Die Finanzkommissionen der eidgenössischen Räte (FK) haben sich an ihrem diesjährigen finanzpolitischen Seminar in Basel mit den aktuellen Herausforderungen bei der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen befasst. Die Verflechtungen bei den Aufgaben und Finanzierungen haben deutlich zugenommen und machen es sowohl Bund als auch Kantonen schwer, eigenständig Schwerpunkte zu setzen. Um die zugrunde liegende Dynamik dieser Interdependenzen besser zu verstehen, haben sich die FK ausführlich über die Grundlagen des Föderalismus und der Aufgabenverteilung zwischen den verschiedenen Staatsebenen orientieren lassen. Neben dem eigentlichen Seminarthema befassten sich die Finanzkommissionen mit weiteren Themen.

Es braucht eine klare Zuweisung der Zuständigkeiten und Aufgaben an die verschiedenen Staatsebenen, damit ein Bundesstaat effizient und transparent funktionieren kann. In jüngster Zeit entsteht allerdings eine Dynamik, die zu einer zunehmenden Überschneidung der Zuständigkeiten und Finanzierungen führt und dadurch die Situation verkompliziert. Zu beobachten ist ein deutlicher Trend zur Zentralisierung, d. h. die schrittweise Verlagerung bestimmter Aufgaben von den Kantonen zum Bund. Diese Entwicklung lässt sich insbesondere mit erheblichen Differenzen zwischen den Kantonen beim Leistungsangebot erklären, die den Ruf nach landesweit einheitlichen Lösungen lauter werden lassen. Hinzu kommen strukturelle Faktoren wie die hohe Regelungsdichte und die komplexe Verteilung der Finanzlast. Vor diesem Hintergrund haben sich die FK an ihrem finanzpolitischen Seminar der Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen gewidmet. Sie haben sich insbesondere mit dem Stand des Projekts «Entflechtung 27», den verfassungsmässigen Grundlagen der Aufgabenverteilung sowie der einschlägigen politischen Dynamik befasst. Die Verteilung der Verantwortlichkeiten auf die verschiedenen institutionellen Akteure wurde anhand von konkreten Beispielen aus den Bereichen Gesundheit und Energie aufgezeigt.

Projekt «Entflechtung 27 – Aufgabenteilung Bund und Kantone»: Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft

Die FK haben im ersten Seminarteil eine gemeinsame Präsentation von Sabine D’Amelio-Favez, Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV), und Thomas Minger, stellvertretender Generalsekretär der Konferenz der Kantonsregierungen (KdK), verfolgt. In dieser ging es hauptsächlich um das Projekt «Entflechtung 27», in dessen Rahmen der Bundesrat und die Kantonsregierungen Fachleute des Bundes und der Kantone beauftragt haben, konkrete Vorschläge für die Reorganisation der Aufgabenverteilung zu unterbreiten. Die FK haben sich über die Ziele, Herausforderungen und die Finanzflüsse zwischen Bund und Kantonen informieren lassen. Es wurde insbesondere klargestellt, dass es bei diesem Projekt nicht um Einsparungen geht, sondern um die Staatsorganisation und die Stärkung des Föderalismus.

Im Weiteren hat Pascal Stirnimann, Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK), den FK Prüfungen präsentiert, die Auswirkungen auf die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kantonen haben.

Aufgabenverteilung aus verfassungsrechtlicher und politologischer Sicht

Der zweite Themenblock des Tages war dem Referat von Andreas Stöckli, Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Freiburg und Mitglied der Direktion des Instituts für Föderalismus, gewidmet. Er hat den verfassungsrechtlichen Rahmen für die Verteilung der Kompetenzen und Aufgaben zwischen Bund und Kantonen erklärt und insbesondere die Gründe erläutert, weshalb sich dieser Rechtsrahmen nicht in vollem Umfang anwenden lässt. Lukas Golder, Co-Direktor von gfs.bern, hat die politischen und wirtschaftlichen Triebkräfte der Zentralisierung von Aufgaben aus Sicht des Politologen analysiert und insbesondere den Einfluss der sozialpolitischen Akteure bei ihrer Forderung nach einheitlichen Lösungen auf Bundesebene hervorgehoben.

Aufgabenverteilung in der Praxis – Schwerpunkt Gesundheit

Um sich ein genaueres Bild von der Aufgabenverteilung in der Praxis zu machen, haben sich die FK anschliessend auf konkrete Beispiele konzentriert. So war der dritte Themenblock den Herausforderungen im Gesundheitsbereich gewidmet. Kathrin Huber, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK), hat die Herausforderungen bei der Aufgabenverteilung anhand der gemeinsamen Zuständigkeit für die Prämienverbilligung, die einheitliche Finanzierung der Gesundheitsleistungen und die Spitalplanung veranschaulicht. Anne-Geneviève Bütikofer, Direktorin von «H+ Die Spitäler der Schweiz», hat sich auf die Spitalfinanzierung und insbesondere auf die derzeit unklare Governance, die zu mangelnder Koordination und hohen Verwaltungskosten führt, konzentriert.

