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1921 |
Auch die übrigen
Teile der Verhandlungen werden niedergeschrieben, aber nicht publiziert. |
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1960 |
Aufnahme der Ratsverhandlungen auf
Tonband.
Allmähliche Ersetzung von Stenographen durch Redaktoren. |
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1963 |
Umbenennung in «Amtliches Bulletin». |
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1971 |
Vollständige Veröffentlichung
sämtlicher Ratsverhandlungen. |
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1985 |
Einführung der elektronischen
Textverarbeitung. |
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1992 |
Ablösung durch ein PC-Netz mit
erweiterten Anwendungsmöglichkeiten. |
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1993 |
Revolutionierung der Produktionsweise
durch die erste parlamentarische digitale Tonaufzeichnungsanlage der Welt. |
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1995 |
Rationalisierungsmassnahmen
bei der Satzherstellung halbieren Produktionszeit und Druckkosten.
Multimediale Nutzung der Daten (sofortige Verfügbarkeit intern; Internet). |
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1997 |
Herausgabe des Bulletins auf CD-ROM. |
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1999 |
Inbetriebnahme
des neuartigen integrierten Tonaufnahme-, Textverarbeitungs- und
Publikationssystems BULLETIN 2000. |
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2000 |
Mit
BULLETIN 2000 wird das Online-Bulletin Realität: Alle Redetexte
werden über Internet sofort und uneingeschränkt veröffentlicht.
BULLETIN 2000 wird mit dem Speyer-Preis ausgezeichnet. |
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2001 |
Miniaturisierung
von BULLETIN 2000 für den mobilen Einsatz in Kommissionssitzungen. |
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2. Einleitung |
    |
Die Transparenz parlamentarischen Handelns
ist ein demokratisches Grundprinzip. Artikel 82 der Bundesverfassung von
1848 (seit 2000 Art. 158) hält deshalb fest:
«Die Sitzungen der Räte sind öffentlich.» Für den neugegründeten Bundesstaat erweist sich die Umsetzung dieses
Prinzips allerdings als schwierig. Allein durch den Zugang zu den Besuchertribünen der
Ratssäle ist die Öffentlichkeit nicht herzustellen zumal die eidgenössischen
Räte bis zur Einweihung des neuen Parlamentsgebäudes 1902 ohnehin unter ständigem
Platzmangel leiden. Natürlich gibt es von Anfang an die Presseberichterstattung, doch
sind der damaligen Parteipresse Kriterien wie Sachlichkeit, Objektivität und Pluralität
weitgehend fremd. Hinzu kommen in den Räten selbst offenbar auch sprachliche Barrieren
und Verständigungsschwierigkeiten: Nicht jedem Ratsmitglied sind sämtliche
Landessprachen geläufig; übersetzt werden nur die Bemerkungen der Präsidenten.
Es erstaunt deshalb nicht, dass kaum
ist das erste Parlament 1848 zusammengetreten der Wunsch nach einer integralen
Publikation der Verhandlungen, möglichst mit Übersetzungen, vielfach geäussert wird.
Ebenfalls verständlich ist, dass die meisten derartigen Vorstösse aus der Suisse romande
stammen.
Das Prinzip der regelmässigen Veröffentlichung eines Verhandlungsprotokolls wird kaum
bestritten. Die Legislative ist denn auch sofort zumindest zu einem Versuch bereit. Doch
es ist der Bundesrat, der die Realisierung mit dem Kostenargument blockiert: Als aktuelle
«Technologie» bietet sich im 19. Jahrhundert einzig die in Entwicklung begriffene
Stenographie an. Das bedeutet hochbezahltes Spezialistentum doch dafür fehlt das
Geld. Die Publikation von schriftlichen Unterlagen im Bundesblatt ist keine Alternative;
ebensowenig ein privat finanziertes Bulletin, weil dessen Qualität und Unabhängigkeit
nicht zu garantieren sind.
Im Lauf der zweiten Jahrhunderthälfte versuchsweise herausgegebene Bulletins über
aktuelle, kontroverse Fragen (z. B. Gotthardbahn) beweisen den praktischen Nutzen
eines Wortprotokolls. Gleichzeitig wird die Gesetzgebung immer komplexer. Für die
Bundesversammlung wächst die Gefahr, in dieser Sache gegenüber den Parlamenten des
Auslandes und der grösseren Kantone ins Hintertreffen zu geraten. Nicht zuletzt steht
hinter der Forderung nach einer solchen Publikation das Interesse einer ganzen
Berufsgruppe: jenes der immer besser organisierten Stenographen.
So drängt, nach rund zwanzig vergeblichen Anläufen von verschiedener Seite, am Ende der
Bundesrat selbst auf die Schaffung eines stenographischen Bulletins. National- und
Ständerat folgen ihm nur à contrecoeur: Die Einführung des Stenographischen Dienstes
1891 stützt sich auf einen Bundesbeschluss, der just das Gegenteil postuliert! De facto
wird so mit der regelmässigen Herausgabe des Bulletins die Ausnahme zur Norm gemacht. Und
es sind finanzielle Gründe, die eine Beschränkung auf Verhandlungen über
referendumsfähige Erlasse nötig machen. Symptomatisch ist, dass diese Beschränkung
über 50 Jahre lang beibehalten wird bis sie sich selbst ad absurdum führt,
weil Irrelevantes publiziert wird, politisch Brisantes aber nicht. Erst seit 1971 werden
die Verhandlungen integral veröffentlicht.
Mit der Einführung der Aufnahme der Ratsverhandlungen auf Tonband 1960 erhält die
Stenographie als bis dahin einziges Mittel zur Verwandlung von Rede in Schreibe
Konkurrenz. Zunächst nur zur Kontrolle der Stenogramme verwendet, wird die neue
Technologie so weit entwickelt, dass sie bereits voll einsatzfähig ist, als der
Stenographennachwuchs ausbleibt. Die Arbeitsmethoden bleiben aber noch während Jahren
unverändert. Erst die Einführung der elektronischen Textverarbeitung 1985 bedeutet einen
tiefen Einschnitt. Noch mehr verändert sich die Produktionsweise, als 1992 die PC-Welt im
Parlamentsgebäude Einzug hält und ab 1993 eine revolutionäre digitale
Tonaufzeichnungsanlage die Arbeitsgänge beschleunigt. Eine
völlige Neuausrichtung bringt ab 2000 die Online-Publikation auf Internet mit
sich.
