Die Tarife für Laboranalysen sollen weiterhin vom Bund festgelegt werden. Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerates (SGK-S) lehnt eine Vorlage ab, die diese Kompetenz den Tarifpartnern übertragen wollte. Dagegen unterstützt sie die Vorlage ihrer Schwesterkommission, dank welcher Arbeitnehmende in arbeitgeberähnlicher Stellung einfacher Zugang zur Arbeitslosenentschädigung erhalten. Vor dem Hintergrund der fehlerhaften AHV-Finanzperspektiven fordert sie den Bundesrat weiter auf, die Aussagekraft solcher Schätzungen in den Sozialversicherungen zu klären.

Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 7 zu 5 Stimmen, nicht auf die Vorlage zur Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung betreffend die Tarife der Analysenliste (24.037) einzutreten. Diese stützt sich auf eine 2018 vom Parlament angenommene Motion der SGK-S und sieht vor, die Kompetenz zur Aushandlung der Tarife für Laboranalysen, die im Rahmen ambulanter Behandlungen durchgeführt werden, an die Tarifpartner zu übertragen. Derzeit wird die Liste der Analysen, die von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) übernommen werden, einschliesslich der Tarife vom Eidgenössischen Departement des Innern erlassen. Nach Auffassung der Kommission würde die Übertragung der Kompetenzen an die Tarifpartner zu grossen Komplikationen führen und insbesondere das Risiko bergen, dass die Tarifverhandlungen aufgrund der bestehenden Divergenzen zwischen den zahlreichen beteiligten Akteuren blockiert werden.

Die Kommission ist sich zwar des Handlungsbedarfs zur Kostendämpfung im Bereich der Laboranalysen bewusst, weist jedoch darauf hin, dass Arbeiten an der Analyseliste bereits im Gange sind. Die Struktur der Analyseliste wurde 2021 anlässlich einer ersten Revision überarbeitet und angepasst. Darüber hinaus führt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) derzeit eine gründliche und differenzierte Prüfung aller Tarife in der Analyseliste durch. Als Übergangslösung wurden ab dem 1. August 2022 alle Tarife um 10 Prozent gesenkt, mit Ausnahme der für Hausärzte besonders wichtigen Schnelltests. Eine Kostenanalyse im Laborbereich zeigt zudem, dass der Kostenanstieg hauptsächlich auf das Mengenwachstum bei den durchgeführten Analysen zurückzuführen ist.

Angesichts der bereits erfolgten und laufenden Arbeiten sowie der Erfahrungen mit der Tarifpartnerschaft in anderen Bereichen erachtet die Kommission ein Festhalten am derzeitigen System als sinnvoll.

Eine Minderheit der Kommission beantragt, auf die Vorlage einzutreten. Der Ständerat wird das Geschäft in der Herbstsession beraten.

Einfacherer Zugang zu Arbeitslosenentschädigung für Arbeitnehmende in arbeitgeberähnlicher Stellung

Mit 9 zu 1 Stimmen unterstützt die Kommission den Entwurf ihrer Schwesterkommission in Umsetzung der pa. Iv. Silberschmidt «Unternehmerinnen und Unternehmer, welche Beiträge an die Arbeitslosenversicherung bezahlen, sollen auch gegen Arbeitslosigkeit versichert sein» (20.406) in der Gesamtstimmung mit einer kleinen redaktionellen Änderung. Davor war die Kommission mit 9 Stimmen bei 1 Enthaltung auf die Vorlage eingetreten. Damit erhalten Arbeitnehmende in arbeitgeberähnlicher Stellung, welche ihre Arbeit verlieren und zuvor mindestens zwei Jahre in einem Betrieb gearbeitet haben, vereinfacht Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung. Im Gegensatz zu heute sollen sie ihre Verbindungen zum Betrieb wie eine Minderheitsbeteiligung oder Ehe nicht vorgängig komplett und nachweisbar auflösen müssen. Zudem regelt die Vorlage die Taggeldhöhe, die Wartefristen und Rückzahlungsvoraussetzungen für diese Fälle.

Vertrauen in die Finanzperspektiven der AHV wiederherstellen

Die Kommission hat sich mit der Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern und dem stellvertretenden Direktor des Bundesamtes für Sozialversicherungen über die Qualität der AHV-Finanzperspektiven und die jüngst entdeckten Fehler in diesem Bereich ausgetauscht. Sie erwartet, dass raschmöglichst die erforderlichen Massnahmen getroffen werden, um die Zuverlässigkeit der Finanzperspektiven der AHV sowie der anderen Sozialversicherungen sicherzustellen und das Vertrauen gegenüber der Bundesverwaltung und deren Arbeiten wiederherzustellen. Sie empfiehlt dem Bundesrat vor diesem Hintergrund, sich Klarheit über die Methodik und den möglichen Aussagewert der Finanzperspektiven im gesamten Sozialversicherungsbereich zu verschaffen und die gewonnenen Erkenntnisse in verständlicher Form zu veröffentlichen.

