Die Kommission hat eine angeregte Diskussion über Fragen der elterlichen Obhut und der elterlichen Sorge geführt. Sie hat zunächst Kenntnis genommen vom Bericht des Bundesrates in Erfüllung des von Nationalrat Silberschmidt eingereichten Postulats 21.4141 («Evaluation der Gerichtspraxis nach der Revision des Unterhaltsrechts mit Fokus auf die Obhuts- und Besuchsrechtsregelung»). Danach hat sie sich mit der parlamentarischen Initiative 21.449 Kamerzin («Bei gemeinsamer elterlicher Sorge die alternierende Obhut fördern») befasst, die sich derzeit in der zweiten Phase befindet. Die Kommission ist der Ansicht, dass nun vorwärtsgemacht werden muss und mittels parlamentarischer Initiative vorzugehen ist, weshalb sie mit 16 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen einen Antrag abgelehnt hat, wonach die Arbeiten sistiert werden sollten, bis der Ständerat über die Motion 22.4000 Romano («Grundsätzliches Recht der Kinder auf alternierende Obhut nach der Trennung oder Scheidung ihrer Eltern») befunden hat. Mit 18 zu 4 Stimmen bei 3 Enthaltungen hat die Kommission die Verwaltung beauftragt, einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten, mit dem ausdrücklich die alternierende Obhut gefördert wird. Dabei soll die Verwaltung auch eine Variante vorsehen, die eine andere Betreuungsregelung nur dann zulässt, wenn beide Elternteile damit einverstanden sind oder das Kindswohl es erfordert. Im Weiteren hat die Kommission ohne Gegenstimme beschlossen, der von Nationalrat Nantermod eingereichten Initiative 24.419 («Kinder unverheirateter Eltern. Für eine gemeinsame elterliche Sorge ab der Geburt») Folge zu geben, damit die Elternrechte von unverheirateten Paaren an jene von verheirateten Paaren angeglichen werden.
Erleichterung der elektronischen Kommunikation in grenzüberschreitenden Zivilprozessen
Die Kommission ist mit 15 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung auf den Entwurf des Bundesbeschlusses über den Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel in grenzüberschreitenden Zivilprozessen (24.035) eingetreten und hat ihn in der Gesamtabstimmung ohne Änderungen mit 16 zu 7 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Die Kommission begrüsst es, dass mit dieser Vorlage der Einsatz von Telefon- und Videokonferenzen in grenzüberschreitenden Zivilprozessen erleichtert werden soll. Ein Abbau bürokratischer Schranken ist deshalb wünschenswert, weil durch die Verwendung von elektronischen Kommunikationsmitteln für Anhörungen oder Befragungen in den genannten Prozessen Auslandsreisen vermieden und die Rechtsdurchsetzung gestärkt werden können. Eine Minderheit befürchtet demgegenüber einen Souveränitätsverlust für die Schweiz. Mit der Vorlage wird eine Motion der Kommission für Rechtsfragen des Ständerates umgesetzt (20.4266).
Die Vorlage wird in der Herbstsession im Nationalrat beraten.
Strafrechtliche Verfolgung der Nichteinhaltung der obligatorischen Arbeitsbedingungen
Die Kommission hat das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit der Umsetzung der parlamentarischen Initiative 21.470 von Benjamin Roduit geprüft. Nach geltendem Recht kann gegen ein Unternehmen, welches obligatorische Arbeitsbedingungen nicht einhält und damit einen qualifizierten unlauteren Wettbewerb begeht, ein Zivilverfahren eingeleitet werden. Die parlamentarische Initiative verlangt, dass ein solches Verhalten nach Artikel 23 des Bundesgesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) strafrechtlich verfolgt werden kann. Die Kommission hat der Verwaltung den Auftrag erteilt, bis im 4. Quartal 2024 einen Vorentwurf und erläuternden Bericht mit zwei Varianten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative auszuarbeiten.
Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht an Grundstücken
Die Kommission ist mit 17 zu 8 Stimmen auf die Vorlage des Bundesrates betreffend den Besitzesschutz bei verbotener Eigenmacht eingetreten, mit welcher die Bedingungen, unter welchen sich die von einer Hausbesetzung Betroffenen ihres Eigentums oder Besitzes wieder ermächtigen dürfen, verbessert werden sollen. Die Kommission bejaht mit ihrem Eintretensentscheid grundsätzlich den Handlungsbedarf. Sie hat der Verwaltung aber im Hinblick auf die Detailberatung u.a. den Auftrag erteilt, eine Alternative zum vorgeschlagenen Entwurf, der sich auf eine Änderung der Strafprozessordnung stützt, zu analysieren. Eine Minderheit beantragt ihrem Rat, nicht auf die Vorlage einzutreten. Die Kommission wird die Detailberatung der Vorlage im 4. Quartal 2024 aufnehmen.
Weitere Beschlüsse:
- Die Kommission beantragt mit 14 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen, der parlamentarischen Initiative Müller-Altermatt 24.416 (Keine Finanzierung von Kriegen durch ausländisch beherrschte Schweizer Firmen) keine Folge zu geben.
- Die Kommission hat die Beschlüsse des Ständerats zur Frage der Regelung der Baumängel (22.066) zur Kenntnis genommen und eine erste Aussprache geführt. Sie wird über ihre Anträge für die Herbstsession an der nächsten Sitzung entscheiden.
Die Kommission tagte am 20./21. Juni 2024 unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E GE) in Bern.