Angesichts der mit den heutigen Kommunikationsmitteln verbundenen Verwischung der Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit ist die Kommission einverstanden damit, das Recht auf Nichterreichbarkeit nicht nur für die Telearbeit, sondern für sämtliche Arbeitnehmenden explizit im Gesetz zu verankern (13 zu 11 Stimmen). Die bisherigen Minderheitsanträge bleiben bestehen. Eine weitere Minderheit möchte die Bestimmung wie von der Kommission ursprünglich vorgesehen auf die Telearbeit beschränken. Auch beim Geltungsbereich folgt die Kommission dem Bundesrat: Der personenbezogene Geltungsbereich soll auf erwachsene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer begrenzt werden, die ihre Arbeitszeiten zu einem namhaften Teil selbst festsetzen können, hingegen soll auf das Erfordernis einer schriftlichen Vereinbarung verzichtet werden (17 zu 7 Stimmen). Eine Minderheit möchte die Schriftlichkeit festschreiben. Bei den Rahmenbedingungen für die Telearbeit schliesst sich die Kommission ebenfalls dem Bundesrat an (17 zu 0 Stimmen bei 6 Enthaltungen), während sie in Bezug auf eine Regelung im Obligationenrecht (OR) an ihrem früheren Beschluss festhält und auf eine generelle Regelung, die auch für Arbeitnehmende gälte, die nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt sind, verzichten will (12 zu 3 Stimmen bei 8 Enthaltungen). Die Minderheit, die ein spezielles Kapitel für einen Telearbeitsvertrag im OR verlangt, hält an ihrem Antrag fest. Die Vorlage ist damit bereit für die Herbstsession des Nationalrates.
Noch kein Entscheid zur Mitte-Initiative
Die Kommission hat sich im Rahmen der Volksinitiative «Ja zu fairen Bundessteuern auch für Ehepaare – Diskriminierung der Ehe endlich abschaffen!» (25.018) einmal mehr sehr intensiv mit den Vor- und Nachteilen und den Auswirkungen verschiedener Modelle zur Beseitigung der steuerlichen Heiratsstrafe auseinandergesetzt und auch Fragen einer möglichen Umsetzung der sogenannten Mitte-Initiative angesprochen. Nach eingehender Diskussion hat sie die Verwaltung beauftragt, verschiedene Berechnungen zu den Kostenfolgen der alternativen Steuerberechnung und von Splittingmodellen zu erstellen. Die Kommission legt im Hinblick auf den späteren Abstimmungskampf Wert darauf, auch für die Modelle einer gemeinsamen Besteuerung von Ehepaaren einen Überblick über die Kosten zu haben, die diese verursachen würden, und einigermassen abschätzen zu können, wie gross der administrative Aufwand für die Kantone voraussichtlich wäre. Sie wird die Beratung an ihrer Sitzung im August wieder aufnehmen, damit sich der Nationalrat in der Herbstsession mit der Initiative befassen kann.
Massnahmenpaket Too-big-to-fail
Mit 20 zu 5 Stimmen beantragt die Kommission, der vom Bundesrat mit der Vorlage 25.060 beantragten Verlängerung der Ausnahmebestimmungen für Zinsen aus Too-big-to-fail-Instrumenten zuzustimmen. Die entsprechenden Bestimmungen im Verrechnungssteuergesetz (VStG) sollen bis zum 31. Dezember 2031 weitergeführt werden, damit das Parlament sie im Kontext des gesamten Massnahmenpakets zur Bankenstabilität abschliessend beurteilen kann.
Damit das Parlament die vom Bundesrat geplanten Massnahmen tatsächlich in ihrer Gesamtheit und in ihrer Wechselwirkung beurteilen kann, beschloss die WAK-N ausserdem mit Stichentscheid ihres Präsidenten eine Kommissionmotion (25.3942), die vom Bundesrat verlangt, von der vorzeitigen Verabschiedung einzelner Teilmassnahmen, auch auf Verordnungsebene, abzusehen. Eine Kommissionsminderheit lehnt die Motion ab. Sie will zum jetzigen Zeitpunkt nicht in den vom Bundesrat vorgesehenen Zeitplan eingreifen und hält es auch für das Parlament für vorteilhaft, wenn bei der Beratung der gesetzlichen Massnahmen erste Auswirkungen der Verordnungsänderungen bereits bekannt sind.
Verjährungsfristen im VStG und im Bundesgesetz über die Stempelabgaben (StG)
Mittels einer zweiten Kommissionsmotion (25.3940) will die WAK-N ausserdem den Anstoss zu einer weiteren Änderung des VStG sowie des StG geben: In beide Gesetze sollen analog zum Mehrwertsteuergesetz Bestimmungen zur relativen und absoluten Verjährung aufgenommen werden und eine Verpflichtung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, ihre Verwaltungspraxis zu veröffentlichen. Der Kommissionsmehrheit geht es dabei nicht um eine Verkürzung der Verjährungsfristen im VStG und StG, sondern um mehr Rechtssicherheit dank einer klaren gesetzlichen Grundlage.
