Hauptthema der Versammlung waren die parlamentarischen Arbeiten zur Förderung der sozialen Entwicklung und Gerechtigkeit. Bei dieser Gelegenheit betonte Nationalrat Lohr (Die Mitte, TG), dass die aktuelle Politik glaubwürdig sein und auf die künftigen Generationen ausgerichtet sein muss, um die Ziele der nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Devolpment Goals, SDG) zu erreichen. Er plädierte für faire und gerechte soziale Strukturen, wobei er den Fokus auf den universellen Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung sowie auf die Inklusion von Menschen mit Behinderungen legte. Er unterstrich auch, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Soziales in der IPU ist, und erinnerte daran, dass die Stärke einer Gesellschaft darauf beruht, wie viel Aufmerksamkeit ihren vulnerabelsten Mitgliedern zuteilwird.
Mit der nach den Debatten verabschiedeten Erklärung von Taschkent (F/E) wird betont, wie dringend das parlamentarische Engagement für eine gerechtere und inklusivere soziale Entwicklung erneuert werden muss. Angesichts der wachsenden Ungleichheiten, der steigenden Armut und des Verlusts des gesellschaftlichen Zusammenhalts rufen die Parlamentsmitglieder dazu auf, massiv in Bildung, Gesundheit, Sozialschutz und Umwelt zu investieren, die Wirtschaft für eine bessere Vermögensverteilung zu demokratisieren und die Institutionen zu stärken, um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wiederherzustellen. Sie schlagen einen neuen Gesellschaftsvertrag vor, der auf Menschenrechte, Solidarität und Empowerment der Frauen beruht und den SDG-Zielen bis zum zweiten Weltgipfel für soziale Entwicklung im November 2025 in Katar neuen Schwung verleihen soll.
Während dieser Versammlung verabschiedeten die Mitglieder zwei Resolutionen.
Resolution über die Zweistaatenlösung für Palästina und Israel
Mit dieser Resolution über die Rolle der Parlamente bei der Förderung einer Zweistaatenlösung in Palästina (auf Französisch und Englisch verfügbar) werden die Parlamente dazu aufgerufen, sich aktiv für einen gerechten und dauerhaften Frieden einzusetzen, der auf der Koexistenz zweier Staaten beruht. Es wird betont, wie wichtig die Einhaltung des Völkerrechts und der massgeblichen Resolutionen der Vereinten Nationen zu diesem Thema ist. Es brauche dringend eine Zweistaatenlösung auf der Grundlage der Grenzen von 1967, um den israelisch-palästinensischen Krieg zu beenden. Die Versammlung erinnert an die wichtigsten Resolutionen der Vereinten Nationen sowie an frühere Stellungnahmen der IPU und bringt ihre grosse Besorgnis über die anhaltende Gewalt, die Verletzungen des humanitären Völkerrechts und die Verschärfung der humanitären Krise, insbesondere in Gaza, zum Ausdruck. In der Resolution wird die Schlüsselrolle betont, welche die Parlamente bei der Förderung des Völkerrechts spielen sollten. Die Parlamente hätten sich für einen sofortigen Waffenstillstand einzusetzen, einen humanitären Zugang zu fordern und sich für die Verteidigung der Menschenrechte und die Förderung der gegenseitigen Anerkennung der Staaten Israel und Palästina starkzumachen. Sie sollen auch die parlamentarische Diplomatie, die Friedensbildung und die Stärkung der institutionellen Kapazitäten unterstützen, um solide Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben zu schaffen.
Resolution über die Abfederung der Langzeitfolgen von Konflikten für die nachhaltige Entwicklung
In dieser Resolution zu den parlamentarischen Strategien zur Abfederung der Langzeitfolgen von Konflikten – einschliesslich bewaffneter Konflikte – für die nachhaltige Entwicklung (auf Französisch und Englisch verfügbar) wird unterstrichen, wie wichtig verstärktes parlamentarisches Handeln ist, um im Hinblick auf die Umsetzung der SDG-Ziele Strategien für die Resilienz, den Wiederaufbau und den gesellschaftlichen Zusammenhalt nach bewaffneten Konflikten zu verwirklichen. Es wird betont, dass Frieden und nachhaltige Entwicklung untrennbar sind und bewaffnete Konflikte die Umsetzung der Ziele der nachhaltigen Entwicklung stark behindern. Die Versammlung hebt in ihrer Resolution zudem hervor, wie weitreichend und langfristig die Auswirkungen von Konflikten auf die zivilen Infrastrukturen, die Umwelt, die lokalen Wirtschaften sowie die vulnerablen Bevölkerungsgruppen, insbesondere Frauen, Kinder und marginalisierte Gruppen, sind. Die Parlamente hätten – gemeinsam mit den internationalen und regionalen Organisationen – eine zentrale Rolle bei der Stärkung des Rechtsstaats, der Förderung der Menschenrechte, dem Schutz der zivilen Infrastrukturen, der Gewährleistung des humanitären Zugangs, der Unterstützung des Friedensprozesses und der Förderung einer umweltfreundlichen Politik.
