Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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1. Staatspolitik und Rechtsordnung
94.005 |
StGB. Schaffung einer
Zentralstelle zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens |
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Code pénal. Modification
(Création d'un office central de lutte contre le crime organisé) |
Botschaft: 12.01.1994 (BBl I, 1145 / FF I, 1125)
Ausgangslage
Das vom Bundesrat am 30. Juni 1993 zuhanden des
Parlaments verabschiedete sogennte "Zweite Massnahmenpaket" enthält materielle
Strafvorschriften über die Beteiligung an einer kriminellen Organisation, die Einziehung
und das Melderecht des Financiers. Diese Normen sollen helfen, den Kampf gegen
Organisiertes Verbrechen und Geldwäscherei wirkungsvoller zu führen. Die Anwendung
dieser Bestimmungen, wie bereits derjenigen über die Geldwäscherei, liegt ganz
überwiegend in der Zuständigkeit der Kantone. Das Organisierte Verbrechen weist aber in
aller Regel kantonsübergreifende, ja internationale Dimensionen auf. Dies erschwert den
Kantonen die Strafverfolgung in erheblichem Masse und könnte die Wirksamkeit der neuen
Strafvorschriften in Frage stellen.
Aus diesen Gründen erscheint es zweckmässig, analog zur
Regelung im Betäubungsmittelbereich, eine beim Bundesamt für Polizeiwesen angesiedelte
Zentralstelle zur Bekämpfung des Organisierten Verbrechens, wie sie im Ausland längst
üblich ist, zu schaffen. Anders als die Betäubungsmittel-Zentralstelle soll die neue
Instanz jedoch in einer ersten Phase noch nicht selber Strafverfahren führen. Sie wird
dagegen Verfahren koordinieren, Erkenntnisse über das Organisierte Verbrechen sammeln und
weitergeben sowie namentlich die Kontakte zu ausländischen Dienststellen gewährleisten.
Die Zentralstelle wird zur Erfüllung ihrer Aufgabe
zahlreiche Personendaten auf elektronischem Wege bearbeiten. Dabei wird sie sich an im
Gesetz explizit aufgeführte, strenge Datenschutz-Bestimmungen halten müssen.
An der Strafverfolgungskompetenz der Kantone ändern diese
Massnahmen nichts. Sie sollen die Kantone lediglich in der Erfüllung ihrer
Strafverfolgungs-Aufgaben unterstützen.
Verhandlungen
SR |
16.06.1994 |
AB 1994, 717 |
NR |
27.09.1994 |
AB 1994, 1423, 1473, 1479 |
SR |
29.09.1994 |
AB 1994, 947 |
SR / NR |
07.10.1994 |
Schlussabstimmungen (42:0 / 156:13) |
Der Ständerat stimmte den Vorschlägen des
Bundesrates im wesentlichen zu. Aus formellen und rechtssystematischen Gründen zog er
jedoch anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Ergänzung des StGB ein eigenes
Bundesgesetz über die kriminalpolizeiliche Zentralstellen des Bundes vor. Zu Diskussionen
Anlass gaben insbesondere die datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Gemäss Artikel 14
haben die Bürgerinnen und Bürger kein Einsichtsrecht in die von den Zentralstellen
gesammelten Daten. Betroffene müssen nachträglich informiert werden, "sofern nicht
wichtige Interessen der Strafverfolgung entgegenstehen oder die nachträgliche Mitteilung
mit einem unverhältnismässigen Aufwand verbunden wäre". An ihrer Stelle kann nur
der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte nachprüfen, ob die Zentralstellen die Daten
rechtmässig bearbeiten.
Im Nationalrat war das Eintreten unbestritten. Ein
mit datenschützerischen Bedenken begründeter Rückweisungsantrag einer von Rechsteiner
(S, SG) angeführten Minderheit wurde mit 96 zu 30 Stimmen abgelehnt. Beim besonders
umstrittenen Artikel 14 setzte sich der Antrag der Kommissionsmehrheit durch, welche
Zustimmung zum Ständerat beantragte, aber noch einen neuen Absatz 4 vorschlug, welcher
Bestimmungen aufstellt für die Zeit, wo keine Bedürfnisse mehr für die Einschränkung
der datenschutzrechtlichen Bestimmungen bestehen. - Der Ständerat stimmte sodann dieser
Lösung zu.
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