Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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7. Öffentliche Finanzen
93.078 |
Sanierungsmassnahmen 1993 |
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Mesures d'assainissement 1993
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Botschaft: 04.10.1993 (BBl IV, 293 / FF IV, 301)
Ausgangslage
Die Sanierungsmassnahmen 1993 präsentieren sich mit einer
Ausnahme (Aufhebung von Zollbefreiungen bzw. -rückerstattungen bei den Treibstoffen) als
reines Sparprogramm. Kern des Sanierungsprogramms bilden 19 Vorschläge zur Änderung von
Gesetzen und Bundesbeschlüssen sowie der Bundesverfassung. Drei Massnahmen werden dabei
nicht mit dieser Botschaft, sondern im Rahmen einer separaten Botschaft unterbreitet. Im
einzelnen werden den eidgenössischen Räten die folgenden Erlasse beantragt:
- Bundesbeschluss über die Aufhebung der Verbilligung des
inländischen Brotgetreides aus Zolleinnahmen (Verfassungsstufe)
- Bundesbeschluss über eine Ausgabenbremse (Verfassungsstufe)
- Bundesgesetz über die Sanierungsmassnahmen 1993 (mit 11
referendumspflichtigen Sparvorschlägen)
- Bundesbeschluss über die Sanierungsmassnahmen 1993 (mit 3
nicht referendumspflichtigen Sparvorschlägen)
- Bundesbeschluss über die Abgeltung der amtlichen Vermessung
Auf Verfassungsstufe wird erneut ein Bundesbeschluss über
eine Ausgabenbremse unterbreitet (vgl. oben, Sanierungsmassnahmen 1992). Dieser sieht vor,
dass sämtliche Ausgabenbeschlüsse des Parlamentes, die einen bestimmten Betrag
überschreiten (10 Mio. für einmalige bzw. 1 Mio. für wiederkehrende Ausgaben), in
beiden Räten der Zustimmung der Mehrheit aller Mitglieder (qualifiziertes Mehr)
bedürfen. Darüber hinaus soll die Ausgabenbremse Zahlungskredite, welche die Anträge
der Finanzkommissionen übersteigen, sowie Einnahmenkürzungen von mehr als 1 Million
erfassen.
Die Sparmassnahmen erfolgen durchwegs gezielt und lösen
damit unter anderem die mit dem letztjährigen Programm beschlossene, bis Ende 1995
befristete lineare Beitragskürzung ab. Bezogen auf 1997 resultieren aus den
Sanierungsmassnahmen 1993 jährliche Entlastungen des Bundeshaushaltes von gut 1,5
Milliarden Franken. Bei allen ernsthaften Bemühungen wird es indessen kaum möglich sein,
die verbleibenden strukturellen Defizite ausschliesslich durch Einsparungen zu beseitigen.
Der Bundesrat wird sich deshalb weiterhin für ein ausgewogenes Verhältnis zwischen
Sparmassnahmen und Mehreinnahmen einsetzen.
Verhandlungen
NR |
14.-15.12.1993 |
AB 1993, 2361, 2386, 2401 |
SR |
02.-03.03.1994 |
AB 1994, 39, 78 |
NR / SR |
18.03.1994 |
Schlussabstimmungen (A 161:0 /
38:0;
C 154:9 / 42:0; E 155:7 / 42:1) |
SR |
30.05.1994 |
AB 1994, 388 |
NR |
20.09.1994 |
AB 1994, 1311 |
SR |
26.09.1994 |
AB 1994, 876 |
NR / SR |
07.10.1994 |
Schlussabstimmungen (B 109:53 / 27:6) |
Im Nationalrat wurde in der allgemeinen Aussprache
unterstrichen, dass das Parlament mit diesem weiteren Sparpaket den Tatbeweis für den in
den Budgetberatungen geäusserten Sparwillen zu erbringen habe. Vor dem Hintergrund der
Probleme des Bundeshaushaltes war man von der Notwendigkeit des Sanierungsprogramms
letztlich im allgemeinen - wenn auch weitgehend ohne Begeisterung - überzeugt.
Eigentliche Opposition erwuchs jedoch der Ausgabenbremse. Ein von CVP-Seite eingebrachter
Nichteintretensantrag wurde relativ knapp mit 92 gegen 70 Stimmen abgelehnt. In der
Detailberatung wurde die Verfassungsänderung (Verzicht auf die Verbilligung des
Brotgetreides aus Zolleinnahmen) diskussionslos mit 135 gegen 1 Stimme gutgeheissen.