Totalrevision des Bundesgesetzes über die Förderung der Beherbergungswirtschaft
Im Rahmen der Beratungen zur Totalrevision des Bundesgesetzes über die Förderung der Beherbergungswirtschaft (25.043) hat die Kommission Vertreterinnen und Vertreter des Schweizerischen Gewerbeverbands, des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds, von HotellerieSuisse sowie der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Berggebiete zu einer Anhörung eingeladen. Die Kommission beantragt mit 17 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen, auf die Vorlage einzutreten. Aus ihrer Sicht ist die Totalrevision des Gesetzes überfällig. Der Investitionsbegriff wird erweitert, sodass die Schweizerische Gesellschaft für Hotelkredit künftig breiter Darlehen vergeben kann. Zudem erhält sie mehr Handlungsspielraum zur gezielten Förderung der Beherbergungswirtschaft. Die Detailberatung ist für eine der nächsten Sitzungen geplant.
Internationale Steuertransparenz: Globale Standards sollen auch im Kryptobereich angewandt werden
Mit 17 zu 8 Stimmen beantragt die Kommission, auf die Vorlagen des Bundesrates zur Anpassung des internationalen automatischen Informationsaustausches (25.029) einzutreten. Damit sollen die aktualisierten internationalen Standards im Bereich der Steuertransparenz weiterhin umgesetzt und die Gleichbehandlung von Finanz- und Krypto-Produkten sichergestellt werden. Eine Minderheit beantragt Nichteintreten. Sie lehnt insbesondere die dynamische Übernahme internationaler Standards ab und sieht in den Vorlagen ein Risiko für die Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Finanzplatzes.
Die WAK-N beantragt, allen Beschlüssen des Ständerates zu folgen. Eine Minderheit möchte bei den Bestimmungen zur Verletzung der Melde-, Sorgfalts- und Auskunftspflichten (Art. 32 und 32a AIA-Gesetz) dem Bundesrat folgen und die Strafbarkeit auch auf fahrlässiges Handeln ausweiten. In der Gesamtabstimmung stimmt die WAK-N beiden Entwürfen mit 17 zu 8 Stimmen zu. Das Geschäft kommt in die Herbstsession.
Ferner spricht sich die Kommission mit 17 zu 5 Stimmen bei 2 Enthaltungen für die vorläufige Anwendung der völkerrechtlichen Grundlagen aus, damit beide Regelwerke gemäss dem multilateral vereinbarten Zeitplan per 1. Januar 2026 umgesetzt werden können.
Flexiblere Arbeitsbedingungen für Mitarbeitende von Start-ups in Sicht
Nachdem der Bundesrat den Entwurf der Kommission zur Umsetzung der parlamentarischen Initiative 16.442 («Arbeitnehmende in Start-ups mit Firmenbeteiligungen sollen von der Arbeitszeiterfassung befreit sein «) als nicht mehrheitsfähig erachtet hatte (vgl. Medienmitteilung vom 24. November 2023), bat die Kommission ihn im Dezember 2023 zu prüfen, ob für Start-ups eine Ausnahmeregelung zu den Arbeits- und Ruhezeitvorschriften auf Verordnungsstufe umsetzbar wäre. Nun hat die Kommission sich den von den Sozialpartnern erarbeiteten Vorschlag zu einer Anpassung der Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz vorstellen lassen: Vorgesehen ist ein neuer Artikel, der eine Flexibilisierung für bestimmte Arbeitnehmende mit Unternehmensbeteiligung in Jungunternehmen ermöglicht. Das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung wird demnächst die Vernehmlassung dazu eröffnen, der Bundesrat wird voraussichtlich im März 2026 über die Verordnungsanpassung entscheiden. Die Kommission hat deshalb beschlossen, ihren Entwurf weiterhin sistiert zu halten und bei Vorliegen der endgültigen Fassung der Verordnungsanpassung im Frühjahr 2026 endgültig zu entscheiden, ob sie ihn dem Rat unterbreitet oder ihn zur Abschreibung beantragt.
Weitere Beschlüsse
Die Kommission hat einer parlamentarischen Initiative von Nationalrätin Diana Gutjahr (24.432) einstimmig Folge gegeben, die verlangt, dass die Solidarhaftung des Erstunternehmers in Artikel 5 des Entsendegesetzes auf die Beiträge für Sozialversicherungen erweitert wird, wenn die Subunternehmer diese nicht bezahlen. Die parlamentarische Initiative geht nun an die Schwesterkommission des Ständerates. Diese muss ihr zustimmen, bevor die WAK-N die Umsetzung in Angriff nehmen kann.
Einstimmig beantragt die Kommission, bei der einzigen Differenz im direkten Gegenentwurf zur Volksinitiative «Ja zu einer unabhängigen, freien Schweizer Währung mit Münzen oder Banknoten (Bargeld ist Freiheit» (24.063) dem Ständerat zu folgen und den in der Gesetzgebung gebräuchlichen Begriff «Franken» zu verwenden.
Die Kommission hat am 23./24. Juni 2025 unter dem Vorsitz von Nationalrat Thomas Aeschi (SVP/ZG) und teilweise in Anwesenheit von Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter in Bern getagt.