Das Amtliche Bulletin der Bundesversammlung ist unersetzliche Informationsquelle, Teil der
juristischen Materialien im Gesetzgebungsprozess und historisches Dokument zugleich. Erst
die immer raschere Verbreitung über eine ganze Palette von Medien vom Buch bis zu
Internet und CD-ROM hat es möglich gemacht, diese drei Funktionen gleichzeitig zu
erfüllen. Auch in Zukunft wird das Amtliche Bulletin den hohen Qualitätsansprüchen
gerecht werden, die an diese wichtigste Publikation der Bundesversammlung gestellt werden.
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3. Chronik |
    |
Beginn der
Diskussion über die Veröffentlichung der Verhandlungen von National- und Ständerat. Bis
1891 dazu rund 20 Vorstösse und 10 Versuchspublikationen. |
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1848 |
Bereits in seiner
dritten Sitzung, am 8. November noch vor dem Entscheid für Bern als
zukünftigen Bundessitz , behandelt der Nationalrat die Frage der Veröffentlichung
der Verhandlungen. Am 11. November reicht Ständerat A. Carteret (GE) eine
entsprechende Motion ein. Die mit der Behandlung betrauten Kommissionen nehmen das
Anliegen positiv auf und beantragen die zumindest probeweise Publikation der Debatten.
Doch mit Bundesbeschluss vom 27. November verlangen die Räte vom Bundesrat zunächst
«Gutachten und Antrag» betreffend «ein öffentliches Blatt über die Verhandlungen des
National- und des Ständerathes». |
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1849 |
Am 29. März
erscheint die verlangte Botschaft des Bundesrates. Er beantragt, der Angelegenheit «keine
weitere Folge» zu geben, und argumentiert mit den hohen Kosten und einem mangelnden
Bedürfnis für ein solches Publikationsorgan. Als Alternative schlägt er vor, mehr Texte
in dem am 24. Februar erstmals erschienenen Bundesblatt zu veröffentlichen.
National- und Ständerat stimmen diesem Antrag zu. |
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1850 |
Auf private
Initiative wird ein (heute verschollenes) «Bulletin des délibérations de
lAssemblée fédérale» publiziert.
Die neue Geschäftsordnung des Nationalrates vom 9. Juli bestimmt in Artikel 44:
«Die Ablesung einer Rede ist untersagt.» (Diese Bestimmung wird erst 1903 gestrichen.) |
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1851 |
Eine Motion
A. Alméras (GE), die die Veröffentlichung «wie in den meisten Grossen Räthen der
Kantone üblich» verlangt, wird am 26. August noch abgelehnt. Am 6. Dezember
aber überweist der Nationalrat eine Motion L. Blanchenay (VD) für die Herausgabe
eines Bulletins in deutscher und französischer Sprache an eine Kommission. |
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1852 |
Der Nationalrat
beschliesst gemäss dem Antrag der Mehrheit seiner Kommission, der Motion «zur Zeit keine
Folge» zu geben. Die Kommissionsminderheit hatte die Herausgabe eines
«Verhandlungsbülletins» mit dem «wesentlichsten Inhalt der gefallenen Vorträge»
beantragt. |
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1853/54 |
Wiederum auf
privater Basis wird ein «Mémorial des séances de lAssemblée fédérale»
veröffentlicht. |
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1857 |
Publikation eines
stenographischen Bulletins über die Verhandlungen betreffend die «Neuenburgerfrage» im
Dezember 1856 und Januar 1857 (Auflage: 1000 Exemplare). |
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1858 |
Im Juli tagt das
Parlament erstmals im neuerbauten «Bundesratshaus» (heute Bundeshaus West). Im
Zusammenhang mit dem Voranschlag von 1859 findet auch eine Aussprache über die Frage der
Veröffentlichung der Ratsverhandlungen statt. |
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1859 |
Der Nationalrat
beschliesst gemäss dem Antrag der Mehrheit seiner Kommission, der Motion «zur Zeit keine
Folge» zu geben. Die Kommissionsminderheit hatte die Herausgabe eines
«Verhandlungsbülletins» mit dem «wesentlichsten Inhalt der gefallenen Vorträge»
beantragt. Separatpublikation der Verhandlungen über die «Bisthumsverhältnisse der
Schweiz».
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1860 |
Motion von
Nationalrat J.-J. Challet-Venel (GE) für ein «Bülletin in den drei
Landessprachen». Dem Motionär schweben nicht Stenographen vor, sondern bloss
«Memorialisten», die das Wesentliche aufzeichnen sollen. Bereits am Tag nach der
Einreichung wird der Vorstoss vom Rat deutlich abgelehnt.
Einen neuen Anstoss gibt die Petition Karl Schärers, des I. Sekretärs der
Justizdirektion des Kantons Bern, «über die Errichtung eines stenographischen Bülletins
für die Verhandlungen der gesezgebenden Räthe». Aus Kostengründen sollen die Voten
nicht übersetzt, sondern nur in der Originalsprache abgedruckt werden. Das Anliegen wird
auf Antrag der Petitionskommission «zur nähern Prüfung und Berichterstattung» an den
Bundesrat überwiesen. Die Kosten werden
auf 30 000 Franken geschätzt. |
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1861 |
Am
30. Dezember legt der Bundesrat Bericht und Gesetzentwurf vor und befürwortet die
Schaffung eines «besonderen stenographischen Verhandlungsblattes». Wichtig sei dieses
vor allem für die Romandie, die darin die «hauptsächliche Garantie ihrer Rechte und
Interessen erblike». Ein Nutzen ergebe sich aber auch für die kantonalen Behörden.
