Zu Beginn der Legislatur 2019-2023 nahm die Finanzkommission des Nationalrates eine umfassende finanzpolitische Standortbestimmung vor. Dabei nahm sie unter anderem Kenntnis vom Ergebnis der Staatsrechnung 2019 sowie vom Legislaturfinanzplan 2021-2023.

1. Finanzpolitische Standortbestimmung

Die Finanzkommission des Nationalrates (FK-N) liess sich über das provisorische Ergebnis der Staatsrechnung 2019 orientieren, welche mit einem ordentlichen Finanzierungsüberschuss von rund 3,1 Milliarden Franken abschliesst. Der Voranschlag sah einen Überschuss von 1,2 Milliarden Franken vor. Der starke Überschuss ist hälftig auf höhere Einnahmen, hälftig auf geringere Ausgaben als budgetiert zurückzuführen (siehe Medienmitteilung des Bundesrates vom 19. Februar 2020). Die Kommission nahm vom Ergebnis der Rechnung Kenntnis. Auch wenn der sehr gute Abschluss grundsätzlich erfreulich ist, wurden vielfach kritisiert, dass die Rechnung erneut viel besser abschliesse als der Voranschlag. Der Kommission lagen Anträge auf Kommissionsmotionen vor, welche sich mit der Verwendung der strukturellen Überschüsse befassen. Die Kommission gab vorerst lediglich einen Bericht in Auftrag, welcher aufzeigen soll, mit welchen gesetzlichen Anpassungen vermieden werden kann, dass systematische Kreditunterschreitungen strukturelle Überschüsse zur Folge haben. Die Beratung der Anträge auf Kommissionsmotionen wurde ausgesetzt, damit die Kommission im zweiten Quartal 2020 eine fundierte Grundsatzdiskussion über die Schuldenbremse führen kann.

Die FK-N liess sich zudem über die Eckpunkte der finanzpolitischen Ausgangslage für die kommenden Jahre orientieren. Die Finanzaussichten sind für die aktuelle Legislatur positiv, insbesondere aufgrund der Streichung der Reform der Ehe- und Familienbesteuerung im Finanzplan infolge der Rückweisung des Reformvorhabens durch das Parlament. Aus den Weisungen des Bundesrates vom 19. Februar 2020 für den Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 geht hervor, dass der strukturelle Saldo (Handlungsspielraum der Schuldenbremse) im Jahr 2021 rund 1,1 Milliarden Franken beträgt, in den Finanzplanjahren 2022 und 2023 beläuft er sich auf rund 600 resp. 900 Millionen Franken.

Schliesslich gab das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) der Finanzkommission einen Überblick über die sogenannten mehrjährigen Finanzbeschlüsse, mit welchen das Parlament im ersten Legislaturjahr die Höchstbeträge der Ausgaben in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation, sowie Armee, Landwirtschaft, internationale Zusammenarbeit, regionaler Personenverkehr, Kultur und Umwelt festlegt. Die Finanzkommission wird sich in den kommenden Monaten intensiv mit den entsprechenden Vorlagen befassen.

2. Standortstrategie Agroscope

2018 befasste sich die Finanzkommission intensiv mit den strukturellen Reformen bei Agroscope (siehe Medienmitteilung der FK-N vom 15. Oktober 2018). In diesem Zusammenhang reichte sie Kommissionsmotionen ein, welche 2019 vom National- und Ständerat angenommen wurden: 18.4087 «Strukturelle Reformen bei Agroscope zugunsten der landwirtschaftlichen Forschung» und 18.4088 «Praxisnahe Struktur für Agroscope». Auf der Grundlage eines Berichts zu den Standortvarianten traf der Bundesrat Ende 2018 einen Grundsatzentscheid zur Standortstrategie von Agroscope. Zugleich wurde das Departement für Wirtschaft, Forschung und Innovation (WBF) beauftragt, die Standortstrategie zu konkretisieren und dem Bundesrat ein Detailkonzept und einen Umsetzungsplan zu unterbreiten. Kantone, Branche, Wissenschaft und Verwaltung unterstützen nun das vom WBF erarbeitete Standortkonzept Agroscope (siehe Medienmitteilung des WBF vom 16. Januar 2020). Im Rahmen von Konsultationen der federführenden Parlamentskommissionen stellte der Vorsteher des WBF der FK-N das Detailkonzept und die Umsetzungsplanung vor, welche die Kommission insgesamt begrüsst. Im Sinne einer Präzisierung ihrer Motion 18.4087 reicht die Finanzkommission einstimmig die Motion 20.3014 ein, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, eine sofortige Umwidmung sämtlicher erzielten Effizienzgewinne zugunsten des Globalbudgets von Agroscope vorzusehen, damit diese unverzüglich der Agrarforschung zugutekommen und nicht für die Finanzierung der Bauvorhaben verwendet werden.

