Der Bundesrat ergriff zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie verschiedene Massnahmen, mit denen die Grundrechte eingeschränkt wurden. Die Bundesverfassung schreibt vor, dass solche Einschränkungen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, durch ein öffentliches Interesse gerechtfertigt sowie verhältnismässig sein müssen. Die GPK-N hat untersucht, wie sich die zuständigen Bundesbehörden vergewissert haben, dass diese Kriterien erfüllt waren. Dabei hat sie sich auf den Beschluss des Bundesrates vom Dezember 2021 über die Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht konzentriert.
Auf der Grundlage ihrer Abklärungen kommt die GPK-N zum Schluss, dass die zuständigen Bundesbehörden in Anbetracht des damaligen Wissensstands angemessen auf die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Kriterien geachtet haben. Sie ist indes der Ansicht, dass einige allgemeingültige Lehren für künftige Krisen gezogen werden sollten. In einem heute veröffentlichten
Bericht informiert sie über ihre Schlussfolgerungen und richtet vier Empfehlungen an den Bundesrat.
Stärkung der Rolle des BJ in Krisenzeiten
Die Kommission beurteilt die Zusammenarbeit zwischen dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) und dem BJ im untersuchten Fall insgesamt positiv. Sie hält namentlich fest, dass das BJ systematisch zu den jeweiligen Verordnungsentwürfen konsultiert wurde und es diese kritisch geprüft hat. Sie ersucht den Bundesrat allerdings, verschiedene Massnahmen zur Stärkung der Kontrollfunktion des BJ in Krisenzeiten zu prüfen.
Die GPK-N ist der Auffassung, dass für die Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht eine ausreichende gesetzliche Grundlage im Epidemiengesetz (EpG) bestand. Sie fragt sich indes, ob es nicht zweckmässig gewesen wäre, bereits früher im Jahr 2021 eine Bestimmung in das EpG aufzunehmen, in welcher der Zweck und die Ziele des Zertifikats expliziter bezeichnet werden. Vor diesem Hintergrund ersucht sie den Bundesrat, zu prüfen, ob der gesetzliche Rahmen für die unterschiedliche Behandlung von Personen aufgrund ihres Impfstatus bzw. für den Einsatz eines Zertifikates im Hinblick auf künftige Pandemien präzisiert werden sollte.
Bilanz über die epidemiologischen Indikatoren
Für die Kommission besteht kein Zweifel, dass das Kriterium des überwiegenden öffentlichen Interesses bei der Ausweitung der Covid-Zertifikatspflicht erfüllt war, da die Pandemie eine klare Bedrohung für die Gesundheit der Bevölkerung darstellte. Die GPK-N erachtet es ferner als sinnvoll, dass sich der Bundesrat bei der Beurteilung der epidemiologischen Lage auf mehrere Indikatoren stützte. Dennoch ersucht ersucht sie den Bundesrat, im Hinblick auf eine künftige Pandemie Bilanz über diese Indikatoren zu ziehen, um die Erfahrung auszuwerten und allfälliges Optimierungspotential zu identifizieren.
Zu guter Letzt achteten die Behörden nach Ansicht der Kommission darauf, dass die Coronamassnahmen sowohl durch ihre Ausgestaltung wie auch durch ihre zeitliche und räumliche Begrenzung die Verhältnismässigkeit wahrten.
Die GPK-N hat den Bundesrat ersucht, bis zum 4. Oktober 2023 zu ihren Feststellungen und Empfehlungen Stellung zu nehmen.
Bessere Aufsicht über biologische Hochsicherheitslabore
Die GPK-N hat seit Anfang 2022 vertiefte Abklärungen zur rechtlichen Regelung der Aufsicht über die biologischen Hochsicherheitslabore der Schweiz vorgenommen. Aus diesen Abklärungen geht hervor, dass die Kantone ihre Kontrolltätigkeit über die biologischen Hochsicherheitslabore auf sehr unterschiedliche Weise ausüben. Parallel dazu sind die Aufsichtskompetenzen des Bundes über die Kontrolltätigkeit der Kantone beschränkt, was in der Praxis zu einer zurückhaltenden Ausübung der Aufsicht durch die zuständigen Bundesämter (BLV, BAG und BAFU) führt. Die Kommission ist der Ansicht, dass aufgrund des erheblichen Gefährdungspotentials der Hochsicherheitslabore die Aufsicht des Bundes gestärkt werden muss und die aktuelle Rechtslage im Hinblick auf einheitliche Sicherheitsstandards überprüft werden soll. Deshalb hat sie ein entsprechendes Postulat eingereicht. Zudem hat die Kommission den Bundesrat, darum gebeten, zu gegebener Zeit die geplante Zertifizierung des Labors Spiez auszuwerten und allenfalls allgemeine Schlussfolgerungen zu ziehen sowie Abklärungen zur Fehlerkultur in biologischen Hochsicherheitslaboren zu tätigen
Die Kommission hat am 30. Juni 2023 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (SP, LU) in Bern getagt.