Verfügung stellen möchte. Äussert sich eine Person nicht, soll von einer Zustimmung ausgegangen werden. Motionär Laurent Favre (FDP/NE) verwies auf die positiven Erfahrungen in anderen europäischen Ländern, welche die Widerspruchslösung kennen. Von den zehn Ländern mit den höchsten Spenderquoten seien neun nach dem Widerspruchsmodell organisiert. Der Bundesrat setzt auf einen Aktionsplan. Ausserdem machte er ethische Bedenken geltend. Heute dürfen Organe in der Schweiz nach dem Tod nur dann entnommen wurden, wenn die betroffene Person zu Lebzeiten zugestimmt hat oder wenn es die Angehörigen erlauben. Nun befasst sich der Ständerat mit dem Geschäft.
  • BSE: Schlachtabfälle sollen in der Schweiz teilweise wieder an Nutztiere verfüttert werden können. Der Nationalrat will konkret, dass bei der Geflügel- und Schweinefütterung wieder tierische Schlachtnebenprodukte zum Einsatz kommen. Er hat einem Vorstoss aus den Reihen der SVP mit 134 zu 38 Stimmen zugestimmt. Auch die Ratslinke sprach sich mehrheitlich für die Lockerung aus. Das Tiermehlfütterungsverbot war im Jahr 2000 als Reaktion auf Rinderwahnsinn-Fälle (BSE) eingeführt worden. Der Bundesrat liess bereits Anfang 2012 durchblicken, dass er aufgrund nur noch sporadisch vorkommender BSE-Fälle eine Lockerung des Fütterungsverbots ins Auge fasse. Die Regierung will dies aber nur zusammen mit strengen Auflagen und in Abstimmung mit der EU tun.
  • BERUFLICHE VORSORGE: Der Nationalrat will die Möglichkeiten für Rentner einschränken, sich das angesparte Kapital in der zweiten Säule (BVG) auszahlen zu lassen. Er nahm mit 115 zu 70 Stimmen einen entsprechenden Vorstoss von Ruth Humbel (CVP/AG) an. Aus Sicht der Mehrheit des Nationalrats kommt es zu häufig zu einem Missbrauch der Kapitalabfindung. Rentner verprassten das ausbezahlte Geld und nähmen dann AHV-Ergänzungsleistungen in Anspruch, sagte Humbel. Die Auszahlungen seien in den vergangenen Jahren markant angestiegen. Der Bundesrat lehnte die Motion ab, weil aus seiner Sicht die nötigen Daten fehlen, um das Problem zu beurteilen. Es sei nicht erwiesen, dass es einen Zusammenhang zwischen Kapitalauszahlung und Auszahlung von Ergänzungsleistungen gebe. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
  • AHV: Der Nationalrat bekräftigt seine Forderung, in der AHV eine Schuldenbremse einzubauen. Er hiess mit 128 zu 58 Stimmen bei 5 Enthaltungen einen entsprechenden Vorstoss der FDP-Fraktion gut. Demnach soll ein Mechanismus zur automatischen Sanierung eingeführt werden für den Fall, dass die AHV in finanzielle Schieflage gerät. Wegen der Alterung der Gesellschaft könnte dies in einigen Jahren der Fall sein. Der Bundesrat schlägt ebenfalls einen Interventionsmechanismus in seiner grossen Reform der Altersvorsorge vor. Allerdings pochen die bürgerlichen Parteien bei der Schuldenbremse auf ein rascheres Vorgehen.
  • HAUSÄRZTE: Mit staatlich subventionierten Praktikumsplätzen in Hausarzt-Praxen soll der Bund dem Hausarztmangel entgegen wirken. Der Nationalrat hiess einen entsprechenden Vorstoss mit 96 zu 79 Stimmen bei 5 Enthaltungen gut. Ausserdem soll es für Mediziner und andere Gesundheitsberufe attraktiver werden, sich in Gemeinschaftspraxen zu organisieren. Gesundheitsminister Alain Berset lehnte den Vorstoss, über den auch noch der Ständerat entscheiden muss, ab. Er verwies auf die laufenden Bemühungen, die Hausarztmedizin zu stärken, dazu gehöre auch die Attraktivierung von Praktikumsplätzen, unter anderem mit finanziellen Mitteln.
  • NATURHEILMITTEL: Der Nationalrat macht Druck, dass eine Verordnung zur Anerkennung von pflanzlichen Arzneimitteln rasch durchgeführt wird. Eine entsprechende Motion nahm er mit 118 zu 63 Stimmen bei 6 Enthaltungen an. Yvonne Gilli (Grüne/SG) kritisierte, dass die Revision der Komplementär- und Phytoarzneimittelverordnung trotz Vernehmlassung im Jahr 2009 noch immer nicht abgeschlossen sei. Die fehlende Grundlage führe zu einer Reduktion der Vielfalt an pflanzlichen Arzneimitteln.
  • KRANKENVERSICHERUNG: Mit einer kleinen Änderung soll der Verwaltungsaufwand der Krankenkassen um 15 Millionen Franken sinken. Davon profitieren auch die Patienten: Sie sollen künftig für ambulante Behandlungen ausserhalb ihres Kantons keinen Aufpreis mehr bezahlen müssen. Der Nationalrat nahm als Zweitrat einem entsprechenden Vorstoss aus dem Ständerat an. Heute müssen Versicherte zusätzlich zu Selbstbehalt und Franchise einen Aufpreis bezahlen, wenn sie sich ausserhalb ihres Wohnkantons ambulant behandeln lassen und der Tarif des Leistungserbringers höher ist als jener am Wohn- oder Arbeitsort. Diese Prüfung verursacht bei den Kassen hohe Kosten. Einen gleichlautenden Vorstoss hatte der Nationalrat bereits einmal angenommen.
  • SOZIALE SICHERHEIT: Der Nationalrat ist einverstanden damit, das Abkommen mit den USA über Soziale Sicherheit zu erneuern. Er genehmigte mit sechs Gegenstimmen (168) als Erstrat den neuen Vertrag, welcher jenen aus dem Jahr 1979 ersetzen soll. Die zweite Revision seit 1988 ist nötig geworden, weil beide Länder Gesetze geändert haben. An den Grundsätzen ändert sich nichts. Die wichtigste Änderung betrifft die Invalidenversicherung (IV), bei der künftig erst nach drei Jahren Zugehörigkeit Leistungen ausbezahlt werden. Abkommen über die soziale Sicherheit regeln grenzüberschreitende Fragen zur Altersvorsorge und anderen Sozialversicherungen zwischen den Vertragsstaaten. Über 5000 AHV-Renten werden in die USA ausbezahlt.
  • ENKELTRICK: Der Nationalrat will gegen Enkeltrick-Betrüger nicht härter vorgehen. Er hat eine parlamentarische Initiative von Daniel Jositsch (SP/ZH) mit 134 zu 45 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Jositsch wollte den Tatbestand des Betrugs ändern, damit beispielsweise Enkeltrick-Betrüger entsprechend bestraft werden können. Beim Enkeltrick-Betrug und ähnlichen Fällen seien die Täter heute zu stark geschützt, kritisierte er. Sie würden nur bei arglistigem Vorgehen bestraft, das heisst, sie müssen beispielsweise mit einem Lügengebäude ihr Opfer täuschen. Der Nationalrat hielt aber nichts von der Idee, das Erfordernis der Arglist abzuschaffen oder einzuschränken.
  • POLITISCHE BEHÖRDEN: Der Bund soll für sich selbst sowie für die Gemeinden und Kantonen keine Vorschriften zur Unabhängigkeit von Regierungen und Parlamenten erlassen. Das hat der Nationalrat entschieden. Er gab einer parlamentarischen Initiative mit 125 zu 54 Stimmen keine Folge, mit der Stéphane Rossini (SP/VS) ein Bundesgesetz zur Regelung der Unabhängigkeit der Behörden verlangt hatte. Rossini wollte die unterschiedliche Handhabung des Transparenzgebots und der Lösung von Interessenkonflikten harmonisieren. Für die Mehrheit würde das Anliegen aber einen ungerechtfertigten Eingriff in das föderalistische System bedeuten. Ausserdem wäre zur Umsetzung eine Verfassungsänderung nötig.
  • MEDIZINISCHE DATENBANK: Das Parlament soll keine gesetzliche Grundlage schaffen für eine nationale elektronische Datenbank, die für jede krankenversicherte Person ein Dossier mit sämtlichen Röntgenaufnahmen und anderen medizinischen Bildern enthält. Der Nationalrat hat eine parlamentarische Initiative von Jacques Neirynck (CVP/VD) mit 129 zu 51 Stimmen bei 5 Enthaltungen abgelehnt. Der Initiant argumentierte vergeblich, damit könnten unnötige Mehrfachuntersuchungen vermieden und Kosten eingespart werden. Ausserdem würden die Daten der Forschung in anonymisierter Form zur Verfügung stehen. Die Mehrheit befand, die Fragen seien im Rahmen des Gesetzes über das elektronische Patientendossier zu prüfen.

