Die Rechtskommission des Ständerates ist mit 7 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen auf den Gesetzesentwurf des Bundesrates zur Umsetzung von Artikel 123c der Bundesverfassung (16.048) eingetreten. Eine Kommissionsminderheit beantragt, nicht auf die Vorlage einzutreten und stattdessen die Verfassungsbestimmung für direkt anwendbar zu erklären.

Die Mehrheit der Kommission ist der Meinung, dass die Verfassungsbestimmung betreffend Tätigkeitsverbote für Sexualstraftäter zu viele unbestimmte Begriffe enthält, um von den Gerichten direkt angewendet werden zu können. Sie sieht den Gesetzgeber in der Pflicht, das strafrechtliche Tätigkeitsverbot im Sinne der Verfassungsbestimmung zu verschärfen, ohne den verfassungsmässigen Grundsatz der Verhältnismässigkeit ausser Acht zu lassen. Nur eine klare gesetzliche Regelung bietet ihrer Ansicht nach die Grundlage für eine einheitliche Gerichtspraxis sowie die nötige Rechtssicherheit. Namentlich aus diesen Überlegungen hat die Kommissionsmehrheit beschlossen, auf den bundesrätlichen Entwurf einzutreten und eine Gesetzesänderung auszuarbeiten. Mit der Detailberatung der Vorlage wird die Kommission im zweiten Quartal 2017 beginnen.

Die Minderheit der Kommission will keine Gesetzesrevision zur Umsetzung der Verfassungsbestimmung vornehmen und tritt daher auf die Vorlage nicht ein. Die Verfassungsbestimmung ist aus ihrer Sicht präzise genug für eine direkte Anwendung. Es soll den Gerichten überlassen werden, eine Praxis zu entwickeln, welche im Einzelfall dem Initiativtext und den Verfassungsgrundsätzen angemessen Rechnung trägt.

Artikel 285 StGB: besserer Schutz für Beamte und Behörden

Die RK-S befasste sich mit der Motion 14.3995 und der vom Kanton Bern eingereichten Standesinitiative 16.317. Beide verlangen eine Verschärfung des in Artikel 285 StGB vorgesehenen Strafmasses, um Beamte und Behörden besser zu schützen. Die Kommission hält dieses Anliegen für wichtig und sieht ebenfalls Handlungsbedarf, weshalb sie der Standesinitiative mit 9 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen Folge gab. Die Motion lehnte sie hingegen mit 11 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab, da diese eine Mindeststrafe von einem Jahr verlangt, was die Kommission als unverhältnismässig erachtet.

Zustimmung zur Ratifizierung der Istanbul-Konvention

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 8 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen, den Bundesbeschluss zur Genehmigung des Übereinkommens des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (16.081) anzunehmen. Die Schweiz hat in diesem Bereich bereits viel getan und die Ratifizierung dieses Übereinkommens wäre namentlich in Sachen Prävention ein weiterer wichtiger Schritt. Auch würde die Schweiz damit auf internationaler Ebene einen bedeutenden Beitrag leisten. Die Minderheit beantragt, nicht auf den Beschluss einzutreten, da sie das Übereinkommen als zu detailliert und einschränkend erachtet.

Vorlagen zu den eidgenössischen Gerichten

Die Kommission stimmte einhellig dem Beschluss ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission zu, eine Änderung des Patentgerichtgesetzes (16.478) auszuarbeiten mit dem Ziel, für gewisse Aufgaben, die heute juristisch ausgebildeten Richterinnen oder Richtern vorbehalten sind, Richterinnen oder Richter mit technischer Ausbildung beiziehen zu können. Auch sollen gewisse Aufgaben der Prozessleitung an Gerichtsschreiberinnen oder Gerichtsschreiber delegiert werden können.

Mit 11 zu 1 Stimmen nahm die Kommission den Entwurf zu einer Verordnung der Bundesversammlung über die Richterstellen am Bundesverwaltungsgericht (16.486) an. Dieser sieht eine auf zwei Jahre befristete Aufstockung um höchstens vier Richterstellen vor. Dadurch soll dem Gericht ermöglicht werden, die Zahl der Asylrekurse abzubauen und so zur Beschleunigung der Asylverfahren beizutragen, welche die Neustrukturierung des Asylbereichs gemäss der Änderung des Asylgesetzes vom 25. September 2015 mit sich bringt.

Weitere Geschäfte

  • Die Kommission hat beschlossen, den Schwellenwert für die Pflicht von Einzelunternehmen zur Eintragung ins Handelsregister (15.034 s OR. Handelsregisterrecht) bei einem jährlichen Umsatzerlös von CHF 100‘000 zu belassen. Der Nationalrat hatte eine Erhöhung auf CHF 500‘000 beschlossen.
  • Mit 11 zu 1 Stimmen bei 0 Enthaltungen hält die Kommission an ihrem Beschluss fest, der parlamentarischen Initiative 13.462 (Pa.Iv. Rickli Natalie. Bedingte Entlassungen aus der Verwahrung nur bei praktisch vorhandener Sicherheit) keine Folge zu geben. Der Ständerat wird in der kommenden Frühjahrsession entscheiden, ob er dem Antrag seiner Kommission folgt.

Die Kommission hat am 23. Januar 2017. unter dem Vorsitz von Ständerat Fabio Abate (FDP, TI) in Bern getagt.