Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates informierte sich im Austausch mit Bundespräsident Ignazio Cassis über die aktuelle Lage in der Ukraine. Sie beschäftigte sich dabei insbesondere intensiv mit der humanitären Hilfe sowie der Sanktionspolitik der Schweiz.

Im Rahmen einer ausführlichen Diskussion mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Bundespräsident Ignazio Cassis, tauschte sich die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) zur Situation in der Ukraine aus und beschäftigte sich dabei mit den Herausforderungen der humanitären Hilfe, der Schweizer Sanktionspolitik, den Verletzungen des humanitären Völkerrechts sowie mit Neutralitätsfragen. Die Kommission würdigte namentlich die grossen Anstrengungen und Leistungen der humanitären Hilfe zur Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung. Im Anschluss an die Debatte entschied sich die APK-N gegen die Einreichung zweier Kommissionsmotionen.

  • Mit 19 zu 6 Stimmen lehnte es die Kommission ab, die Aufnahme von Flüchtlingen im Rahmen der Resettlement-Programme auszusetzen, solange in der Schweiz eine erhebliche Zahl von ukrainischen Flüchtlingen mit Status S aufgenommen wird.
  • Mit 13 zu 12 Stimmen lehnte es die Kommission ab, den physischen Handel und den Transithandel mit Gas, Erdöl und Kohle von Unternehmen, die sich mehrheitlich im Besitz der russischen Föderation oder von Personen befinden, die enge geschäftliche Beziehungen zum Kreml aufweisen, sofort und bis zum Ende des Krieges in der Ukraine zu verbieten.

Beziehungen Schweiz - EU

Die APK-N hat sich in Anwesenheit von Bundespräsident Ignazio Cassis einmal mehr mit der Europapolitik befasst und eine Standortbestimmung zu den Beziehungen mit der EU vorgenommen. Die Debatte drehte sich in erster Linie um die Stossrichtung des vom Bundesrat verabschiedeten Pakets für die Verhandlungen mit der EU, aber auch um die offenen Dossiers. Bei den institutionellen Fragen ging es insbesondere um den vertikalen Ansatz, für den sich der Bundesrat entschieden hat. Die Kommission hat Kenntnis davon genommen, dass der horizontale Ansatz für den Bundesrat keine Option ist und dass die Sondierungsgespräche mit der EU auf einer anderen Grundlage stattfinden müssen. Die APK-N hat sich ausserdem mit dem Bericht des Bundesrates über die Regelungsunterschiede, die in gewissen Bereichen zwischen Schweizer und EU-Recht bestehen, befasst und den früheren Staatssekretär Mario Gattiker zum Handlungsspielraum in diesem Bereich angehört.

Im Anschluss an diese Debatte hat die Kommission mit 20 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen die im Ständerat eingereichte Motion 21.4184 («Eine nachhaltige Strategie für die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU erarbeiten») angenommen.

Humanitäres Büro in Bangui

Die Kommission wurde gemäss Artikel 152 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes (ParlG) zur Absicht des Bundesrates konsultiert, in der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) ein humanitäres Büro der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zu eröffnen. Sie hat diesem Projekt ohne Gegenstimme zugestimmt. Angesichts der kritischen humanitären Lage vor Ort erhofft sie sich, dass die Eröffnung dieses Büros dazu beiträgt, die Mittel der internationalen Zusammenarbeit der Schweiz angemessen und effizient einzusetzen. Die Schweiz wird dank ihrer Präsenz vor Ort und ihrem Profil ausserdem in verschiedenen Bereichen in der ZAR einen Mehrwert bringen und den Dialog fördern können.

UNO-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten

Die APK-N hat sich vertieft mit dem UNO-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten beschäftigt und in diesem Zusammenhang Expertenanhörungen durchgeführt. Im Austausch mit Vertretern der Wissenschaft, der Wirtschaft und der Verwaltung diskutierte die Kommission insbesondere den Stand der Arbeiten, die Rolle der Schweiz sowie die potenziellen Auswirkungen des Abkommens auf die Wirtschaft.

Verletzung des Kommissionsgeheimnisses

Die Kommission hat sich mit der Frage beschäftigt, ob Nationalrat Roger Köppel im Rahmen des Formats «Weltwoche Daily» Informationen aus vertraulichen Kommissionsunterlagen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat. Mit 14 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen ist die Kommission der Ansicht, dass mutmasslich eine Amtsgeheimnisverletzung im Sinne von Artikel 13 Absatz 2 des Parlamentsgesetzes vorliegt. Gestützt auf diesen Artikel könnte das Büro des Nationalrates die Anordnung von Disziplinarmassnahmen anordnen. Unabhängig von der Frage der Disziplinarmassnahmen hat die Kommission zusätzlich beschlossen, Strafanzeige wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses (Artikel 320 Strafgesetzbuch) einzureichen. Es gilt die Unschuldsvermutung.