Der Ständerat in Kürze

(sda) BAHNLÄRM: Lärmige Güterwagen werden in der Schweiz ab 2020 faktisch verboten. Das hat nach dem Nationalrat am Donnerstag der Ständerat beschlossen. Dank Lärmgrenzwerten und weiteren Massnahmen sollen 50'000 Menschen weniger als heute unter zu starkem Bahnlärm leiden müssen. Der Ständerat hiess das Geschäft und den für die Finanzierung erforderlichen Verpflichtungskredit von rund 1,5 Mrd. Franken ohne Gegenstimme gut. Damit ist die Vorlage bereit für die Schlussabstimmung. Geplant sind neben ab 2020 gültigen Lärmgrenzwerten für Güterwagen Massnahmen wie der Einbau von Schienenschallabsorbern und akustisches Schienenschleifen. Der Bund kann Investitionshilfen für besonders ruhiges Rollmaterial leisten. Das Vorgehen der Schweiz ist laut Verkehrsministerin Doris Leuthard mit jenem der EU abgestimmt.

  • UMWELT: Die Schweiz kann die Aarhus-Konvention ratifizieren, die den Zugang zu Umweltinformationen und die Beteiligung an Bewilligungsverfahren regelt. Nach längeren Diskussionen hat das Parlament die Zustimmung zur Ratifikation gegeben. Der Ständerat hiess als Zweitrat die nötigen Anpassungen des Umweltschutzgesetzes mit 29 zu 14 Stimmen gut. Das Geschäft ist damit bereit für die Schlussabstimmungen. In beiden Räten hatten sich die vorberatenden Kommissionen zunächst gegen die Ratifikation gestellt. Die Gegnerinnen und Gegner brachten am Donnerstag erneut ihre Einwände vor. Umweltministerin Doris Leuthard zeigte sich verwundert, dass internationale Konventionen im Parlament plötzlich bekämpft würden mit dem Argument, die Schweiz erfülle die Bedingungen bereits.
  • GENTECHNIK: Wie es nach Ablauf des Gentech-Moratoriums weitergehen soll, ist offen. Umweltministerin Doris Leuthard sagte am Donnerstag im Ständerat, der Bundesrat werde bis 2017 einen Vorschlag vorlegen. In welche Richtung dieser gehe, sei jedoch derzeit unklar. Die Regelung, die dem Bundesrat vorschwebte, war in der Vernehmlassung durchgefallen. Der Ständerat befasste sich mit dem Thema, weil er eine Motion für die Verlängerung des Gentech-Moratoriums abschreiben musste. Der Vorstoss hatte sich erübrigt, die Verlängerung des Moratoriums bis Ende 2017 wurde in der Zwischenzeit im Rahmen der Agrarpolitik beschlossen.
  • WÖLFE: Der Walliser Ständerat René Imoberdorf (CVP) hat in der kleinen Kammer eine Diskussion zum Thema Wolf angestossen. Votanten kritisierten nicht nur die Schäden, die Wölfe auf Alpweiden anrichten, sondern auch das zuweilen aggressive Verhalten der Herdenschutzhunde. Umweltministerin Doris Leuthard rief dazu auf, die Balance zu suchen zwischen den Bedürfnissen der Natur und jenen der Nutztierhalter. Konsequentes Abschiessen des Wolfes sei ebenso falsch wie der konsequente Schutz des Wolfes. Gespräche und eine Anpassung des Wolfskonzepts seien der richtige Weg.
  • GEWERBEKEHRICHT: Der Ständerat hat sich mit der Entsorgung von Gewerbekehricht befasst, aber noch nicht über eine Motion entschieden, die die Folgen der Liberalisierung des Abfallwesens mildern will. Er will von seiner Umweltkommission (UREK) vorher neu eingebrachte Fragen klären lassen. Die Motion von Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) verlangt, dass für die Entsorgung der Abfälle von kleinen und mittelgrossen Betrieben die Kantone beziehungsweise die Gemeinden zuständig bleiben. Der Nationalrat hatte den Vorstoss gutgeheissen.

 

Mittwoch, 11. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) KAMPFFLUGZEUGE: Die Schweiz soll 22 Gripen-Kampfflugzeuge des schwedischen Herstellers Saab für 3,1 Milliarden Franken kaufen. Der Nationalrat hiess den Kauf am Mittwoch mit 113 zu 68 Stimmen bei 6 Enthaltungen und die Finanzierung über einen Fonds mit 118 zu 67 Stimmen bei 3 Enthaltungen gut. Auch das qualifizierte Mehr zur Freigabe der Gelder wurde locker erreicht; diesen Schritt muss der Ständerat noch nachholen. Gescheitert sind im Nationalrat Anträge, das Dossier an den Bundesrat zurückzuweisen, damit dieser unter anderem weitere Angebote der unterlegenen Hersteller prüft. SP, Grüne und Grünliberale kündigten ein Referendum gegen den Kauf des schwedischen Kampffliegers an, so dass eine Abstimmung so gut wie sicher ist.