Bei der Neuauflage der Ausgabenbremse, die nicht mehr vom
Überschreiten bundesrätlicher Anträge, sondern von der Höhe der Ausgabenbeschlüsse
abhängig gemacht wird, folgte der Rat der Kommissionsminderheit. Danach soll dieses
Selbstdisziplinierungsmittel erst zum Zug kommen, wenn ein Bundesbeschluss mehr als 20
Millionen zusätzlicher Ausgaben nach sich zieht oder bei jährlich wiederkehrenden
Ausgaben von 2 Millionen. Der Antrag Bundesrat/Kommission, diese Limite bereits bei 10
Millionen bzw. 1 Million festzusetzen, unterlag mit 65 gegen 47 Stimmen. Weiter wurden die
Bremsen für den Budgetbereich und für eine Einnahmenminderung gestrichen. Eingeschränkt
wurde das Instrument auch dadurch, dass der Verfassungsartikel auf fünf Jahre befristet
werden soll.
Beim Bundesgesetz über die Sanierungsmassnahmen, das
Einsparungen vor allem in den Bereichen Sozialversicherung, Landwirtschaft,
Nationalstrassen und Gewässerschutz nach sich zieht, wich der Nationalrat in drei Punkten
vom Sparpfad ab: der ersatzlose Verzicht auf die freiwillige AHV für Auslandschweizer (40
Millionen) wurde mit offensichtlichem Mehr zurückgewiesen, und auf Einsparungen bei der
Invalidenversicherung (20 Millionen) wurde gänzlich verzichtet (mit 84 gegen 53 Stimmen).
In beiden Fällen folgte der Rat dem Antrag seiner vorberatenden Kommission. In einem
weiteren Punkt beschloss der Rat - angeführt von einer links-grünen Minderheit -, die
Treibstoffzollbegünstigung an die Konzessionierten Transportunternehmen (50 Millionen)
sei weiterhin zu gewähren.
Der Bundesbeschluss über die Sanierungsmassnahmen - unter
anderem Verzicht auf Gewährung von Bundesdarlehen an Wohnbaugenossenschaften des
Bundespersonals, Reduktion des Rahmenkredites zur Förderung der Konzessionierten
Transportunternehmen - wurde mit 70 gegen 0 Stimmen und der Bundesbeschluss über die
Abgeltung der amtlichen Vermessung mit 81 gegen 1 Stimme gutgeheissen.
Bei der Behandlung des Sanierungspaketes 1993 wies der Ständerat
die Neuauflage der parlamentarischen Ausgabenbremse auf Verfassungsstufe zur nochmaligen
Überprüfung auf ihre staatspolitische Ausgestaltung an seine Finanzkommission zurück.
Bei der Beratung der 19 dauerhaften Abbaumassnahmen auf Verfassungs- und Gesetzesstufe
wich der Ständerat - wie schon der Nationalrat - in drei Punkten von den Vorschlägen des
Bundesrates ab. Das aus den Beratungen von Nationalrat und Ständerat resultierende
Schlussergebnis des Sparpaktes beläuft sich somit auf 475 Millionen Franken pro Jahr oder
110 Millionen weniger, als der Bundesrat beantragt hatte.
Der Ständerat entschied mit 24 gegen 14 Stimmen, dass die
Einführung der Ausgabenbremse nicht - wie vom Nationalrat beschlossen - auf
Verfassungsstufe, sondern bloss als Änderung im Geschäftsverkehrsgesetz geregelt werden
soll. Die ständerätliche Fassung sieht vor, dass bei ausgabenrelevanten Positionen auf
Antrag des Bundesrates oder der Finanzkommission vor der Gesamtabstimmung nochmals
gesondert abgestimmt werden muss. Der Nationalrat hielt aber mit 101 gegen 40
Stimmen an der Einführung der Ausgabenbremse auf Verfassungsstufe fest. Gleichzeitig hat
sich der Rat im Sinne einer bürgerlichen Kommissionsminderheit für eine dauerhafte
Verankerung der Ausgabenbremse ausgesprochen (mit 86 gegen 84 Stimmen). Der Ständerat folgte
schlussendlich dem Nationalrat mit 22 gegen 14 Stimmen.
Die Ausgabenbremse wurde in der Volksabstimmung vom
12.03.1995 mit 83% Ja-Stimmen angenommen (siehe Anhang G).
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