Die Staatspolitische Kommission des Ständerates (SPK-S) hat die vier Entwürfe (25.037) zur Umsetzung des EU-Migrations- und Asylpakts im Detail beraten und ihnen zugestimmt. In der Gesamtabstimmung hat sie die Entwürfe 1, 2 und 4 mit 10 zu 2 Stimmen bei 0 Enthaltungen und den Entwurf 3 mit 10 zu 0 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. Die Kommission spricht sich für eine bedingte Beteiligung der Schweiz am Solidaritätsmechanismus aus.

Der Migrations- und Asylpakt hat zum Ziel, die illegale Migration in Europa einzudämmen sowie durch harmonisierte und effiziente Asylverfahren die Sekundärmigration innerhalb des Schengen-Raums zu verringern. Zudem sieht sie eine solidarischere Verteilung der Asylsuchenden und weitere Unterstützungsmöglichkeiten zur Entlastung der Schengen-Mitgliedsstaaten mit hohem Migrationsdruck vor (Solidaritätsmechanismus). Die Schweiz ist als assoziierter Schengen-Dublin-Staat in gewissen Bereichen von dieser Reform betroffen und muss daher ihre nationale Gesetzgebung, insbesondere das Ausländer- und Integrationsgesetz sowie das Asylgesetz, anpassen. Der von der EU eingeführte Solidaritätsmechanismus ist für die Schweiz nicht verbindlich. Der Bundesrat beantragt eine freiwillige Beteiligung der Schweiz an diesem Mechanismus.

Die Kommission war an ihrer Sitzung vom 23./24. Juni 2025 auf diese Vorlage eingetreten (siehe Medienmitteilung). In der Detailberatung an der heutigen Sitzung hat sie die Anträge des Bundesrates angenommen und im Entwurf 1 einige Ergänzungen beschlossen, die bereits vom Nationalrat angenommen wurden, aber aufgrund der Ablehnung des Entwurfes in der Gesamtabstimmung wegfielen. Diese Änderungen betreffen medizinische Daten im Visa-Informationssystem, die Teilnahme der Rechtsvertretung an Befragungen in der Vorbereitungsphase und die Information von Asylsuchende über deren Pflichten.

Nach intensiven Diskussionen zur Beteiligung der Schweiz am Solidaritätsmechanismus hat sich die Kommission mit 5 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen und mit Stichentscheid des Präsidenten auf einen Kompromiss geeinigt, der vorsieht, dass der Bund Solidaritätsmassnahmen leisten kann, wenn das Dublin-System gegenüber der Schweiz im Wesentlichen funktioniert. Dabei soll die gesamteuropäische und nationale Migrationslage berücksichtigt werden. Interessierte Kreise, insbesondere die Kantone, sollen einbezogen und Artikel 121a Absatz 2 der Bundesverfassung eingehalten werden. Dabei muss den finanziellen Auswirkungen der zu treffenden Massnahmen besondere Beachtung geschenkt werden.

Politische Rechte für Menschen mit Behinderungen

Die Kommission hat verschiedene Geschäfte betreffend die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderungen behandelt. Eingangs hat sie sich den Bericht des Bundesrates in Erfüllung des von Marina Carobbio Guscetti eingereichten Postulats 21.3296 («Menschen mit einer geistigen Behinderung sollen umfassend am politischen und öffentlichen Leben teilhaben können») präsentieren lassen. Anschliessend hat sie mit 6 zu 3 Stimmen bei 3 Enthaltungen der von ihrer Schwesterkommission eingereichten und vom Nationalrat angenommenen Motion 24.4266 zugestimmt. Diese Motion verlangt, die Bundesverfassung so zu ändern, dass Menschen mit Behinderungen, die unter umfassender Beistandschaft stehen oder bei ihren täglichen Aktivitäten (z. B. ihren finanziellen Angelegenheiten) durch eine andere Person vertreten werden müssen, nicht länger vom Stimmrecht auf Bundesebene ausgeschlossen sind. Die Kommissionsmehrheit erachtet diesen pauschalen Entzug der politischen Rechte als schwer vereinbar mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung, da eine umfassende Beistandschaft nicht zwangsläufig bedeutet, dass die betroffene Person nicht in der Lage ist, sich eine eigene Meinung zu bilden und ihre politischen Rechte auszuüben. Die Kommission betont, dass die Motion nur die Ausübung des Stimmrechts auf Bundesebene betrifft und nicht auf Kantons- oder Gemeindeebene. Sie hat sich im Weiteren mit drei Petitionen befasst, die an der Behindertensession von 2023 verabschiedet wurden (23.2019, 23.2020, 23.2021). Sie hat zur Kenntnis genommen, dass zwei dieser Petitionen bereits Folge gegeben wurde, und beantragt, der dritten Petition keine Folge zu geben.

Bezahlkarten für Asylsuchende

Die Kommission beantragt einstimmig, der St. Galler Standesinitiative 24.315 keine Folge zu geben. Diese verlangt, den Kantonen zu ermöglichen, den Personen des Asylbereichs Bezahlkarten anstelle von Bargeld auszuhändigen. Die SPK-S hat in diesem Zusammenhang Kenntnis genommen von einem Bundesratsbericht zu den Bezahlkarten, der in Erfüllung des von Esther Friedli eingereichten Postulats 24.3165 («Wäre die Einführung einer Bezahlkarte für Asylsuchende auch in der Schweiz eine Möglichkeit?») und des von der SPK des Nationalrates eingereichten Postulats 24.3478 («Einführung von Bezahlkarten für Asylsuchende») verfasst wurde. Die Kommission ist nach der Beratung zum Schluss gekommen, dass kein Handlungsbedarf besteht, da die Kantone die Sozialhilfe für die Asylsuchenden bereits in Form von Bezahlkarten anstelle von Bargeld erbringen können, wenn sie dies möchten.

Die Kommission hat am 19. August 2025 unter dem Vorsitz von Ständerat Daniel Fässler (M-E/AI) in Bern getagt.