Solche Verhandlungsblätter veröffentlichten im übrigen auch mit der Schweiz
vergleichbare Länder wie Belgien oder die «kleinern Staatden Deutschlands». |
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1862 |
Am
20. Januar beschliesst der Nationalrat Nichteintreten auf die Vorlage: aus
Kostengründen und weil die Presse das Informationsbedürfnis bereits befriedige.
Eine Woche später weist der Ständerat den Entwurf an den Bundesrat zurück mit
dem Auftrag, die «Einführung eines substantiellen Bülletins» eventuell auch auf
privater Basis zu prüfen. |
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1864 |
Mit Botschaft vom
11. Juni verlangt der Bundesrat einen Kredit für ein «Tagblatt der gesezgebenden
Räthe». Die Beratung wird verschoben.
Noch im gleichen Jahr erscheint versuchsweise ein Bulletin über die Verhandlungen
betreffend die mit Frankreich am 30. Juni 1864 abgeschlossenen Handels- und anderen
Verträge. Es enthält die stenographisch aufgenommenen Verhandlungen vom 20. bis
30. September 1864. Der Bundeskanzler wertet den Versuch später als Misserfolg, weil
die Protokollführer zuwenig qualifiziert gewesen seien. |
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1867 |
Eine Motion Ch.
M. Friederich (GE) für die «Veröffentlichung der Protokolle der gesezgebenden Räthe»
wird vom Nationalrat überwiesen. |
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1868 |
Das Departement
des Innern erstattet dem Bundesrat einen Bericht mit Antrag auf Publikation der Sessionen
des ganzen Jahres. Der Bundesrat beantragt daraufhin einen Nachtragskredit für einen
«Versuch mit der Veröffentlichung (Druk der Protokolle der gesezgebenden Räthe)» ab
Wintersession. Dieser Kredit wird von beiden Räten verweigert. Dafür überweist der
Nationalrat ein Postulat, das eine Botschaft über «das Materielle der Frage wegen
Veröffentlichung der Protokolle» verlangt. |
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1870 |
Im Sommer
beschliesst der Bundesrat, als Versuch ein «förmliches stenographisches Bülletin»
über die Verhandlungen betreffend den Gotthardbahnvertrag und die Revision der
Bundesverfassung zu publizieren. Aus Kostengründen sollen die Voten nur in der
Originalsprache erscheinen. Der nötige Kredit wird bewilligt; der Nationalrat verlangt
nachträglich doch die Übersetzung der Voten.
54 gleichlautende Petitionen (48 aus der Romandie, 6 aus der Deutschschweiz) mit zusammen
3834 Unterschriften verlangen die Einführung eines stenographischen Bulletins. Die
Petitionskommission beantragt, die versuchsweise Publikation der Verhandlungen über
«Gotthardfrage» und «Bundesrevision» abzuwarten.
Das Bulletin der Gotthardbahn-Verhandlungen vom Juli wird unter der Leitung des
Stenographen des bernischen Grossen Rates, Zuber, realisiert. Obschon die Nachfrage noch
bescheiden ist, beschliessen die Räte am 23. Dezember, auch die Verhandlungen
betreffend die Revision der Bundesverfassung als «einlässliche Protokolle .... dem
Fortgange der Verhandlungen entsprechend, in Bülletinform zu veröffentlichen». |
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1871 |
Nach der
Julisession Publikation der Verhandlungen über die «Bundesrevision» durch Elie
Ducommun, Übersetzer im Nationalrat und Publizist, in seiner Zeitschrift «LHelvétie». Im September schliesst der Bund mit Ducommun einen Vertrag, wonach
dieser die übrigen Verhandlungen betreffend Verfassungsrevision als «vollständiges
Verhandlungsbulletin» privat, aber unter Kostenbeteiligung des Bundes zu publizieren
habe, und zwar als «successiv erscheinendes substantielles Bülletin», eine «vom
Bundesrathe subventionirte Privatunternehmung». Die Voten werden nur summarisch
wiedergegeben. |
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1872 |
Nachdem das Volk
am 12. Mai einen ersten Entwurf einer revidierten Bundesverfassung knapp verworfen
hat, verlangt ein Postulat der «Büdgetkommission» des Nationalrates vom Bundesrat einen
Bericht über «Zwekmässigkeit und Möglichkeit eines Memorials über die Verhandlungen
der Räthe». Das Parlament möchte im internationalen Vergleich nicht ins Hintertreffen
geraten. Die Verhandlungen sollen «kurz und bündig, aber richtig» wiedergegeben werden.
Der Vorstoss wird in abgeschwächter Form überwiesen. |
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1873 |
im November
beschliesst der Nationalrat, ein analytisches Protokoll der Verhandlungen über die
Verfassungsrevision (mit französischer Übersetzung) zu publizieren. Es soll aber erst
nach, nicht während der Session erscheinen. |
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1874 |
Im Januar berät
der Nationalrat einen Entwurf des Bundesrates für die versuchsweise Veröffentlichung
aller Beratungen des Jahres 1874 in Form von «täglich in deutscher und französischer
Sprache erscheinenden Bülletins» mit «Hauptinhalt» der Voten. Die beiden Kammern
beschliessen Nichteintreten.
Am 19. April wird die revidierte Bundesverfassung in einem zweiten Anlauf angenommen. |
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1876 |
Nationalrat E.
Frey (BL) reicht am 24. Juni mit 43 Mitunterzeichnern eine Motion für die
«versuchsweise» Veröffentlichung der Verhandlungen der beiden Räte während der
nächsten Session ein. Diese Motion wird als Postulat beider Räte überwiesen: Der
Bundesrat solle eine «regelmässige amtliche Veröffentlichung der Verhandlungen in
beiden Räthen» prüfen.