3. Weitere Geschäfte

Die Finanzkommission unterbreitet dem Nationalrat mit 14 zu 11 Stimmen ihre Initiative 18.469 zur Vorprüfung (vgl. Artikel 109f. Parlamentsgesetz) mit dem Antrag auf Folge geben, nachdem ihre Schwesterkommission am 25./26. März 2019 keine Folge gegeben hatte. Eine Minderheit der FK-N beantragt, der Kommissionsinitiative keine Folge zu geben. Ziel der Kommissionsinitiative ist, die gesetzlichen Regelungen im Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) so anzupassen, dass die Prüf- und Aufsichtskompetenzen bei der direkten Bundessteuer gestärkt werden. Die Befürworter sind der Auffassung, dass die Prüf- und Aufsichtskompetenzen verstärkt werden müssen, damit die direkte Bundessteuer von den Kantonen unter Einhaltung der geltenden Regeln möglichst gleich eingezogen werden. Die Minderheit argumentiert, dass das Gesetz den Kantonen den Vollzug übertrage. Die Eidgenössische Steuerverwaltung präsentierte bei der Beratung zwei von der Kommission bestellte Berichte zu diesem Themenkreis, auch die Eidgenössische Finanzkontrolle brachte ihre Sichtweise ein.

Die Finanzkommission führte mit der Staatssekretärin für internationale Finanzfragen eine Aussprache über aktuelle internationale Finanz und Steuerfragen. Dabei befasste sie sich mit der Roadmap Finanzplatz Schweiz 2020+. Gegenstand der Diskussion waren unter anderem die von der OECD vorangetriebenen Umgestaltung der internationalen Unternehmensbesteuerung, die Schutzmassnahmen gegen die Nichtanerkennung der Börsenäquivalenz durch die EU, den automatischen Informationsaustausch (AIA) sowie Stossrichtungen für eine nachhaltige Finanzmarktpolitik.

Ferner beriet die Finanzkommission die Vorlage «Zahlungsrahmen für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs. Änderung» (19.064 n) im Mitberichtsverfahren vor. Die federführende Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF‑N) beantragt dem Nationalrat eine Erhöhung und Laufzeitverlängerung des Zahlungsrahmens, welche über den Entwurf des Bundesrates hinausgeht (siehe Medienmitteilung der KVF-N vom 21. Januar 2020). Mit 15 zu 9 Stimmen unterstützt die FK die Version der federführenden Kommission gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf. Sie verzichtet allerdings auf einen schriftlichen Mitbericht zuhanden der KVF sowie auf eine mündliche Begründung ihres Antrags im Nationalrates.

Darüber hinaus liess sich die Finanzkommission von der Bundeskanzlei und der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV) zwei Berichte vorstellen, welche der Bundesrat in Erfüllung von Postulaten verabschiedete: 1) der Bericht vom 23. Oktober 2019 über die Kostenentwicklung bei Öffentlichkeitsarbeit und Beratung und 2) der Bericht vom 13. September 2019 über den Vollzug nichtzollrechtlicher Erlasse durch die EZV. Die Kommission erkennt derzeit keinen weiteren Handlungsbedarf und nahm die Berichte zur Kenntnis.

Schliesslich beschloss die Finanzkommission, zwei von ihr im November 2019 eingereichten Kommissionsmotionen zurückzuziehen. Zum einen handelt es sich um die Motion 19.4392 «Beiträge für emissionsmindernde Ausbringverfahren bis 2021», welche obsolet geworden ist, nachdem der Bundesrat die Direktzahlungsverordnung am 12. Februar 2020 entsprechend dem Motionsanliegen änderte (siehe Medienmitteilung des Bundesrates vom 13. Februar 2020). Zum anderen ist die Mehrheit der Finanzkommission der Auffassung, dass das Anliegen der Motion 19.4393 «Wachstumsstopp für die Bundesverwaltung» den politischen Mehrheitsverhältnissen nach dem Legislaturwechsel nicht mehr abbildet und deshalb dem Nationalrat gar nicht vorgelegt werden soll.

Zur Vorberatung der Vorlage 19.079 «Programme ‹SUPERB› und ‹ERP Systeme V/ar›. Verpflichtungskredite» wurde am 28. Februar 2020 eine separate Medienmitteilung veröffentlicht.

Die Finanzkommission tagte am 27./28. Februar 2020 in Bern unter der Leitung ihres Präsidenten, Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU). Zeitweise anwesend waren Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher des EFD, Bundesrat Guy Parmelin, Vorsteher des WBF, sowie Mitarbeitende der BK, des VBS, EFD, WBF, UVEK und der EFK.