Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

7. Öffentliche Finanzen

93.029 Direkte Bundessteuer (DBG). Bundesgesetz. Änderung
Impôt fédéral direct (LIFD). Modification de la loi

Botschaft: 01.03.1993 (BBl I, 1196 / FF I, 1120)

Mo 92.3276 (Spoerry)
und
92.3297 (Küchler)
Gesetzeskonforme Besteuerung der Kapitalversicherungen
Imposition des assurances de capitaux conforme à la loi

Am 16. Juni 1992 reichen Nationalrätin Spoerry (R, ZH) und Ständerat Küchler (C, OW) gleichzeitig eine Motion mit identischem Inhalt ein. In dieser Motion wird der Bundesrat beauftragt, dem nach Ansicht der Motionäre klar dokumentierten Willen des Parlaments bei der zukünftigen Besteuerung von rückkauffähigen Kapitalversicherungen mit Einmalprämie Rechnung zu tragen, indem das Vorliegen einer der beiden im Gesetz aufgeführten Steuerbefreiungsgründe (Mindestvertragsdauer = 10 Jahre oder Mindestalter des Versicherten = 60 Jahre) genügen soll. In seiner Stellungnahme vom 9. September 1992 führt der Bundesrat aus, das Anliegen der Motionäre lasse sich nicht durch Auslegung, sondern nur durch eine Gesetzesänderung verwirklichen. Eine entsprechende Botschaft wird in Aussicht gestellt. Am 14. und 15. Dezember 1992 heissen die beiden Räte die Motionen gut.

Ausgangslage

In seiner Botschaft unterbreitet der Bundesrat dem Parlament eine Neufassung der umstrittenen Bestimmung, die seiner Meinung nach sachlich und sprachlich befriedigend ist.
Bei der Vorbereitung der Botschaft ist der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass die ganze Problematik der steuerlichen Behandlung der Kapitalversicherung mit Einmalprämie noch einmal grundlegend überprüft werden müsse. Im Vordergrund steht für ihn namentlich die Überlegung, dass eine steuerliche Privilegierung des Versicherungssparens von Verfassungs wegen nur im Rahmen der Altersvorsorge zulässig ist. Dazu gehört wesentlich, dass die Versicherungsleistung erst bei Erreichen eines bestimmten Alters und aufgrund eines längerfristigen Vertragsverhältnisses fällig wird. Für die steuerliche Privilegierung eines weitergehenden Versicherungssparens, wie es die Motionäre anregen, bestehe hingegen keine verfassungsmässige Grundlage; eine solche würde sogar gegen Art. 34quater und Art. 4 BV (Prinzip der Wettbewerbsneutralität der Steuer) verstossen.

Aus diesen Gründen hält der Bundesrat an der Erfüllung der doppelten Voraussetzung fest (d.h. die Steuerbefreiung wird nur gewährt, wenn das Vertragsverhältnis mindestens 10 Jahre gedauert hat und der Versicherte bei Empfang der Leistung mindestens 60 Jahre alt ist) und beschränkt sich auf eine vereinfachte Neuformulierung des betreffenden Artikels.

Verhandlungen

NR 16.12.1993 AB 1993, 2437
SR 28.02.1994 AB 1994, 3
NR 1.06.1994 AB 1994, 789
SR 13.06.1994 AB 1994, 633
NR 20.09.1994 AB 1994, 1319
SR 26.09.1994 AB 1994, 873
NR 3.10.1994 AB 1994, 1640
SR 4.10.1994 AB 1994, 998
NR / SR 7.10.1994 Schlussabstimmungen (168:6 / 40:0)

Am 16. Dezember folgt der Nationalrat mit 112 zu 63 Stimmen seiner Kommission und spricht sich für eine Kumulierung der Bedingungen aus, die Anspruch auf eine Steuerbefreiung geben. Zudem heisst er eine Übergangsbestimmung gut, wonach Versicherungsverträge, die vor 1993 abgeschlossen wurden, bis Ende 1995 ohne steuerliche Folgen aufgelöst werden können. In der Gesamtabstimmung wird die Vorlage mit 81 zu 21 Stimmen angenommen.

Am 28. Februar folgt der Ständerat mit 23 gegen 13 Stimmen seiner Kommission und spricht sich für eine Steuerbefreiung schon bei Vorliegen einer der beiden Bedingungen aus. Damit wird eine grundlegende Differenz geschaffen und die Vorlage geht an den Nationalrat zurück.

Am 1. Juni 1994 hält der Nationalrat mit 82 gegen 62 Stimmen an seinem Beschluss fest (Vorliegen beider Voraussetzungen), spricht sich aber dafür aus, dass Kapitalversicherungsverträge, die vor Ende 1993 abgschlossen wurden, steuerfrei bleiben, sofern bei Auszahlung eine der beiden Bedingungen erfüllt ist.

Am 13. Juni beharrt auch der Ständerat mit 23 zu 10 Stimmen auf seinem Beschluss (Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen). Die Vorlage geht zur Differenzbereinigung an den Nationalrat zurück, der sich jedoch am 20. September mit 91 zu 75 Stimmen nach einem vehementen Appel des Bundesrates erneut für die Kumulierung der beiden Bedingungen ausspricht. Da der Ständerat am 26. September mit 26 zu 13 Stimmen an seinem Standpunkt festhält, muss eine Einigungskonferenz eingesetzt werden.

Am 28. September findet die Einigungskonferenz einen Kompromiss und beantragt den Räten, die Steuerfreiheit für Erträge aus Kapitalversicherungen mit Einmalprämie dann zu gewähren, wenn der Versicherte bei der Auszahlung das 60. Altersjahr vollendet hat und wenn die Versicherung mindestens fünf Jahre gedauert hat. Für Kapitalversicherungen, die vor Ende 1993 abgeschlossen wurden, soll die Erfüllung einer der beiden Bedingungen als Kriterium für die Steuerbefreiung genügen. Diesem Vorschlag schliesst sich der Nationalrat am 3. Oktober und der Ständerat am 4. Oktober an. Die Änderung wird in den Text des DBSt aufgenommen und am 1. Januar 1995 in Kraft gesetzt.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

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