Weitere Geschäfte

Wie der Nationalrat spricht sich auch die Kommission dafür aus, dass eine umfassende und kohärente Rechtsgrundlage für die elektronische Kommunikation in den Sozialversicherungen geschaffen werden soll, es aber zusätzliche Vorgaben zur Interoperabilität und zur Abstimmung innerhalb der Sozialversicherungen sowie mit weiteren relevanten Digitalisierungsvorhaben benötigt. Mit dem Ziel, möglichst rasch solche Grundlagen zu schaffen, beantragt die Kommission einstimmig, die Mo. (Kuprecht) Friedli Esther «Sozialversicherung. Umfassende und einheitliche Rechtsgrundlage für das elektronische Verfahren schaffen (eATSG)» (23.4041) in der geänderten Fassung anzunehmen. Ebenso beantragt die Kommission mit 3 zu 2 Stimmen bei 4 Enthaltungen, die Mo. Rechsteiner Thomas «AHV endlich digitalisieren» (23.4435) anzunehmen. Somit stützt die Kommission die Stossrichtung des geplanten Bundesgesetzes über die Informationssysteme in den Sozialversicherungen (BISS).

Die Kommission stimmt mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung dem Entscheid ihrer Schwesterkommission nicht zu, der pa. Iv. (Hurni) Piller Carrard «Schluss mit Werbung auf dem Rücken der Versicherten!» (22.497) Folge zu geben. Sie ist der Ansicht, dass Werbung auch in einem System des regulierten Wettbewerbs notwendig ist und einen Mehrwert bietet, und hebt hervor, dass die Werbekosten nur etwa 0,2 Prozent der Prämien betragen.

Die Kommission liess sich zur Verordnungsänderung zur Umsetzung der «Motion Ständerat (Ettlin Erich). Einkauf in die Säule 3a ermöglichen» (19.3702) konsultieren. Sie unterstützt mit 5 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung die Vernehmlassungsvorlage des Bundesrates, mit welcher Beitragslücken, die ab Inkrafttreten der neuen Bestimmung entstehen, durch steuerabzugsfähige Einkäufe bis zu 10 Jahren rückwirkend ausgeglichen werden können. Konkret soll ein Einkauf jährlich zusätzlich zum ordentlichen Beitrag in der Höhe des sogenannten «kleinen Beitrages» zulässig sein (zurzeit 7'056 Franken). Von einer Umsetzung gemäss Wortlaut der Motion ist nach Ansicht der Kommission insbesondere aufgrund der erheblicheren, nicht bezifferbaren Steuermindereinnahmen abzusehen.

Die Kommission hat die Verwaltung mit weiteren Abklärungen zur pa. Iv. SGK-N «13. Rente. Auch IV-Rentenbeziehende müssen Anspruch auf eine 13. Rente haben» (24.424) beauftragt. Sie wird ihre Beratungen voraussichtlich im 1. Quartal 2025 fortsetzen.

Die Kommission liess sich über die neu vorgesehene Umsetzung und Finanzierung der Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente informieren. Sie hörte dabei auch den Direktor von compenswiss an, der die Wichtigkeit betonte, den AHV-Ausgleichsfonds auf der Höhe der jährlichen Ausgaben zu halten, um der Sozialversicherung die nötige Sicherheit zu bieten. Ein Absenken des AHV-Fonds unter die Höhe der jährlichen Ausgaben führe dazu, dass dieser überproportional abnimmt. Eine verzögerte Finanzierung der 13. AHV-Rente hätte exponentiell steigende Kosten für den AHV-Fonds zur Folge. Solange für compenswiss nicht absehbar sei, wann und in welcher Höhe die benötigte Finanzierung gewährleistet ist, müssten die Organe des Fonds zudem eine vorsichtigere Anlagestrategie wählen, was zu einer tieferen Renditeerwartung führe.

Die Kommission hat sich weiter über den Stand der Umsetzung ihrer Mo. «Für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care» (20.4264) informieren lassen. Sie betont die Wichtigkeit einer besseren Unterstützung von Hospizen und der Palliative Care und will das Thema weiter eng begleiten. Sie wird sich im nächsten Frühjahr nach Abschluss der letzten diesbezüglichen Grundlagenstudie erneut damit befassen.

Die Kommission tagte am 26. August 2024 in Bern unter der Leitung von Ständerat Damian Müller (FDP, LU) und teilweise in Anwesenheit von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider.