Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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15. Kultur
84.064 |
Urheberrechtsgesetz |
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Droit d'auteur. Loi |
Botschaft: 29.08.1984 (BBl III, 173 / FF III, 177)
SR 03.10.1985 AB 1985, 584
NR 10.06.1986 AB 1986, 695
Der Ständerat beschloss, die Vorlage an den
Bundesrat zurückzuweisen, mit dem Auftrag zu prüfen, wie der Schutz der Produzenten und
der verschiedenen Nutzerkreise verbessert werden könnte. Vor allem sei ein
differenzierter Leistungsschutz (Interpreten, Computerprogramme etc.) in die Vorlage
einzubauen und die Kontrolle der Verwertungsgesellschaften zu verstärken. Der Nationalrat
stimmte diesem Beschluss zu.
Neue Botschaft: 19.06.1989 (BBl III, 477 / FF III, 465)
Ausgangslage
Die Revision hat das Ziel, den Urheberrechtsschutz der
wirtschaftlichen und technologischen Entwicklung anzupassen, die seit dem Erlass des
geltenden Gesetzes von 1922 stattgefunden hat.
Mit der vorliegenden neuen Botschaft unterbreitet der
Bundesrat dem Parlament eine im Sinne des Rückweisungsbeschlusses überarbeitete Vorlage,
welche diejenige vom 29. August 1984 vollumfänglich ersetzt.
Bei der Regelung der neuen Schutzbedürfnisse ist der
Bundesrat entsprechend den Anweisungen des Parlaments differenziert vorgegangen. Während
die Computerprogramme analog den Werken der Literatur und Kunst dem eigentlichen
Urheberrechtsschutz unterstellt sind, regelt der Gesetzesentwurf den Schutz der
ausübenden Künstler (unter Ausschluss der Zweitnutzungsrechte), der Hersteller von Ton-
und Tonbildträgern sowie der Sendeunternehmen unter dem neuen Titel der "verwandten
Schutzrechte". Für den ebenfalls regelungsbedürftigen Schutz von
Halbleitertopographien ("Chips") wurde hingegen ein separater Gesetzesentwurf
ausgearbeitet, weil es sich dabei um industrielle Leistungsschutzrechte handelt, die nicht
zum Urheberrecht gehören. Diese gesetzgeberischen Massnahmen zum Schutz neuer Kategorien
von Immaterialgütern stimmen sowohl inhaltlich als auch systematisch mit der
internationalen Rechtsentwicklung überein, die namentlich durch die USA und die
Europäische Gemeinschaft geprägt wird.
Gestützt auf den neuen Gesetzesentwurf schlägt der
Bundesrat dem Parlament neben der bereits in der Botschaft von 1984 erwähnten
Ratifikation der Pariser Fassungen von 1971 der Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken
der Literatur und Kunst und des Welturheberrechtsabkommens auch die Annahme verschiedener
Abkommen auf dem Gebiete der verwandten Schutzrechte vor.
Verhandlungen
SR |
21.03.1991 |
AB 1991, 89 |
NR |
27.02.1992 |
AB 1992, 2 |
SR |
04.06.1992 |
AB 1992, 372 |
NR |
19.06.1992 |
AB 1992, 1180 |
SR |
27.08.1992 |
AB 1992, 712 |
SR / NR |
09.10.1992 |
Schlussabstimmungen
(A 43:0, 150:1; B 41:0, 153:0) |
Das Bundesgesetz über den Schutz von Topographien von
integrierten Schaltungen (Topographiengesetz), sowie der Bundesbeschluss über
verschiedene völkerrechtliche Verträge auf dem Gebiete des Urheberrechts und der
verwandten Schutzrechte wurden von beiden Räten diskussionslos und einstimmig
verabschiedet.