Im September trifft ein «Memorial» des schweizerischen Zentralvereins für
Gabelsbergische Stenographie in Bern ein. Es regt die «Errichtung eines stenographirten
Bülletins» an. Der Bundesrat lehnt die Vorstösse aus Kostengründen ab und schlägt
vor, nur die Beschlussprotokolle der Räte zu veröffentlichen. |
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1877 |
Eine Petition des
Stenographen-Vereins Bern verlangt direkt die Errichtung eines stenographischen Büros der
eidgenössischen Räte. Dasselbe Anliegen wird drei Monate später in einer Petition des
Allgemeinen Schweizerischen Stenographen-Vereins vorgebracht. |
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1878 |
im Februar
beschliessen beide Räte «Beiseitelegung» dieser Pendenz wegen der «derzeitigen
finanziellen Lage des Bundes».
Am 20. Juni lehnt der Nationalrat auch eine Motion Wirth (SG) für die
Veröffentlichung eines Bulletins über die Gotthardbahn-Verhandlungen ab.
Doch schon im Sommer entschliessen sich die Räte, einen «Stenographischen Bericht über
die Verhandlungen der Bundesversammlung betreffend die Gotthardbahn-Frage, Juli/August
1878» herauszugeben. Zunächst will man die Kosten den interessierten Kantonen
aufbürden; schliesslich übernimmt sie doch der Bund. Verantwortlicher Redaktor ist C.
Suter, Gabelsberger-Stenograph. |
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1880 |
Der Nationalrat
behandelt eine Eingabe Delessert (Lausanne) für ein dreisprachiges stenographisches
Bulletin. |
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1885 |
Am 6.
Februar bewilligt der Bundesrat erstmals den Ankauf von zwei
Schreibmaschinen für die Bundeskanzlei. |
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1888 |
Einreichung einer
Petition des Allgemeinen Schweizerischen Stenographen-Vereins. |
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1889 |
National- und
Ständerat überweisen ein Postulat G. Pictet (GE) für die Publikation der
Beschlussprotokolle der Räte seit 1874.
Eine weitere Petition des Allgemeinen Schweizerischen Stenographen-Vereins verlangt die
Einführung eines stenographischen Bulletins. |
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1890 |
Am
28. Januar legt der Bundesrat eine umfassende Botschaft mit Beschlussentwurf vor.
Erstmals werden neue Argumente für die Einführung eines Bulletins vorgebracht: wegen des
ausgebauten Referendumsrechts bestehe Anspruch auf detaillierte Information über das
Ratsgeschehen. Ein grosser Nutzen sei für «gesetzgebende, administrative und
richterliche Behörden des Bundes und der Kantone» zu erwarten. Dafür genüge ein
«Résumé der Voten» aber nicht; es brauche ein «stenographisches Verhandlungsblatt».
Dieses solle aber nicht fortlaufend publiziert werden, sondern als «Quellen- und
Nachschlagewerk» zur Interpretation dienen. Das Motto lautet: «Entweder gar nichts, oder
dann etwas Rechtes». Es werden auch eine Musterberechnung der Kosten und ein Vergleich
mit dem Grossen Rat des Kantons Bern angestellt. Der Antrag lautet auf Schaffung eines
«stenographischen Verhandlungsblattes».
Noch vor der Behandlung dieser Botschaft lässt die Zeitung «Der Bund» die Verhandlungen
von Sommer- und Herbstsession durch Grossratsstenograph Rudolf Schwarz wörtlich
protokollieren. Bis zum Ersten Weltkrieg
wird das Bulletin bogenweise gratis der Zeitung beigelegt. |
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1891 |
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Nach
anfänglicher ablehnender Haltung beider Kammern und der Eliminierung mehrerer Differenzen
kommt mit dem Bundesbeschluss vom 11. April ein typisch schweizerischer Kompromiss
zustande: Gemäss Ziffer I wird beschlossen, «von der Einrichtung eines
stenographischen Bülletins .... Umgang zu nehmen» (d. h., darauf zu
verzichten). Gemäss Ziffer II kann die stenographische Aufnahme «ausnahmsweise»
von einem Rat doch beschlossen werden; sie wird für das betreffende Geschäft dann im
anderen Rat zwingend auch durchgeführt. Deshalb muss trotz allem ein fester
stenographischer Dienst eingerichtet werden. |
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1902 |
Das neue
Parlamentsgebäude wird eingeweiht. Gemäss Originalplan ist für die Stenographen der
Raum im «Hochparterre» genau unter dem «Zeitungs-Zimmer» bestimmt. Der Plan sieht ein
unterteiltes Büro mit vier Arbeitsplätzen auf der einen und zwei Arbeitsplätzen auf der
anderen Seite vor. Im Ständeratssaal ist die Stenographenbank im Zentrum angebracht, im
Nationalratssaal befindet sie sich vor den sechs Plätzen der Stimmenzähler. Sie ist
vollständig eingefriedet und mittels einer separaten Treppe vom unteren Stock her
zugänglich.
Das revidierte Geschäftsverkehrsgesetz hält erstmals ausdrücklich fest, die
Verhandlungen über referendumsfähige Erlasse (Bundesgesetze und allgemeinverbindliche
Bundesbeschlüsse) seien in beiden Räten stenographisch aufzunehmen. |
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1903 |
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Ab
Oktober zeichnet Friedrich Zimmermann für die Redaktion des Bulletins
verantwortlich. |
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1907 |
Das Bulletin wird
in zwei Publikationsreihen aufgeteilt: eine für den Nationalrat, die andere für den
Ständerat. Bis dahin sind die Ratssitzungen in rein chronologischer Reihenfolge gemischt
publiziert worden. |
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1920 |
Ende Jahr
beschliesst der Nationalrat, von 1921 an sämtliche Ratsverhandlungen stenographieren zu
lassen. Publiziert werden gemäss Geschäftsreglement aber weiterhin bloss die
Verhandlungen über referendumsfähige Erlasse sowie andere Beratungen auf besonderen
Ratsbeschluss hin. «Jedem Redner ist das Stenogramm während einer kurzen Frist zur
Anbringung stilistischer Verbesserungen zur Verfügung zu stellen», hält das
Ratsreglement ausdrücklich fest. |
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1921 |
Ein Versuch des
Bundeskanzlers und der Stenographen, die Forderung nach maschinenschriftlicher
Übertragung aller Voten abzuwenden, scheitert an der harten Haltung des Büros des
Nationalrates: Die von den Rednern korrigierten handschriftlichen Transkriptionen des
Stenogramms genügten nicht als Protokoll, weil sie verlorengehen könnten.