Dringlichkeitsdebatte und Änderung der Statuten
Vier Anträge auf eine Dringlichkeitsdebatte wurden eingereicht. Chile und Peru beantragten, dass zu einer Zollsenkung und zur Bekämpfung des Protektionismus aufgerufen werden soll, und betonten, dass die Liberalisierung des Handels für das globale Wirtschaftswachstum und die Armutsbekämpfung von entscheidender Bedeutung ist. Die Philippinen und Thailand reichten einen Entwurf ein, wonach die parlamentarische Diplomatie für Friedensdienste und humanitäre Hilfe in Myanmar mobilisiert werden soll, nachdem das Land von einem Erdbeben erschüttert worden war und sich die humanitäre Krise verschärft hatte. Die Seychellen reichten einen Antrag ein, der von der arabischen und der afrikanischen Gruppe unterstützt wurde und mit dem der Dringlichkeit Nachdruck verliehen sollte, die parlamentarischen Diplomatie angesichts der Verletzung des Waffenstillstands in Palästina, der Eskalation der Konflikte in der Demokratischen Republik Kongo und im Sudan sowie der zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels zu stärken. Als Reaktion darauf reichte Israel einen Antrag auf eine Dringlichkeitsdebatte ein, in der dazu aufgerufen werden sollte, die Doppelmoral in der Politik zu beenden und die internationale Gemeinschaft dazu anzuhalten, die Flüchtlinge aus Gaza aufzunehmen, statt sie für Angriffe auf Israel zu missbrauchen. Israel zog diesen Antrag schliesslich vor der Abstimmung zurück.
In der Vollversammlung erhielt kein Antrag die erforderliche Zweidrittelmehrheit.
Wahlen
An der 150. IPU-Versammlung trat Isabelle Chassot als Nachfolgerin von Thomas Hurter der Arbeitsgruppe Wissenschaft und Technologie bei, während Christian Lohr zum Mitglied des Komitees für Gesundheit gewählt wurde, das als Ersatz für die Beratergruppe zu Gesundheitsfragen neu geschaffen wurde.
Tätigkeiten der Schweizer Botschaft und des Regionalbüros der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Taschkent
Die Schweizer Delegation hatte die Gelegenheit, sich mit dem Schweizer Botschafter in der Republik Usbekistan, Konstantin Obolensky, sowie mit den Mitarbeitenden der Botschaft und des Regionalbüros der DEZA in Taschkent auszutauschen. Die Schweizer Entwicklungszusammenarbeit konzentriert sich in Usbekistan auf das nachhaltige Wasserbewirtschaftung, die Verbesserung der sanitären Anlagen, die Reform der Berufsbildung, die Gouvernanz und die inklusive Wirtschaftsentwicklung.
Von Taschkent aus beaufsichtigt die Botschaft in enger Zusammenarbeit mit dem Regionalbüro der DEZA die wasserbezogenen Kooperationsprojekte in der Region. Das Büro setzt mit der Unterstützung des Staatssekretariats für Wirtschaft das Kooperationsprogramm Zentralasien 2022–2025 um, das auch Kirgisistan und Tadschikistan abdeckt. Zu den Flaggschiff-Projekten dieses Programms gehört Blue Peace, für welches 33,6 Millionen Franken vorgesehen sind und mit dem die regionale Zusammenarbeit für eine gemeinsame Wasserbewirtschaftung gefördert werden soll.
Der Delegation gehörten neben ihrem Präsidenten, Nationalrat Thomas Hurter (SVP, SH) auch Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (SP, GE), die Nationalräte Christian Lohr (Die Mitte, TG), Franz Grüter (SVP, LU) und Laurent Wehrli (FDP, VD) sowie Ständerätin Isabelle Chassot (Die Mitte, FR) und Ständerat Daniel Jositsch (SP, ZH) an.