Nach ihrer Wahl zur ersten Ständeratspräsidentin erhielt Josi Meier viel mediale Aufmerksamkeit. Sie wurde als Landesmutter betitelt. Berühmt wurde Josi Meiers Rede an der Frauensession von 1991. Sie griff einen Slogan der Luzerner Grafikerin Karin Willimann auf und machte ihn schweizweit bekannt.

Die Luzerner CVP-Politikerin zog 1971 mit den elf erstgewählten Frauen ins Parlament ein. 1991/92 präsidierte sie als erste Frau den Ständerat. Ihr politisches Engagement begann aber lange vorher.

Als einzige Frau wurde Josi Meier 1967 von Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen in eine neunköpfige Kommission für die Revision der Bundesverfassung einberufen, weil das Frauenstimmrecht ein Teil des Vorhabens war. Die Juristin war eine Verfechterin des Frauenstimmrechts und engagierte sich öffentlich für dessen Einführung. Mit Optimismus beobachtete sie die kantonalen Abstimmungen zu dieser Frage. Ihr Heimatkanton Luzern stimmte im Oktober 1970 dem Frauenstimmrecht zu, also wenige Monate vor der nationalen Annahme.

Josephine Johanna Meier (1926-2006) war eine politische Laufbahn nicht in die Wiege gelegt worden. Ihr Vater arbeitete als Portier im Hotel «National» in Luzern, später als Hauswart eines Bankgebäudes. Ihre Mutter war vor der Heirat «Saaltochter», ein bezeichnender Name für einen Frauenberuf. Die einzige Tochter studierte Rechtswissenschaften in Genf und nahm anschliessend in Luzern ihre Tätigkeit als selbstständige Anwältin auf.

Die Diskriminierung der Frauen in der Schweiz erlebte sie in ihrer juristischen Arbeit aus nächster Nähe. Das Eherecht bezeichnete Josi Meier als patriarchal und trat später im Parlament für seine Erneuerung ein. Aktiv war sie insbesondere auch in der Sozial- und Aussenpolitik.

Bildlegende: Josi Meier, erste Ständeratspräsidentin 1991/92 (Quelle: Walter Rutishauser, Fotograf - Bibliothek am Guisanplatz, Sammlung Rutishauser).
(Das Bild kann in zwei Grössen heruntergeladen werden.)

«Natürlich gehören wir ins Haus…»

Die Gleichberechtigung als gemeinsames Anliegen der Frauen sei weiterhin mit Sachverstand, aber auch mit Witz zu vertreten, erklärte sie ihre Haltung. Ein Beispiel dafür bot sie gleich: Genüsslich zerpflückte sie das Frauenbild anhand von alten Lexika-Artikeln und von sprachlichen Bezeichnungen wie «Fräulein». Partnerschaft statt Gönnerschaft, lautete ihr Ideal für das Verhältnis zwischen Frau und Mann.
Am Schluss ihrer Rede rief Josi Meier aus: Endlich verstehe sie den Spruch, die Frau gehöre ins Haus. «Natürlich gehören wir ins Haus, ins Gemeindehaus, ins Bundeshaus!»

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Eine eigene Meinung leisten

Eine ihrer pointierten Aussagen stammt aus einer Dankesrede für eine Ehrung durch die Stadt Luzern im Jahr 1991. Josi Meier, die nie ein Verwaltungsratsmandat angenommen hatte, sagte: «Es gibt Leute, die leisten sich eine Jacht oder ein Rennpferd, ich leiste mir eine eigene Meinung, die kostet mich etwa gleich viel.»
Josi Meier, eine Frau der allerersten Stunde in der Schweizer Politik, leistete zweifelsohne Pionierarbeit. Ihre politischen Positionen sind auch heute von grosser Aktualität.

Eine Rede an Frauen und Männer

Bei ihrem Kampf für die Sache der Frauen setzt Josi Meier mehr auf Einigung denn auf Spaltung. Und ihr Humor hilft ihr dabei. Sie setzt sich für die Teilhabe der Frauen an der Politik ein und ruft gleichzeitig die Männer zur Zusammenarbeit auf. In ihrer Antrittsrede als Ständeratspräsidentin spricht sie immer wieder von Frauen, nimmt aber auch die Männer – die in der kleinen Kammer die überwältigende Mehrheit stellen – in die Pflicht und verlangt von ihnen, sich für die Frauenrechte zu engagieren, wie die nachstehenden drei Auszüge zeigen.