Die Sitzungen der Räte und der Vereinigten Bundesversammlung sind öffentlich. Die Beratungen der Kommissionen sind hingegen vertraulich.

Die Öffentlichkeit der Ratsverhandlungen ist ein unverzichtbares Element für das Funktionieren unserer Demokratie. Sie ermöglicht den Wählerinnen und Wählern, ihre Abgeordnete zu kontrollieren, erleichtert den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern die für die Ausübung ihrer Volksrechte unerlässliche politische Meinungsbildung und fördert ihr Verständnis für die Beschlüsse des Parlaments. Zwar können die Räte zum Schutz wichtiger Sicherheitsinteressen oder aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes geheime Beratungen durchführen; geheime Beratungen bilden aber die absolute Ausnahme.

Kommissionen sind Ausschüsse des Parlaments, deren Aufgabe es ist, die Ratsgeschäfte vorzuberaten und zuhanden des Plenums, sachkundige und mehrheitsfähige Lösungsvorschläge auszuarbeiten. Weil solche Vorschläge eher hinter geschlossenen Türen als vor Publikum erarbeitet werden können, beraten die Kommissionen unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

I. Sitzungen der Räte und der Vereinigten Bundesversammlung

I.1. Öffentlichkeit der Ratsverhandlungen

Die Sessionsdaten werden in der Regel zwei Jahre im Voraus, die Sessionsprogramme zwei Wochen und die Tagesordnungen einen Tag im Voraus auf der Website des Parlaments publiziert. Auch die übrigen Sitzungsunterlagen (Botschaften, Erlassentwürfe, Anträge, Fahnen etc.) werden sobald vorhanden online aufgeschaltet.

Die Bürgerinnen und Bürger können die Verhandlungen der Räte und der Vereinigten Bundesversammlung von den Zuschauertribünen aus verfolgen (Art. 158 BV). Die Ratsdebatten werden zudem live im Internet übertragen. ​

Die Resultate von Abstimmungen werden von der Ratspräsidentin oder vom Ratspräsidenten verkündet und zusammen mit dem Stimmverhalten auf Bildschirmen im Saal angezeigt (Art. 57 Abs. 1 und 2 GRN; Art. 44a Abs. 2 und 3 GRS); die Bürgerinnen und Bürger können somit auch die Abstimmungen live mitverfolgen.

Bei Wahlen ist das Wahlresultat zwar öffentlich, die Stimmabgabe jedoch geheim (Art. 130 Abs. 1 ParlG).

Ergänzende Informationen und Links

Das Sessionsprogramm eines Rates ist ein chronologischer Überblick der Geschäfte, die der Rat während der Session behandelt. Ihm können folgende Informationen entnommen werden:

  • Geschäftsnummer: Jeder Beratungsgegenstand ist mit einer Stammnummer versehen, die auf allen parlamentarischen Dokumenten angegeben wird.
  • Erstrat: Der zweiten Spalte kann entnommen werden, welcher Rat den Beratungsgegenstand als Erstes berät;
  • Curia Vista: Der Link auf die Geschäftsdatenbank ermöglicht einen direkten Zugang zur Botschaft, zu den Erlassentwürfen, den Fahnen, den Anträgen und den früheren Ratsdebatten;
  • Geschäftstitel;
  • Status der Behandlung;
  • vorberatende Kommission: Die meisten Beratungsgegenstände werden von einer Kommission vorberaten, die ihrem Rat Anträge stellt;
  • federführendes Departement;
  • Kommissionssprecher/in: Die Berichterstatter oder Berichterstatterinnen der Kommission haben die Aufgabe, dem Rat über deren Verhandlungen zu informieren und die Anträge der vorberatenden Kommissionen einzubringen;
  • Unterstellung unter die Ausgabenbremse: Der zweitletzten Spalte ist zu entnehmen, welche Artikel des Entwurfes der Ausgabenbremse unterstehen. Die Ausgabebremse ist eine besondere Abstimmungshürde für finanzwirksame Beschlüsse von besondere Tragweite. Der Ausgabenbremse unterstellte Artikel bedürfen der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder beider Räte, d.h. mindestens 101 Stimmen im Nationalrat und 24 Stimmen im Ständerat;
  • die Beratungskategorie (nur im Nationalrat): Im Nationalrat wird jedem Beratungsgegenstand eine Beratungskategorie zugeteilt. Mit dieser Zuteilung wird bestimmt, wer das Recht zur Wortmeldung hat und über welche Redezeit er verfügt.

Sessionsprogramme

I.2. Veröffentlichung der Ratsverhandlungen

I.2.1. Wortprotokoll

Um der Öffentlichkeit den Zugang zu den Ratsverhandlungen zusätzlich zu erleichtern, werden die Debatten schriftlich festgehalten und in Form eines Wortprotokolls publiziert (Art. 4 Abs. 1 ParlG).

Beispiel

Historisches und Link

Das Amtliche Bulletin ist das Wortprotokoll der Bundesversammlung.

Bei seiner Einführung im Jahr 1891 wurde aus Spargründen beschlossen, nur Verhandlungen zu referendumsfähigen Erlassen stenografieren und drucken zu lassen. Seit 1971 gilt das für sämtliche Voten in beiden Räten. Mit der Wintersession 1995 wurde zusätzlich zur Druckversion eine Online-Publikation eingeführt. Die älteren gedruckten wie nicht gedruckten Verhandlungsprotokolle wurden digitalisiert und stehen (inkl. Möglichkeit zur Volltextsuche) online zur Verfügung.