  • ERUFLICHE VORSORGE: Der Nationalrat will einen Automatismus für die Festlegung des Mindestzinssatzes und auch des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge. Er hat zwei Vorstössen der FDP-Fraktion zugestimmt. Der Zinssatz soll in Zukunft automatisch an die reale Situation an den Finanzmärkten angepasst werden. Grundlage soll eine transparente, nachvollziehbare Formel bilden. Auch den Umwandlungssatz will der Nationalrat künftig automatisch anpassen, und zwar unter Berücksichtigung der Lebenserwartung, des angesparten Kapitals sowie der erzielbaren Renditen. Bundesrat Alain Berset warnte vergeblich vor den damit zusammenhängenden Schwankungen, welche die Planungssicherheit für die Versicherten beeinträchtigen würden. Das Stimmvolk hatte 2010 an der Urne eine Senkung des Umwandlungssatzes deutlich abgelehnt.
  • KRANKENVERSICHERUNG I: Der Nationalrat möchte den Krankenkassen kostspielige Anrufe bei Kunden zur Werbung für eine Krankenversicherung verbieten. Er nahm mit 94 zu 85 Stimmen bei 9 Enthaltungen knapp einen Vorstoss aus den Reihen der Linken an. Die Motion reichte Jacques-André Maire (SP/NE) 2011 ein, kurz nachdem die Krankenversicherer eine Selbstkontrolle bei der Telefonwerbung beschlossen hatten. Diese Beschränkung mit Ausnahmen funktioniert aus Maires Sicht nicht. Die Anrufe hätten nicht spürbar abgenommen. Ein Verbot sei kaum zu überwachen, da in die Telefonwerbung oft auch Makler involviert seien, die keiner Aufsicht unterstünden, hielt dagegen der Bundesrat fest, der die Motion ablehnte. Zudem verwies er auf seine Bestrebung, die Werbung und Vermittlung im umstrittenen Aufsichtsgesetz zur Sozialversicherung zu regulieren. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat.
  • KRANKENVERSICHERUNG II: Treten nach einer Schönheitsoperation Komplikationen auf, sollen nicht mehr die Krankenkassen für die Kosten aufkommen müssen. Der Nationalrat hat einem Vorstoss von CVP-Nationalrätin Ruth Humbel (AG) zugestimmt. Folgekosten von Eingriffen ohne medizinische Gründe sollten nicht von der Allgemeinheit mitgetragen werden, sagte Humbel. Vielmehr sollten private Versicherer oder eine Versicherung des jeweiligen Arztes dafür aufkommen. Das Argument von Gesundheitsminister Alain Berset, wonach die Kausalität zwischen einer Schönheitsoperation und allfälligen Komplikationen schwierig nachzuweisen sei, verfing nicht.
  • ALTERSVORSORGE: Der Nationalrat will etwas tun für nicht mehr voll arbeitsfähige Bauern. Er hat eine Motion mit 87 zu 85 Stimmen angenommen, die verlangt, dass bei der Berechnung des Invaliditätsgrades bei Bauern das Durchschnittseinkommen in der Landwirtschaft berücksichtigt wird. Motionär Jakob Büchler (CVP/SG) will gewährleistet wissen, dass ein beschränkt arbeitsfähiger Landwirt zusammen mit der Rente der IV ein angemessenes Einkommen erzielen kann. Damit könne er den Betrieb weiterführen, bis die nächste Generation den Hof übernehmen könne. Sozialminister Alain Berset empfahl vergeblich ein Nein zum Vorstoss. Die Invalidenversicherung müsse alle Versicherten gleich behandeln und könne gewisse Berufe nicht bevorzugen, sagte er.
  • ALTERSVORSORGE: Wer länger als bis zum ordentlichen Rentenalter erwerbstätig ist, soll bis zur Aufgabe der Arbeit in die Säule 3a der Altersvorsorge einzahlen können. Das will der Nationalrat. Er hat eine Motion von Maximilian Reimann (SVP/AG) mit 105 zu 74 Stimmen angenommen. Es sei sinnvoll, ältere Menschen mit dem steuerbegünstigten Vorsorgesparen zum Verbleib im Erwerbsleben zu motivieren, argumentierte Reimann. Der Bundesrat will die Obergrenze nicht abschaffen. Die heutige Altersgrenze gelte für alle drei Säulen der Altersvorsorge. Würde man sie abschaffen, gäbe es die Koordination unter den drei Säulen nicht mehr, begründete dies Sozialminister Alain Berset.
  • ALTERSVORSORGE II: Der Nationalrat erneuert seine Forderung, auch Nichterwerbstätigen den Zugang zur Säule 3a zu öffnen. Er nahm mit 118 zu 59 Stimmen bei 10 Enthaltungen eine Motion von Christa Markwalder (FDP/BE) an. Vor allem für Frauen könnte diese Möglichkeit zur Altersvorsorge interessant sein. Bereits in den 1990-er Jahren wurde die Forderung im Parlament laut; war aber trotz angenommener Vorstösse nie umgesetzt worden. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab. Er verwies auf die schwierige Umsetzung, grundsätzliche Bedenken - die Berufliche Vorsorge sei für Berufstätige gedacht - sowie Steuerausfälle von 40 bis 80 Millionen Franken pro Jahr. Als nächstes entscheidet der Ständerat.
  • ALTERSVORSORGE III: Kinder von AHV-Bezügern sollen keine Kinderrente mehr erhalten, findet der Nationalrat. Er hat eine Motion von Guy Parmelin (SVP/VD) mit 101 zu 74 Stimmen angenommen, die im Rahmen der 12. AHV-Revision diese Korrektur verlangt. Diese Renten seien nicht mehr zeitgemäss, begründete Parmelin seine Motion. Daran wolle er den Bundesrat mit Blick auf die Vorlage zur Altersvorsorge 2020 erinnern. Bundesrat Alain Berset sprach sich gegen die Motion aus. Die Zeit für die Diskussion sei noch nicht reif.
  • SPITALINFEKTIONEN: Der Nationalrat ist bei Spitalinfektionen für eine Umkehr der Beweislast: Es soll nicht mehr an den Patientinnen und Patienten sein, zu beweisen, dass ein Spital im Fall einer Infektion die Sorgfaltspflicht verletzt hat. Vielmehr soll das Spital beweisen, dass die Infektion nicht auf sein Verschulden zurückzuführen ist. Eine Motion von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher (TG) wurde knapp mit 94 zu 89 Stimmen angenommen. Den Schutz vor Spitalinfektionen will der Bundesrat mit dem Epidemiengesetz verbessern, das am 22. September zur Abstimmung kommt.