Das Büro regelt die praktischen Fragen: Von allen Texten, auch den nicht gedruckten, muss
eine maschinenschriftliche Reinschrift in drei Exemplaren erstellt werden. Eine bleibt im
Generalsekretariat, die zweite geht an die Parlamentsbibliothek, und die dritte ist für
das Bundesarchiv bestimmt.
Nachdem als Folge dieses Beschlusses Daktylographinnen angestellt werden müssen,
wächst
der Stenographische Dienst von 8 auf 20 Personen an und gerät in Platznot. Das Büro des Nationalrates fordert den Bundesrat
auf, die nötigen Räumlichkeiten bereitzustellen. Wahrscheinlich bezieht der Dienst in
der Folge neue Büros im zweiten Stock des Parlamentsgebäudes (Ostseite), wo er während
über siebzig Jahren verbleibt.
Ab April zeichnet Dr. Otto Vollenweider für die Redaktion des Bulletins verantwortlich. |
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1922 |
Aufgrund der
Ergebnisse der Volkszählung von 1920 wächst der Nationalrat um neun Mitglieder an. Aus
Platzgründen fällt die eingefriedete Stenographenbank im Zentrum des Saales weg. Sie
wird durch kleine Tische hinten links und rechts ersetzt. Von dort aus verstehen die
Stenographen jedoch die Nationalräte nicht mehr, da diese von ihrem Platz aus sprechen.
Deshalb besetzen die Stenographen jeweils freie Sitze in der Nähe oder gar die
Bundesratsstühle, was nicht gern gesehen wird. |
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1927 |
Das Büro des
Nationalrates diskutiert einmal mehr die «Frage der Stenographenplätze». Dabei wird
auch erwogen, eine Rednertribüne einzurichten. |
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1930 |
Erstmals werden
die Anstellungsverhältnisse der Stenographen durch Bundesratsbeschluss geregelt. Die
Stenographen erhalten ein von der Anzahl Sessionstage unabhängiges Jahresfixum, das der
Hälfte des Jahresgehaltes eines Bundesbeamten entspricht, «der ein Hochschulstudium
abgeschlossen, aber keine Chef-Funktion innehat».
Gleichzeitig erlässt der Bundeskanzler «Vorschriften über das Dienstverhältnis der
beim stenographischen Dienste der Bundesversammlung beschäftigten
Maschinenschreiberinnen» mit einem nach Dienstalter abgestuften
Tagesentschädigungs-System.
Im September wird im Nationalratssaal erstmals provisorisch eine Lautsprecheranlage
eingerichtet. |
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1931 |
Das Büro des
Nationalrates beschliesst die provisorische Aufstellung von zwei seitlichen
Rednertribünen. Dieses Provisorium wird später wieder entfernt. Damit stellt sich das
Problem der Stenographenplätze erneut. Ein Büromitglied beklagt sich gar, sein Sessel
werde regelmässig während längerer Zeit von Stenographen besetzt. Das Büro
beschliesst, inskünftig seien die Berichterstatterplätze im Ratssaal für die
Stenographen reserviert, solange sie nicht von den Berichterstattern beansprucht würden. |
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1932 |
Erstmals
erhalten die Stenographen versuchsweise Diktierapparate. Wegen der hohen
Anschaffungskosten bleibt es beim Versuch – trotz positivem Echo der
Betroffenen.
Die Lautsprecheranlage im Nationalratssaal wird definitiv eingerichtet. |
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1938 |
Mit einer Eingabe
an das Büro das Nationalrates fordert H. Walder (U, ZH) eine Rednertribüne. In der
Folge wird wieder ein Versuchsbetrieb eingerichtet, der offensichtlich in ein Definitivum
übergeht. |
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1939 |
Nationalratspräsident
Henry Vallotton (R, VD) regt eine «simplification du service
sténographique» an und
beauftragt die Bundeskanzlei, ein «remplacement progressif de la sténographie par la
sténotypie» (Maschinenstenographie) abzuklären. Eine elektrische Tonübertragung in ein
separates Aufnahmelokal soll die Stenographen im Ratssaal überflüssig machen. Nach einem
Versuch wird «der grossen Kosten wegen» auf «die Benutzung des Lautsprechers für den
Stenographendienst» verzichtet.
Am 14. Juni besuchen die eidgenössischen Räte die «Landi», die Landesausstellung
in Zürich. Für den Umzug vom Hauptbahnhof zum Bürkliplatz legt Nationalratspräsident
Vallotton folgende «Zugsordnung» fest: «Musik, Bundesrat, Nationalrat, Ständerat,
Stenographen, Journalisten.» |
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1941 |
Der
Personalbestand des Dienstes ist auf 22 Personen angewachsen und
umfasst 6 Stenographen deutscher, 4 französischer und 1
italienischer Sprache, 4 «Maschinenschreiberinnen» deutscher und 6
französischer Sprache sowie 1 Kanzleibeamten. Bei der Rekrutierung
von neuen Stenographen wird es immer schwieriger, Kandidaten zu
finden, die sowohl die geforderte Schreibleistung von mindestens 260
Silben als auch einen Hochschulabschluss mitbringen.
Es stehen 7 Diktier- und 6
Abhörapparate (Wachswalzen-Diktaphone) zur Verfügung, die zur
Arbeitserleichterung sehr geschätzt werden. Nun brauchen die
Stenographen ihre Turnusse nicht mehr direkt einer Daktylographin zu
diktieren. |
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Ab Mitte der fünfziger Jahre werden diese Diktaphone
allmählich durch Magnettonfoliengeräte ersetzt. |
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1953 |
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Ab März zeichnet
Werner Bosshard für die Redaktion des Bulletins verantwortlich.