Beim Urheberrechtsgesetz (URG) veränderte der Ständerat
die bundesrätlichen Vorschläge aber erheblich und stellte Schutz und Recht der Urheber
in den Vordergrund. Mit der Einführung einer Abgabe auf leeren Ton- und Videokassetten
sollen die Urheber dafür entschädigt werden, dass ihre Werke häufiger kopiert als
verkauft werden. Unklar blieb dabei aber noch, wie die Interpreten an diesen Abgaben zu
beteiligen sind. Fotokopien in Schulen, Betrieben und öffentlichen Verwaltungen sollen
gebührenpflichtig werden, Schriftstellerinnen und Schriftsteller inskünftig eine
Vergütung erhalten, wenn ihre Bücher in öffentlichen Bibliotheken ausgeliehen werden
("Bibliotheksrappen"), und die bildenden Künstler mit einem Folgerecht an einer
späteren Wertsteigerung ihrer Werke beteiligt werden. Die Werke sollen zudem
70 Jahre über den Tod des Urhebers hinaus geschützt bleiben und nicht nur
50 Jahre, wie es der Bundesrat vorgeschlagen hatte.
Auch in der strittigen Frage der Rechte an Kollektivwerken,
die im Auftrag eines Produzenten geschaffen werden, setze sich im Rat eine
urheberfreundliche Linie durch. Bundesrat und Kommissionsmehrheit hatten vor allem auf
Betreiben der SRG vorgeschlagen, dass die Rechte am Kollektivwerk ganz auf den Produzenten
übergehen sollten. Der Ständerat entschied sich nun wieder für die bereits geltende
völlige Vertragsfreiheit.
Einen nutzerfreundlichen Entscheid fällte die Kammer
hingegen bei den Rechten an Werken, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geschaffen
werden. Wenn nichts anderes vereinbart wird, sollen hier die Rechte dem Arbeitgeber
gehören.
Die Mehrheit des Nationalrates teilte die Bedenken
der Bibliothekare, dass die Einführung einer Abgabe auf der Bibliotheksausleihe zu
unverhältnismässigem administrativem Aufwand und letztlich zu einer Schwächung der
Stellung der Literatur führen würde und strich den "Bibliotheksrappen" wieder
aus der Vorlage. Die Ratsminderheit blieb mit ihrem Argument chancenlos, die
Kulturkonsumierenden dürften sich nicht auf Kosten der Kulturschaffenden bereichern. Auch
ein Antrag, den "Bibliotheksrappen" aus der Bundeskasse zurückzuerstatten,
wurde deutlich verworfen. Kommissionssprecher Couchepin (R, VS) und Bundesrat Koller
machten geltend, dass für die Autorinnen und Autoren eine Kompensation durch eine Abgabe
auf Fotokopien in Bibliotheken geschaffen werden solle ("Kopierfünfer"); damit
werde zudem vermieden, Bestsellerautoren einseitig zu begünstigen.
Etwas weniger deutlich wurde das Folgerecht für bildende
Kunst abgelehnt, welches selbst in Urheberkreisen recht umstritten war, da es den
Kunsthandel aus der Schweiz hätte abdrängen können, worunter vor allem junge, noch
nicht arrivierte Künstler leiden würden. Vergeblich plädierten David (C, SG), Poncet
(L, GE) und die SD/Lega-Fraktion zugunsten dieser neuen Entschädigung für Maler und
Bildhauer. Auch Bundesrat Koller vermochte mit seinem Hinweis, dass das Folgerecht bereits
in acht von zwölf EG-Staaten gelte und eine europäische Rechtsharmonisierung in diese
Richtung gehe, den Rat nicht umzustimmen.
Urheberfreundlich erwies sich die grosse Kammer hingegen
bei den Abgaben auf Leerkassetten, deren Erlös sowohl den Urhebern wie den Interpreten
zugute kommen soll, sowie bei den Bestimmungen über die Rechte an Werken, die im
Auftragsverhältnis geschaffen werden (Produzentenartikel). Hier soll, wie vom Ständerat
vorgeschlagen, die völlige Vertragsfreiheit gelten. Mit klarem Mehr bestätigte der
Nationalrat auch die Ausdehnung der Schutzdauer auf 70 Jahre nach dem Tod des
Urhebers.
Beim Folgerecht, dem "Bibliotheksrappen" bzw.
"Kopierfünfer" und beim Produzentenartikel schwenkte der Ständerat in der
Differenzbereinigung auf die Linie des Nationalrates ein, vorerst aber nicht bei der
Gleichstellung zwischen Urhebern und Interpreten, da dies zu einer Benachteiligung der
Konsumenten führen könnte. Als die grosse Kammer jedoch einstimmig auf ihrem Standpunkt
beharrte, gab der Ständerat seinen Widerstand auf, so dass die Vorlage in der
Herbstsession definitiv verabschiedet werden konnte.
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