Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

5. Wirtschaft

94.013 Arbeitsgesetz. Änderung
Loi sur le travail. Modification

Botschaft: 02.02.1994 (BBl II, 157 / FF II, 157)

Ausgangslage

Die Kündigung des IAO-Übereinkommens Nr 89 (Verbot der Nachtarbeit von Frauen in der Industrie) im Februar 1992 hat die Weichen für eine Wiederaufnahme von Revisionsarbeiten am Arbeitsgesetz gestellt. Der Revisionsentwurf umfasst im einzelnen folgende zentrale Neuerungen: Zunächst werden Frauen und Männer bezüglich der Arbeits- und Ruhezeiten, insbesondere was die Nacht- und Sonntagsarbeit anbelangt, grundsätzlich gleich behandelt. Sodann enthält der Entwurf Massnahmen zur Flexibilisierung der Arbeitszeiten (Möglichkeit, die betriebliche Tagesarbeit bewilligungsfrei auszudehnen). Es ist vorgesehen, den Schutz der in der Nacht und am Sonntag Beschäftigten zu verbessern (Ausgleich der Nachtarbeit und Sonntagsarbeit durch zusätzliche Freizeit, medizinische Kontrollen, Massnahmen bei Untauglichkeit zur Nachtarbeit, Sonderschutz bei Mutterschaft von Nachtarbeiterinnen) und den administrativen Bereich zu vereinfachen.

Verhandlungen

NR 22./23.03.1995 AB 1995, 823, 893
SR 28.09.1995 AB 1995, 942

Der Nationalrat nahm am 23. März nach zweitägiger Debatte die Änderung des Arbeitsgesetzes, die weder die Linken noch die Grünen zu befriedigen vermochte, mit 68 gegen 56 Stimmen an. Nacht- und Sonntagsarbeit soll nach wie vor im Prinzip verboten bleiben, jedoch wurde die als Nachtarbeit geltende Zeit verkürzt (23 bis 6 Uhr). Schwangere Frauen sollen allerdings teilweise von der Nachtarbeit verschont werden. Eine lebhafte Debatte wurde über die Frage der zu gewährenden Gegenleistungen und über die Flexibilisierung der Arbeitszeit geführt. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf einen Ausgleich der Nacht- und Sonntagsarbeit mit 10 Prozent mehr Freizeit vorgesehen. Die Freisinnigen und die Liberalen tendierten dazu, den Anspruch auf Kompensierung nicht im Gesetz festzuschreiben, sondern diese Frage unter den Sozialpartnern regeln zu lassen. Die CVP-Vertreter dagegen waren der Meinung, dass die Aufhebung des Nachtarbeitsverbotes durch eine soziale Gegenleistung ausgeglichen werden müsse. Die Sozialdemokraten und die Grünen schliesslich verwiesen auf einen drohenden Sozialabbau und verlangten als Kompensierung für die Nacht- und Sonntagsarbeit möglichst umfassende Massnahmen zum Schutz der Arbeitnehmer. Die Christlichdemokratische Fraktion schlug schliesslich als Kompromiss vor, den Arbeitgebern die Wahl zwischen Zeit- und Lohnzuschlag zu überlassen, ausser bei Arbeitnehmern mit Familienpflichten, denen Nachtarbeit in jedem Fall durch den Zeitzuschlag auszugleichen ist. Diese Formel, die den Arbeitgebern immerhin einen gewissen Spielraum einräumt, wurde mit 80 gegen 75 Stimmen angenommen. Ferner stellte die Kommission den Antrag, wonach Verkaufssgeschäfte ohne besondere Bewilligung an jährlich höchstens 6 Sonn- und Feiertagen Personal beschäftigen können. Dieser gemäss Heinz Allenspach (R, ZH) durchaus den Konsumentenbedürfnissen entsprechenden Liberalisierung stimmte der Rat mit 83 gegen 62 Stimmen zu.

In der Herbstsession nahm der Ständerat den Entwurf zur Änderung des Arbeitsgesetzes mit 24 gegen 2 Stimmen an, schaffte allerdings eine grössere Differenz zum Nationalrat. Mit dem Argument, dass der Nationalrat in der Deregulierung zu wenig weit gegangen war, lehnte er mit 22 gegen 12 Stimmen die Einführung eines Zeit- oder Lohnzuschlages als Kompensierung für Nacht- oder Sonntagsarbeit ab. Damit wurde jeder Anspruch auf Kompensierung aus dem Gesetz gestrichen. Nicht angefochten wurden die Aufhebung des Nacht- und Sonntagsarbeitsverbotes für Frauen im industriellen Bereich und die Flexibilisierung der Arbeitszeiten. Der flexiblen Anwendung kantonaler Vorschriften über das Offenhalten von Verkaufsgeschäften an Sonntagen wurde mit 18 gegen 8 Stimmen ebenfalls zugestimmt. Vom Ständerat verworfen wurde hingegen die vom Nationalrat eingefügte Bestimmung, aufgrund der ein Schutz gegen den Pflichtkonsum von Alkohol am Arbeitsplatz eingeführt werden sollte.

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

 

Hauptinhaltverzeichnis
Inhaltverzeichnis des aktuellen Kapitels Index Inhaltverzeichnis des folgenen Kapitels
Rückkehr zum SeitenbeginnRückkehr zum Seitenbeginn

HomeHome