Aufgabenverteilung in der Praxis – Schwerpunkt Energie

Im vierten und letzten Teil des Seminars haben die FK den Referaten zweier Fachpersonen aus dem Energiesektor beigewohnt: demjenigen von Véronique Bittner, Generalsekretärin der Konferenz der kantonalen Energiedirektorinnen und Energiedirektoren (EnDK), und demjenigen von Roman Mayer, Vizedirektor und Chef der Abteilung Recht und Sachplanung des Bundesamtes für Energie (BFE). Die Kommissionen haben so einen allgemeinen Überblick über die jeweiligen Zuständigkeiten von Bund und Kantonen im Energiebereich erhalten. Diese Zuständigkeiten wurden unter anderem anhand der Energieversorgung, des Energieverbrauchs in Gebäuden sowie des Programms EnergieSchweiz aufgezeigt.

Besuch des Pharmaunternehmens F. Hoffmann-La Roche AG

Am Rande des Seminars haben die Teilnehmenden den Roche-Turm besichtigt, wo sie von Annette Luther, Head of External Affairs Switzerland, sowie von Katharina Gasser, General Managerin bei Roche Pharma Switzerland, empfangen wurden. In den Gesprächen, welche die Kommissionen während des Besuchs führen konnten, wurden die volkswirtschaftliche Bedeutung der Pharmaindustrie, Einblicke in die aktuelle Forschung in der Schweiz sowie die Zusammenarbeit mit den USA thematisiert.

Weitere Geschäfte

  1. Beschaffung des neuen Kampfflugzeuges F-35

Auf Wunsch von Bundesrat Martin Pfister, Vorsteher des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), wurde in der Mittagspause des finanzpolitischen Seminars kurzfristig eine Informationssitzung über den aktuellen Stand des Programms Air2030 eingeschoben. Die Finanzkommission des Nationalrats plant nach der Sommerpause eine ausführlichere Aussprache mit dem Vorsteher des VBS über die finanzpolitischen Auswirkungen der neuen Rahmenbedingungen in Sachen Air2030, insbesondere was die Beschaffung des F-35 angeht.

  1. Voranschlag 2026 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2027-2029

Die Finanzkommissionen haben die Beratung des Voranschlags 2026 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2027-2029 im Rahmen einer Diskussion mit der Direktorin der Eidgenössischen Finanzverwaltung aufgenommen. Am 25. Juni 2025 hat der Bundesrat das Zahlenwerk für das Budget 2026 mit einem ordentlichen Finanzierungsdefizit von 0,6 Milliarden Franken und einem Handlungsspielraum (struktureller Überschuss) von 0,1 Milliarden Franken verabschiedet. Weiter wurden die Finanzkommissionen über die am 25. Juni 2025 vom Bundesrat beschlossenen Eckwerte für die Botschaft zum Entlastungspaket 27 (EP 27) informiert.

Die Finanzkommissionen werden die Budgetberatung Ende August (FK-S) bzw. Anfang September (FK-N) fortsetzen, nachdem der Bundesrat seine Botschaft zum Voranschlag 2026 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2027-2029 verabschiedet hat. Die Vorberatung des EP 27 in der Kommission des Erstrates ist gemäss aktueller Planung im Herbst 2025 vorgesehen.

  1. Finanzoberaufsicht über die Bundesunternehmen

Schliesslich haben die Subkommissionen beider Finanzkommissionen den Plenarkommissionen über ihre Erkenntnisse zur Erreichung der strategischen Ziele der Unternehmen und Anstalten des Bundes im Geschäftsjahr 2024 Bericht erstattet. Als Oberaufsichtskommissionen prüfen die FK die Wahrnehmung der Eignerrolle durch den Bundesrat und die Departemente. Zu Diskussionen Anlass gab unter andere die besorgniserregende finanzielle Lage von Skyguide.

Das finanzpolitische Seminar der FK hat am 25. und 26. Juni 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Sarah Wyss (SP, BS) im Volkshaus Basel stattgefunden. Das Seminar wird jeweils im Kanton des Präsidenten bzw. der Präsidentin der für die Organisation verantwortlichen Kommission durchgeführt. Ein solches Seminar bietet auch Gelegenheit, den Austausch mit Mitgliedern der Exekutive des Gastkantons zu pflegen. Zu Beginn des Seminars hat Conradin Cramer, Präsident des Regierungsrates des Kantons Basel-Stadt, ein Grusswort an die Teilnehmenden gerichtet. Später am Abend wurden die FK vom Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt – vertreten durch Regierungsratspräsident Conradin Cramer, Regierungsrat Kaspar Sutter, die Regierungsrätinnen Esther Keller und Tanja Soland sowie die Staatsschreiberin Barbara Schüpbach-Guggenbühl – zum Nachtessen in Riehen eingeladen.

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