Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrates spricht sich einstimmig dafür aus, die gesetzlichen Grundlagen für eine schweizweite Betreibungsregisterauskunft bereits im Rahmen der Vorlage des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (24.065) zu schaffen.

Die Kommission hat die Vorlage provisorisch zu Ende beraten und in der Gesamtabstimmung einstimmig angenommen. Anders als der Bundesrat, der in seinem Gesetzesentwurf lediglich punktuelle Anpassungen des Schuldbetreibung- und Konkurswesens vorsieht, ist die Kommission der Ansicht, dass die vorliegende Vorlage eine unverzichtbare Chance bietet, bereits heute die gesetzlichen Grundlagen für die Einführung einer schweizweiten Betreibungsregisterauskunft zu schaffen. Die Kommission ist der Ansicht, dass dafür bereits ein breiter Konsens besteht und möchte weitere Verzögerungen verhindern. Die Kommission anerkennt, dass ihre Vorschläge in diesem Punkt erheblich von der ursprünglichen Vorlage des Bundesrates abweichen. Entsprechend wird sie die Kantone und betroffene Kreise zu eine​r Stellungnahme einladen und wird vor dem Hintergrund der eingetroffenen Rückmeldungen gegebenenfalls auf ihre Beschlüsse zurückkommen. Es ist vorgesehen, die Vorlage in der Sommersession 2025 dem Nationalrat zu unterbreiten.

Massnahmen Sanktionenvollzug

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession die Vorlage 1 des Massnahmenpakets Sanktionenvollzug (22.071 s Änderung des Strafgesetzbuches und des Jugendstrafgesetzes) in der Schlussabstimmung abgelehnt hat, hat die Kommission nun eine Kommissionsinitiative (24.464) eingereicht, mit der sie eine umfassende Revision im Bereich des Sanktionenvollzugs anstossen will. Sie will gegenüber der abgelehnten Vorlage weitergehende gesetzgeberische Massnahmen umsetzen und beispielsweise ein Verbot des unbegleiteten Urlaubs nicht nur für Verwahrte, sondern auch für Täter und Täterinnen vorsehen, die sich im geschlossenen Vollzug einer stationären therapeutischen Massnahme befinden (Art. 59 StGB).

Nachhaltige Unternehmensführung: Sorgfaltspflichten

Der Bundesrat wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 die Auswirkungen der EU-Richtlinie im Bereich Sorgfaltspflichten auf die Schweizer Unternehmen beurteilen und die weiteren Schritte festlegen. Die Kommission möchte die Auslegeordnung des Bundesrates abwarten, bevor sie über das weitere Vorgehen bei der Umsetzung der parlamentarischen Initiative Gredig 21.427 («Bekämpfung von Zwangsarbeit durch die Ausweitung der Sorgfaltspflicht») beschliesst und beantragt ihrem Rat ohne Gegenantrag eine Verlängerung der Frist zur Ausarbeitung einer Vorlage um 2 Jahre.

Folter als Tatbestand im Strafgesetzbuch

Die Kommission hat die Arbeiten zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative Flach 20.504 («Folter als eigener Straftatbestand im Schweizer Strafrecht») weitergeführt und mit 15 zu 5 Stimmen bei 4 Enthaltungen einen Vorentwurf verabschiedet. Die Kommission wird zu zwei Varianten noch in diesem Jahr eine Vernehmlassung eröffnen, die sich in der Umschreibung des möglichen Täterkreises unterscheiden und als Täter entweder ausschliesslich staatliche Akteure oder auch Privatpersonen einschliessen, sofern das Opfer unter ihrer Kontrolle oder seinem Gewahrsam stehen. Eine Minderheit der Kommission ist gegen die Einführung eines neuen Tatbestandes.

Sanktionenregime und anwaltschaftliche Rechtsberatung

Die Kommission teilt die Befürchtung des Ständerats, dass das herrschende Sanktionenregime gegenüber Russland im Bereich der Rechtsberatung möglicherweise unverhältnismässig sei und gewisse Grundrechte verletzen könnte. Anders als der Ständerat ist sie jedoch der Meinung, dass die typische, (kern-)anwaltschaftliche Tätigkeit von der rein beratenden Tätigkeit unterschieden werden kann. Sie beantragt ihrem Rat deshalb mit 17 zu 8 Stimmen, den Text der Motion Rieder 23.4531 entsprechend abzuändern, um sicherzustellen, dass das Sanktionenregime die Rechtsvertretung nicht gefährdet. Eine Minderheit beantragt, die Motion abzulehnen.

Weitere Geschäfte:

  • Die Kommission hat die Vorberatung der parlamentarischen Initiative Schmid Pascal 24.437 begonnen, welche verlangt, dass Ausländerinnen und Ausländer ohne Aufenthaltsrecht auch mittels Strafbefehl aus der Schweiz ausgewiesen werden können und dass für solche Fälle die notwendige Verteidigung entfällt. Sie wird sich an einer ihrer nächsten Sitzungen vertieft mit der Frage der Ausweisung durch Strafbefehl befassen.
  • Zur Festschreibung des Grundsatzes der gewaltfreien Erziehung im Zivilgesetzbuch (24.077), die der Bundesrat vorschlägt, hat die Kommission Anhörungen durchgeführt. Sie wird an einer ihrer nächsten Sitzungen die Eintretensdebatte sowie die Detailberatung zur Vorlage durchführen.
  • Die Kommission hat mit 16 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen entschieden, der parlamentarischen Initiative Amaudruz 23.480 («Gewalt gegen Frauen. Denken wir zuerst an die Opfer») keine Folge zu geben. Sie wird im Rahmen von Anhörungen an einer ihrer nächsten Sitzungen jedoch die Frage vertiefen, ob die Regeln der Strafzumessung im Strafgesetzbuch allenfalls zu konkretisieren sind.
  • Die Kommission hat Kenntnis genommen vom Bericht in Erfüllung des Postulats Michaud Gigon 22.3190 («Dark Patterns. Das Unbekannte dokumentieren») und beschlossen, sich im grösseren Zusammenhang der Beratungen über die Regulierung elektronischer Plattformen erneut mit diesem Thema zu befassen.
  • Im Weiteren hat die Bundesverwaltung der Kommission ihren Bericht in Erfüllung des Postulats Brenzikofer 21.4224 («Rechtliche Konsequenzen bei absichtlicher Verkürzung der Lebensdauer von Produkten») präsentiert. Die Verwaltung hat der Kommission zudem mitgeteilt, dass derzeit eine Konsultation zur Anpassung der Anforderungen an die Energieeffizienz gewisser Geräte wie Smartphones und Tablets läuft. Die Kommission hat vom Bericht Kenntnis genommen, verzichtet im Moment jedoch auf weitere Schritte. Sie wird die Entwicklung der Lage aber weiterhin aufmerksam verfolgen.

Die Kommission tagte am 7./8. November unter dem Vorsitz von Nationalrat Vincent Maitre (M-E GE) in Bern.