Amtliches Bulletin

I.2.2. Abstimmungsprotokoll

Neben den Voten werden auch die Abstimmungsdaten veröffentlicht. In Form von Namenslisten (Abstimmungsprotokollen) veröffentlicht werden im Nationalrat die Angaben für sämtliche Abstimmungen (Art. 57 Abs. 3 GRN), im Ständerat nur die Daten (Art. 44a Abs. 4 GRS)

Beispiel

Historisches und Link

I.3. Geheime Beratungen

Geheime Beratungen erfolgen unter Ausschluss der Öffentlichkeit: Die Tribünen werden geräumt, der Zutritt zu den Ratssälen und den Vorräumen wird stärker begrenzt als üblich und die im Saal anwesenden Personen haben Stillschweigen zu wahren (Art. 4 Abs. 4 ParlG; Art. 61 Abs. 4 GRN; Art. 47 Abs. 4 GRS). Die entsprechenden Beratungen werden selbstredend auch nicht im Amtlichen Bulletin (Wortprotokoll) veröffentlicht.

Geheime Beratungen können zum Schutze wichtiger Sicherheitsinteressen oder aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes beantragt werden (Art. 4 Abs. 2 ParlG). Antragsberechtigt sind (Art. 4 Abs. 2 ParlG)

  • ein Sechstel der Mitglieder eines Rates beziehungsweise der Vereinigten Bundesversammlung,
  • die Mehrheit einer Kommission sowie
  • der Bundesrat.

Die Beratung über den Antrag auf geheime Beratung selbst ist auch geheim (Art. 4 Abs. 3 ParlG).

Historisches

Die Möglichkeit für geheime Beratungen besteht seit der Gründung des Bundesstaates 1848.

1942 wurde im neu erlassenen Reglement der Vereinigten Bundesversammlung festgehalten, dass Begnadigungsgesuche im Fall von Todesstrafen unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu beraten sind. Über solche Gesuche entschied die Vereinigte Bundesversammlung an fünf geheimen Sitzungen in den Jahren 1944 und 1945.

Heute sind geheime Beratungen äusserst selten. Letztmals wurde eine solche am 19. Juni 1990 zur Behandlung des Kreditantrags für den sog. «Bundesratsbunker» beantragt, aber schon der Antrag auf geheime Beratung wurde – in geheimer Beratung – abgelehnt.

Amtl. Bulletin 19.6.1990

II. Kommissionssitzungen

Im Unterschied zu den Beratungen der Räte sind die Beratungen der Kommissionen vertraulich.

Die Kommissionen informieren die Medien mündlich oder schriftlich über die wesentlichen Ergebnisse, die wichtigsten Beschlüsse mit dem Stimmenverhältnis sowie über die wichtigsten in den Beratungen vorgebrachten Argumente (Art. 48 ParlG; Art. 20 GRN; Art. 15 GRS). Vertraulich bleibt jedoch, wie die einzelnen Sitzungsteilnehmerinnen und Sitzungsteilnehmer Stellung genommen und abgestimmt haben (Art. 47 Abs. 1 ParlG).

Auch die Kommissionsprotokolle und die Unterlagen der Kommissionen unterliegen der Vertraulichkeit (Art. 6 ff. ParlVV). Das Bundesgesetz über das Öffentlichkeitsprinzip der Verwaltung (Öffentlichkeitsgesetz, BGÖ) ist hier nicht anwendbar, auch nicht für Unterlagen, welche die Verwaltung einer Kommission bereitstellt (Art. 2 e contrario BGÖ). Das Akteneinsichtsrecht ist in Artikel 6 ff. der Parlamentsverwaltungsverordnung geregelt.

Die Kommissionen können zwar öffentliche Anhörungen durchführen (Art. 47 Abs. 2 ParlG), solche sind aber äusserst selten.

Historisches und Video

Seit 1990 fanden öffentliche Kommissionsanhörungen zu folgenden Themen statt:

  • Beschaffung von F/A-18-Flugzeugen (1992)
  • Genschutz-Initiative (1995)
  • Rinderwahnsinn (1996)
  • Einsatz der Armee zum Schutz der Grenze (1998)
  • Totalrevision des Bundesgesetzes über Radio und Fernsehen (2002)
  • Institutionelles Abkommen Schweiz - EU (2019) (Video)

Quellen

  • Zum Zweck der Ratsöffentlichkeit, vgl. Giovanni Biaggini, Art. 158 BV N1, in: Giovanni Biaggini, Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft, Kommentar, Orell Füssli Verlag AG 2007, S. 708, Moritz von Wyss, Art. 158 N2, in: Ehrenzeller/Schindler/Schweizer/Vallender (Hrsg.), Die schweizerische Bundesverfassung, St. Galler Kommentar, Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2014, S. 2640 sowie Jean-François Aubert, Art. 158 N3, in: Aubert/Mahon, Petit commentaire de la Constitution fédérale de la Confédération suisse du 18 avril 1999, Schulthess, Zürich/Basel/Genf 2003, S. 1200.