  • HAUSÄRZTE: Der Nationalrat will der Forderung nach einem hausarztfreundlichen Tarifsystem Nachdruck verschaffen. Er hat eine 2011 von der damaligen CVP/EVP/GLP-Fraktion eingereichte Motion mit 75 zu 70 Stimmen bei 40 Enthaltungen unterstützt, gegen den Willen des Bundesrates. Vor allem SP-Vertreter enthielten sich der Stimme. Ruth Humbel (CVP/AG) sagte, dass trotz der seither erzielten Fortschritte die Forderungen der Motion noch nicht erfüllt seien. Der Rat solle den Vorstoss deshalb überweisen, um den Bundesrat bei seinen Bestrebungen für ein hausarztfreundliches Tarifsystem zu unterstützen. Im Tarifbereich harzten die Verhandlungen nach wie vor. Der Nationalrat wird sich am (morgigen) Donnerstag mit der Volksinitiative "Ja zur Hausarztmedizin" und dem direkten Gegenvorschlag dazu befassen.
  • GESUNDHEITSSYSTEM: Nationalrat Christophe Darbellay (CVP/VS) stört sich daran, dass der Verband tarifsuisse mit einem "unbedeutenden" Physiotherapeuten-Verband einen Tarifvertrag abgeschlossen hat. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die im Verband Physiosuisse zusammengeschlossenen Physiotherapeutinnen und -therapeuten seit Jahren erfolglos für höhere Tarife kämpfen. Darbellay verlangt deshalb vom Bundesrat einen Bericht, in dem Kriterien für die Repräsentativität der Personen festgelegt werden, die Tarifverträge im Gesundheitswesen unterzeichnen. Der Nationalrat hat dem Postulat mit 100 zu 82 Stimmen zugestimmt. Bundesrat Alain Berset verwies hingegen auf die im Krankenversicherungsgesetz festgelegte Vertragsvielfalt.
  • UNFALLVERSICHERUNG: Der Nationalrat will, dass eine Person auch dann in den Genuss von Taggeldern der obligatorischen Unfallversicherung kommt, wenn der Grund für den Ausfall am Arbeitsplatz in einem Unfall während der Jugend liegt. Er hat eine Motion von CVP-Nationalrat Christophe Darbellay angenommen. Dieser stört sich daran, dass bei einem Rückfall oder bei Spätfolgen einer Verletzung aus jungen Jahren kein Taggeld fliesst - trotz regelmässig bezahlter Beiträge an die Unfallversicherung. Alain Berset versuchte vergeblich, den Rat zu einem Nein zu bewegen. Viele Arbeitgeber würden bereits heute eine Versicherung abschliessen, welche diese Lücke schliesse.
  • PFLEGE: Der Nationalrat hält die Entlastungsmöglichkeiten für die Eltern behinderter Kinder für ungenügend. Er befürwortete deshalb eine Motion, mit der die Finanzierung von entsprechenden Diensten, beispielsweise durch die Spitex oder Beratungsangebote, verbessert wird. Der Nationalrat stimmte mit 94 zu 86 Stimmen bei 7 Enthaltungen dem Vorstoss zu. Unterstützungsleistungen zur Entlastung der Eltern verbesserten die Gesundheit der Kinder und der Eltern, hielt Motionärin Marianne Streiff (EVP/BE) fest. Der Bundesrat lehnte die Forderung ab, weil er die heutigen Möglichkeiten, wie etwa den neu geschaffenen Assistenzbeitrag, für angemessen hält. Der Vorstoss geht an den Ständerat.
  • eHEALTH: Der Nationalrat wünscht sich vom Bundesrat ein Forschungsprogramm zu den Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen ("eHealth"). Er hat eine entsprechende Motion der FDP-Fraktion mit 80 zu 62 Stimmen angenommen, bei 44 Enthaltungen. Angeregt wird, im neuen Gesetz über das elektronische Patientendossier, das der Bundesrat Ende Mai dem Parlament zustellte, eine Basis für Forschungsprogramme zum Thema "eHealth" zu schaffen. Bundesrat Alain Berset bezeichnete dies als unnötig, obwohl er das Anliegen der Motionäre an sich legitim nannte. Es gebe bereits Mittel, um die Forschung zu fördern.
  • SUIZIDPRÄVENTION: Der Bund soll nach dem Willen des Nationalrats einen Aktionsplan zur Suizidprävention entwerfen, der sich besonders mit Depression und sozialer Isolation befasst. Die grosse Kammer hiess mit 98 zu 85 Stimmen bei 4 Enthaltungen eine entsprechende Motion gut. Selbstmord sei eine der häufigsten Todesursachen, und die Zahl der Suizide dürfte aufgrund der Alterung der Gesellschaft noch zunehmen, hielt Motionärin Edith Graf-Litscher (SP/TG) fest. Besonders ältere Menschen litten immer mehr unter sozialer Isolation. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab. Bundesrat Alain Berset verwies darauf, dass der Bund nicht zuletzt wegen des abgelehnten Präventionsgesetzes keine Gesetzesgrundlage für Suizidprävention habe. Die Motion geht nun an den Ständerat.
  • FAMILIENBERICHT: In einem weiteren Familienbericht nach 1982 und 2004 wird der Bundesrat sich mit der Situation der Familien befassen. Der Nationalrat überwies mit 94 zu 85 Stimmen bei 9 Enthaltungen ein Postulat und erteilte damit dem Bundesrat den Auftrag, einen dritten Familienbericht zu erstellen. Dieser soll einen statistischen und thematischen Teil umfassen. Letzterer soll sich - nach dem Nein zum Familienartikel im Frühjahr - auch mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf befassen, forderte Lucrezia Meier-Schatz (CVP/SG). Der Bundesrat lehnte die Forderung ab. Sozialminister Alain Berset verwies auf die umfangreichen laufenden Untersuchungen und Arbeiten zum Thema Familie bei verschiedenen Stellen der Bundesverwaltung.
  • SPITALFINANZIERUNG: Die seit Anfang 2012 geltende neue Spitalfinanzierung ist aus Sicht des Nationalrats nicht gesetzeskonform umgesetzt. Die Verordnung widerspricht aus seiner Sicht in einem Punkt gegen die im Gesetz geforderte Transparenz, indem weiterhin Hochkostenspitäler belohnt und kosteneffiziente Spitäler bestraft würden. Der Nationalrat fordert deshalb in einem Vorstoss die Streichung des Artikels.
  • ZIVILSCHUTZ: Das Parlament will dem Missbrauch beim Zivilschutz durch Gemeinden einen Riegel schieben. Der Nationalrat hat eine Änderung des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes ohne Gegenstimme gutgeheissen. Der Bundesrat hatte die Vorlage als Reaktion auf falsch abgerechnete Zivilschutztage in fast allen Kantonen ausgearbeitet. Der Ständerat hatte sich bereits in der Sommersession für die Änderung ausgesprochen, ebenfalls praktisch oppositionslos. Damit ist die Vorlage unter Dach. Vorgesehen sind verbesserte Kontrollmöglichkeiten, um unrechtmässige Auszahlungen von Leistungen der Erwerbsersatzordnung (EO) zu verhindern.

