Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N) hat die Beratungen zur Volksinitiative «Für eine engagierte Schweiz (Service-citoyen-Initiative) abgeschlossen (24.079). Mit 21 zu 3 Stimmen beantragt die SiK-N ihrem Rat, die Initiative dem Volk ohne Gegenentwurf zur Ablehnung zu empfehlen. Je eine Minderheit spricht sich für die Annahme der Initiative bzw. für die Rückweisung der Vorlage an die Kommission aus, um einen indirekten Gegenvorschlag ausarbeiten zu lassen.

Im Rahmen ihrer Beratungen stellte die Kommission explizit fest, dass die Service-citoyen-Initiative formell gültig ist. Die Kommissionmehrheit lehnt die Initiative aber ab, weil auch in Zukunft die personelle Alimentierung der Armee und des Zivilschutzes im Zentrum der Dienstpflicht stehen soll und nicht eine Verpflichtung der Bürgerinnen und Bürger zur Erfüllung von Aufgaben für die Allgemeinheit und die Umwelt. Um die Bestände der Armee und des Zivilschutzes zu sichern, sind für die Mehrheit die Reform des Zivildienst- und Zivilschutzgesetzes sowie die schnellstmögliche Einführung einer Sicherheitsdienstpflicht prioritär, wie von der SiK-N in ihrer Motion 25.3015 gefordert. Zudem kritisiert die Mehrheit, dass mit der Initiative dem Arbeitsmarkt im Vergleich zu heute doppelt so viele Arbeitskräfte entzogen würden mit entsprechend übermässiger Belastung der Wirtschaft. Zudem erachtet es die Mehrheit als wenig sinnvoll, Arbeitskräfte als Dienstpflichtige für Aufgaben einzusetzen, für die sie weniger qualifiziert sind als in der angestammten beruflichen Tätigkeit. Schliesslich warnt die Mehrheit vor Wettbewerbsverzerrungen und einer möglichen Verdrängung von geringer qualifizierten Arbeitskräften aus dem Arbeitsmarkt.

Die Minderheit begrüsst, dass mit der Initiative die dringend benötigte Grundsatzdiskussion über die Einführung einer Dienstpflicht für Frauen angestossen wird. Sie unterstreicht, dass die Einführung eines «Dienstes zugunsten der Allgemeinheit und der Umwelt» zur Verwirklichung der tatsächlichen Gleichstellung von Mann und Frau beitragen würde, da sowohl die Bürgerinnen als auch die Bürger dienstpflichtig wären. Zudem würde der Sicherheitsbegriff angesichts der multidimensionalen Bedrohungen zu Recht breiter gefasst und der Schutz der Umwelt stärker in den Fokus gerückt. Schliesslich würde mit einem Service-citoyen auch das typisch schweizerische Milizsystem sowie der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt. Allfällige Mängel der Initiative könnten durch einen Gegenvorschlag aufgefangen werden.

Ein Antrag, der Initiative einen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen, der wesentliche Teile einer bedarfsorientierten Dienstpflicht (sog. «norwegisches Modell») enthielt, wurde mit 22 zu 2 Stimmen abgelehnt. Ein Antrag auf einen indirekten Gegenvorschlag, der die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf maximal 38 bzw. 45 Stunden senken wollte, um mehr Raum für ein freiwilliges gesellschaftliches Engagement zu schaffen, wurde mit 16 zu 6 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Die Vorlage wird in der Frühjahrssession vom Nationalrat behandelt werden.

Antrag auf eine Erklärung des Nationalrates

Angesichts der neusten internationalen Entwicklungen sowie der weiter zunehmenden geopolitischen Spannungen und deren Auswirkungen auf die europäische Sicherheitspolitik beantragt die SiK-N mit 13 zu 11 Stimmen ihrem Rat, eine Erklärung abzugeben. Darin sollen die Bedeutung einer eigenständigen europäischen Sicherheitspolitik unterstrichen und der Bundesrat aufgefordert werden, im Rahmen der neutralitätsrechtlichen Verpflichtungen die Kooperation in Bezug auf die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit Europa zu intensivieren (25.038).

Schengen-Weiterentwicklung

Im Rahmen einer Konsultation stimmte die Kommission einstimmig einer vorzeitigen partiellen Anwendung einer Schengen-Weiterentwicklung (24.086) zu und folgte damit dem Beschluss ihrer Schwesterkommission. Diese Weiterentwicklung sieht vor, dass Europol Informationen zu Drittstaatangehörigen, die der Beteiligung an terroristischen oder sonstigen schweren Straftaten verdächtigt werden, an einen Schengen-Staat übermitteln kann, damit dieser eine Informationsausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS) vornehmen kann. Mit ihrem Entscheid für eine partielle vorläufige Anwendung möchte die SiK-N dem Bundesrat die nötige Flexibilität geben, um sicherzustellen, dass die Schweiz ihre vertraglichen Verpflichtungen gegenüber der EU einhalten kann. Die erwähnte Schengen-Weiterentwicklung wird in der Frühjahrssession im Ständerat als Erstrat behandelt. In der SiK-N wird die inhaltliche Beratung der Vorlage im nächsten Quartal geführt.

Änderung Kriegsmaterialgesetz (KMG)

Die SiK-N hat ihre Beratungen zur Umsetzung ihrer parlamentarischen Initiative 23.403 «Änderung des KMG» auf das 2. Quartal 2025 verschoben. Die Kommission möchte die neu eingereichten Anträge sowie allfällige Kompromissvorschläge noch vertiefter prüfen können. Ein entsprechender Ordnungsantrag wurde mit 23 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen.

RUAG MRO

Im Zusammenhang mit der RUAG MRO Holding AG liess sich die Kommission über drei Berichte der Eidgenössischen Finanzkontrolle (Prüfung möglicher Betrugsaspekte, Prüfung der Führung und Steuerung der RUAG MRO und Prüfung der Lagerverwaltung) sowie über die von den zuständigen Bundesstellen eingeleiteten Massnahmen informieren. Die SiK-N kritisiert die in den Berichten eruierten Missstände scharf und wird sich an einer nächsten Sitzung erneut über die Fortschritte der getroffenen Massnahmen informieren lassen. Zudem wird die SiK-N in künftigen Beratungen der Frage der zweckmässigsten Rechtsform der RUAG MRO hohe Bedeutung zumessen.

Überdies liess sich die Kommission namentlich über die aktuellsten Zeitpläne zur Beschaffung der 36 Kampfflugzeuge F-35A für die Schweizer Armee informieren. Dabei wurde ihr von armasuisse erneut bestätigt, dass der Kauf mittels Festpreisvertrag, der auch die US-Teuerung enthält, erfolgt (vgl. Medienmitteilung SiK-N vom 30.08.2022). In diesem Zusammenhang lehnte die SiK-N einen Antrag auf Einsetzung einer Subkommission zur Begleitung des Beschaffungsprozesses mit 14 zu 9 Stimmen ab. Ein Antrag, die Verwaltung mit weiteren Abklärungen bez. Kaufvertrag zu beauftragen, wurde mit 13 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt.

Im Rahmen der Sitzung liess sich die SiK-N zudem über die aktuelle Lage im Nahen Osten und die Entwicklung des Kriegs in der Ukraine informieren.

Die Kommission hat am 24. und 25. Februar 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP, ZH) und teils in Anwesenheit der Chefin des VBS, Bundesrätin Viola Amherd, in Bern getagt.