Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

9. Verkehr

93.091 Eisenbahngesetz. Revision
Loi sur les chemins de fer. Révision

Botschaft: 17.11.1993 (BBl 1994 I, 497 / FF 1994 I, 485)

Ausgangslage

Vor der Revision bestanden fünf unterschiedliche Rechtsgrundlagen, nach denen die ungedeckten Kosten des Regionalverkehrs abgegolten wurden. Parlamentarische Vorstösse verlangten, die wachsende Ungleichbehandlung von SBB und konzessionierten Transportunternehmungen (KTU) zu beseitigen. verschiedene hängige Fragen der Verkehrspolitik (Koordinierte Verkehrspolitik, Bahn 2000, SBB-Leistungsauftrag) führten 1990 zur Rückweisung einer Vorlage (87.069) über die Änderung des Eisenbahngesetzes durch die Verkehrskommission des Ständerates. Es wurde eine umfassende Neuregelung unter Einbezug der Beitragsleistungen des Bundes an Agglomerationen sowie für Rand- und Berggebiete verlangt.

Die Revision des Eisenbahngesetzes ist Voraussetzung, dass eine Neuausrichtung des Regionalverkehrs erfolgen kann.

Mit der Revision sollen zwei Grundsätze verwirklicht werden: Transparenz bei der Finanzierung und zukunftsgerichtete Offenheit in bezug auf die Organisation des Regionalverkehrs. Neue Konzepte (Stichwort: Regionalisierung) sollen ermöglicht, aber nicht vorgeschrieben werden.

Kern der Vorlage ist die Harmonisierung der Finanzströme. Alle fünf bisher bestehenden Subventionsgrundlagen werden in eine einzige zusammengefasst. Dazu muss auch der Tarifannäherungsbeschluss aufgehoben werden und die entsprechenden Zahlungen in die Abgeltung integriert werden. Da die SBB dem Eisenbahngesetz bezüglich Abgeltung nicht unterstehen, ist der Leistungsauftrag entsprechend anzupassen. Indem die Kantone auch an den Regionalverkehr von SBB und PTT Beiträge leisten müssen, im Gegenzug aber die Kantons-Leistungen an die KTU reduziert werden, kann für den gesamten Regionalverkehr ein einheitlicher Schlüssel gelten, ohne dass Bund oder Kantone grundsätzlich stärker belastet werden.

Ein weiteres Ziel der Vorlage liegt darin, die ungedeckten Kosten im voraus aufgrund von Planrechnungen festzulegen. Das von den KTU, SBB und PTT (in Varianten) offerierte Angebot wird von Bund und Kantonen zu einem vereinbarten Preis (Abgeltung) bestellt. Das unternehmerische Handeln der Transportunternehmungen soll dadurch gestärkt werden.

Verhandlungen

SR 16.06.1994 AB 1994, 666/744
NR 02.02.1995 AB 1995, 276
SR 14.03.1995 AB 1995, 284
NR 21.03.1995 AB 1995, 768
SR 22.03.1995 AB 1995, 400
NR / SR 24.03.1995 Schlussabstimmungen (162:1 / 42:2)

Im Ständerat war die transparentere Finanzierung des Regionalverkehrs unbestritten. Es herrschte Einigkeit darüber, dass nach zwei gescheiterten Gesetzesanläufen in den achziger Jahren nun endlich ein modernes Eisenbahngesetz geschaffen werden müsse.

Auseinander gingen die Meinungen jedoch, wie stark die Mitsprache der Kantone bei der Festsetzung der Regionalangebote sein soll. Während die Kommissionsmehrheit verlangte, dass das Bestellverfahren für Regionalstrecken vom Bund im Einvernehmen mit den Kantonen auf dem Verordnungsweg geregelt werden sollte, wollte eine freisinnige Kommmissionsminderheit, angeführt von Loretan (R, AG) viel weiter gehen. Der Bund müsse mit den Kantonen einen Rahmenvertrag abschliessen, der die Grundsätze des Leistungsangebots und des Bestellverfahrens regle, und zwar verbindlich für mehrere Jahre. Bei Meinungsdifferenzen hätte die Bundesversammlung die notwendigen Regeln zu treffen. Dieser Forderung nach einem Rahmenvertrag wurde im Ständerat mit 20 zu 13 Stimmen abgelehnt.

Die vom Ständerat beschlossene Version stutzte die Befugnisse des Bundesrates dennoch zurück. Bei Differenzen wollte der Bundesrat das EVED entscheiden lassen. Die Kommission setzte aber eine ständige Schiedskommission ein, die aus zwei Vertretern des Bundes, aus zwei Vertretern der Kantone und einem auf vier Jahre gewählten Präsidenten besteht. Mit 21 zu 4 Stimmen entschied sich der Ständerat für diese ständige Schiedkommission.

Auch der Nationalrat begrüsste in der Eintretensdebatte die neue Konzeption des Bestellprinzips einmütig.

Verschiedene Redner befürchteten allerdings, dass sich der Bund durch die Hintertüre aus dem Regionalverkehr verabschieden wolle. Anlass zu dieser Begründung gab insbesondere der Umstand, dass die Revision nicht kostenneutral ausgestaltet wurde, sondern den Bund um rund 100 Millionen entlastet.

In der Frage der Einbindung der Kantone in die Entscheidfindung ging der Nationalrat einen Schritt weiter als der Ständerat. Danach sollen die Kantone nicht nur zum Bestellverfahren für die Bahnleistungen, sondern auch zu den Grundsätzen des Leistungsangebots und der Abgeltung ihr Einverständnis erklären müssen. Eine wesentliche Differenz zum Ständerat schuf die grosse Kammer bei der Frage der Streitbeilegung zwischen Bund und Kantonen. Bei Differenzen bezüglich Leistungen, die von Bund und Kantonen gemeinsam erbracht werden müssen, soll das EVED und nicht ein Schiedsgericht entscheiden. Ein Antrag von Diener (G, ZH), in dieser Frage dem Ständerat zu folgen, wurde mit 83 gegen 37 Stimmen abgelehnt. In der Differenzbereinigung folgte der Ständerat in dieser Frage dem Nationalrat, womit das Geschäft bereinigt war.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

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