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1960 |
Der Bundeskanzler
stimmt dem Wunsch der Stenographen zu, die Ratsverhandlungen auf Tonband aufzunehmen. Es
wird eine Anlage mit zwei in Serie geschalteten und von den Ratssälen aus ferngesteuerten
Aufnahmegeräten konstruiert. Diese Einrichtung erlaubt es, den Redefluss auf einzelne
Tonträger mit je 10 Minuten Spieldauer zu verteilen, die separat verarbeitet werden
können. Das einfache und robuste System wird von verschiedenen ausländischen Parlamenten
kopiert. Es bleibt unverändert während über 30 Jahren in Betrieb.
Damit wird es möglich, die Verhandlungen auch ohne Stenographie fortlaufend
niederzuschreiben. Zunächst wird die Anlage nur zur Überprüfung der Stenogramme und
für italienische Voten verwendet. |
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1961 |
Nach dem Tod
eines französischsprachigen Stenographen findet sich kein geeigneter Nachfolger mehr. Als
Notlösung wird ein pensionierter Stenograph weiterbeschäftigt. |
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1962 |
Da weitere
Pensionierungen von Stenographen unmittelbar bevorstehen, stellt die Bundeskanzlei
Versuche mit Redaktoren an, die die Texte nur mit Hilfe der Tonaufnahme bearbeiten. In der
Folge arbeiten Stenographen und Redaktoren während Jahren nebeneinander, wobei die
Redaktoren rund einen Viertel weniger verdienen.
Anlässlich einer Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes wird der Stenographische Dienst
aus der Bundeskanzlei ausgegliedert und neu formell dem Generalsekretariat der
Bundesversammlung unterstellt. |
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1963 |
Nachdem nicht
mehr ausschliesslich stenographiert wird, wechselt der Titel des Bulletins mit der
März-Ausgabe von «Amtliches stenographisches Bulletin» zu «Amtliches Bulletin». |
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1967/68 |
Nachdem die
Beschäftigung von (teuren) Stenographen immer häufiger in Frage gestellt wird,
untersucht die Zentralstelle für Organisationsfragen der Bundesverwaltung (ZOB) im
Auftrag des Bundeskanzlers die Arbeitsweise des Dienstes: Nur etwa 40 Prozent der
Verhandlungen werden noch stenographiert; für den Rest stehen Rednermanuskripte zur
Verfügung. |
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1969 |
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Im Februar
erstattet die ZOB ihren «Bericht über das Arbeitsverfahren bei der Redeaufnahme in den
eidgenössischen Räten». Sie kommt zum Schluss, dass eine Verschiebung zuungunsten der
Stenographen stattgefunden hat und dass die Arbeit ohne technische Hilfsmittel nicht mehr
zu bewältigen wäre. Das Nebeneinander von Stenographen und Redaktoren sei
unwirtschaftlich. Sie schlägt eine grundlegende Umstrukturierung unter Verzicht auf
Stenographen vor, wodurch die Lohnkosten angeblich um 40 Prozent gesenkt werden
könnten.
Der empfohlene radikale Wechsel wird offensichtlich nicht vollzogen, sondern man
beschäftigt die Stenographen bis zu ihrer Pensionierung weiter. Die Redaktoren bleiben
bis weit in die achtziger Jahre dem Arbeitsrhythmus der Stenographen (je 10 Minuten
Aufnahme) unterworfen. |
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1970 |
Die Praxis,
wonach nur die Verhandlungen über referendumsfähige Erlasse gedruckt werden, die
übrigen Voten aber seit 1921 bloss in maschinenschriftlicher Form vorhanden sind, wird
der zunehmenden Bedeutung anderer Geschäfte nicht mehr gerecht. Im Nationalrat werden nur
etwa 65 Prozent, im Ständerat gar nur 45 Prozent der Verhandlungen veröffentlicht.
Zudem sind die maschinenschriftlichen Reinschriften nur bis 1966
nachgeführt.
Hat der Bundesrat im Vorjahr eine Kleine Anfrage O. Fischer-Bern (R, BE) für die
Aufnahme der gesamten Ratsverhandlungen ins Amtliche Bulletin aus Kostengründen noch
abgelehnt, beschliesst das Büro des Nationalrates nun die versuchsweise vollständige
Publikation während eines Jahres. |
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1971 |
Am
27. Januar stimmen beide Räte dem Antrag der Ratsbüros auf versuchsweise Aufnahme
aller Verhandlungen ins Amtliche Bulletin zu. Das Bulletin von 1971 erscheint mit einem
Vielfachen des Umfangs früherer Jahrgänge. Nach
der Einführung des Frauenstimm- und -wahlrechts auf Bundesebene nehmen in
der Wintersession erstmals zwölf Frauen im Nationalrat Einsitz. |
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1972 |
Über eine
Initiative des Büros des Nationalrates wird das Geschäftsverkehrsgesetz im Sinn einer
vollständigen Veröffentlichung der Verhandlungen angepasst. Die Änderung wird am
1. März vom Nationalrat und am 7. März vom Ständerat einstimmig genehmigt
trotz der Verdoppelung von Umfang und Druckkosten. Gleichzeitig
wird das «Stenographenbüro» in «Protokollierungsdienst» umbenannt. Auf besonderen
Wunsch des Bundesrates werden neu auch die Kleinen (Einfachen) Anfragen ins Bulletin
integriert. |
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1974 |
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Allmählich
werden die mechanischen Schreibmaschinen der Daktylographinnen durch elektrische
Kugelkopf-Schreibmaschinen ersetzt.
Das revidierte Geschäftsreglement des Nationalrates legt erstmals eine fünftägige Frist
für die Rückgabe der Manuskripte durch die Rednerinnen und Redner fest. Diese Frist
ersetzt die frühere Formulierung «unverzüglich in Druck geben». |
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1977 |
Nach
mehrjährigen Vorarbeiten regelt der Bundesrat das «Dienstverhältnis der Stenographen,
Simultanübersetzer, Redaktoren und Daktylographinnen der Bundesversammlung». Das alte
Prinzip der Tagesbesoldung bleibt bestehen; diese wird neu auf der Basis einer Lohnklasse
und eines Prozentzuschlags für die unregelmässige Sessionsarbeit errechnet.