Der Ständerat in Kürze

(sda) PÄDOSEXUELLE: Zur Pädophilen-Initiative, die für verurteilte Pädophile ein lebenslängliches Tätigkeitsverbot mit Kindern fordert, liegt nun doch ein direkter Gegenvorschlag vor. Der Ständerat hiess am Mittwoch mit 27 zu 14 Stimmen bei einer Enthaltung einen Entwurf seiner vorberatenden Rechtskommission gut. Dieser verlangt ebenfalls ein Tätigkeitsverbot bei "strafbaren Handlungen einer gewissen Schwere" gegen Kinder und Abhängige. Die Mindestdauer betrüge zehn Jahren, möglich sein soll aber auch ein lebenslängliches Verbot. Er lässt den Gerichten mehr Spielraum, und gewährt damit das Verhältnismässigkeitsprinzip eher als die Initiative. Gleichzeitig hiess der Ständerat aber auch Verschärfungen im Gesetz gut, die unabhängig von der Initiative in Kraft treten können. Der Nationalrat unterstützt die Initiative und wird sich nächste Woche mit den Vorschlägen aus dem Ständerat befassen.

  • KEINE AUSWÄRTS-SESSION: Der Ständerat will - im Gegensatz zum Nationalrat - keine Session in den Bergen durchführen. Er lehnte eine parlamentarische Initiative von Yannick Buttet (CVP/VS) mit 19 gegen 16 Stimmen ab. Buttet hatte vorgeschlagen, eine Session "extra muros" im Wallis durchzuführen und damit den nationalen Zusammenhalt zu stärken. Hannes Germann (SVP/SH) äusserte namens des Ratsbüros Verständnis für das Anliegen. Sitzungen ausserhalb von Bern sollten aber nur ins Auge gefasst werden, wenn die Säle in Bern nicht zur Verfügung stünden, gab er zu bedenken. Andernfalls würde ein staatspolitisches Präjudiz geschaffen. Auch Kosten und Arbeitsaufwand sprächen gegen Auswärts-Sessionen.
  • VORAUSZAHLUNGSVERTRAG: Der Ständerat hiess am Mittwoch ohne Gegenstimme die Streichung der Bestimmungen über den Vorauszahlungsvertrag aus dem Obligationenrecht (OR) gut. Dieser spielt heute in der Praxis keine Rolle mehr, da Leasing und Kreditverträge haben diese Praxis ihn mittlerweile abgelöst haben. Der ehemalige Ständerat Philipp Stähelin (CVP/TG) stiess die Aufhebung der entsprechenden Artikel im OR an. Einwände dagegen wurden in der Vernehmlassung keine laut; auch der Bundesrat stimmte dem Vorgehen gut. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
  • BUNDESGERICHT: Der Ständerat hat sich für Live-Übertragungen von Verhandlungen am Bundesgericht ausgesprochen und eine Motion von Martin Schmid (FDP/GR) mit 34 zu 6 Stimmen angenommen. Der Bundesrat stellte sich dagegen. Solche Übertragungen lasse das Gesetz bereits zu. Schmid fordert, dass die Beratungen am Bundesgericht über Web-TV jedermann zugänglich gemacht werden, ebenso wie die Debatten des Parlaments. Wie die höchsten Richter zu ihren Entscheiden fänden, sei nur wenigen zugänglich. Interessierte könnten in der Regel nicht nach Lausanne reisen, um öffentliche Beratungen mitzuverfolgen.
  • KUNDGEBUNGEN: Der Ständerat hat sich einmal mehr mit dem Vermummungsverbot befasst. Anlass dazu war eine Motion von Peter Föhn (SVP/SZ). Er verlangt, das Verbot, an Kundgebungen das Gesicht zu verdecken, im Strafgesetzbuch zu verankern. Materiell entschied der Ständerat nichts. Vielmehr übergab er das Anliegen der zuständigen Kommission mit dem Auftrag, die Kantone anzuhören. Mit 33 zu 8 Stimmen hiess er einen entsprechenden Ordnungsantrag von Karin Keller-Sutter (FDP/SG) gut. Föhn reichte seinen Vorstoss im Juni ein, nachdem sich die kleine Kammer gegen ein nationales Vermummungsverbot ausgesprochen hatte
  • KRIMINALITÄT: Dem Ständerat genügt die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern für die Bekämpfung von Kriminalität. Er hat eine Motion abgelehnt, mit der der Genfer Nationalrat Luc Barthassat (CVP) eine Verstärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gefordert hatte. Der Nationalrat hatte den Vorstoss im Frühjahr im Rahmen einer Debatte über Kriminaltourismus und Asylmissbrauch angenommen. Barthassat hatte die Motion mit der "besorgniserregend hohen Stand" der Kriminalität im Kanton Genf begründet.
  • STRAFPROZESSRECHT: Das Parlament will die Voraussetzungen für die Anordnung von Untersuchungshaft und Sicherheitshaft in der Strafprozessordnung anpassen. Personen, bei denen ernsthaft zu befürchten ist, dass sie die Sicherheit anderer Menschen durch schwere Verbrechen oder Vergehen erheblich gefährden, sollen neu auch dann in Untersuchungs- oder Sicherheitshaft genommen werden können, wenn sie noch keine Straftaten dieser Art begangen haben. Ein effektiv erfolgter Rückfall soll nicht mehr Voraussetzung für die Untersuchungs- oder Sicherheitshaft sein. Der Ständerat hat eine entsprechende Motion der FDP überwiesen. Der Bundesrat ist mit dem Anliegen einverstanden.
  • SANS-PAPIERS: Der Ständerat lehnte drei Standesinitiativen der Kantone Neuenburg, Basel-Stadt und Jura ab, weil ihr Anliegen schon erfüllt ist. Die Vorstösse forderten den Zugang für Sans-Papiers zu Berufslehren. Der Bundesrat ermöglichte dies bereits über eine Verordnungsänderung, die er aufgrund eines Vorstosses aus dem Parlament vornahm. Gut integrierte Jugendliche ohne gültigen Aufenthaltstitel können seit dem 1. Februar 2013 eine Berufslehre antreten.

 

Dienstag, 10. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) SÖLDNERFIRMEN: Von der Schweiz aus im Ausland tätige Sicherheitsfirmen sollen sich strengeren Kontrollen unterziehen müssen und Söldnerfirmen nicht von der Schweiz aus operieren dürfen. Der Nationalrat hat das Gesetz dazu am Dienstag zwar gutgeheissen, es aber gemäss den Anträgen der bürgerlichen Mehrheit in der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) in wesentlichen Punkten stark gelockert. Die entsprechenden Bestimmungen zum Beispiel lediglich auf das "Bewachen von staatlichen Gütern und Liegenschaften". Tätigkeiten wie Kontrollen, Festhalten und Durchsuchungen von Personen sowie Räumen oder die Beschlagnahmung von Gegenständen unterstehen dem Gesetz zudem nur, wenn die Sicherheitsfirma sie im Auftrag einer Streitkraft ausübt. Eine Minderheit von SP, Grünen und GLP hätte bei der restriktiveren Version von Ständerat und Bundesrat bleiben wollen, unterlag aber. Ausserdem wollte der Rat nichts vom Antrag wissen, statt der Meldepflicht für Tätigkeiten im Ausland eine Bewilligungspflicht ins Gesetz zu schreiben.

