Rückblick auf die 44. Legislaturperiode

7. Öffentliche Finanzen

94.073 Sanierungsmassnahmen 1994 für den Bundeshaushalt
Mesures d'assainissement des finances fédérales 1994

Botschaft: 19.10.1994 (BBl 1995 I, 89 / FF 1995 I, 85)

Ausgangslage

Obwohl die Sanierungsmassnahmen 1992/93 ihre volle Wirkung entfalten, bleiben die Bundesausgaben weiter auf Expansionskurs und die strukturelle Überlastung des Haushalts verharrt auf unannehmbar hohem Niveau. Folge dieser Politik sind nicht nur wachsende Fehlbeträge, sondern auch ein markanter Anstieg der Staatsquote und der Verschuldung. Der während der vergangenen zehn Jahre errungene Leistungsausweis einer sinkenden Verschuldungsquote ist in nur drei Jahren zunichte gemacht worden. Diese Fakten rufen nach einer weiteren, nachhaltigen Sanierung. Als Sanierungsziel fixiert der Bundesrat die Beseitigung der strukturellen Haushaltdefizite im Umfang von rund 4 Milliarden Franken. Dieses Ziel soll mit Einsparungen und mit Mehreinnahmen erreicht werden.

Sparmassnahmen sind prioritär und belaufen sich insgesamt auf gut 2,3 Milliarden Franken (1997). Es sind gezielte Kürzungsmassnahmen von rund 2,1 Milliarden (1997) über alle Aufgabengebiete des Bundes vorgesehen. Ergänzt werden sollen die gezielten Sparmassnahmen durch eine Weiterführung der für die Jahre 1993-1995 beschlossenen linearen Beitragskürzung in den Jahren 1996 und 1997, allerdings mit einem eingeschränkten Geltungsbereich (Sparziel mindestens 250 Millionen pro Jahr).

Auf der Einnahmenseite beantragt der Bundesrat Verbesserungen von insgesamt 1,3 Milliarden, die ermöglicht werden durch die Änderung der Stempelabgaben, der direkten Bundessteuer (Einführung eines Proportionaltarifs von 9,8 Prozent für juristische Personen), der Tabaksteuer und des Grundzolls auf Treibstoffen und Heizöl.

Verhandlungen

NR 23.-25.01.1995 AB 1995, 1, 28, 56, 84
SR 07.-09.03.1995 AB 1995, 159, 186, 217
NR 14.03.1995 AB 1995, 582
SR 15.03.1995 AB 1995, 312
NR 16.03.1995 AB 1995, 717
NR / SR 24.03.1995 Schlussabstimmungen A (148:18 / 25:12)
Schlussabstimmungen B (164:7 / 42:0)
Schlussabstimmungen C (111:53 / 38:1)
Schlussabstimmungen D (164:4 / 39:0)
Schlussabstimmungen E (142:33 / 39:2)
Schlussabstimmungen I (164:3 / 43:0)
Schlussabstimmungen K (160:2 / 43:0)

Die meisten bundesrätlichen Anträge bleiben im Laufe der Beratungen des Nationalrats auf der Strecke. Zwar erhöht die grosse Kammer ausgabenseitig die Zielvorgabe von 250 Millionen Franken bei den linearen Beitragskürzungen auf 300 Millionen (mit 111 zu 13 Stimmen), reduziert aber gleichzeitig die beantragten gezielten Ausgabenkürzungen von 500 auf 175 Millionen (mit 101 zu 1 Stimmen). Die ertragsneutrale Revision des Stempelgesetzes (Herabsetzung der Emissionsabgabe auf Beteiligungsrechten von 3 auf 2 % und Erhöhung des Sachversicherungsstempels von 1,25 auf 5 % wird ohne grössere Diskussion gutgeheissen (98 zu 39 Stimmen). Die Einnahmenseite wird noch drastischer beschnitten: Lediglich die Erhöhung der Tabaksteuer (75 Millionen) findet die Zustimmung des Nationalrates (120 zu 1 Stimmen). Beim Kernstück der Mehreinnahmen hingegen, der höheren Besteuerung von Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas, wird Nichteintreten beschlossen (109 zu 59 Stimmen). Auch die Lockerung der Zweckbindung der Treibstoffzölle zugunsten der Bahn stösst, ebenso wie der Verzicht auf die Rückerstattung an Bauern und konzessionierte Verkehrsbetriebe, auf Ablehnung (94 zu 69 Stimmen). Die Vorlage der proportionalen Gewinnbesteuerung bei der direkten Bundessteuer wird an den Bundesrat zurückgewiesen. Allerdings ist der Rückweisungsantrag der FDP-Fraktion mit der Auflage verbunden, "bis Ende 1996 einen Gesetzesentwurf zur Revision des Unternehmenssteuerrechts vorzulegen und dabei insbesondere die für den Wirtschaftsstandort Schweiz dringlichen Änderungen aufkommensneutral zu berücksichtigen (u. a. Erleichterungen bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen, Gewinn- und Verlustverrechnung von im Konzernverbund zusammengefassten Unternehmen, Milderung der wirtschaftlichen Doppelbelastung)". Der Antrag einer SP-Minderheit der Finanzkommission auf Einführung einer Vermögenssteuer bei der direkten Bundessteuer (ab 200 000 Fr. Vermögen) wird abgelehnt (93 zu 40 Stimmen und 8 Enthaltungen). Dasselbe geschieht mit einem Antrag, der die Subventionen für die Schweizerische Käseunion und die Butyra kürzen wollte.