Ab September zeichnet Dr. Ernst Frischknecht für die Redaktion des Bulletins
verantwortlich. |
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1979 |
Ein Bericht des
Leiters des Dienstes beklagt die Zunahme der Arbeitslast «als Folge der veränderten
Arbeitsweise der Räte» |
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1981 |
Eine
Projektgruppe beginnt mit Abklärungen zur Einführung der elektronischen Textverarbeitung
in den Parlamentsdiensten. |
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1985 |
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In der
Wintersession wird für die Daktylographinnen die elektronische Textverarbeitung
eingeführt. Es sind zwei Zentralsysteme mit insgesamt 16 Bildschirmarbeitsplätzen
und vier Typenraddrukkern vorhanden. Die Texte können nun korrigiert werden, ohne dass
sie mehrmals neu abgeschrieben werden müssen.
Der Dienst besorgt jetzt das Zusammenstellen der Redetexte, Berichte und Anträge selbst;
auch die Korrekturarbeiten werden zum grössten Teil übernommen. Die definitiven Texte
werden der Drukkerei per Diskette zugestellt, wodurch die Druckkosten massiv zurückgehen.
Als gewichtiger Vorteil können nun auf Wunsch vollständige provisorische Tagesprotokolle
ausgedruckt werden.
Die Arbeit der Redaktorinnen und Redaktoren wird von dieser Umstellung kaum betroffen. |
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1987 |
Die
Anstellungsverhältnisse für das teilzeitbeschäftigte Sessionspersonal werden neu
geregelt; das Taglohnprinzip wird zugunsten der Bezahlung im Stundenlohn (mit
Jahresgarantie) aufgegeben.
Ende September wird der letzte Bundesstenograph, Bernhard Luyten, nach
34 Dienstjahren pensioniert. |
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1988 |
Ein Postulat Frey
Claude (R, NE), das die Publikation aller den Räten vorgelegten schriftlichen Texte auf
deutsch und französisch verlangt, wird an das Büro des Nationalrates überwiesen,
das auf die bevorstehende Parlamentsreform verweist.
Am 7. Oktober tritt der «Bundesbeschluss über die Parlamentsdienste» in Kraft. Der
«Protokollierungsdienst» wird aufgelöst; an seine Stelle tritt der «Dienst für das
Amtliche Bulletin der Bundesversammlung».
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1990 |
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Ab September
zeichnet Dr. François Comment für die Redaktion des Bulletins verantwortlich.
Die Projektarbeiten für eine neue Tonaufnahmeanlage werden aufgenommen. Nach dem
Grundsatzentscheid zugunsten des Konzepts einer digitalen Sprachaufzeichnung wird ein
detailliertes Pflichtenheft erarbeitet.
Gleichzeitig beginnen die Projektarbeiten zur Ablösung der inzwischen veralteten und
zuwenig leistungsfähigen Textverarbeitungsanlage.
Ein Postulat Ducret (C, GE), das die Publikation aller Kommissionsberichte in deutscher
und französischer Sprache verlangt, wird vom Ständerat an das Büro überwiesen. Es wird
in der Folge umfassend erfüllt. |
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1991 |
Anlässlich
der 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft erscheint eine Sonderausgabe des
Bulletins, welche die Debatten der drei Jubiläumssessionen sowie einen
Aufsatz von François Comment zum 100-Jahr-Jubiläum des Amtlichen
Bulletins enthält. |
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1992 |
Im Frühjahr wird
der Vertrag mit einer spezialisierten israelischen Informatikfirma für eine digitale
Tonaufzeichnungsanlage unterzeichnet.
Während der Wintersession findet ein erster reduzierter Testbetrieb der neuen
Textverarbeitung auf PC-Basis statt. |
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1993 |
In der
Frühjahrssession kann die neue Textverarbeitung (Client-Server-Lösung) definitiv in
Betrieb genommen werden. Da jeder Mitarbeiter über einen PC verfügt, bieten sich
erweiterte Anwendungsmöglichkeiten.
Während der April-Sondersession wird ein erster Testbetrieb der neuen
Tonaufzeichnungsanlage durchgeführt (weltweit erstmaliger Einsatz eines solchen Systems
in einem Parlament). Bereits von der Sommersession an wird ausschliesslich mit diesem
System gearbeitet. Für diese «Weltpremiere» interessieren sich zahlreiche ausländische
Parlamente.
Ab Mitte Jahr wird das teilzeitbeschäftigte Sessionspersonal neu gemäss dem
Jahresarbeitszeitmodell des Eidgenössischen Personalamtes beschäftigt. Damit entfällt
eine Vielzahl von unübersichtlich gewordenen Anstellungsbedingungen und Sonderlösungen.
Die Herbstsession der eidgenössischen Räte findet in Genf statt. Der Dienst für das
Amtliche Bulletin bleibt als einziger Dienst der Parlamentsdienste durchgehend in Bern und
arbeitet praktisch pannenfrei mit Hilfe von Bild- und Tonübertragung sowie des neuen
digitalen Tonaufzeichnungsssystems. |
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1994 |
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Umzug des
Dienstes für das Amtliche Bulletin in das ausgebaute zweite Untergeschoss des
Parlamentsgebäudes (Räume unter der Bundesterrasse, ehemals Archiv der
Militärversicherung). Endlich können sämtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch
den zahlreichen Teilzeitbeschäftigten, akzeptable Arbeitsbedingungen geboten werden. |
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1995 |
In der
Januar-Sondersession werden die Redetexte von den Redaktorinnen und Redaktoren erstmals
direkt am Bildschirm bearbeitet, so dass den Ratsmitgliedern bereinigte Ausdrucke
abgegeben werden können. Diese Massnahme beschleunigt die nachfolgenden Korrekturgänge
wesentlich.
