Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrates (APK-N) hat sich zunächst mit der Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Mirjana Spoljaric Egger, unterhalten. Diese präsentierte der Kommission die neue Strategie und die Reformen des IKRK und anschliessend dessen Engagement und Schwierigkeiten im Gazastreifen. Sie bezeichnete die Situation als extrem komplex, da die gesamte Bevölkerung von humanitärer Hilfe abhängig ist, und schilderte die Schwierigkeiten der humanitären Helferinnen und Helfer, sich vor Ort zu bewegen. Zur Sprache kamen auch die israelischen Geiseln, zu denen das IKRK derzeit keinen Zugang hat. Voraussetzung für deren Freilassung ist ein Waffenstillstand, weshalb die IKRK-Präsidentin die Notwendigkeit betonte, den Dialog zwischen den Parteien aufrechtzuerhalten. Die APK-N hat zur Kenntnis genommen, dass die Tätigkeiten des IKRK unerlässlich sind und von keiner anderen Organisation übernommen werden können. Sie begrüsst das wichtige Engagement der Organisation in dieser akuten Krise.
Die angespannte Lage im Nahen Osten stand auch im Mittelpunkt des Austauschs mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Bundesrat Ignazio Cassis. Die Kommission hat sich nach den Massnahmen des UNO-Sicherheitsrates und den parallel dazu verlaufenden diplomatischen Bemühungen erkundigt. Gegenstand des Austauschs waren zudem zwei der grössten Herausforderungen zum jetzigen Zeitpunkt: der Zugang zur Gesundheitsversorgung und zur Nothilfe sowie die Wahrung der öffentlichen Ordnung. Im Weiteren kam die Rede auf die Verletzungen des humanitären Völkerrechts, die nicht ungestraft bleiben dürfen.
Darüber hinaus hat die APK-N den Generalkommissar des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA), Philippe Lazzarini, angehört. Dieser erläuterte der Kommission zunächst, welche Ereignisse zu den Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023, die er scharf verurteilt, geführt hatten. Danach schilderte er die katastrophale humanitäre Lage im Gazastreifen und wies dabei namentlich darauf hin, dass eine Hungersnot droht und es der Zivilbevölkerung unmöglich ist, sich vor den Kämpfen in Sicherheit zu bringen. Er hielt in diesem Zusammenhang fest, dass die Auflösung der UNRWA katastrophale Folgen für die Zivilbevölkerung hätte und derzeit keine andere humanitäre Organisation die Aufgaben des Hilfswerks, insbesondere im Bildungs- und im Gesundheitsbereich, übernehmen kann.
Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion war der Vorwurf Israels, dass UNRWA-Mitarbeitende an den Terroranschlägen vom 7. Oktober 2023 beteiligt gewesen sein könnten. Die APK-N wird diese Themen an ihrer nächsten Sitzung vertiefen und dabei auch weitere interessierte Kreise anhören. Über die Finanzierung der humanitären Hilfe für den Nahen Osten wird die Kommission diskutieren, wenn der Bundesrat – wie dies die eidgenössischen Räte bei der Beratung des Voranschlags 2024 beschlossen hatten – die beiden APK dazu konsultiert.
Weitere Themen
Die Kommission hat die Behandlung der Motion 22.3451 Ryser («Beteiligung der Schweiz an der multinationalen Taskforce REPO zur Umsetzung der Wirtschaftssanktionen gegen Russland») abgeschlossen. Sie beantragt ihrem Rat mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung, die Motion anzunehmen. Die Kommissionsmehrheit ist der Ansicht, dass die Schweiz mehr tun muss, um sicherzustellen, dass die Sanktionen gegen Russland lückenlos umgesetzt werden. In ihren Augen würde eine Beteiligung an der REPO-Taskforce den Informationsaustausch und die Koordination mit den anderen Ländern, die Russland sanktionieren, verbessern.
Die Minderheit ist hingegen der Auffassung, dass die aktuelle Zusammenarbeit mit der Taskforce ausreichend gut funktioniert. Sie erachtet eine formelle Beteiligung als nachteilig und sieht insbesondere die Gefahr, dass die Schweiz ihre Unabhängigkeit im Bereich der Sanktionspolitik verlieren könnte. Im Weiteren sei noch zu unklar, wie sich eine allfällige Beteiligung an der Taskforce auf die Guten Dienste und den Schutz der Daten im Zusammenhang mit den Sanktionen auswirken würde und welche rechtlichen Folgen sie hätte.
Die Kommission hatte die Beratung dieser Motion an ihrer Sitzung vom 30. und 31. Januar 2024 begonnen und alsdann sistiert, um zusätzliche Informationen von der Bundesverwaltung abzuwarten. Der Nationalrat wird sich in der Sondersession vom April 2024 mit dieser Motion befassen.
Anknüpfend an den offiziellen Start der Verhandlungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) am 18. März 2024 hat die Kommission gemeinsam mit EDA-Vorsteher Cassis eine europapolitische Standortbestimmung vorgenommen. Mehrere Kommissionsmitglieder haben die Annahme der Verhandlungsmandate durch die Parteien begrüsst, die einen wichtigen Schritt im Prozess zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU darstellt. Näher beleuchtet wurde unter anderem der Einbezug des Parlaments in die nächsten Schritte und das Engagement der Behörden gegen die Desinformation. Einige Kommissionsmitglieder haben betont, dass es parallel zu den Verhandlungen eine kohärente Innenpolitik braucht.
Die APK-N hat ihre Sitzung im Genfer Zentrum für Sicherheitspolitik (Geneva Centre for Security Policy, GCSP) genutzt, um mit dessen Direktor, Botschafter Thomas Greminger, über verschiedene Themen der internationalen Sicherheitspolitik zu diskutieren. Der Fokus lag dabei auf dem Krieg in der Ukraine und namentlich der Nutzung von künstlicher Intelligenz bei der Konfliktführung. Die Kommissionsmitglieder hatten ferner Gelegenheit, sich mit den Geschäftsleitungen des GCSP sowie des Internationalen Zentrums für humanitäre Minenräumung (Geneva International Centre for Humanitarian Demining, GICHD) und des Zentrums für die Gouvernanz des Sicherheitssektors (DCAF), die ebenfalls in Genf ansässig sind, auszutauschen. Diese drei Zentren haben ihren Auftrag und ihre Arbeit präsentiert und sich beim Parlament für die finanzielle Unterstützung durch den Bund bedankt.
Die Kommission hat am 25. und 26. März 2024 in Genf am Sitz des GCSP unter dem Vorsitz von Nationalrat Laurent Wehrli (FDP, VD) und teils im Beisein von Bundesrat Ignazio Cassis, Vorsteher des EDA, getagt.