  • SEXUELLE AUSBEUTUNG: Der Nationalrat stellt Sex mit minderjährigen Prostituierten unter Strafe. Freier sollen mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. Wie zuvor der Ständerat hat er entsprechende Änderungen im Strafgesetzbuch gutgeheissen, und dies ohne eine Gegenstimme. Heute macht sich ein Freier nur strafbar, wenn die oder der Prostituierte unter 16 Jahre alt ist. Mit der Änderung des Strafgesetzes ist neu auch die Förderung der Prostitution von Minderjährigen strafbar. Mit den Neuerungen will der Bundesrat die Lanzarote-Konvention zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung umsetzen, welche die Schweiz 2010 unterzeichnet hatte. Die SVP scheiterte mit einer Reihe von Anträgen, die darauf abzielten, den Strafrahmen im Vergleich zur Vorlage des Bundesrats zu erhöhen.
  • EINWOHNERREGISTER: Der Nationalrat ist dagegen, dass die Post und die Einwohnerkontrollen regelmässig ihre Adressdaten austauschen. Er gab einer parlamentarischen Initiative keine Folge, die im Ständerat noch eine Mehrheit gefunden hatte. Initiant und Ständerat Hannes Germann (SVP/SH) wollte mit dem regelmässigen Datenaustausch die Qualität der Adressdaten in den amtlichen Einwohnerregistern verbessern. Eine Mehrheit des Nationalrats will allerdings einen Bericht des Bundesrats über die Revision des Datenschutzgesetzes abwarten.

Der Ständerat in Kürze

(sda) SPARPAKET: Anders als der Nationalrat will der Ständerat das Sparpaket des Bundesrates für die kommenden Jahre beraten. Die kleine Kammer hat es am Dienstag abgelehnt, das Konsolidierungs- und Aufgabenprüfungspaket (KAP) an den Bundesrat zurückzuweisen. Über die Sparmassnahmen selbst beriet der Rat nicht. Die Vorlage geht nun erst zurück an den Nationalrat. Hält dieser an seinem Entscheid fest, das Paket an den Bundesrat zurückzuweisen, muss der Bundesrat über die Bücher. Der Bundesrat möchte den Bundeshaushalt mit dem KAP um jährlich 700 Millionen Franken entlasten. Betroffen wäre alle Departemente. Der Nationalrat möchte neue Szenarien - eines mit einschneidenden Kürzungen beim Bundespersonal und eines mit mehr Einnahmen statt weniger Ausgaben.

  • FORSCHUNG: Der Kredit über 4,4 Milliarden Franken für die Weiterbeteiligung am EU-Forschungsprogramm "Horizon 2020" ist unter Dach. Der Ständerat stimmte wie zuvor der Nationalrat zu. Schweizer Forscher sollen sich auch in der Periode von 2014 bis 2020 für EU-Gelder bewerben können. Für kontroverse Diskussionen sorgte lediglich der Kreditteil für die Nuklearforschung im Rahmen des Euratom-Programms. Ein Antrag der Linken zur Streichung der Gelder für die letzten beiden Jahre - rund 35 Millionen Franken - scheiterte jedoch. Die Teilnahme der Schweiz am EU-Forschungsprogramm ist eine Erfolgsgeschichte: Schweizer Forscher holen mehr Geld in die Schweiz zurück, als die Schweiz einzahlt.
  • AUS- UND WEITERBILDUNG: Für Ausbildungen sind künftig auch Steuerabzüge möglich. Heute ist das nur bei Weiterbildungen erlaubt. Der Ständerat räumte bei der Vorlage zur steuerlichen Förderung der Aus- und Weiterbildung eine letzte Differenz zum Nationalrat aus. Wer sich aus- oder weiterbildet, kann künftig maximal 12'000 Franken pro Jahr als Steuerabzug geltend machen. Heute sind - unbegrenzte - Abzüge für Weiterbildungen vorgesehen, mit denen der berufliche Stand gehalten werden kann. Für Ausbildungen, die zu einem besseren Job führen, gibt es dagegen keine Abzüge. Beim letzten offenen Punkt schloss sich der Ständerat dem Nationalrat an. Angestellte sollen Beiträge, die sie vom Arbeitgeber für Kurse erhalten, nicht als Lohn versteuern müssen. Arbeitergeber können sie ebenfalls abziehen.
  • STEUERN: Der Bundesrat soll das Doppelbesteuerungsabkommen mit Liechtenstein anpassen, um die Erhebung von Steuern auf Renten durch das Fürstentum zu verhindern. Der Ständerat hiess einen entsprechenden Vorstoss gut, dessen primäres Ziel es ist, eine 3,6-prozentige Steuer Liechtensteins auf in die Schweiz ausgerichtete AHV-Renten zu beseitigen. Der Ständerat fügte aber auch noch die Forderung hinzu, wonach die Schweiz auch eine Änderung Grenzgängerbesteuerung verhindern soll. In Liechtenstein sind Bestrebungen im Gang, Schweizer Arbeitnehmer in Liechtenstein am Arbeitsort zu besteuern. Heute werden sie am Wohnort in der Schweiz besteuert, was Steuereinnahmen von 20 bis 22 Millionen Franken pro Jahr bedeutet.
  • AUSSCHREIBUNGEN: Der Bundesrat will bis Ende Jahr darlegen, wie die Chancengleichheit zwischen den verschiedenen Sprachregionen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch den Bund verbessert werden könnte. Dies kündigte Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf im Ständerat an. Die Arbeiten sind also bereits in Gang. Der Ständerat überwies dennoch eine Motion aus dem Nationalrat an den Bundesrat. Massnahmen verlangt hatte Nationalrat Antonio Hodgers (Grüne/GE). Im Ständerat wurde betont, die Gleichbehandlung nicht nur der verschiedenen Sprachregionen, sondern auch von Zentrum und Peripherie sei wichtig.
  • STEUERAMNESTIE: Das Parlament erteilt der Forderung des Kantons Tessin nach einer allgemeinen Steueramnestie definitiv eine Absage. Der Ständerat schrieb eine entsprechende Standesinitiative aus dem Jahr 2002 ab. 2004 hatten die Räte dem Ansinnen noch zugestimmt. Die Amnestie hätte nach dem Willen der Tessiner sämtliche Steuern betroffen: Bundes-, Kantons- und Gemeindesteuern. Die Steuersünder sollten ihr Schwarzgeld mit einer einmaligen Steuernachzahlung regularisieren können. Die vorberatende Kommission lehnte eine allgemeine Amnestie ab und verwies auf die Mini-Steueramnestie, die 2008 einige Elemente der Forderung erfüllt habe.
  • STEUERSTREIT: In einer weiteren Aufräumaktion im Nachgang der gescheiterten "Lex USA" hat der Ständerat eine Motion zum Mitarbeiterschutz abgeschrieben. Um die Zustimmung zur "Lex USA" zu ermöglichen, hatte der Nationalrat ein separates Gesetz zum Schutz von Mitarbeitern und Dritten wie Anwälten und Treuhändern im Fall von Datenlieferung in die USA gefordert. Indem der Bundesrat die Banken seither zum Schutz der Rechte dieser Personen verpflichtet habe, sei die Forderung erfüllt, hielt die vorberatende Kommission fest. Der Ständerat folgte dieser Argumentation oppositionslos.

 

Montag, 9. September 2013

Der Nationalrat in Kürze

(sda) BANKGEHEIMNIS I: Die Schweiz gewährt den USA in Zukunft einen beinahe automatischen Informationsaustausch. Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat das Abkommen zur Umsetzung des US-Steuergesetzes FATCA genehmigt. Mit dem Gesetz verpflichten die USA ausländische Banken dazu, Konten von US-Kunden ihren Steuerbehörden zu melden. Die Banken sind gezwungen, das Gesetz ab Mitte 2014 umzusetzen, sofern sie nicht faktisch vom US-Kapitalmarkt ausgeschlossen werden wollen. Dies gilt unabhängig vom Abkommen zur Umsetzung. Der Widerstand im Parlament hielt sich daher in Grenzen, auch wenn die Regelung vielen missfällt. Opposition gab es vor allem von rechter Seite: Die SVP beantragte, auf die Vorlage nicht einzutreten, weil damit ausländisches Steuerrecht übernommen werde.

