Die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats (SiK-S) will, dass der Gesamtbundesrat endlich eine sicherheitspolitische Lagebeurteilung vornimmt. Zudem verlangt die Kommission, dass die Lücken in der Verteidigungsfähigkeit geschlossen und schnell eine wirksame Drohnen- und Luftabwehr sichergestellt werden. Weiter soll der Bundesrat beauftragt werden, mit der EU und der NATO Gespräche über die Aufnahme von Verhandlungen für ein Abkommen zu einer Partnerschaft im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu führen, unter Wahrung der Neutralität.

Angesichts der sich drastisch verschlechterten Sicherheitslage in Europa erachtet es die SiK-S als unhaltbar, dass der Bundesrat bis heute keine ausserordentliche Klausur abgehalten hat, um die sicherheitspolitische Lage der Schweiz umfassend zu analysieren und die notwendigen Massnahmen zu beschliessen, damit die Gesamtverteidigungsfähigkeit der Schweiz so rasch wie möglich wiederhergestellt werden kann. Mit einer einstimmig verabschiedeten Motion (25.4407) beantragt die Kommission, dass der Bundesrat dies umgehend nachholt. Mit einem Postulat (25.4406) beantragt die SiK-S mit 10 zu 2 Stimmen ihrem Rat überdies, den Bundesrat zu beauftragen, dem Parlament rasch darzulegen, wie die Armee die grössten Lücken in der Verteidigungsfähigkeit möglichst schnell schliessen kann und welche finanziellen Mittel dafür benötigt werden. Weiter warnt die SiK-S vor der zunehmenden Bedrohung des Luftraums durch Drohnen. Mit einer Motion verlangt die Kommission, dass der Bundesrat die Beschaffungsverfahren modernisiert und beschleunigt, um schnellstmöglich die nötigen Systeme und die Munition zu beschaffen, um den Luftraum der Schweiz zu schützen. Die entsprechende Motion 25.4405 wurde mit 9 zu 3 Stimmen verabschiedet. Mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die SiK-S ihrem Rat zudem, die vom Nationalrat angenommene Motion 25.3529 auszuweiten. Mit der abgeänderten Motion soll der Bundesrat beauftragt werden, nicht nur mit der Europäischen Union Gespräche über die Aufnahme von Verhandlungen für ein Abkommen zu einer Partnerschaft im Bereich Sicherheit und Verteidigung zu führen, sondern auch mit der NATO. Gestützt auf die Ergebnisse dieser Sondierungen soll der Bundesrat entsprechende Verhandlungsmandate ausarbeiten und diese den Sicherheitspolitischen sowie Aussenpolitischen Kommissionen vorlegen. Die Mehrheit unterstreicht, dass die Schweizer Neutralität gewahrt werden soll, diese aber nur bis zum Eintreten des Verteidigungsfalles gilt. Eine Minderheit erachtet es als vordringlicher, zuerst die eigene Sicherheitspolitische Strategie zu definieren, bevor Gespräch mit der EU und der NATO im Bereich der Sicherheit und Verteidigung geführt werden und beantragt daher die Ablehnung der Motion.

Sämtliche Vorstösse werden voraussichtlich in der Wintersession behandelt.

Änderung des Militärgesetz​es (25.036): Anträge der SiK-S für die Differenzbereinigung

Bei der Frage der Mindestdauer der Rekrutenschule (Art. 49 MG) beantragt die Kommission mit 10 zu 1 Stimmen, dass diese weiterhin ausdrücklich im Militärgesetz (MG) verankert bleibt. Mit 6 zu 6 Stimmen und Stichentscheid der Präsidentin beantragt die SiK-S weiter, dem Bundesrat die Kompetenz zu geben, ohne Genehmigung der Bundesversammlung 50 bewaffnete AdA für länger als drei Wochen dauernde Einsätze aufbieten zu können (Art. 70 Abs. 3). In den Augen der Mehrheit ist eine Begrenzung dieser Zahl auf 18 AdA, wie vom Nationalrat und vom Bundesrat vorgeschlagen, zu rigide, um flexibel handeln zu können. Eine Minderheit warnt vor einer zu grossen Kompetenzabtretung an den Bundesrat, während eine andere Minderheit die Zahl von 50 bewaffneten AdA als für zu gering erachtet. Bezüglich der Kompensationsgeschäfte im Rahmen von Rüstungsbeschaffungen (Art. 106) beantragt die SiK-S mit 10 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen, im Militärgesetz zu verankern, dass neben Forschungseinrichtungen und Unternehmen aus dem wehr- und sicherheitstechnischen Bereich auch zivile Industriezweige für Kompensationsgeschäfte infrage kommen können. Gemäss Kommission kann dadurch ein breiteres Spektrum der Schweizer Wirtschaft von den Möglichkeiten der Zusammenarbeit profitieren und eine ausgewogenere geografische Verteilung der Kompensationsgeschäfte gewährleisten werden.

