Die Offenlegungspflichten der Ratsmitglieder haben in der letzten Zeit in der Öffentlichkeit und in der Folge auch in der Staatspolitischen Kommission (SPK) des Nationalrates zu intensiven Diskussionen Anlass gegeben. Die Kommission schlägt mit 12 zu 11 Stimmen vor, dass die Ratsmitglieder im öffentlichen Register der Interessenbindungen neu auch ihre Arbeitgeber angeben müssen, wenn sie nicht Selbstständigerwerbende sind (Umsetzung von 14.472 Pa.Iv. Streiff. Mehr Transparenz bei der Offenlegung der Interessenbindungen von Ratsmitgliedern). Die heutigen Vorschriften über die Angabe der beruflichen Tätigkeiten haben zur Folge, dass die durch diese Tätigkeiten entstehenden Interessenbindungen in vielen Fällen verborgen bleiben. Anträge für weitergehende Offenlegungspflichten wurden allesamt abgelehnt: Weder sollen die Ratsmitglieder offen legen müssen, welche Beträge über 12‘000 Franken sie für Mandate in Verwaltungsräten oder ähnlichen Gremien erhalten (7 zu 16 Stimmen bei 1 Enthaltung), noch ob es sich um ehrenamtliche oder bezahlte Mandate handelt (10 zu 13 Stimmen; abgelehnte Umsetzung von 15.437 Pa.Iv. Keller Peter. Register der Interessenbindungen. Unterscheidung von ehrenamtlichen und bezahlten Tätigkeiten).
Die Kommission schlägt die Schaffung eines öffentlichen Registers der amtlichen Reisen von Ratsmitgliedern ins Ausland vor. In diesem Register werden die im Auftrag von Organen der Bundesversammlung durchgeführten Reisen aufgelistet. Dabei sollen die Namen der teilnehmenden Ratsmitglieder und der Zielort angegeben werden. Ferner sollen die jährlichen Kosten pro Organ publiziert werden (Umsetzung von 15.442 Pa.Iv. Heer. Auskunftspflicht über die Reisetätigkeit von Mitgliedern der Bundesversammlung). Mit 13 zu 7 Stimmen lehnt sie es ab, dass auch die Reisen auf Einladung von Interessengruppen offen gelegt werden müssen.
Mit 15 zu 8 Stimmen spricht sich die Kommission dafür aus, dass wichtige Kommissionsunterlagen vermehrt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (Umsetzung von15.444 Pa.Iv. Minder. Parlamentarische Kommissionen. Öffentlichkeit der sekundären Unterlagen). An der Vertraulichkeit der Protokolle der Kommissionssitzungen soll aber in jedem Fall festgehalten werden. Im anderen Fall würden die Kommissionen entscheidend an Bedeutung verlieren, indem einerseits die Kommissionen über weniger Informationen verfügen, andererseits die wichtigen Diskussionen vor den Kommissionssitzungen informell stattfinden und an der Kommissionssitzung nur noch die Standpunkte der Fraktionen präsentiert würden. Bundesrat und Verwaltung würden den Kommissionen wichtige Informationen nicht mehr zukommen lassen. Die Vorbereitung der Parlamentsbeschlüsse würde in informelle, nicht repräsentativ zusammengesetzte und nicht nach demokratischen Regeln funktionierende Gremien ausgelagert.
Die Protokolle und weiteren Unterlagen der Kommissionen sollen den Ratsmitgliedern und ihren persönlichen Mitarbeitenden (Umsetzung von15.496 Pa.Iv. Nussbaumer. Zugang zum Extranet der Bundesversammlung für persönliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ratsmitgliedern) in erheblich erweitertem Ausmass auf dem geschützten Informationssystem des Extranet elektronisch zugänglich gemacht werden. Damit wird die Arbeit der Ratsmitglieder erleichtert und ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem ressourcenschonenden Parlament gemacht.
Die Anforderungen an die Qualität der Begründungen von Vorschlägen für neues Recht sollen erhöht werden. Damit soll ein Beitrag zur Deregulierung geleistet werden. Der Bundesrat soll unter anderem auch darlegen müssen, wie er den Handlungsspielraum der Schweiz bei der Übernahme von internationalem Recht genutzt hat (Umsetzung von 16.440 Pa.Iv. Vogt. Überregulierung stoppen! Die Internationalisierung des Rechts, die Übernahme von EU-Recht und den Hang zum Swiss Finish bremsen), wie die Vorlage den Grundsatz der Subsidiarität bei der Zuweisung und Erfüllung staatlicher Aufgaben beachtet (Umsetzung von 16.446 Pa.Iv. Caroni. Mehr Föderalismus in den bundesrätlichen Botschaften; 16.497 Pa.Iv. Burgherr. Das Subsidiaritätsprinzip stärken) und wie die Selbstverantwortung und der Handlungsspielraum der von einer Regelung betroffenen Privaten gewahrt wird (Umsetzung von 16.436 Pa.Iv. Vogt. Überregulierung stoppen! Entscheidungsfreiheit und Handlungsspielraum für die Privaten und die Unternehmen bewahren). Eine Minderheit von 8 Kommissionsmitgliedern lehnt diese Vorschläge ab, da sie keinen Beitrag zur Deregulierung leisten, sondern nur zu grösserem bürokratischem Aufwand führen.
Umstritten war, ob der der Nationalrat weiterhin am Freitag der dritten Sessionswoche tagen soll. Die kurze Dauer dieser Sitzung wird als ineffizient kritisiert. Die Kommission lehnte einen Antrag auf Streichung dieses Sitzungstages mit 14 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung ab. Sie will aber der Kritik Rechnung tragen, indem diese Sitzungen neu bis 13.15 Uhr dauern müssen (23 Stimmen zu 1 Stimme).
Die hier aufgeführten Änderungen des Parlamentsrechts sind Bestandteil einer grösseren Vorlage, welche die SPK des Nationalrates am 17. August 2017 in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 8 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen hat (16.457 Pa.Iv. SPK-NR. Verschiedene Änderungen des Parlamentsrechts). Die Vorlage enthält neben der Umsetzung von mehreren parlamentarischen Initiativen auch verschiedene kleinere Präzisierungen des Parlamentsrechts, dessen Anwendung in der Praxis gelegentlich zu Unsicherheiten Anlass gegeben hat. Die Vorlage wird voraussichtlich in der Wintersession 2017 vom Nationalrat behandelt werden können.
Kommissionsbericht und Erlassentwürfe sind hier einsehbar:
http://parl.ch/2v8vbBI