  • BANKGEHEIMNIS II: Der Nationalrat will den automatischen Informationsaustausch nicht per Gesetz verbieten. Er hat mit 94 zu 87 Stimmen beschlossen, eine parlamentarische Initiative mit diesem Anliegen abzuschreiben. Die zuständigen Kommissionen beider Räte hatten der parlamentarischen Initiative der FDP-Fraktion zugestimmt. Damit hätte die Nationalratskommission einen Gesetzesentwurf ausarbeiten können. Eine knappe Mehrheit der Kommission befand aber, das Anliegen sei angesichts der rasanten Entwicklungen in der internationalen Steuerpolitik nicht mehr angebracht. Dieser Ansicht ist auch der Nationalrat. FDP und SVP setzten sich vergeblich für den Vorstoss ein. FDP-Präsident Philipp Müller richtete dabei happige Vorwürfe an den Bundesrat.
  • BANKGEHEIMNIS III: Banken werden Bussen, die ausländische Behörden gegen sie verhängen, möglicherweise von den Steuern abziehen können. Der Nationalrat will dies jedenfalls nicht untersagen. Er hat eine Motion aus dem Ständerat mit 91 zu 89 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Der Vorstoss ist damit vom Tisch. Die Gegnerinnen und Gegner befürchteten, gewisse Unternehmen könnten sich veranlasst sehen, ihren Sitz ins Ausland zu verlagern, sollten Bussen nicht mehr abzugsfähig sein. Die Befürworterinnen und Befürworter argumentierten vergeblich, es gehe nicht an, dass die Allgemeinheit indirekt über eine Verringerung des Steuersubstrats für Bussen gegen Banken aufkommen müsse.
  • GROSSBANKEN: Dem Nationalrat genügen die verschärften Regelungen für Grossbanken in der "Too big to fail"-Vorlage nicht. Er will zusätzliche Auflagen, um allfällige Folgen von Risiken abzufedern, die namentlich von Investmentbankern eingegangen werden könnten. Die grosse Kammer nahm am Montag gleich drei Vorstösse der Fraktionen von SVP, SP und Grünen an, und zwar gegen den Willen des Bundesrates. Die drei Fraktionen unterstützten sich gegenseitig. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf hielt dazu fest, dass die am 1. März 2012 in Kraft gesetzte "Too big to fail"-Vorlage strenger sei als die Regelungen im Ausland. Es dauere bis 2018, bis die Puffer aufgebaut seien.
  • OPEN DATA: Der Nationalrat will wissen, welche Daten aus der Bundesverwaltung bereits öffentlich zugänglich sind und welche Bestände für eine solche Öffnung in Frage kommen. Er hat den Bundesrat gegen dessen Willen mit der Zustimmung zu einem Postulat von Kathy Riklin (CVP/ZH) beauftragt, einen entsprechenden Bericht zu erstellen. Ebenso bestellte die grosse Kammer einen Masterplan zum Thema Open Government Data. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf gab bekannt, dass der Bundesrat nächstens einen Bericht zum Thema behandeln werde.
  • STEMPELSTEUER: Der Nationalrat will die Stempelabgabe auf Sach- und Vermögensversicherungen und auch auf rückkaufsfähigen Lebensversicherungen abschaffen. Er hat gegen den Willen des Bundesrates zwei entsprechende Motionen aus der SVP unterstützt. Schützenhilfe leisteten der SVP die FDP und die BDP. Motionär Hans Kaufmann (ZH) forderte im einen Vorstoss, die Versicherungen zunächst in der Produktionssphäre und später ganz von der Stempelsteuer zu befreien. Pirmin Schwander (SZ) verlangte in der zweiten Motion die Streichung der Stempelabgabe auf rückzahlungsfähigen Lebensversicherungen. Beide Vorstösse gehen nun an den Ständerat.
  • MARKTZUGANG: Der Nationalrat will wissen, wie der Marktzugang von Schweizer Anbietern im Ausland angesichts verschiedener EU-Regulierungsvorhaben wie die neue Finanzmarktrichtlinie Mifid II gewährleistet werden könnte. Er hat den Bundesrat beauftragt, einen Bericht mit Lösungsstrategien zu erstellen und diese zu bewerten. Mit 120 zu 55 Stimmen bei 10 Enthaltungen stimmte er einem entsprechenden Postulat zu. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf argumentierte vergeblich, es brauche keinen solchen Bericht, da der Bundesrat die Entwicklungen ohnehin verfolge und bereits aktiv geworden sei.
  • BIOGAS: Der Bundesrat soll dafür sorgen, dass das via Erdgasnetz in die Schweiz importierte Biogas in steuerlicher Hinsicht dem Schweizer Biogas gleichgestellt wird, sofern gewisse Bedingungen erfüllt sind. Der Nationalrat hat eine Motion dazu mit 121 zu 58 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Der Vorstoss geht nun an den Ständerat. Der Bundesrat stellt sich dagegen. Biogas könne nur in Ausnahmefällen physisch an der Grenze nachgewiesen werden, argumentiert er. Deshalb wünsche die Gasbranche einen virtuellen Biogashandel. Dieser würde jedoch das gesamte Zollsystem infrage stellen. Ausserdem wäre mit weiteren Begehren zu rechnen.
  • VEREIDIGUNGEN: Zwei Nationalrätinnen und ein Nationalrat haben am Montag ihr Amt in der grossen Kammer mit der Vereidigung angetreten. Nachgerückt sind nach Rücktritten Martina Munz (SP/SH), Raymond Clottu (SVP/NE) und Sylvie Perrinjaquet (FDP/NE). Die 58-jährige Perrinjaquet war bereits von 2007 bis 2011 im Nationalrat, verpasste dann aber die Wiederwahl. Die 57-jährige Berufsschullehrerin und ETH-Agronomin Munz ist seit 2009 Präsidentin der Schaffhauser SP. Der 46-jährige Wirtschaftsprüfer Clottu gehörte von 2005 bis Mai 2013 dem Neuenburger Kantonsparlament an.

Der Ständerat in Kürze

(sda) ABTREIBUNGEN: Auch der Ständerat will die Finanzierung von Abtreibungen nicht aus der obligatorischen Krankenversicherung kippen. Er empfiehlt die Volksinitiative "Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache" aus religiösen Kreisen zur Ablehnung, wie es bereits der Nationalrat getan hat. Von einem indirekten Gegenvorschlag mit dem Anliegen der Initiative will er ebenfalls nichts wissen, er lehnte diesen Vorschlag am Montag mit 37 zu 4 Stimmen ab. An den heutigen Regeln zur Abtreibung - notabene vom Volk 2002 inklusive Kostenfrage deutlich gutgeheissen - soll nicht gerüttelt werden. Die Initianten wollen, dass niemand, der aus Gewissensgründen Abtreibungen ablehnt, sich daran finanziell beteiligen muss. Die Kosten für Abtreibungen liegen unter 8 Millionen Franken pro Jahr.

