Die Kommission hat sich an insgesamt zwei Sitzungen intensiv mit der Frage befasst, ob der Bundesrat eine Taskforce zur Durchsetzung der Sanktionen schaffen soll, wie dies ein Vorstoss aus dem Nationalrat (22.3883) und eine von Ständerat Carlo Sommaruga eingereichte Motion fordern (22.3236). Die Kommission hat sich vom Vorsteher des zuständigen Departementes, Bundesrat Guy Parmelin, über die Anstrengungen informieren lassen, welche die Schweiz im Bereich der Durchsetzung der Sanktionen bereits unternimmt. Sie hat dabei zur Kenntnis genommen, dass der Bundesrat kürzlich 10 zusätzliche Stellen im SECO bewilligt hat und festgestellt, dass sowohl die interdepartementale Zusammenarbeit innerhalb der Bundesverwaltung als auch die Kooperation mit ausländischen Stellen gut funktioniert. Entsprechend besteht für die Kommission kein Anlass, den Bundesrat zu ausgewählten organisatorischen Massnahmen aufzufordern. Eine Minderheit der Kommission ist dagegen der Ansicht, dass der Bundesrat mit der Schaffung einer Taskforce die Anstrengungen der Schweiz im Bereich der Durchsetzung der Sanktionen bedeutend verstärken könnte. Sie ist der Ansicht, dass eine Taskforce ein bedeutend strategischeres und proaktiveres Handeln der Schweiz ermöglichen und damit auch ein wichtiges aussenpolitisches Signal aussenden würde.
Strafgesetzbuch und Jugendstrafgesetz
Nachdem der Ständerat in der Frühjahrssession entgegen dem Antrag der Kommission auf den Entwurf 2 (Änderung des Jugendstrafgesetzes) des Massnahmenpakets Sanktionenvollzug 22.071 («Strafgesetzbuch und Jugendstrafgesetz. Änderung») eingetreten ist, hat die Kommission die Detailberatung zu den beiden Entwürfen des Massnahmenpakets geführt. Die Kommission hat den Entwurf 2, mit welchem der Bundesrat die Verwahrung für jugendliche Straftäter und Straftäterinnen einführen will, ohne Änderungen an der Vorlage des Bundesrates in der Gesamtabstimmung mit 8 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Beim Entwurf 1 (Änderung des Strafgesetzbuches) beantragt die Kommission mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid des Präsidenten auf die Verlängerung des Intervalls zur Überprüfung der Verwahrung auf drei Jahre zu verzichten. Sie folgt dem Bundesrat aber in der Frage der unbegleiteten Urlaube, welche bei Straftäter und Straftäterinnen, die sich im geschlossenen Vollzug der Verwahrung oder der vorangehenden Freiheitsstrafe befinden, ausgeschlossen werden sollen. Die Kommission hat den Entwurf 1 in der Gesamtabstimmung mit 11 zu 1 Stimmen angenommen. Die beiden Entwürfe des Massnahmenpaktes werden in der Sommersession vom Ständerat beraten.
Bekämpfung von Cyber-Pädokriminalität: Kommission begrüsst gute Zusammenarbeit von Bund und Kantonen
Die Kommission beantragt ihrem Rat einstimmig, die Motionen Bulliard 19.4349 («Endlich den Schutz von Kindern vor der rasant ansteigenden pädosexuellen Gewalt im Internet mit einem griffigen nationalen Aktionsplan gewährleisten») und Feri Yvonne 20.4084 («Nationale Strategie zur Bekämpfung der Cyber-Pädokriminalität») abzulehnen und der parlamentarischen Initiative Regazzi 19.486 («Pädokriminalität im Internet endlich wirksam bekämpfen») keine Folge zu geben. Damit setzt sie ein klares Zeichen für die aktuelle Politik des Fedpol und der Kantone bei der Bekämpfung von Cyber-Sexualdelikten. Die Kommission hat zur Kenntnis genommen, dass der Bund sowohl mit den Kantonen als auch mit dem Ausland ausgezeichnet zusammenarbeitet und in den letzten Jahren Netzwerke aufgebaut wurden. Ausserdem hält sie fest, dass diese Zusammenarbeit zu konkreten Ergebnissen geführt hat, so beispielsweise zum Grosseinsatz der Waadtländer Kantonspolizei im Dezember 2022. Vor diesem Hintergrund erachtet es die Kommission für wichtig, dass die Kantone ihre Strukturen, ihr Know-how und ihre in den letzten Jahren erworbenen guten Praktiken bewahren können und das Fedpol gleichzeitig weiterhin als Zentralstelle fungiert.
Weitere Geschäfte
- Die Kommission hält bei der Vorlage zur Digitalisierung des Notariats (21.083 s) an einer Differenz fest. Die Räte werden sich in der Sommersession erneut mit diesem Geschäft befassen.
- Mit 8 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen hat die Kommission dem Beschluss ihrer nationalrätlichen Schwesterkommission zugestimmt, der Initiative 22.409 («Leben retten. Aktive elektronische Überwachung») Folge zu geben. Diese verlangt, dass bei der Gewalt gegen Frauen das Prinzip einer systematischen aktiven elektronischen Überwachung in die Bundesgesetzgebung aufgenommen wird. In den Augen der Mehrheit handelt es sich dabei um eine wirksame Opferschutzmassnahme, wie das Beispiel Spanien zeigt.
- Mit 5 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen hat die Kommission ausserdem beschlossen, den Initiativen 21.410 und 21.411 («Wer schlägt, geht!») Folge zu geben. Mit diesen sollen die Kantone verpflichtet werden, im Krisenfall die sofortige Ausweisung der verletzenden Person aus der gemeinsamen Wohnung zu verfügen.
- Die Kommission hat mit 6 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung entschieden, sechs gleichlautenden parlamentarischen Initiativen keine Folge zu geben (21.513; 21.514; 21.515; 21.516; 21.522; 21.527 «Aufrufe zu Hass und Gewalt aufgrund des Geschlechts müssen strafbar werden»). Die von den Nationalrätinnen Min Li Marti, Binder, de Quattro, Arslan, Studer und Bertschy eingereichten Initiativen verlangen eine Ergänzung des Artikels 261bis des Strafgesetzbuches. Die Initiativen gehen zur erneuten Prüfung zurück an die Kommission des Nationalrates.
- Zu guter Letzt hat die Kommission mit 6 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung beschlossen, mit einer Kommissionsinitiative (23.431) die Schaffung einer vierten Stelle für eine nebenamtliche Richterin oder einen nebenamtlichen Richter an der Beschwerdekammer und an der Strafkammer des Bundesstrafgerichts zu verlangen.
Die Kommission hat am 22. Mai 2023 unter dem Vorsitz von Ständerat Carlo Sommaruga (SP, GE) in Bern getagt.