Das Sanierungspaket 1994 löste auch im Ständerat fast durchwegs Kritik aus. Er reduziert den Entlastungseffekt der Sanierungsmassnahmen von 4 auf 2,4 Milliarden. In bezug auf die Ausgaben verwirft der Ständerat den überwiegenden Teil der gezielten Sparvorschläge, heisst aber die Verlängerung der linearen Beitragskürzung mit einem Sparziel von 300 Millionen pro Jahr einstimmig gut. Bei den Mehreinnahmen beschliesst der Ständerat Nichteintreten auf die - vom Bundesrat inzwischen zurückgezogene - Benzin- und Dieselzollerhöhung (28 zu 7 Stimmen) sowie auf die Erhöhung des Heizöl- und Gaszolls (22 zu 9 Stimmen). Auch auf den Proportionaltarif bei der Unternehmensbesteuerung tritt der Rat erst gar nicht ein (17 zu 13 Stimmen). Immerhin passieren die Reformen der Tabakbesteuerung und der Stempelabgaben oppositionslos. Mit 26 zu 0 Stimmen überweist der Ständerat eine Motion seiner Kommission, die vom Bundesrat bis Mitte 1996 ein viertes Sanierungsprogramm verlangt. Zur Bereinigung einiger Differenzen bezüglich Sparvorschläge und Proportionaltarif bei den juristischen Personen geht das Sanierungspaket an den Nationalrat zurück.

Der Nationalrat bereinigt die beim Proportionaltarif bestehende Differenz und beschliesst knapp Nichteintreten auf die Vorlage und somit Verzicht auf die mit Auflagen verbundene Rückweisung an den Bundesrat (74 zu 72 Stimmen). In bezug auf die Sparanträge hält der Nationalrat jedoch an seinen früheren Entscheiden fest. Die Motion des Ständerates im Hinblick auf ein neues Sanierungsprogramm zur Beseitigung des strukturellen Defizits wird gutgeheissen (98 zu 51 Stimmen).

Die letzten Differenzen bezüglich Sparanträge werden zuerst im Ständerat, dann im Nationalrat endgültig bereinigt.

In der Schlussabstimmung heissen die eidgenössischen Räte sieben Erlasse der Sanierungsmassnahmen definitif gut:

  1. Bundesbeschluss über die Aufhebung der kantonalen Zuständigkeit im Bereich der persönlichen Ausrüstung der Armeeangehörigen
  2. Bundesbeschluss über die Aufhebung der Pflicht zum Ankauf von Brennapparaten und zur Übernahme von Branntwein
  3. Bundesbeschluss über die Erweiterung der Zweckbindung der Treibstoffzölle und der Strassenbenützungsabgaben sowie über die Aufhebung der Bundesbeiträge an Bahnhofparkplatzanlagen
  4. Bundesgesetz über die Sanierungsmassnahmen 1994
  5. E. Bundesbeschluss über die lineare Beitragskürzung in den Jahren 1993-1995
  6. Bundesgesetz über die TabakbesteuerungTabakbesteuerung
  7. Bundesgesetz über die StempelabgabenStempelabgaben

Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern

   

Hauptinhaltverzeichnis
Inhaltverzeichnis des aktuellen Kapitels Index Inhaltverzeichnis des folgenen Kapitels
Rückkehr zum SeitenbeginnRückkehr zum Seitenbeginn

HomeHome