Die Kommission für Rechtsfragen des Ständerates ist mit 7 zu 4 Stimmen auf den Entwurf zur parlamentarischen Initiative Golay (Poggia) 13.426 (Stillschweigende Verlängerung von Dienstleistungsverträgen eingetreten, der von der Schwesterkommission des Nationalrats ausgearbeitet wurde. Eine Minderheit beantragt wie der Bundesrat Nichteintreten auf die Vorlage.

​Der vom Nationalrat in der Frühjahrsession 2020 verabschiedete Entwurf ergänzt das Obligationenrecht mit einer neuen Bestimmung (Artikel 40g OR). Diese sieht vor, dass die Konsumentin oder der Konsument vor der erstmaligen Verlängerung eines Vertragsverhältnisses, welches sich nach Ablauf der vereinbarten Dauer automatisch verlängert, benachrichtigt und auf das vereinbarte Recht zur Beendigung des Vertrages ausdrücklich hingewiesen werden muss.

Die Kommission hat im Gegensatz zum Nationalrat mit 7 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen beschlossen, dass die Informationspflicht nicht nur vor der erstmaligen, sondern vor jeder stillschweigenden Verlängerung des Vertragsverhältnisses zur Anwendung kommen soll. Sie ist der Ansicht, dass die wiederkehrenden Benachrichtigungen den Unternehmen keinen grossen Zusatzaufwand verursachen, weil die Wiederholung einer bereits erfolgten Benachrichtigung sich technisch in den meisten Fällen einfach bewerkstelligen lassen dürfte. Der eigentliche Aufwand für die Einrichtung eines Notifikationssystems muss bereits für die erstmalige Benachrichtigung getätigt werden. Für die Konsumentinnen und Konsumenten würden die wiederkehrenden Benachrichtigungen demgegenüber einen grossen Zusatznutzen darstellen.

Die Übergangsbestimmung des nationalrätlichen Entwurfes sieht vor, dass der neue Artikel 40g nur für befristete Verträge gilt, die am Tag des Inkrafttretens oder danach abgeschlossen werden. Die Kommission hat mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten beschlossen in dieser Frage dem Nationalrat zu folgen. Eine Minderheit beantragt, dass die neue Regelung auch für zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bereits bestehende Verträge Anwendung findet. In der Gesamtabstimmung hat die Kommission der Vorlage mit 8 zu 4 Stimmen zugestimmt. Sie wird in der Sommersession im Ständerat behandelt.

Vereinfachtes Verfahren zur Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister

Die Kommission hat sich deutlich dafür ausgesprochen, dass die Änderung des Geschlechts im Personenstandsregister in Zukunft in einem einfachen Verfahren möglich sein soll. Entsprechend kann jede Person, die innerlich fest davon überzeugt ist, das Geschlecht wechseln zu wollen, eine Änderung des Eintrags bewirken. Dies geschieht durch eine entsprechende Erklärung gegenüber dem Zivilstandsamt. Sie hat die Vorlage des Bundesrats in der Gesamtabstimmung unverändert mit 7 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen (19.081). Mit 5 zu 5 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten hält die Kommission daran fest, dass die Erklärung zum Wechsel des Geschlechts bei Minderjährigen der Zustimmung der gesetzlichen Vertretung bedarf. Eine Kommissionsminderheit möchte auf dieses Erfordernis verzichten, da sich viele betroffene Jugendliche in schmerzhaften Konflikten mit ihren Eltern befinden und es für sie eine zu grosse Erschwernis bedeuten würde.

Geldwäschereigesetz

In der Frühjahrssession 2020 hatte der Nationalrat beschlossen, auf die Vorlage zur Änderung des Geldwäschereigesetzes (19.044) nicht einzutreten. Die Kommission hatte die Verwaltung an ihrer letzten Sitzung beauftragt, ihr drei Optionen zu unterbreiten, die den Hauptkritikpunkten des Nationalrates Rechnung tragen. Die erste Option sieht die Streichung der ganzen Massnahme zu den Beraterinnen und Beratern vor, die zweite die Streichung der Prüfpflicht für die Beraterinnen und Berater und die dritte die Einschränkung des Geltungsbereichs der Massnahme zu den Beraterinnen und Beratern. Sie wird die Eintretensdebatte an einer ihrer nächsten Sitzungen durchführen.

Schuldbetreibung und Konkurs

Die Kommission hat sich mit der Frage der Digitalisierung im Betreibungswesen befasst. Diese bietet in ihren Augen eine Chance für die Zusammenführung der Informationen aus den dezentralen Betreibungsregistern. Sie hält es allerdings für geboten, dass die entsprechenden Arbeiten vom Bundesrat vorangetrieben werden, wie dies bereits in einer von den Räten überwiesenen Motion gefordert wird (16.3335). Sie beantragt deshalb ihrem Rat, einer parlamentarischen Initiative nicht zuzustimmen (16.405).

Die Kommission hat sich überdies 8 zu 4 Stimmen dafür ausgesprochen, dass Verlustscheine in Zukunft auch elektronisch aufbewahrt werden können. Sie beantragt ihrem Rat die Annahme einer entsprechenden Motion aus dem Nationalrat (19.3694) mit einer kleinen Textänderung. Die Kommission möchte, dass die rechtliche Gültigkeit dieser so aufbewahrten Verlustscheine sichergestellt ist.

Die Kommission hat überdies einen Vorstoss geprüft, der verlangt, dass böswillige Betreibungen in Zukunft auch strafrechtlich geahndet werden können (17.3740). Sie beantragt ihrem Rat mit 11 zu 2 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Ablehnung der Motion. Sie teilt die Ansicht des Bundesrates, dass die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen ausreichen.

«Redlichkeitskultur» im Schweizer Recht

Die Kommission hat im Rahmen des Zustimmungsverfahrens eine parlamentarische Initiative vorgeprüft, welche die Verankerung des Prinzips der Redlichkeitskultur im Schweizer Recht verlangt (19.478). Die Kommission lehnt die parlamentarische Initiative mit 7 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab, da sie den Weg der parlamentarischen Initiative für nicht zielführend hält. Sie hat jedoch ein Postulat (20.3463) verabschiedet, mit dem der Bundesrat beauftragt werden soll, die Frage der Verankerung dieses Prinzips im Schweizer Recht zu prüfen.

Die Kommission hat am 25. Mai 2020 unter dem Vorsitz von Ständerat Beat Rieder (CVP, VS) in Bern getagt.