Bei der Verordnung der Bundesversammlung über die Organisation der Armee (AO / Entwurf 3) beantragt die SiK-S ihrem Rat mit 10 zu 2 Stimmen, sich dem Beschluss des Nationalrates anzuschliessen, und die quantitative Vorgabe des Effektivbestandes der Armee zu streichen sowie gleichzeitig zu präzisieren, dass die Armee über einen Sollbestand von mindestens 100'000 Militärdienstpflichtigen verfügt. Die Kommissionsmehrheit erachtet eine starre Vorgabe eines Effektivbestandes insbesondere angesichts der geopolitischen Situation als nicht mehr gerechtfertigt. Eine Minderheit sieht keine Notwendigkeit weder für so hohe Effektivbestände noch für eine Erhöhung des Sollbestandes.

Es ist vorgesehen, das Differenzbereinigungsverfahren in der Wintersession in beiden Räten abzuschliessen.

Stärkung der Rolle von Hosting- und​​ Cloudanbieter bei der Bewältigung von Cyberbedrohungen

Mit 7 zu 4 Stimmen bei 1 Enthaltung beantragt die SiK-S ihrem Rat, der Motion des Nationalrates (SiK-N, 25.3011) zuzustimmen, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, gesetzliche Grundlagen auszuarbeiten, die Hosting- und Cloudanbietern die nötigen Rechte und Pflichten erteilen, um den Missbrauch der von ihnen angebotenen Infrastrukturen und Dienste für Cyberangriffe zu bekämpfen. Im Unterschied zu Internetanbietern bestehen für Hosting- und Cloudanbieter keine gesetzlichen Vorgaben zur Cybersicherheit. Da Hosting- und Cloudanbieter aber für Cyberangriffe genutzt werden, muss in den Augen der SiK-S diese Lücke geschlossen werden, wobei die Mehrheit unterstreicht, dass eine solche Änderung nicht im Fernmeldegesetz, sondern im Informationssicherheitsgesetz geregelt werden soll. Eine Minderheit möchte zuerst eine Analyse, die aufzeigt, ob und wo Handlungsbedarf auf Gesetzesebene besteht. Im Vorfeld hat die Kommission Vertreter aus der Branche angehört.

Mehr Personal für das Bundesa​mt für Polizei (fedpol) gefordert

Angesichts der aktuellen Kriminalitätslage erachtet die SiK-S die personellen Mittel des fedpol als unzureichend. Um eine wirksame Bekämpfung der schweren Kriminalität auf Bundesebene sicherzustellen, soll der Bundesrat beauftragt werden, den Personalbestand des fedpol über 10 Jahre schrittweise um 10 bis 20 Stellen pro Jahr aufzustocken und somit bis 2035 100 bis 200 zusätzliche Stellen zu schaffen. Dadurch sollen dem fedpol insbesondere mehr Ermittler, Analysten, Fachpersonen für IT-Forensik und für die internationale Zusammenarbeit zur Verfügung stehen, was aus Sicht der Kommission zur Gewährleistung der nationalen Sicherheit unabdingbar ist. Aus diesen Gründen beantragt die SiK-S ihrem Rat mit 8 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen, der entsprechenden Motion des Nationalrates (SiK-N, 25.3941) zuzustimmen. Ein Antrag auf Kompensation dieser zusätzlichen Stellen an anderen Orten in der Bundesverwaltung wurde mit 7 zu 5 Stimmen abgelehnt. Um möglichst rasch die schrittweise Personalaufstockung beim fedpol zu ermöglichen, wird sich die SiK-S überdies mittels eines Schreibens an die Finanzkommission wenden, in welchem die Dringlichkeit der Ressourcenerhöhung unterstrichen wird.

Verstärkte Grenzkontroll​en

Die SiK-S hat eine Vertretung des Kantons Aargau zur Standesinitiative 25.311, die eine Wiedereinführung von verstärkten Grenzkontrollen fordert, angehört. Die Kommission teilt die Sorge im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Kriminalität und der illegalen Migration. Sie verweist auf die im März 2025 von beiden Räten überwiesene Motion 25.3021, mit welcher der Bundesrat bereits beauftragt wurde, die Grenzkontrollen an der Schweizer Landesgrenze kurz- und mittelfristig zu intensivieren. Vor diesem Hintergrund hat die SiK-S mit 11 zu 2 Stimmen beschlossen, sich vom Bundesrat einen detaillierten Aktionsplan zur Umsetzung der Motion 25.3021 vorlegen zu lassen. Sie wird ihre Beratungen zur Standesinitiative 25.311 sowie zu weiteren Motionen, die verstärkte Grenzkontrollen fordern (24.3947 und 24.3701), im 2. Quartal 2026 fortsetzen, im Lichte der Stellungnahme des Bundesrates und der bis dann erzielten Resultate an der Grenze.

An der Sitzung wurde die SiK-S zudem über die aktuelle Lage im Nahen Osten und die Entwicklung des Kriegs in der Ukraine sowie über den Stand der Top-Projekte des BABS informiert.

Schliesslich hat sich die SiK-S mit 11 zu 1 Stimme für die vorläufige Anwendung des Abkommens zwischen der Schweiz und der EU über die Grundsätze und die Bedingungen für die Beteiligung an der Agentur der EU für das Weltraumprogramm (EUSPA-Abkommen) ausgesprochen.

Die Kommission hat am 30. und 31. Oktober 2025 unter dem Vorsitz von Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger (Die Mitte, LU) und teilweise in Anwesenheit des Chefs des VBS, Bundesrat Martin Pfister, sowie des Vorstehers des EJPD, Bundesrat Beat Jans, in Bern getagt.

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