  • GESUNDHEIT: Der Ständerat hält weiterhin an seinem schlanken Gegenvorschlag zur Hausarztinitiative fest. Im Gegensatz zum Nationalrat will er die Steuerungsfunktion der Hausärzte nicht stärken. Der Gegenvorschlag geht nun ein letztes Mal in den Nationalrat. Das Beharren auf den jeweiligen Vorschlägen in National- und Ständerat hat auch strategische Gründe. Dem "Masterplan Hausarztmedizin", den Gesundheitsminister Alain Berset vor etwas mehr als einem Jahr angestossen hatte, soll nicht vorgegriffen werden. Ziel des Masterplans ist es, die Initianten mit konkreten Massnahmen zur Stärkung der Hausärztinnen und Hausärzte zum Rückzug der Initiative zu bewegen.
  • TODESSTRAFE: Der Export von Arzneimitteln, die für Hinrichtungen bestimmt sind, soll verboten werden. Der Ständerat hat einen Vorstoss aus dem Nationalrat ohne Abstimmung überwiesen. Ein generelles Ausfuhrverbot aus der Schweiz wird damit aber nicht angestrebt. Weil die Arzneimittel, die bei Hinrichtungen mit der Todesspritze zum Einsatz kommen, auch für medizinische Zwecke verwendet werden können, will das Parlament statt eines Verbots eine Genehmigungspflicht einführen. Nun muss der Bundesrat eine entsprechende Gesetzesvorlage ausarbeiten.
  • ARZNEIMITTEL: Von Swissmedic zugelassene Heilmittel sollen künftig mit Slogans wie "behördlich genehmigtes Arzneimittel" beworben werden dürfen. Der Ständerat stimmte ohne Abstimmung einer Motion zu, die solche Werbung erlauben will. Die Information soll damit verbessert werden. Die Tatsache, dass ein Medikament durch das Heilmittelinstitut Swissmedic zugelassen worden ist, stellt aus Sicht des Motionärs Joachim Eder (FDP/ZG) ein Zeichen von "hoher Qualität und Sicherheit" dar. Für die Konsumenten erleichtere die Kennzeichnung, Arzneimittel, Nahrungsergänzungsmittel und Medizinprodukte zu unterscheiden. Gesundheitsminister Alain Berset stellte sich im Namen des Bundesrates hinter die Forderung.
  • RISIKOAUSGLEICH: Der Ständerat unterstützt die Verfeinerung des Risikoausgleichs zwischen den Krankenkassen. Eher symbolisch nahm er stillschweigend eine Motion aus dem Nationalrat an. Die Arbeiten an einem ausgebauten Risikoausgleich - ein eher unbestrittenes Element der abgelehnten Managed-Care-Vorlage - sind bereits im Gang. Die Gesundheitskommission des Nationalrats (SGK) schlägt vor, neu auch die Kosten ambulanter Behandlungen - nebst den Faktoren Alter, Geschlecht und Aufenthalt in einem Spital oder Pflegeheim - zur Berechnung des Ausgleich heranzuziehen. Der neue Risikoausgleich soll die kostspielige Jagd der Versicherer nach Jungen und Gesunden beseitigen.
  • KRANKENVERSICHERUNG I: Zu jeder Krankenkasse soll künftig auf der Prämienseite des Bundes, priminfo.ch, der Anteil der Verwaltungskosten ausgewiesen werden. Der Ständerat hiess als Zweitrat eine entsprechende Forderung aus dem Nationalrat gut. Der Bundesrat befürwortete den Vorstoss, da damit die Transparenz in der Grundversicherung erhöht werde. Gesundheitsminister Alain Berset kündigte eine rasche Umsetzung an. Die Zahlen sind bereits verfügbar, werden aber heute nur auf der Internetseite des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) publiziert.
  • KRANKENVERSICHERUNG II: Fussbehandlungen für Diabetiker, die von Podologinnen und Podologen durchgeführt werden, sollen in den Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung aufgenommen werden. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat einem entsprechenden Vorstoss zugestimmt. Heute sind bereits jene Fussbehandlungen durch den Leistungskatalog abgedeckt, die von Pflegefachpersonen durchgeführt werden. Auch der Bundesrat hatte sich bereit erklärt zu prüfen, ob die Podologinnen und Podologen in die Liste der Leistungserbringer aufgenommen werden sollen.
  • KRANKENVERSICHERUNG III: Künftig soll für ausserkantonale ambulante Behandlungen kein Aufpreis mehr verlangt werden. Der Ständerat hat einem entsprechenden Vorstoss aus dem Nationalrat zugestimmt. Heute müssen Versicherte zusätzlich zu Selbstbehalt und Franchise einen Aufpreis bezahlen, wenn sie sich ausserhalb ihres Wohnkantons ambulant behandeln lassen und der Tarif des Leistungserbringers höher ist als jener am Wohn- oder Arbeitsort. Diese Bestimmung widerspricht in den Augen von Motionärin Ruth Humbel (CVP/AG) den Bestrebungen der Krankenversicherer, Verwaltungskosten einzusparen.
  • BERICHTE: Der Ständerat hat eine Reihe von Delegationsberichten gutgeheissen. Dazu gehörte der Jahresbericht der Delegation des Parlaments bei der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) und dem Europäischen Parlament. Gemäss Delegationspräsident Didier Berberat (SP/NE) sah sich diese bei den Gesprächen mit der Delegation des Europäischen Parlaments unter anderem mit kritischen Fragen zur Ventilklausel konfrontiert, die der Bundesrat im April 2012 für die acht neuen EU-Länder aktiviert hatte. Weiter nahm der Ständerat die Berichte der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), der Parlamentarierdelegation beim Europarat, der Delegation bei der Interparlamentarischen Union sowie der Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung der Frankophonie zur Kenntnis.
  • ANTIBIOTIKA-RESISTENZEN: Der Bundesrat soll sich in einem ganzheitlichen Ansatz um das Problem der Antibiotika-Resistenzen kümmern. Der Ständerat hiess ohne Abstimmung einen entsprechenden Vorstoss aus dem Nationalrat gut. Ein Programm gegen Antibiotika-Resistenzen plant der Bundesrat bereits, er ist aber auf die Zustimmung zum Epidemiengesetz am 22. September angewiesen.
  • PARLAMENTSBETRIEB: Mehrere Parlamentarierinnen und Parlamentarier könnten ihren Anspruch auf Übernachtungsentschädigungen verlieren. Der Ständerat stimmte mit 29 zu 2 Stimmen einer Änderung der entsprechenden Regelung zu. Nur bei einer Reisezeit von über 30 Minuten vom Wohnort nach Bern soll es die Entschädigung geben, statt wie heute bei einer Entfernung von mehr als 25 Kilometer. 21 statt 16 Ratsmitglieder würden damit keine Entschädigungen von 180 Franken pro Nacht bei mehrtägigen Sitzungen erhalten. Der Nationalrat muss der Verordnungsänderung noch zustimmen.

 

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