Mit Beginn der Sommersession ermöglicht es ein neues Produktionsverfahren, den
provisorischen zweispaltigen Satz mittels spezieller Computerprogramme durch den Dienst
selbst herzustellen. Die Daten werden anschliessend per Telefonleitung an die Druckerei in
Solothurn übermittelt.
Ab September stehen provisorische, aber bereits vollständige und zweispaltige Texte
jeweils ein bis drei Tage nach jeder Sitzung auf dem hausinternen Computernetz zur
Verfügung.
Ebenfalls ab September wird der definitive Text des Bulletins der Sommersession via
Internet zugänglich gemacht.
Mit Beginn der Wintersession wird für das Parlament ein eigens gestaltetes Logo
eingeführt. In diesem Zusammenhang erfährt auch der Umschlag der Bulletin-Bände
erstmals seit über zwanzig Jahren eine Neugestaltung. |
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1996 |
Organisatorische
Massnahmen (z. B. intensive Vorbereitungsarbeiten vor jeder Session) und
technische Hilfsmittel (z. B. automatisches Generieren der Inhaltsverzeichnisse)
bringen den erwarteten Nutzen: Die Produktionszeit kann trotz zunehmendem Umfang des
Bulletins auf die Hälfte reduziert werden. Gleichzeitig werden auch die Druckkosten
halbiert. |
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1997 |
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Herausgabe des Amtlichen Bulletins auf CD-ROM. Auf einer CD findet,
beginnend mit der Wintersession 1995, der Text einer ganzen Legislatur
Platz.
Schon Stunden nach einem Votum erhält die
ganze Bundesverwaltung via Computernetz Zugriff auf provisorische
Textfassungen. Ungefähr nach einer Woche werden diese Texte auch auf
Internet zum Herunterladen freigegeben.
In der Redaktion werden allmählich die
direkte Niederschrift der Redetexte durch die Redaktorinnen und Redaktoren
sowie die Parallelrevision (systematisches Gegenlesen aller Texte vor der
Herausgabe) eingeführt. Die Textqualität kann dadurch deutlich
verbessert werden.
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1998 |
Erste Arbeiten zum
Ersatz der digitalen Tonaufzeichnungsanlage durch ein modular aufgebautes,
auf einer Datenbanklösung basierendes, integriertes Tonaufnahme-,
Textverarbeitungs- und Publikationssystem (BULLETIN 2000).
Es werden zwei Separatdrucke der Verhandlungen von National- und
Ständerat über die Reform der Bundesverfassung herausgegeben. |
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1999 |
Im Sommer können
erste praktische Tests des neuen Systems erfolgreich abgeschlossen werden.
Kurz vor Ende der Herbstsession bringt ein Softwarefehler das alte
Tonaufnahmesystem zum Absturz. Die letzten drei Sessionstage müssen
mittels eines improvisierten Notfallkonzeptes bewältigt werden.
Nach der Herbstsession erscheint die bisherige CD-ROM als abgeschlossene
«Archiv-Ausgabe»; sie umfasst nun die gesamte 45. Legislatur.
Mit der Wintersession startet BULLETIN 2000: Neu liegt das Hauptgewicht
auf der integrierten Online-Publikation des Bulletins via Intra-/Internet.
Die Debatten sind grafisch erschlossen und geschäftsweise gegliedert, und
alle Synergien (z. B. zur bestehenden Geschäftsdatenbank) werden genutzt.
Die neu konzipierte CD-ROM entspricht einem Abbild der Internetversion.
Der Aufwand für die Erstellung der Druckfassung kann vermindert werden.
Die systematische Verwendung von Hyperlinks hat zur Folge, dass die den
Räten schriftlich vorliegenden Texte (v. a. persönliche Vorstösse
und Berichte) separat in einem neugeschaffenen Beilagenband publiziert
werden. |
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2000 |
Mit Beginn der
Sommersession werden die einzelnen Redetexte sofort auf Internet
freigegeben. Das am Bildschirm laufend entstehende Online-Bulletin wird
damit Realität.
Auch die Rednernamen sind nun als elektronische Links ausgeprägt und
erlauben es, von jedem Votum aus direkt die Kurzbiographien samt Foto des
entsprechenden Ratsmitgliedes aufzurufen und mit ihm über E-Mail
interaktiv zu kommunizieren.
Am 11. Dezember wird den Parlamentsdiensten für BULLETIN 2000 im Rahmen
des 5. Speyerer Qualitätswettbewerbs der Preis der Deutschen Hochschule
für Verwaltungswissenschaften in Speyer verliehen. In der Kategorie
E-Government überzeuge BULLETIN 2000 «durch einen hohen Innovationsgrad
mit sehr nachhaltiger Wirkung. Die Prozesse werden beschleunigt, die
Publikationsfrist reduziert und die laufenden Kosten gesenkt. Ebenso ist
ein hoher Nettonutzen für Bürger, Parlament, Regierung, Verwaltung und
Journalisten vorhanden. Demokratische Prozesse innerhalb des Parlamentes
werden viel schneller öffentlich und insgesamt transparenter», lautet
die Laudatio. |
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2001 |
Aufgrund
zunehmenden Interesses an BULLETIN 2000 von Seiten kantonaler
Parlamente wird eine kommerzielle Nutzung des neuen Systems
in die Wege geleitet. Beginn der Arbeiten an einer Miniaturisierung
von BULLETIN 2000, die – auf einem tragbaren Computer unabhängig
funktionierend – die digitale Tonaufnahme und integrierte Publikation
von Kommissionsprotokollen ermöglichen soll.
Die Frühjahrssession der eidgenössischen Räte
findet in Lugano statt. Der Dienst für das Amtliche Bulletin
bleibt als einziger Dienst der Parlamentsdienste durchgehend
in Bern und arbeitet mit Hilfe von Bild- und Tonübertragung
wie üblich mit BULLETIN 2000. |
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